

Review: Perfekt für Gamer – LGs OLED E9 ist nicht nur zum Filme-Gucken

Ein neuer Fernseher. Ein neuer OLED-TV. Und schon wieder ist es der vermutlich beste Fernseher, den ich bislang habe testen dürfen. Nicht nur zum Filme-Gucken – der Fernseher ist auch für Gamer eine Offenbarung.
Es ist nicht einfach, über den E9 zu schreiben – LGs derzeit besten OLED-TV. Es gibt nämlich nichts, was ich wirklich beanstanden könnte. Das ist neu für mich. Ich finde nämlich immer etwas. Das sprichwörtliche Haar in der Suppe. Aber der Fernseher ist top. Macht alles richtig und nichts falsch. Obwohl – doch. Da ist etwas: der Sound. Der ist schlecht. Richtig schlecht.

So. Das Review könnte jetzt zu Ende sein. Aber das wäre zu einfach. Schauen wir’s uns genau an.
Design & Anschlüsse, HDMI 2.1
Was ich an OLED-TVs mag, sind deren ultraflachen Panels. Das liegt an den OLED-Pixel, also die Millionen kleiner Vierecke unter dem Glas, die zusammen das Bild erzeugen: Sie leuchten von selbst, wenn sie unter Strom gesetzt werden. Dadurch entfällt die LED-Hintergrundbeleuchtung, die du bei LCD-Fernsehern findest.

LG macht sich das zunutze. Das Panel, das selbst nur etwa 0.4 Zentimeter dick ist, klebt an einer 0.3 Zentimeter dicken Scheibe aus Glas. LG nennt das «Picture-on-Glas»-Design und suggeriert dir ein Bild, das wirkt, als ob es direkt aufs Glas projiziert würde. So ganz ohne Standfüsse. Wenn du mein Review des Sony AF9 gelesen hast, dann weisst du, dass ich ein ausserordentlich grosser Anhänger des standfusslosen Formformats bin.
OLED-Panel und Glas sind zusammen also 0.7 Zentimeter dünn. Das ist nur ein Millimeter dicker als das ebenfalls verdammt dünne Sony-AG-9-Panel, dem diesjährigen Flagship-TV Sonys – und ein Millimeter dünner als das iPhone 11, das ich gerade erst getestet habe.

Um den TV an die Wand zu montieren, brauchst du ein VESA Wandhalterungstyp,
300x200 mm. Komplett flach an die Wand kriegst du den E9 aber nicht; an der unteren Hälfte des TVs kommt ein etwa fünf Zentimeter dickes Gehäuse, in dem die ganze TV-Hardware steckt. Bildprozessor, Anschlüsse und so. Von vorne betrachtet sind die fünf Zentimeter aber kaum der Rede wert.
Wegen der Glasfront hinter meinem TV kommt bei mir keine Wandmontage in Frage. Das standfusslose Design bringt eine andere Herausforderung mit sich: Wo platziere ich meine Sonos-Playbar? Ich probier’s hinter dem TV aus. So aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-mässig. Klappt wunderbar. Apropos: Hinter dem Fernseher sind auch die ganzen Anschlüsse.
- 4x HDMI 2.1-Anschlüsse (eARC, VRR und ALLM via HDMI 2.1)
- 1x Ausgang für Toslink
- 3x USB-2.0-Ports
- 1x LAN-Port
- WLAN: 802.11ac
- Bluetooth-Version: v5.0
- Unterstützt AirPlay 2

HDMI 2.1 ist ein Feature, das du dir merken solltest. Oft hören wirst du HDMI 2.1 im Zusammenhang mit 8K-Fernsehern: 8K-Inhalte erzeugen nämlich riesige Datenmengen, die zwischen TV und angeschlossenen Geräten verschickt und verarbeitet werden müssen – dafür brauchst du entsprechende HDMI-Kabel und HDMI-2.1-Schnittstellen, die etwas mit diesen Kabeln anzufangen wissen. Bis 8K allerdings zum neuen Standard wird, dauert’s noch eine Weile. Abgesehen davon ist der LG E9 sowieso ein UHD-Fernseher. Andere HDMI-2.1-Vorteile, die nichts mit 8K zu tun haben, sind:
- Übertragung dynamischer HDR-Metadaten (Dolby Vision, HDR10+)
- Übertragung unkomprimierter Audiodateien via eARC (Dolby Atmos, DTS:X)
- Variable Refresh-Raten (VRR, wenn Bildaufbau und -Wiederholfrequenz nicht synchron sind)
- 120 Frames pro Sekunde (FPS) bei UHD-Auflösung, auch beim Gamen
Falls du hier herausliest, dass sich der E9-OLED hervorragend zum Gamen eignet, dann hast du das richtig herausgelesen. Aufs Gaming gehe ich später genauer ein.
Ausgesprochen schönes UHD-Bild – auch dank Dolby Vision
In meinen letzten TV-Reviews habe ich oft mit «Jurassic World: Fallen Kingdom» als Referenz-UHD-Bluray getestet. Tue ich auch weiterhin, weil der Dino-Film sowohl dunkle Szenen hat, in der sich die Stärken der OLEDs zeigen, als auch hellere Szenen, in denen es auf die maximale Helligkeit ankommt – eher eine Schwäche von OLED-TVs. Vergleichen tue ich die Bilder des LG-Fernsehers mit jenen von Sonys AG9, der direktesten Konkurrenz des E9. Auch preismässig.
Aber: Nimm es mit den Vergleichsbildern nicht zu genau. Zwischen den Aufnahmen liegen beinahe drei Monate und total unterschiedliches Umgebungslicht, was sich auch auf die Kamera auswirkt. Gerade der beginnende Winter mit seinen dunklen Tagen hat es mir schwer gemacht, den Lichteinfall so ähnlich wie möglich wie beim Sony-Test im August zu machen. Ich denk mir noch was aus, damit’s in Zukunft besser geht. Vielleicht hast du ja eine Idee?

Quelle: November 2019

Quelle: August 2019
Farblich übertrumpft LG den Sony-TV deutlich. Das siehst du vor allem am warmen Grün des Gebüsches, aus dem der T-Rex stürmt. Gerade in dunklen Szenen wirkt Sonys AG9 etwas entsättigt, was ich eigentlich mag: Zu oft habe ich gesehen, wie im Laden die Dynamikwerte der ausgestellten TVs übertrieben hoch eingestellt werden, um mit möglichst knalligen Farben überlegene Bildqualität zu suggerieren. Aber LGs E9 wirkt ausgewogen und hat trotzdem den gewissen «Punch», ohne unnatürlich zu wirken – 1:0 für LG.
Dafür würde ich dem Sony eine etwas bessere Detailwiedergabe zusprechen. Gerade in dunklen Szenen wie der obigen. Achte aufs Gebüsch links vom Rachen des T-Rex: Bei LG verschwindet das Gestrüpp teilweise im schwarzen Schatten. Nicht so bei Sony. Wenn du dir das genauer anschauen willst, dann klicke hier, um beide Bilder in Originalauflösung runterzuladen.
Als nächstes vergleiche ich eine helle Szene mit grossen Helligkeitsunterschieden, wo es auf gute Kontrastwerte ankommt: Einen Sonnenaufgang, gefilmt im Gegenlicht.

Dank den hervorragenden Helligkeitsabstufungen rund um die aufgehende Sonne herum kann sie gar als Kugel wahrgenommen werden. Das ist bei Sonys AG9 anders: Das helle Licht überstrahlt alles und deutet auf kleine Schwächen bei der Darstellung von Helligkeitsabstufungen.

Quelle: November 2019

Quelle: August 2019
Ein bisschen verwundert mich das. Laut rtings.com – ja, die haben ein Labor und machen Labortests – hat Sonys AG9 eine Maximalhelligkeit von 593 Nits. Dem gegenüber steht LGs E9 mit 742 Nits. Das macht sich dann bemerkbar, wenn du in einem lichtdurchfluteten Wohnzimmer fernschauen und trotzdem noch etwas auf dem Bild erkennen willst. Aber strahlt der Fernseher zu hell, verblassen die Farben. Vor allem bei Fernsehern mit miesen oder veralteten TV-Prozessoren, die ein schlechtes Farbmanagement haben.
Grundsätzlich sind zu helle Bilder bei OLED-TVs weniger ein Problem als bei LCD-Fernsehern, die technologiebedingt viel heller strahlen können – 1000 Nits und mehr sind da die Regel. Samsungs QLED-TVs bringen’s gar auf über 2000 Nits. Wenn du aber oben auf den Vergeichsbildern den Sony-Fernseher betrachtest, siehst du, wie die Sonne alles um sie herum überstrahlt. Bei LG hingegen siehst du viel mehr Details. Und das, obwohl der LG in der Theorie viel heller strahlt. Darum die Verwunderung.
So oder so: Die Szene spricht für LGs Prozessor, der die Millionen Pixel offenbar besser ansteuert und mit den für OLED-Verhältnisse sehr starken 742 Nits überhaupt keine Mühe hat.

Natürlich habe ich in den vergangenen Wochen nicht nur «Jurassic World» geschaut. «The Greatest Showman» mit seinen satten Farben oder das wahnsinnig natürlich wirkende Bild der auf Apple TV+ laufenden Serie «See» haben mich genauso überzeugt wie das zwischen kühl und warm hin- und herwechselnde Bild aus «Alita: Battle Angel». Ja, ich wähne mich im Fernseh-Himmel, gerade bei «Dolby Vision»-Inhalten. Die findest du vor allem auf Netflix und Apple TV, wenn du dort Eigenproduktionen – Originals – oder neuere Filme im On-Demand-Service Apples schaust.
Du siehst: Über den LG E9 zu schreiben, ohne in Superlativen abzuschweifen, fällt mir schwer.
Starker Prozessor, aber scheiss Sound
Im E9 von LG steckt der Alpha-9-Prozessor der zweiten Generation. Eine künstliche Intelligenz, der Deep-Learning-Algorithmus, soll sowohl Bild- als auch Tonqualität verbessern, indem sie erkennt, was für Inhalte abgespielt werden. Die AI unterscheide dabei nicht nur zwischen Film und Game, sondern auch zwischen Action- oder Horror-Film. Zum Optimieren zieht der Alpha 9 via Sensor auch Umgebungslicht mit ein.
Gemerkt habe ich das beim Gucken von «See», als an einem verregneten Samstagnachmittag die Sonne zum Vorschein kam. Für einen kurzen Moment fiel es mir im plötzlich viel zu hellen Wohnzimmer schwer, das Bild zu erkennen. Innert weniger Sekunden schraubte der Prozessor die Bildhelligkeit hoch. Alles wieder super.

Dennoch: Wenn du meine Artikel regelmässig liest, weisst du, dass ich Marketing-Bla wie Deep-Learning-weiss-der-Geier-Algorithmus verabscheue. Es gibt auch keine Option am Fernseher, mit der ich prüfen kann, was genau die AI am Bild verändert – oder ob es überhaupt eine AI ist, die da werkelt. Hat im obigen Beispiel ein Sensor einfach nur die Helligkeit hochgeschraubt? Oder hat die AI selbstständig entschieden, auch Dunst zu entfernen, Tiefen aufzuhellen und den Kontrast zu verstärken, damit ich das Bild besser erkennen kann? Keine Ahnung. Ohne Einsicht in die Prozessorarbeit kann dir nicht mit Sicherheit sagen, ob das ganze Deep-Learning-Gedöns einfach nur eine Marketing-Mogelpackung ist, die ein bisschen mit der Bildhelligkeit spielt, oder nicht.
Dass ich trotzdem nicht am verdammt starken Prozessor zweifle, liegt am Beispiel von «The Walking Dead». Die Serie ist bis zur sechsten Staffel bewusst auf 16mm-Film aufgenommen worden. So wurde eine altmodische Körnung samt Bildrauschen erzeugt, die das Gefühl einer kaputten, postapokalyptischen Welt unterstreicht. Doof nur, macht der Prozessor da nicht mit: Er erkennt die Zombie-Serie als Quelle mit schlechter Qualität und wertet sie auf, entfernt genau dieses Rauschen, glättet die Kanten und verstärkt die Farben. Das siehst du gerade im dunklen Hintergrund neben Negans Gesicht.

Auch bei anderen HD-Inhalten macht der Prozessor eine gute Falle: Schnelle Kameraschwenks sind kein Problem. Weder bei Actionfilmen noch beim Fussball, wo der Ball dank guten Reaktionszeiten keinen Schweif hinter sich herzieht. Das Betriebssystem, webOS 4.0, läuft flüssig und ruckelt selten. Das kennt Kollege Phil anders: Er klagt ständig über seinen etwa dreijährigen Sony-TV, weil der lahme Prozessor das Bedienen von Android TV verunmöglicht.
Noch ein Wort zur Qualität der TV-Lautsprecher: Die ist mies. Hat in meinen Ohren überraschend blechern geklungen. Kaum Tiefe. Kaum raumfüllender Klang. Da hat Sony mit der «Acoustic Surface»-Technologie die Nase weit voraus: Treiber hinter dem TV-Panel bringen das Display selbst zum Schwingen und erzeugen einen viel besseren Klang, als das, was da aus den LG-Lautsprechern rauskommt.
Für mich persönlich aber ein verschmerzbares Manko. Ich nutze sowieso ein Sonos-Surround-System. Vermutlich werden jene, die so viel Geld für das bestmögliche Bild ausgeben, sowieso nicht am Ton sparen und sich mit einer anständigen Surround-Anlage eindecken.
Die da oben, zum Beispiel.
Der beste Gamer-TV (?)
Gamer, die auf der Suche nach einem richtig geilen Gamer-TV sind, kommen nicht um den E9 herum. Dafür sprechen zu viele Dinge, die ihn zum vielleicht besten Gamer-TV machen, den es momentan gibt.
- Input Lag FHD, 60 fps: 13.5 Millisekunden
- Input Lag UHD, 60 fps: 13.4 Millisekunden
- Input Lag UHD, HDR, 60 fps: 13.4 Millisekunden
- Reaktionszeit: 2.4 Millisekunden
- Native Bildrate: 120 Hz
- Variable Bildrate: HDMI Forum VRR (HDMI 2.1) und Nvidia G-Sync
Die obigen Input-Lag-Zahlen, gemessen im Gamemode, stammen von rtings.com. Je niedriger der Input Lag, desto schneller werden die am Controller ausgeführten Befehle vom Fernseher verarbeitet und ausgeführt. Achte im folgenden Video darauf, wie lange es dauert, bis Spider-Man springt, wenn ich auf den Controller drücke. Jep, dafür musst du den Ton einschalten.
Hörbar schneller geht’s, wenn der Gamemode eingeschaltet ist.
Die niedrigen Input Lags gibt’s nicht gratis. Im Gamemode fährt der TV-Prozessor fürs Gamen weniger relevante Optimierungsprozesse runter. So können externe Signale von der Konsole schneller verarbeitet werden. Damit das Bild trotzdem nicht hässlich aussieht und bei schnellen Bewegungen keine Schlieren zieht, kommt’s auf tiefe Reaktionszeiten an. Alles unter 20 Millisekunden gilt für TV-Verhältnisse als akzeptabel – der E9 hat 2.4 Millisekunden. Zusammen mit einer nativen Bildrate von bis zu 120 Hz läuft das Bild stets angenehm flüssig.
Dank HDMI 2.1 und Nvidia G-Sync kriegst du auch mit am TV angeschlossenen PCs oder zukünftigen Konsolen variable Bildraten. Damit schnürt LG tatsächlich ein für Gamer unschlagbares Gesamtpaket.
Fazit: Was Besseres kriegst du nicht
Für mich steht fest: Der OLED E9 von LG ist der beste Fernseher, den du im Moment kriegen kannst – knapp.
Versteh mich nicht falsch: Bildtechnisch hängt er seine grosse OLED-Konkurrenz – Sonys AG9 – nicht so klar ab wie meine Superlativen es vermuten lassen könnten. Genau da ist das Rennen denkbar knapp. Aber mir sind LGs Out-of-the-Box-Bildeinstellungen mit den etwas wärmeren Farben, die nie ins Unnatürliche abdriften, lieber als Sonys X1-Ultimate-Prozessor, mit dem die Japaner bei der Detailwiedergabe die Nase vorne haben. Gerade, weil bei Bewegtmaterial das Farbmanagement mehr ins Gewicht fällt.

Dazu kommt HDMI 2.1 – Sony hat das nicht. In Sachen Zukunftsfähigkeit ein gröberes Manko. Und der Gamemode des E9s schlägt jenen von Sony locker. Damit ist der E9 nicht nur was für Kinoliebhaber, sondern auch für Gamer die reinste Offenbarung.
Kleiner Tipp: Wenn du aufs «Picture-on-Glas»-Design verzichten kannst, dann greifst du lieber zu LGs C9-Modell. Das ist der genau gleiche Fernseher, einfach mit schlichtem Design – und 500 Franken günstiger.


Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»