Samsungs OLED-TV-Comeback: Das musst du darüber wissen
Samsung wagt mit neuer QD-OLED-Technologie das grosse OLED-Comeback – nur, dass der Konzern seltsam wenig darüber redet. Darum liefere ich dir die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Also doch: TV-Hersteller Samsung soll noch dieses Jahr seinen ersten marktfähigen OLED-Fernseher lancieren. Das zeigte sein Auftritt an der CES 2022. Überraschend ist die Meldung nicht. Bereits 2019 sickerte durch, dass der südkoreanische Tech-Gigant klammheimlich seine OLED-Rückkehr plane. Dass sich die Verantwortlichen in offiziellen Statements dennoch bedeckt halten, ist seltsam.
Dabei klingt Samsungs Version von OLED äusserst vielversprechend. LG Display könnte gar sein Monopol auf die Herstellung der überlegenen Bildschirmtechnologie verlieren. Denn anders als LG kombiniert Samsung OLEDs mit den als Quantum Dot bekannten Nanopartikeln, die bisher nur bei LCD-Fernsehern verbaut werden.
Klären wir die wichtigsten Fragen.
First things first: Warum reden alle ständig über OLED?
OLED-Pixel sind kohlenstoffhaltige LEDs. Das Besondere an diesen Pixeln ist, dass sie dadurch nicht nur das Bild erzeugen, sondern auch Licht. LCD-Pixel können das nicht. Sie erzeugen nur das Bild. Zum Leuchten benötigen sie eine zusätzliche Hintergrundbeleuchtung, die aus einer separaten LED-Schicht besteht. Diese LEDs können aber (noch) nicht so klein gebaut werden wie Pixel. Die Helligkeit kann darum nie «punktgenau», also pro Pixel, gesteuert werden. Das hat einen grossen Einfluss auf die Bildqualität.
Das habe ich hier genauer erklärt:
Beide Technologien haben ihre Vor- und Nachteile. Der entscheidende Vorteil von OLED gegenüber LCD liegt in der Darstellung von echtem Schwarz dank der punktgenauen Steuerung der Helligkeit – und den damit verbundenen besseren Kontrasten. Dafür strahlen OLED-Pixel weniger hell als herkömmliche LEDs: Würden OLED-Fernseher ihren Pixeln mehr Energie zuführen – mehr Helligkeit – würde sich mehr Hitze in den Pixeln entwickeln. Das wiederum würde die Abnutzung des Materials beschleunigen und rascher zu Burn-In führen – unschöne, geisterhafte Bildrückstände.
In der Branche ist man sich dennoch einig: OLED-Fernseher erzeugen Stand heute das beste Bild, das du für Geld kaufen kannst, und sind darum besser als LCD-Fernseher, wie etwa CNET-Experte David Katzmaier hier erklärt. Und obwohl zahlreiche Hersteller OLED-Fernseher verkaufen, werden dessen Panels nur von einer einzigen Marke gebaut: LG.
Was macht LG zum OLED-TV-Monopolisten?
Seit Jahren kämpfen Samsung und LG um die Krone: Wer hat die bessere TV-Bildtechnologie? Herstellerin LG Display ist die Tochterfirma LGs – und sie hat ein regelrechtes Monopol auf OLED-Panels für Fernseher. Denn anders als die Konkurrenz hat LG Display vor Jahren einen Weg gefunden, die Helligkeit der Bildschirme zu verbessern, ohne das Burn-In-Risiko massgeblich zu erhöhen. Das geht so:
Jeder Fernseher besteht aus Millionen von Pixeln, angeordnet in einem Raster. Jedes einzelne Pixel enthält drei winzig kleine Subpixel.
- Ein rotes
- Ein blaues
- Ein grünes
LG Display hat diesem RGB-Raster ein weiteres, weisses Subpixel hinzugefügt. Dessen einzige Funktion liegt darin, durch sein Licht für mehr Helligkeit zu sorgen. So wird die Energiebelastung pro Subpixel deutlich verringert – und damit das Burn-In-Risiko. Die Bezeichnung dieser Technologie: WOLED.
Kein anderer Hersteller hat die WOLED-Technologie so schnell und effizient erforscht wie LG Display. Nicht mal Samsung Display, Samsungs TV-Panel herstellende Tochter. Und weil die Kosten für Forschung und Entwicklung exorbitant hoch sind, ist es für alle schlichtweg einfacher, OLED-Panels bei LG Display einzukaufen statt sie selber zu erforschen, zu entwickeln und zu bauen. Auch wenn es kein Hersteller zugeben würde: Es gilt als offenes Geheimnis, dass Sony, Philips und Panasonic ihre OLED-Panels bei LG Display kaufen.
Bis jetzt.
Wieso ist Samsungs Rückkehr zu OLED so bemerkenswert?
Nicht, dass es Samsung nie mit OLED-Panels versucht hätte. Nach einer Reihe misslungener Prototypen kündigte man im Jahr 2014 allerdings an, sich aus dem OLED-TV-Business zurückzuziehen.
Seitdem sprach sich der Hersteller immer wieder vehement gegen OLED bei Fernsehern aus, gerade wegen dem Burn-In-Risiko. Niemals wäre es dem südkoreanischen Konzern in den Sinn gekommen, eine Niederlage einzugestehen und beim Erzrivalen LG die begehrte Panel-Technologie einzukaufen. Stattdessen vermarktete man seine LCD-Fernseher mit Nanopartikel-Technologie und Mini LED als der eigentliche Star am Markt. Kurz: Neo QLED.
Ausserhalb der Dunstkreise Samsungs – ausser bei QLED-Partner TCL – fand diese Einschätzung kaum Zustimmung. Nicht selten wurde in Fachkreisen spekuliert, dass Samsung seine Abkehr von OLED insgeheim sogar bereue, auch wenn Samsung nach wie vor der grösste TV-Hersteller der Welt ist.
TV-Marktanteil gemessen an Auslieferungen
Mittlerweile scheinen die besagten technologischen Verbesserungen vollzogen. Samsungs Auftritt an der vergangenen CES kann darum durchaus als historisch betrachtet werden. Denn Samsung präsentierte dort eine eigene, neue und marktfähige Version von OLED. Einen offiziellen Namen hat sie noch nicht. Die Fachwelt redet aber gemeinhin von Quantum-Dot-OLED, kurz: QD-OLED.
Was macht Samsungs QD-OLED anders als LGs OLED?
LG führte das weisse Subpixel ein, um ein noch helleres Bild zu erzeugen, ohne mehr Burn-In zu riskieren. Samsung hingegen setzt auf jene Nanopartikel, mit denen der Konzern bereits bei seinen LCD-Fernsehern für besonders reines Licht sorgt. Das macht Nanopartikel-Fernseher besser als normale LCD-Fernseher. Samsung will jetzt das gleiche Prinzip bei OLED-Fernsehern anwenden.
Das geht so: Zunächst kommen bei Samsung nur blaue OLEDs zum Einsatz. Statt wie LG auf herkömmliche Farbfilter zu setzen, verbaut Samsung eine Nanopartikel-Schicht, die das blaue Licht der OLEDs aufnimmt und umfärbt. Ein physikalisches Phänomen, das mit der Grösse von Nanopartikeln spielt, um gezielt neue Schwingungen zu erzeugen, die wir wiederum als Farben wahrnehmen. Und das ohne Helligkeitsverluste. Diese Schicht heisst «quantum dot color converter», kurz: QDCC:
Es ist nur eine kleine Änderung in der Architektur eines OLED-Pixels. Eine aber mit potenziell riesengrosser Wirkung.
Ist Samsungs QD-OLED besser als LGs OLED?
In der Theorie: Ja. Samsung will in seinen QD-OLED-Bildschirmen das Beste aus zwei Welten vereinen. Konkret:
- Perfekte Schwarzwerte und Kontraste dank OLED-Technologie
- Ein helles Bild wie bei LCD-Fernsehern
- Kein Burn-In
- Noch reinere Farben dank Nanopartikeln aka Quantum Dots
Die Idee mit Nanopartikeln als Farbfilter-Ersatz ist nicht nur gut, sondern genial. LGs Farbfilter haben nämlich einen technologischen Nachteil. Zur Erinnerung: Ein WOLED-Pixel besteht aus vier Subpixeln. In jedem Subpixel strahlen rote, grüne und blaue OLEDs gleich stark – das nehmen wir als «Weiss» wahr. Die darüber liegenden Filter blocken anschliessend unerwünschte Farben ab. Zum Beispiel Grün und Blau, wenn das Subpixel rot leuchten soll. So bekommt jedes Subpixel seine ihm zugeordnete Farbe.
Hier grafisch dargestellt:
Das Problem: Beim Filtern wird auch die Luminanz der Farben verringert – ihre Helligkeit. Darum LGs zusätzliches, weisses Subpixel. Das macht das Bild zwar wieder heller, aber bleicht gleichzeitig auch die anderen Farben aus. Nicht, dass OLED-Farben deswegen schlecht wären. Im Gegenteil, ganz entschieden sogar. Aber sie schöpfen nicht das volle Potenzial aus. Die Physik dahinter habe ich hier genauer beschrieben:
Samsungs Nanopartikel hingegen filtern nicht. Sie färben das bläuliche OLED-Licht stattdessen um. Das ist entscheidend. Es bedeutet nämlich, dass bei QD-OLED-Pixel die Farben nicht an Luminanz verlieren – oder eben: an Helligkeit. Damit schöpfen sie deutlich mehr Potenzial aus. Konkret:
- QD-OLED-Pixel leuchten heller als WOLED-Pixel, weil sie nicht an Luminanz verlieren.
- QD-OLED-Pixel können darum auf das ausbleichende, weisse Subpixel verzichten.
- QD-OLED-Pixel erzeugen also bei gleicher Energiezufuhr ein helleres Bild mit kräftigeren Farben.
Wir erinnern uns: mehr Energie gleich mehr Hitze gleich höheres Burn-In-Risiko. All das umgeht Samsung mit seiner neuen Architektur. Zumindest in der Theorie.
Gibt es schon erste Praxistests?
Ja. Unter anderem von Linus Tech Tips. Linus scheint die Theorie in der Praxis zu bestätigen, auch wenn seine Berichte vorerst noch mit Vorsicht zu geniessen sind. Linus wurde nämlich von Samsung zum Testen eingeladen. Er selber sagt sogar, Samsung habe sein Video gesponsert.
Linus geniesst allerdings einen ausgezeichneten Experten-Ruf. Seine Meinung hat Gewicht. Zudem habe Samsung noch nie einen externen Tester vorab neue Technologie ausprobieren lassen, schon gar nicht mit externem Quellmaterial und Geräten, die dem Tester gehören, nicht Samsung, sagt Linus. Sollte das stimmen, dann zeugt das wiederum von Samsungs grossem Vertrauen in die eigene Technologie.
Die Zahlen, die Linus in seinem Video präsentiert, sind jedenfalls beeindruckend. Fangen wir mit der Helligkeit an. Zum Vergleich nehmen wir LGs Evo-OLED-Panel und Samsungs Neo-QLED-Panel vom vergangenen Jahr dazu. Deren Zahlen habe ich von rtings.com. Die Spalten zeigen drei Fenstergrössen: 2%, 50% und 100% des Displays.
2 % | 50 % | 100 % | |
---|---|---|---|
WOLED
(LG G1 Evo OLED) | 846 Nit | 281 Nit | 169 Nit |
Neo QLED
(Samsung QN90A) | 1363 Nit | 1153 Nit | 735 Nit |
QD-OLED | 1400 Nit | 300 Nit | 200 Nit |
Die Gesamthelligkeit des Fernsehers – die volle Fenstergrösse – sagt uns, dass es zwischen QD-OLED und WOLED kaum Unterschiede gibt; in lichtdurchfluteten Zimmern ist auf LCD-Fernsehern immer noch am meisten zu erkennen. Beeindruckend ist aber der Vergleich bei zwei Prozent Fenstergrösse, also bei sehr kleinen Bildbereichen. Sonnen. Laternen. Scheinwerfern. Da überstrahlt QD-OLED gar LCD. QD-OLED-Fernseher können zudem punktuell deutlich heller strahlen als WOLED-Fernseher – und das ohne zusätzliches weisses Subpixel. Das bedeutet mehr Luminanz, bessere Kontraste und damit kräftigere Farben.
Genau das bestätigt SGS, einer der international führenden Warenprüfkonzerne, via Samsungs Pressemitteilung. Gemessen wurde die Abdeckung zweier Farbräume. Zum einen der bei HDR- und Dolby-Vision-Inhalten aktuell meistgenutzte Farbraum DCI-P3. Zum anderen BT.2020, auch bekannt als Rec.2020, der als Farbraum der Zukunft gilt. Ebenso hier der Vergleich mit Evo OLED und Neo QLED.
DCI-P3 | BT.2020 / Rec.2020 | |
---|---|---|
WOLED
(LG G1 Evo OLED) | 99,79 % | 77,17 % |
Neo QLED
(Samsung QN90A) | 95,52 % | 76,49 % |
QD-OLED | >120 % | >90 % |
QD-OLED übertrifft die anderen Technologien bei weitem. Stampft sie regelrecht ein. Es wird wohl keiner Langzeittests bedürfen, um jetzt schon vorherzusagen, dass QD-OLED das beste Bild der nächsten Jahre erzeugen wird.
Droht LGs Vormachtstellung in Sachen OLED ein Ende?
Ja. Aber nicht in unmittelbarer Zukunft. Dafür ist die aktuelle Monopolstellung von LG Display zu stark. Schliesslich ist LG Display der einzige Produzent von OLED-Panels für Fernseher. Dazu wird es nicht Samsung sein, das den ersten QD-OLED-Fernseher auf den Markt bringt, sondern Sony.
Wait, what?
Tatsächlich ist der japanische TV-Hersteller der bisher einzige, der bereits ein konkretes Modell angekündigt hat – den Sony Bravia A95K, oben im Titelbild. Verkaufsstart könnte bereits Mai sein. Woher Sony sein QD-OLED-Panel bezieht, wollte der Hersteller auf Redaktions-Anfrage nicht sagen. Es liegt aber nahe, dass Sony bei Samsung Display eingekauft hat.
Samsung selber will seinen ersten QD-OLED-Fernseher ebenfalls noch dieses Jahr auf den Markt bringen. Wann genau, konnte Samsung Schweiz auf Anfrage nicht sagen.
Grund für die verzögerte Markteinführung, so wurde mir aus gut informierten Branchenquellen zugetragen, könnten interne Querelen zwischen Samsung und Samsung Display sein. Könnten. Bestätigt ist nichts.
Inwiefern Samsung Display seine Panel-Fabriken für QD-OLED warmlaufen lassen wird, hängt von der Marktnachfrage ab. Die wiederum vom Preis der Fernseher. Und den hat bislang noch keiner genannt. Auch nicht Sony. Dass QD-OLED kurzfristig für grosse Umschwünge auf dem Fernseher-Markt sorgen wird, darf darum bezweifelt werden.
Soll ich mit dem Kauf eines OLED-Fernsehers zugunsten QD-OLEDs warten?
Nein. Branchenexperten, darunter Caleb Denison von digital Trends, vermuten, dass die ersten QD-OLED-Fernseher in den nächsten Jahren für die meisten von uns noch viel zu teuer sein werden. Das deckt sich mit dem, was mir gut informierte Quellen bisher zugetragen haben: Der Verkaufspreis für ein 65-Zoll-Modell soll sich auf etwa 4500 bis 5000 Franken belaufen. Plusminus.
LG Display hingegen hat die Marktposition von WOLED in den vergangenen Jahren gefestigt: Die Technologie ist ausgereifter, effizienter und günstiger in der Herstellung denn je. Immer mehr Menschen können sich die einst so teuren OLED-Fernseher leisten. Dazu gilt nach wie vor, dass OLEDs ein besseres Bild erzeugen als alles, was wir vor QD-OLED gekannt haben.
Dafür spricht auch folgende Aussage Sonys:
Das könnte ebenfalls mit ein Grund sein, warum sich Samsung bislang so seltsam bedeckt in Bezug auf die eigene neue QD-OLED-Technologie zeigt: Sie ist noch zu teuer, um WOLED ein schnelles Ende zu setzen. Dazu werkelt Samsung seit Jahren an Micro LED – im Prinzip dasselbe wie OLED, einfach ohne kohlenstoffhaltiges Material –, die der eigentliche OLED-Killer sein soll. Bald. Nächstes Jahr. Oder übernächstes Jahr. Die Markteinführung fürs heimische Wohnzimmer schieben die Südkoreaner seit gefühlten Ewigkeiten hinaus. Und wo genau QD-OLED dann Platz hätte – damit zermartert sich Samsungs Marketingabteilung bestimmt schon den Kopf.
LG Display bleibt also noch Zeit, mit einer eigenen Version von QD-OLED zu antworten. Das wird auch nötig sein. LG wird genauso wenig beim Erzrivalen Panels einkaufen, wie Samsung es all die Jahre bei LG Display getan hat. Das kommt uns Konsumentinnen und Konsumenten zugute. Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sondern drückt auch die Preise.
LG Schweiz wollte auf Redaktions-Anfrage keinen Kommentar zu QD-OLED abgeben.
Update 18. März, 13:55 Uhr:
Heise Online will bei Samsungs QD-OLED eklatante Schwächen entdeckt haben. Was ist da dran?
Danke an die Kommentarspalte für den Hinweis!
Titelbild: Sony
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»