
Ratgeber
Der ultimative TV-Ratgeber: Welchen Fernseher soll ich kaufen?
von Luca Fontana
Lange hielt sich LG mit seinem G3 auf dem Thron. Jetzt kommt aber die Wachablösung: Sony liefert mit dem A95L den bisher besten TV, den ich je getestet habe.
Bevor wir zum Test kommen: Wer sich einen neuen Fernseher kaufen will, muss sich erst durch einen Dschungel an Features und Technologien kämpfen. Du willst den Durchblick? Und ein paar Empfehlungen? Ich helfe dir im Dickicht.
So, jetzt aber zum Test.
Dies ist einer jener Produkttests, auf die ich mich jedes Jahr am meisten freue: Sonys Flaggschiff-Fernseher. Nicht, weil der TV-Hersteller aus Japan mit eigenen, neuen Panel-Technologien punktet. Die kauft er in der Regel bei der Konkurrenz von LG oder Samsung ein. Sondern, weil er sie mit eigenen Prozessoren ergänzt und damit oft verbessert.
«Die Bildtechnologie ist das eine», wurde mir von Sony-Leuten in etwa so schon öfters gesagt, «aber wie die einzelnen Pixel angesteuert und das Bild vom Prozessor verarbeitet wird, was ganz anderes.»
Im Falle des A95L handelt es sich um den Nachfolger des letztjährigen A95K, ein QD-OLED-Fernseher. Der war übrigens der erste seiner Art, auch wenn QD-OLED eine Technologie aus dem Hause Samsung ist. Das «QD» in QD-OLED steht nämlich für Samsungs Quantum Dots: spezielle Farbfilter, die nicht nur für schönere Farben sorgen, sondern indirekt auch für eine höhere maximale Helligkeit des Fernsehers. Das ist matchentscheidend, gerade für ansonsten eher bescheidene OLED-Verhältnisse, wenn es um die maximale Helligkeit geht.
Mal sehen, buchstäblich, was Sonys neues Flaggschiff drauf hat.
Im Design punktet Sony gleich mal mit der Flexibilität des Standfuss-Designs. Das Panel, das wacker auf seinen zwei schwarzen, metallenen Entenfüssen steht, kann nämlich höhenverstellt werden. So entsteht eine etwa acht Zentimeter hohe Lücke zwischen Panel und Möbel. Das ist wichtig, damit eine allfällige Soundbar den Infrarot-Sensor des Fernsehers für die Fernbedienung nicht abdeckt. Kommt dazu, dass die beiden Füsse nicht wie beim Standfuss der meisten Konkurrenten mittig, sondern jeweils am linken und rechten Rand des Panels platziert sind. So entsteht dazwischen genug Platz für besagte Soundbar.
Die zweite Variante hingegen ist perfekt, wenn du keine Soundbar hast. Dann verschiebst du das Panel entlang der Füsse einfach nach unten, bis sich die Lücke zwischen Panel und Möbel schliesst. Die Füsschen schauen dann kaum sichtbar nach vorne und hinten vom Bildschirm weg. Das wirkt dann fast so, als ob das Panel direkt auf dem Möbel sitzt.
Sehr clever. Und nice. Hätte ich keine Soundbar, wäre diese Montage eindeutig meine Wahl. Etwa so wie hier im digitec-Shop in Dietikon.
Ansonsten bleibt Sony dem treu, was sich die meisten anderen Hersteller unter einem Fernseher vorstellen. Modern. Schlank. Schmale Ränder. Nichts Aussergewöhnliches – und das ist gut so. Fernseher sollen Fernseher sein, finde ich.
Seitlich betrachtet ist Sonys A95L mit seinen etwa 3 Zentimetern dünn. Zusammengehalten wird das Panel von einem eleganten Alurahmen vorne und einer schwarzen Plastik-Abdeckplatten hinten. Der A95L lässt sich damit wunderbar an eine Wand montieren – dafür benötigst du allerdings eine nicht mitgelieferte VESA-300×300mm-Halterung. Die findest du hier bei uns im Shop.
Apropos Soundbar: Ginge es nach Sony, würdest du für den Sound gar nicht zwingend eine Soundbar benötigen. Seit Jahren bauen die Japaner auf die hauseigene Soundtechnologie «Acoustic Surface Audio+»: Vier hinter dem Fernseher eingebaute Treiber versetzen nicht wie herkömmliche Lautsprecher Luft in Schwingung, sondern das Panel selbst:
Strenggenommen ein 2.2-System. Sony will sich aber nicht genau festlegen. Dank «3D Surround Upscaling» – ein schönerer Begriff für digitale Ton-Manipulation – sollen da mehr Lautsprecher vorgegaukelt werden als physisch vorhanden sind. Darum unterstützt das System auch Dolby Atmos.
Was soll ich sagen? Noch immer erstaunt es mich, wie gut dieses System funktioniert: Ein so voluminöses und gleichsam kraftvolles Klangbild schafft kein anderer Fernseher mit seinen herkömmlichen internen Lautsprechern. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass «Acoustic Surface Audio+» eine mittelteure Soundbar locker ersetzt. Willst du aber Surround-Sound – echten Surround-Sound – kommst du nicht um ein Heimkinosystem herum.
Sony weiss das. Darum gibt’s dieses zwar nicht neue, aber immer noch aktuelle Feature: Innerhalb eines Hi-Fi-Systems kann der Fernseher als Center-Speaker benutzt werden. So sparst du dir einen dedizierten Center-Speaker oder eine Soundbar. Oder du greifst direkt zum HT-A9-Soundsystem. Dort erschaffen vier Lautsprecher eine 360-Grad-Klangbühne – unabhängig davon, wo du sie platzierst.
Verbindest du den TV hingegen mit einer Sony-Soundbar, wird der A95L zwar nicht zum Center-Speaker, aber dafür fokussiert er seinen Klang auf hohe Frequenzen und Stimmen. Das entlastet wiederum die Sony-Soundbar, deren freigelegte Rechenkapazitäten den Klang über die mittleren und tiefen Frequenzen verbessern. Sony hat übrigens beim Design der Standfüsse genau darauf geachtet, dass sich jede Sony-Soundbar perfekt dazwischen einfügt.
Zu den Anschlüssen. Die sind hinter dem Fernseher und seitlich:
Alle vier HDMI-Eingänge unterstützen HLG, HDR10 und Dolby Vision. Einzig HDR10+ fehlt. Schade. Aber dessen Verbreitung ist sowieso sehr klein: Bis heute habe ich nur auf Prime Video vereinzelte HDR10+-Inhalte gesehen. Sehr positiv ist dafür die Passthrough-Funktion von Dolby-Atmos- und DTS-5.1-Audiosignalen. Das benötigst du dann, wenn du ein externes Gerät als Zuspieler benutzt. Einen UHD-Blu-Ray-Player zum Beispiel. Ob die Passthrough-Funktion auch bei DTS:X funktioniert, konnte ich leider nicht testen, weil meine Soundbar – eine Sonos Arc – nur maximal DTS 5.1 Surround unterstützt.
Was jetzt kommt, geht tief in die Materie. Falls dich Tabellen und Diagramme nicht interessieren, kannst du das alles überspringen und direkt zum Kapitel «Das Bild: kraftvoll und trotzdem natürlich» scrollen. Ab dort kommen meine subjektiven Eindrücke mit viel Videomaterial.
Ich habe alle Bildschirm-Modi des Fernsehers mit professionellem Werkzeug von «Portrait Displays» ausgemessen. Von «Standard» über «Film» bis zu «Dolby Vision», ohne Kalibrierung und manuelle Veränderungen in den Einstellungen. So, wie die meisten Normalsterblichen einen Fernseher benutzen. Schliesslich willst du ja wissen, ob ein Fernseher auch ohne teure und professionelle Kalibrierung akkurat und farbtreu ist.
Die besten Werte bei allen Arten von Inhalten erzielte der «Dolby Vision»-Modus. Die unten aufgeführten Messungen beziehen sich darum stets darauf. Ausser beim Gamen, dafür solltest du immer den «Spielen»-Modus nehmen.
Beginnen wir mit der Helligkeitsmessung. Wie gesagt: Anders als OLED-Konkurrent LG setzt Sony beim A95L auf die sogenannten Quantum Dots aus dem Hause Samsung. Ganz einfach ausgedrückt sorgen sie dafür, dass die Millionen von Pixeln im Display Farben erzeugen, ohne Helligkeitseinbussen hinnehmen zu müssen. Die Physik dahinter habe ich hier erklärt.
Ein weiterer Vorteil der Quantum Dots ist, dass sie bei weniger Energiezufuhr ein mindestens gleich helles Bild mit noch intensiveren Farben als bei LGs OLED-Technologie erzeugen. Das soll das Burn-In-Risiko verringern. In der Theorie zumindest.
Die QD-OLED-Technologie ist allerdings noch so jung, dass echte Langzeittests unter realistischen Bedingungen Mangelware sind. Erste vom Techportal Rtings ausgeführte Labortests kommen allerdings zu einem für Samsung und Partner eher beunruhigenden Schluss: QD-OLED scheint Burn-In-anfälliger zu sein als LGs aktuelle OLED-Generation. Namentlich das diesjährige MLA-Panel, das LG in der G3-Serie verbaut.
So. Schauen wir, was die Praxis im Helligkeitstest sagt. In der Grafik vergleiche ich direkt mit LGs Flaggschiff, dem G3, Samsungs S95C, das ebenfalls ein QD-OLED-Panel aus seinen eigenen Fabriken bezieht, und Sonys A95K, dem Vorgänger des A95L.
Nit ist die englische Masseinheit für Candela pro Quadratmeter (cd/m²), also der Leuchtdichte beziehungsweise Helligkeit. 100 Nit entsprechen etwa der Helligkeit des Vollmondes am Nachthimmel. Grafik: Luca Fontana / FlourishEs gibt zwei Achsen: Die Vertikale steht für Helligkeit, die Horizontale für den Ausschnitt, in dem die Helligkeit gemessen wird. Bei zwei Prozent der gesamten Bildfläche, also punktuell und bei sehr kleinen Bildbereichen, erzielt Sonys A95L einen für OLED-Verhältnisse ausgezeichneten Gesamtwert von 1458 Nit im Dolby-Vision-Modus. Messe ich im Brillant-Modus des Fernsehers – der hellste, aber am schlechtesten kalibrierte Modus –, kommt das Messgerät gar auf sagenhafte 2089 Nit!
Noch vor einem Jahr hätten mich solche Werte aus den Latschen gehauen. Jetzt nicht mehr, weil LGs G3 trotz «veralteter» Technologie einen ähnlich hellen Fernseher gebaut hat – zumindest punktuell und in kleinen Bildbereichen. Etwa bei der Sonne am Abendhimmel.
Was sagen uns diese Messwerte? Nun, wenn’s um den maximalen Unterschied zwischen dem hellsten und dunkelsten Bildpunkt – dem Kontrast – geht, haben Sony und LG die Nase vor Samsung. Bei der Messung des gesamten Bildbereichs – der Gesamthelligkeit – schneiden Sony, Samsung und LG hingegen fast gleich ab und kommen auf ausgesprochen solide 250 Nit. Würdest du alle TVs nebeneinander stellen, würdest du wohl keine allzu grossen Helligkeits-Unterschiede feststellen.
Aber warum strahlt LGs Fernseher so hell wie Sonys A95L, wo wir oben doch gerade erst etabliert haben, dass QD-OLED-Fernseher heller strahlen müssten? Tja. Da hat LG die ganze Branche kalt erwischt. Grund dafür ist eine neu hinzugefügte Schicht im LG-Panel – die Micro Lens Array (MLA). Dort sorgen konvexe Mikrolinsen dafür, dass das erzeugte Licht gebündelt und verstärkt wird. LG redet gar von 5000 Linsen pro Pixel. Und: Offenbar scheint das nicht mal auf Kosten von mehr Burn-In zu passieren, wenn wir Rtings Labortests glauben – was ich in der Regel tue. Ein starkes Jahr für LG.
Schauen wir uns den Weissabgleich des Fernsehers an. Weiss entsteht beim Fernseher, wenn die roten, grünen und blauen Subpixel pro Pixel gleichzeitig und gleich stark strahlen. Die volle Helligkeit erzeugt also das hellste Weiss. Die niedrigste Helligkeit hingegen das tiefste Schwarz. Können sich die Subpixel sogar ganz ausschalten, wie bei OLED oder QD-OLED, redet man von echtem Schwarz. Alles dazwischen sind demnach nichts weiter als Grautöne.
Um die Genauigkeit des Weissabgleichs zu messen, benötige ich zwei Tabellen:
Das Graustufen dE zeigt, wie stark die vom Fernseher erzeugten Graustufen vom Referenzwert abweichen. Die RGB-Balance zeigt an, in welche Richtung die vom Fernseher erzeugten Graustufen vom Referenzwert abweichen. Warum ist das wichtig? Schauen wir uns das am konkreten A95L-Beispiel an:
Würdest du den Fernseher direkt neben einen Referenzmonitor stellen, bedeutete das:
Jeder Wert, der unter fünf liegt, ist für einen nicht-kalibrierten Fernseher ein sehr guter Wert. Und Sonys A95L gelingt beinahe das, was unter den von mir getesteten Fernsehern nur Samsungs S95C gelungen ist: Die fehlerhafte Abweichung durchgehend – also bei jeder Helligkeit – unter besagtem Wert von fünf zu halten. Im Schnitt kommt Sonys QD-OLED-Fernseher auf einen sehr guten dE-Wert von 2,55. LGs G3 kam auf ebenfalls gute 3,19. Samsungs S95C unterbot Sonys Wert mit einem dE von 1,77.
Der Blick auf die RGB-Balance (im Bild oben rechts) zeigt nun, inwiefern der Weissabgleich vom Referenzwert abweicht. Dort zeichnet sich nämlich ein leichter Blaustich ab, je weisser das erzeugte Weiss ist. Gleichzeitig nimmt der Grünanteil im Weiss etwas ab. Sprich: Die blauen Subpixel strahlen etwas zu stark, die grünen etwas zu schwach. Aber wie gesagt, die Abweichung bewegt sich gerade noch so unterhalb von dE 5. Dass du die leichte Abweichung im echten Bild tatsächlich siehst oder sogar als störend empfindest, ist daher sehr unwahrscheinlich.
Weiter geht’s mit der Messung des Color Gamuts, der Abdeckung der gängigsten Farbräume. Diese sind:
Der grosse «Farbklecks», inklusive der abgedunkelten Bereiche, zeigt die ganze vom menschlichen Auge erfassbare Farbpalette. Der aufgehellte Bereich links zeigt den Farbraum BT.2020. Rechts dasselbe, einfach der kleinere DCI-P3-Farbraum. Die weissen Kästchen zeigen die eigentlichen Grenzen der jeweiligen Farbräume. Die schwarzen Kreise hingegen die beim Messen tatsächlich gemessenen Grenzen.
Folgende Farbraumabdeckungen hat die Messung ergeben:
Der A95L kommt beim wichtigen Farbraum DCI-P3 auf ausgezeichnete 99,78 Prozent Abdeckung. In der Sparte schlagen sich aber alle OLED-Fernseher gut: LGs G3 erreichte 98,67 Prozent.
Den BT.2020-Farbraum deckt Sonys A95L mit 91,54 Prozent ebenfalls sehr gut ab – und das ist keine Selbstverständlichkeit. Selbst LGs G3 mit seinem MLA-Panel kommt auf «nur» 74,12%. Das spricht für die Zukunftstauglichkeit der QD-OLED-Technologie.
Zum Color Error, also der Farbtreue. Anders als beim Gamut oben beschreibt sie nicht, ob, sondern wie akkurat Farben in einem bestimmten Farbraum dargestellt werden.
Auch hier wird die Abweichung vom Fernseher zum Referenzwert als dE bezeichnet. Die weissen Kästchen zeigen die vom Testbildgenerator an den Fernseher gesendeten Referenzfarben an. Die schwarzen Kreise hingegen die tatsächlich gemessenen Farben. Idealerweise befinden sich die Kreise punktgenau im Kästchen. Das wäre «akkurat». Je weiter ausserhalb die Kreise sind, desto grösser ist die Abweichung zum Referenzwert – und damit der dE-Wert. Erneut gilt: dE-Werte unterhalb von 5 sind für nicht-kalibrierte Fernseher gut.
Die Messungen sind gut – und keine Überraschung. Nicht, nachdem ich den bereits sehr gut kalibrierten Weissabgleich gemessen habe. Denn je akkurater der Weissabgleich, desto akkurater die daraus erzeugten Farben. In Zahlen: Sonys A95L hat im «Dolby Vision»-Modus ein durchschnittliches dE von guten 4,16. Aus dem Häuschen bin ich aber nicht: LGs G3 erreichte mit 1,97 sogar einen noch tieferen dE-Wert – Samsungs S95C unterbot beide: 1,33 im «Filmmaker-Mode».
Dennoch: Alle drei Fernseher – Sony und LG im «Dolby Vision»-Modus, Samsung im «Filmmaker-Mode» – schlagen sich auf einem hohen Niveau. Ohne geübtes Auge sind die Abweichungen kaum voneinander zu unterscheiden.
Per se messbar sind Spiegelungen auf dem Bildschirm nicht. Einige von euch haben mir aber geschrieben und sich gewünscht, dass ich trotzdem in meinen Tests darauf eingehe. Gute Idee. Zum Testen stelle ich eine ganz normale Situation im Wohnzimmer nach: zuerst ein Foto abends. Hinter mir der Backofen, neben dem Fernseher die Stehlampe. Das Licht der Stehlampe wird von der Scheibe des Ofens hinter mir reflektiert und zurück auf den Fernseher geworfen.
Und hier das Ergebnis:
Sonys A95L schlägt sich im Vergleich mit LGs G3 nicht schlecht. Beide kommen mit der direkt aufs dunkle Bild einschlagenden Reflexion gut zurecht, auch wenn LGs Panel ein bisschen entspiegelter aussieht.
Viel schwieriger sind die Spiegelungen tagsüber zu handhaben, ohne geschlossene Gardinen, Jalousien oder Rollläden. Dann, wenn auch noch seitlich Licht aufs Panel kommt. Dennoch muss ich sagen, dass Sonys QD-OLED-Panel einen deutlich besseren Job macht als das Mini-LED-Panel beim Sony X95L:
Sonys neue QD-OLED-Generation macht mir Freude. Sie hat sich nicht nur in der Gesamthelligkeit stark verbessert, sondern überzeugt gleichzeitig mit einem unglaublich referenzwürdigen Bild – direkt aus der Box, ohne Kalibrierung. Zumindest, wenn du den Dolby-Vision-Mode benutzt. In der Theorie ist Sony also ein Fernseher gelungen, der den Kampf mit LGs G3 mehr als würdig aufnimmt. Schauen wir uns nun die Praxis an.
Die Messungen oben attestieren dem Fernseher eine gute Farbraumabdeckung bei sehr hoher Farbtreue. Theoretisch. Wie sieht’s in der Praxis aus? Ich habe Sonys A95L mit seinen beiden Hauptkonkurrenten verglichen, LGs G3 und Samsung S95C. Beide südkoreanischen Fernseher spielen sowohl preislich als auch technisch in der gleichen Liga wie Sonys Flaggschiff. Aber wer macht das Rennen?
Will ich einen Fernseher auf seine Farbwiedergabe testen, greife ich auf «Guardians of the Galaxy, Vol. 2» zurück. Besonders auf diese Szene: Sie zeichnet feinste Details am Himmel, ohne sie zu überstrahlen, hat den gewissen Punch im Bild, den ich an OLED-Displays – ob mit oder ohne «QD» vorne dran – so mag und Egos goldener Palast knallt im gesättigten Abendrot. Sonys A95L trifft dabei die Intention des Regisseurs, die kitschige «Golden Hour» des Planeten einzufangen, perfekt. Besonders gut gefallen mir die warmen, rötlichen Hauttöne, die bei LGs starkem OLED-MLA-Panel und Samsungs QD-OLED-Cousin etwas gar gelblich daherkommen.
Um für etwas Abwechslung zu sorgen, habe ich noch eine Szene aus «Avatar: The Way of Water» zum Testen eingefügt, wo Grün- und vor allem Blautöne dominieren. Vor allem beim bläulichen Hautton der naturverbundenen Na’vi fällt rasch auf, dass Sonys Fernseher etwas mehr Sättigung als seine Konkurrenz hat. Zum Beispiel beim frischen, saftigen Grünton, wenn du auf den Dschungel im Hintergrund achtest. Das gefällt mir ausgesprochen gut. LGs G3 wirkt in dieser Szene zwar natürlicher – aber offen gestanden gefällt mir persönlich Sonys Handhabe der Grün- und Blautöne trotzdem besser.
Ganz ähnlich empfinde ich es bei «James Bond – Skyfall», als James und der junge Quartiermeister Q in einem Kunstmuseum das Bild eines stolzen, alten Schlachtschiffs betrachten, das schmachvoll auf den Schrott geschleppt wird. Natürlich eine Anspielung auf den alternden Geheimagenten.
Auch hier überzeugt mich Sonys Bild am meisten – und das, obwohl LGs G3 definitiv am natürlichsten wirkt. Das zumindest, wenn ich nur auf die Hauttöne achte. Sony hat hier aber einen schönen, angenehmen und warmen Ton, der mich persönlich am meisten anspricht. Bei Samsung hingegen schleicht sich ein leichter Rotstich ins Bild. Das bemängelte ich schon bei früheren Samsung-TVs.
Wie schlägt sich Sony bei dunklen Szenen? Für diesen Test kommt die erste Szene aus «Blade Runner 2049» zum Zug. Sonys, LGs und Samsungs (QD-)OLED-Fernseher kommen wunderbar dunkel daher. Filmst du nämlich im Gegenlicht, ist es normal, dass Details in schwarzen Silhouetten verschwinden – Black Crush genannt. LG hat davon am meisten. Könnte so beabsichtigt sein. Dass Sony und Samsung weniger Black Crush haben, könnte aber auch am QD-OLED-Panel liegen.
Am Ende des Videos oben habe ich zum Vergleich noch TCLs C93 eingefügt, kein OLED-Fernseher, sondern ein LCD-Fernseher mit Mini-LED-Hintergrundlicht. Das strahlt technologiebedingt heller als jedes OLED-Panel. In dunklen Szenen, für meinen Geschmack, sogar viel zu hell. Dazu kommt Blooming, eine Art Heiligenschein um helle Objekte herum. Gut zu sehen bei den Fenstern. Sowas siehst du bei OLED-Fernsehern nie. Oder all die Details in dunklen Bildbereichen; TCLs Mini-LED-Fernseher hellt da Bereiche auf, die meiner Meinung nach nicht aufgehellt gehören. Das sieht falsch aus.
Eben: Der Regisseur hat bewusst im Gegenlicht gefilmt, weil er die dunklen Bildbereiche auch wirklich dunkel wollte.
Ein letzter Bildtest: Detailwiedergabe in hellen Bildbereichen. Achte im folgenden «Jurassic World»-Beispiel auf die Sonne im Hintergrund: Selbst in so einem hellen Bildbereich sind die Abstufungen von Sonys A95L noch so fein, dass die Sonne locker als Kugel am Firmament zu erkennen ist. Das ist bei LG und Samsung deutlich weniger der Fall.
Der Prozessor ist das Gehirn des Fernsehers. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Bildsignale zu empfangen, zu verarbeiten und darzustellen. Verarbeiten heisst, dass der Prozessor schlechte Bildqualität erkennt und sie aufwertet. Dies, indem er zum Beispiel Rauschen entfernt, Farben verstärkt, Kanten glättet, Bewegungen flüssiger macht und allfällige fehlende Pixel-Informationen dazurechnet.
Zum Start mache ich es dem Prozessor gleich richtig schwer. Konkret: Judder, ein Phänomen, das alle TVs haben. Besonders bei langen Kameraschwenks. Sam Mendes’ «1917» ist voller solcher gleichmässigen, langsam fliessenden Kamerabewegungen und damit perfekt für den Judder-Test. Achte beim Vergleich mit anderen Herstellern vor allem darauf, ob die vertikalen Balken in der Scheune flüssig durchs Bild laufen oder ins Stottern kommen.
Es scheint, als ob Sony endlich auf mich gehört hätte: Von Haus aus greift der japanische Hersteller nur ungern in die Judder-Reduzierung ein. Ein Film, so der Gedanke Sonys, muss ruckeln. Wie im Kino früher, vor dem digitalen Zeitalter. Schön altmodisch. Mir war das immer zu viel des Stotterns. Selbst ohne Nachjustierung im Menü unter «Klarheit» fliesst das Bild gar nicht so schlecht, vor allem verglichen mit Samsung. LG hingegen ist zumindest in diesem Punkt immer noch klarer Platzhirsch.
Nächste Szene aus «1917». Auch hier sorgt Mendes’ Kameraarbeit für eine immense Herausforderung für die meisten Prozessoren. Gerade bei harten Kanten vor verschwommenem Hintergrund, etwa um die Helme der beiden Soldaten herum. Dort müssen sowohl der Prozessor als auch die Pixel unheimlich schnell reagieren.
Sonys Prozessor schlägt sich sehr gut, auch wenn er die Muskeln nicht ganz so stark spielen lässt wie etwa LG. Aber das ist Reklamieren auf hohem Niveau: Das Bild fliesst, wirkt aber nie unnatürlich. Auch bei Samsung im zweiten Vergleich, finde ich.
Als Nächstes das Apple Original «For All Mankind». Ich will sehen, wie lange ein einzelnes Pixel braucht, um seine Farbe zu wechseln. Passiert das nicht schnell genug, sieht’s für dich so aus, als ob das Bild Schlieren ziehen würde – der Effekt wird «Ghosting» genannt. Achte beim Kameraschwenk über die Mondoberfläche auf den unten links eingeblendeten Text.
Probleme? Mitnichten. Zumindest nicht bei Sony, LG und Samsung, wo die eingeblendeten Texte stets scharf bleiben. Damit du aber mal siehst, wie das Geschmiere aussieht, das ich meine, habe ich am Ende noch einen Vergleich mit TCLs C82-Modell eingefügt. Fairerweise muss gesagt werden, dass es sich dort um einen zwei Jahre älteren TV handelt. Das Beispiel dient darum bloss zur Veranschaulichung. TCLs C92, der Nachfolger, hat sich vergangenes Jahr in derselben Disziplin deutlich gesteigert.
Summa summarum spricht das Beispiel also einerseits für den hervorragenden Prozessor Sonys. Andererseits zeigt das Video aber auch die für OLED-Fernseher so typisch ausgezeichneten Pixel-Reaktionszeiten. Darum gelten sie auch als exquisite Gaming-Monitore. LCD-Fernseher sind in diesem Punkt meistens im Nachteil.
Jetzt der schwierigste Test. Hier will ich sehen, wie gut der Prozessor qualitativ weniger hochwertige Quellen hochskaliert. Blu-rays oder das gute alte Live-Fernsehen zum Beispiel. Oder «The Walking Dead». Die Serie ist bewusst auf 16mm-Film aufgenommen worden, um mit einer altmodischen Körnung samt Bildrauschen das Gefühl einer kaputten, postapokalyptischen Welt zu erzeugen.
Sonys Prozessor macht auch hier eine gewohnt gute Figur. Gewohnt, weil Sonys Prozessoren schon in vergangenen Jahren besonders gut im Aufwerten minderwertiger Quellen waren. Sprich: Das Bild ist scharf gezeichnet, angenehm warm, satt und trotzdem natürlich. Dazu fast kein Bildrauschen oder Kompressions-Artefakte. Im Dreiervergleich macht LG aber den besten Job. Das siehst du am besten, wenn du das Video unten pausierst und genau auf die dunkle Fläche zwischen den beiden verfeindeten Männern achtest.
Beim Messen der Farbkorrektheit im «Game Mode» komme ich auf ein durchschnittliches Delta E von guten 5,21 (lies oben bei «Color Error» nach, falls dich das Thema im Detail interessiert). Das ist zwar kein Referenzbild-Niveau. Aber einer der besseren Werte, die ich im «Game Mode» bei einem Fernseher gemessen habe.
Zum Input-Lag, also der Eingabeverzögerung: Mit dem Messgerät von «Leo Bodnar» messe ich einen durchschnittlichen Input Lag von 16,3 Millisekunden bei einem UHD-Bild mit 60 Bildern pro Sekunde. Nicht gerade überwältigend. Aber innerhalb der bei Fernsehern erlaubten 20 Millisekunden, die ein Game Mode im Jahr 2023 schon hinkriegen sollte. Darüber hinaus unterstützt der Fernseher alle für Gamer relevanten Features:
Dazu ist Sony – genauso wie Samsung, LG, Philips, TCL und Panasonic – eine Partnerschaft mit grossen Spielestudios eingegangen. Das Ergebnis: HGiG – HDR Gaming Interest Group. Damit soll laut Hersteller sichergestellt sein, dass HDR so angezeigt wird, wie es die Spieleentwickler vorgesehen haben. Etwa beim Zocken von «Spider-Man: Miles Morales» auf meiner Playstation 5.
Was Sony da zaubert, ist ein Bild mit absolut akkuraten Farben. Dazu stelle ich fest, dass Schwarz auch wirklich schwarz ist, die Kanten scharf aussehen und das Bild selbst bei schnellen und ruckeligen Kameraschwenks nicht verschwimmt. Achte etwa auf Miles’ dunkle Silhouette im Gegenlicht, die detaillierten Texturen des verschneiten New York oder die gut sichtbaren Details in den Wolken am Schluss beim Schwingen. So sieht ein guter «Game Mode» aus.
Sony setzt auf Google TV, das vor zwei Jahren komplett überarbeitet worden ist – sehr zu meiner Freude. Früher noch verschmäht, halte ich Google TV mittlerweile für eines der umfangreichsten und trotzdem übersichtlichsten Betriebssysteme im TV-Game. Und weil Sonys A95L einen sehr guten Prozessor hat, steuert sich Google TV entsprechend flüssig und ohne spürbares Ruckeln. Ein rundum gelungenes Smart-TV-Paket.
Apropos – die nervigen Film- und Serien-Empfehlungen im Homescreen lassen sich auch ausschalten. Ganz einfach:
Kleines Schmankerl: Sony selbst hat noch eine Art Kunst-Modus hinzugefügt. Statt den Fernseher auszuschalten, kannst du dir dort ein paar schöne Bilder mit Datum und Uhrzeit anzeigen lassen. Das soll bei niedriger Energie und Helligkeit das rechteckige, schwarze Loch im Wohnzimmer ersetzen, das ein ausgeschalteter Fernseher ansonsten ist.
Bravia Core, Sonys eigener Streamingdienst, entwickelt sich. Langsam. Aber in die richtige Richtung. Ich schwärmte ja schon vor zwei Jahren über Sonys eigenen Streamingdienst, vor allem aus technischer Hinsicht. Denn Bravia Core ist nicht wie die anderen Streamingdienste aus dem Hause Netflix, Amazon oder Disney. Bravia Core läuft zwar nur auf Sony-TVs – aber überträgt Daten mit satten 80 Megabits pro Sekunde.
80 Megabits pro Sekunde!
Bei Sony heisst das «Pure Stream». Und wo der Prozessor nicht mit einer allzu anspruchsvollen Dekomprimierung beschäftigt ist, kann er seine Ressourcen nutzen, um das Bild tatsächlich deutlich aufzuhübschen. Ausführliche Bild- und Vergleichstests habe ich in meinem Review zu Sonys X95L gemacht. Hier ein kleiner Vorgeschmack in Videoform:
Aber was gibt’s auf Bravia Core überhaupt? Aktuell nur Sony-Pictures-Filme, obwohl in Japan darüber diskutiert wird, auch andere Filmstudios mit ins Boot zu holen. Die älteren Sony-Filme sind gratis. Die neueren Filme kosten anfangs je einen «Credit», ehe sie nach etwa einem halben bis ganzen Jahr ebenfalls in die Gratis-Bibliothek wandern. Beim Kauf eines BRAVIA-XR-Fernsehers kriegst du 25 solcher Credits geschenkt. Hast du die Credits aufgebraucht, kannst du die kostenpflichtigen Filme innerhalb der Bravia-App käuflich erwerben. Die Zahlung erfolgt via Google-Play-Account. Kostenpunkt pro Film: etwa 10 Franken.
Der Kauf via Credits und die Bravia-Bibliothek sehen so aus:
Was jetzt noch fehlt, damit Bravia Core zum ultimativen Streamingdienst wird, sind vor allem Inhalte anderer Filmstudios. Die Herausforderung liegt aber in der Technologie: Damit Pure Stream funktioniert, müssen die Inhalte auf speziellen Sony-Servern abgelegt werden. Das sei technisch und aus Lizenz-Gründen ein riesiges Kuddelmuddel, das sich mit anderen Studios nur schwer auflösen lässt, so die Sony-Verantwortlichen. Aber man arbeite daran.
Fassen wir zusammen: In den Messungen hat Sony mit dem A95L, dem Nachfolger des A95K, stark an der maximalen Helligkeit geschraubt. Das wiederum sorgt nicht nur für ein gefühlt helleres Bild, sondern auch für einen besseren Kontrast und akkuratere Farben. Kein Wunder, schneidet Sonys neues Flaggschiff auch in den Praxistests sehr gut ab; in fast allen Disziplinen schlägt der japanische TV seine Konkurrenten aus Südkorea. Dazu kommt eine solide Leistung als Gaming-Fernseher, Google TV als führendes Betriebssystem und der hauseigene Streamingdienst Bravia Core, der dank Pure-Stream-Technologie selbst die Bildqualität von UHD-Blu-Rays in den Schatten stellt.
TV-Herz, was willst du mehr?
Das Rennen, das sich «die grossen Drei» Samsung, Sony und LG liefern, macht damit Sony. Wir erinnern uns: Zuerst legte LGs G3 die Messlatte dank neuartiger MLA-Schicht unerwartet hoch. Daran biss sich sogar Samsungs S95C die Zähne aus – trotz der theoretisch besseren QD-OLED-Technologie. Zum Schluss holt nun aber Sony den Titel, zwar mit Samsungs eigenem QD-OLED-Panel, aber ergänzt durch Sonys eigenen, verdammt leistungsstarken Prozessor – und Dolby-Vision-Unterstützung. Die fehlt Samsung. Aus Prinzip.
Titelfoto: Luca FontanaAbenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»