

Sony XG95 im Review: Starkes TV-Bild mit Heiligenschein

Sonys XG95 ist ein LCD-Fernseher mit Ambitionen: Triluminos soll für knallige Farben sorgen und der X1-Ultimate-Prozessor für eine einwandfreie Bildverarbeitung. Dann gibt’s noch Full Array Local Dimming. Das funktioniert in gewisser Hinsicht zu gut, sprich: gar nicht.
Das Jahr 2019 hat bei Sony mit einigen Wachablösung begonnen: Bisher hat der XF9005 als das «LCD-Mainstream-Flaggschiff» beim japanischen Hersteller gegolten. Neu übernimmt die XG95-Serie.

Und diese Rolle steht dem XG95 richtig gut. Jedenfalls beim ersten Überfliegen des Datenblatts. Da ist Sonys hauseigene «Triluminos»-Bildtechnologie, die für intensive Farben sorgen will. Der X1-Ultimate-Prozessor soll das Bild optimal verarbeiten und mit «Multi Acoustic Sound» soll auch der Ton stimmen. Dann gibt’s noch Full Array Local Dimming (FALD), das für gute Kontrastwerte sorgen will.
Ich sag’s mal so: FALD funktioniert. In gewisser Hinsicht funktioniert FALD sogar zu gut. Das verursacht Probleme, die nicht wegzudiskutieren sind. Aber alles der Reihe nach.
Ein gewollt minimal-kreatives Design
Industrie-Look. Das habe ich im Hause Sony schon vor ein paar Tagen gehört. Beim Hands-On des 8K-LCD-Fernsehers. Das scheint in diesem Jahr die Devise Sonys zu sein. Tatsächlich ist der Look des 75 Zoll grossen XG95, das Sony mir zur Verfügung gestellt hat, recht schlicht.

Trotzdem: Die «Entenfüsse» des Fernsehers – sie wollen mir nicht so recht gefallen. Sieht mir zu plump aus. Ohne Soundbar würden sie billig wirken. Aber genau das ist der Punkt: Die Standfüsse sind so designt, dass eine Soundbar problemlos vor dem Bildschirm gestellt werden kann, ohne das Bild zu verdecken. Soundbars Marke Sony passen gar genau zwischen die nach aussen lugenden Füsse. So gesehen ergibt das Design wieder Sinn.
Ansonsten wirkt der Fernseher auf mich typisch edel. Es gibt zwar nicht ganz so viel gefrästes Alu wie oftmals bei Samsung – ich mag die Designs der Südkoreaner –, aber billig wirkt er deswegen ganz und gar nicht.

Die Rückseite des XG95 hingegen schaut eher etwas mau aus. Es gibt zwar kleine Schächte, welche die Kabel durch die Standfüsse führen. So lassen sie sich besser verstecken. Aber abgesehen davon würde ich nicht behaupten, dass grosses Augenmerk auf die Rückwand gelegt worden ist. Gut, kein Drama, wenn der TV nicht frei im Raum steht.
Ah ja: Recht dick ist das Panel. Etwa 7.3cm an seiner breitesten Stelle. Kein Vergleich zu OLED-Bildschirmen, die keine Hintergrundbeleuchtung haben und deshalb deutlich dünner gebaut sind. Aber Samsungs Q85R, ein vergleichbares LCD-Pendant, ist mit etwa 6.2cm nur geringfügig schmaler.

Also: Schönheitspreise gewinnt der XG95 nicht. Jedenfalls nicht, solange der Fernseher aus bleibt. Aber das wäre ja auch die falsche Priorität, was durchaus interessant ist: Der Fernseher als Möbelstück, dessen Existenz konsequent geleugnet wird bis er eingeschaltet ist. Dann steht er auf einmal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
Anschlüsse hat der TV dafür genug.
- 4x HDMI 2.0-Anschlüsse, davon einer mit eARC
- 1x Ausgang für Toslink
- 3x USB-2.0-Ports
- 1x LAN-Port
- Integriertes Google Chrome
Ebenfalls neu ist die Fernbedienung. Die ist nicht mehr ein antiquiertes Stück schwarzer Plastik aus der Steinzeit, sondern ein aus Alu gefrästes Abbild der Schönheit.
Full Array Local Dimming mit Schwächen
Der XG95 macht ein richtig gutes Bild. Kein Wunder bei FALD-Hintergrundbeleuchtung und Triluminos-Bildtechnologie.
Zur Erklärung: Ein LCD-Fernseher erzeugt das Bild durch das Abdunkeln der Pixel mittels Leuchtkristallen, die sich darin befinden. Farbfilter – Rot, Grün und Blau – mischen anschliessend die Farben, die du auf dem Bildschirm siehst. Zum Leuchten gebracht werden die Pixel durch Hintergrundlicht: also einigen dutzend LEDs. Die sitzen üblicherweise am Rand des Bildschirms. Das somit von der Seite einfallende Licht wird durch eine Diffusorfolie gleichmässig aufs ganze Bild verteilt.
Full Array Local Dimming bedeutet, dass die LEDs nicht am Bildschirmrand, sondern direkt hinter den Pixeln sitzen. Hunderte LEDs gar. Dadurch lässt sich jedes Pixel viel gezielter anstrahlen. Und weil keine Diffusorfolie benötigt wird, ist der Unterschied zwischen dem hellsten und dunkelsten Bildpunkt – der Kontrast – grösser als bei üblichen LCD-TVs. Dabei gilt: je grösser der Kontrast, desto besser die Farben. Den Zusammenhang habe ich hier mal genauer erklärt:

Ein Beispiel: Das obige Bild, eine Szene von meiner UHD-Bluray aus «Jurassic World 2», siehst du einen Sonnenaufgang. Die LEDs hinter der Sonne strahlen mit voller Kraft. Gleichzeitig kannst du bei den oberen und unteren Balken das immer noch sehr tiefes Schwarz erkennen. Zwar kein OLED True Black, aber es lässt sich trotzdem sehen. Die damit verbundenen guten Kontrastwerte sorgen für ein wohlig warmes Orange, das auf einem herkömmlichen LCD-Fernseher niemals so satt aussehen würde wie hier.
So weit, so gut.
Überraschend, weil ich mir von Sony-TVs sowas nicht gewohnt bin, sind aber die «Lichtkränze» um helle Objekte herum. Eine Art «Heiligenschein». Sie werden dann sichtbar, wenn diese hellen Objekte direkt neben dunklen Bildbereichen stehen. Etwa ein strahlender Vollmond am dunklen Nachthimmel. Nicht gut. Hier ein Ausschnitt aus «Jurassic World 2» ab meiner UHD-HDR-Blu-Ray, um dir zu veranschaulichen, was ich meine. Achte auf den oberen, schwarzen Widescreen-Balken, linke Seite.

Dort, wo die beiden grellen Scheinwerfer neben dem T-Rex strahlen, siehst du Lichtkränze über dem Balken. Zum Vergleich habe ich genau dieselbe Szene nochmals ab meiner herkömmlichen Blu-Ray gespielt.

Die Lichtaura um die Scheinwerfer herum ist praktisch weg. Was hier oben wie ein spontaner Test wirkt, ist mir während meiner vierwöchigen Testphase immer wieder aufgefallen: Die Lichtkränze um helle Objekte herum sind nur bei HDR-Material da. Gucke ich eine Blu-Ray oder schaue normal TV, dann sind die Lichtkränze weg. Vermutlich, weil diese Inhalte wegen den tieferen Kontrastwerten deutlich niedrigere Spitzenhelligkeiten haben.
Eine andere Erklärung könnte eine recht geringe Anzahl Dimmzonen sein, die keine so punktgenaue Steuerung der Pixel zulassen. Dadurch werden Bildbereiche angestrahlt, die nicht angestrahlt werden sollten. Denn die hunderte LEDs strahlen nicht unabhängig voneinander. Stattdessen werden sie zu Dimmzonen gruppiert. Zum Beispiel: 600 LEDs werden in Gruppen à 10 LEDs eingeteilt. Das macht 60 Dimmzonen. Es gibt sogar ein Demovideo auf Youtube, mit dem sich die Anzahl Zonen ermitteln lassen soll. Aber um eine endgültige Aussage zu machen, finde ich die Demo doch recht ungenau.
Das Problem könnte also sein, dass die Dimmzone im T-Rex-Bild flächenmässig grösser ist als die beiden kleinen Scheinwerfer. Darum wird der schwarze Balken zumindest teilweise angestrahlt, obwohl er es nicht sollte. Die Leuchtkristalle, die die Pixel gegen das grelle Licht der Scheinwerfer abschotten, sind überfordert: Der Heiligenschein entsteht.
Die Vermutung wird von der Tatsache unterstützt, dass ich den ZF9, Sonys UHD-LCD-Fernseher der Master-Serie, noch nie mit derartigen Problemen habe kämpfen sehen. Kein Wunder: Der ZF9 gilt als Paradebeispiel in Sachen Full Array Local Dimming. Der XG95 könnte also deswegen nicht zur Master-Serie gehören, weil er deutlich weniger Dimmzonen hat als der ZF9.
Wie dem auch sei. Wo FALD beim XG95 der grosse Star in Punkto Kontrasterweiterung sein müsste, stören die Heiligenscheine, die bei HDR-Material zu sehen sind, massiv. Ich als Film-Fan kaufe mir so einen Fernseher nicht.
Triluminos: Marketing-Sprech, das für gute Farbe sorgt
Alles andere als störend sind die Farben. Etwa bei der Szene, wo du inmitten des grünen Dschungels die roten Feuersbrünste vom Auswurf des Vulkans siehst. Umringt von dunklen Aschewolken. Dazwischen der grauhäutige Brachiosaurus, der sich ein letztes Mal gegen seinen Untergang aufbäumt. High-End-Feeling pur.
Hier kommt Triluminos ins Spiel. Farbfilter in einem TV können mehr Farben darstellen, je weisser oder reiner das Licht der LED-Hintergrundbeleuchtung ist. Das Problem: LED-Licht ist eher bläulich. Bevor das Licht also auf die Pixel trifft, wird es beim XG95 durch nanogrosse Partikel geleitet. Die Partikel sorgen dafür, dass das bläuliche Licht der LEDs ein reines Weiss annimmt. Damit sind die intensiven Farben möglich.
Bei Sony heisst das Ganze Triluminos. Nach dem genau gleichen Prinzip arbeiten übrigens auch Samsung und LG. Bei Samsung heisst es einfach QLED – die nanogrossen Partikel werden Quantum Dots genannt – und bei LG NanoCell TV.
X1 Ultimate: Der stärkste Prozessor Sonys… dieses Jahres
Bei jedem Fernseher ist der Prozessor eines der wichtigsten Komponenten. Gerade, weil TV-Panels verschiedener TV-Hersteller oft aus der gleichen Fabrik stammen. Klar ist, dass es somit nicht immer das Panel selbst ist, das den Unterschied zur Konkurrenz ausmacht, sondern die Art und Weise, wie der Bildprozessor die Bildinformationen aus Quellen aufbereitet.
Etwa, wenn das in Full-HD-Auflösung vorliegende TV-Signal auf Ultra HD hochskaliert wird. Oder, wenn unschönes Bildrauschen unterdrückt wird, Kanten geglättet oder Farben verstärkt werden. Alles Aufgaben des Prozessors. Solche Bildoptimierungsprozesse führt der Prozessor bei allen Quellen durch. Auch bei UHD-HDR-Material – aber in unterschiedlichem Ausmass.

Neu ist der im XG95 verbaute X1-Ultimate-Prozessor nicht. Sowohl vergangenes Jahr als auch dieses Jahr ist er in allen High-End-TVs Sonys verbaut – der Master Series. Etwa im ZG9, Sonys ersten 8K-Fernseher. Tatsächlich soll der X1 Ultimate von Anfang an mit der Absicht entwickelt worden sein, selbst den viel ressourcenfressenden 8K-Fernseher ohne Mühe zu betreiben.
Neu beim X1 Ultimate ist also bloss die Tatsache, dass der leistungsstärkste TV-Chip Sonys auch ausserhalb der Master-Series-Fernseher zum Einsatz kommt. Eben im XG95. Dort wirkt selbst HD-Live-TV-Material so, als ob es zumindest von einer Blu-Ray kommen würde: In Gesichtern sind selbst Fältchen oder Poren zu erkennen, und auch Verläufe stellt der XG95 gleichmässig dar. Kein Bildrauschen in Sicht. Geschweige denn nervige Artefakte.
Jedenfalls, wenn du in den erweiterten Einstellungen bei «Klarheit» unter dem Reiter «gleichmässige Abstufung» auf mindestens «Niedrig» stellst. Dann siehst du selbst in Szenen wie der unteren – aus «Interstellar», wo besonders helle und dunkle Bildbereiche direkt nebeneinander stehen –, keine sichtbare Abstufungen.
Voraussetzung dafür sind Programme mit einer Auflösung von mindestens 720p oder Blu-rays mit 1080p. Ansonsten sieht’s gerade bei 195-Zentimeter-Bilddiagonalen recht matschig aus, starker Prozessor hin oder her.
Defizite beim Sound
Wenn du dir einen teuren Fernseher anschaffen willst, ohne für Sound in ähnlicher Qualität zu sorgen, dann bist du selbst schuld. Es gibt aber Wohnsituationen, deren Grundriss keine Surround-Anlage zulassen. Oder aber die Nachbarn wissen Bässe nicht zu schätzen.
In diesem Fall sorgt Sony mit einem cleveren Trick für recht passablen Sound: Zwei Lautsprecher-Sets à 10 Watt sind am unteren Bildschirmrand positioniert. Dazu kommen noch zwei Hochtöner an der Rückwand des TVs. Die befinden sich etwa auf Höhe des oberen TV-Drittels. Dank ihnen scheint der Ton des Fernsehers nicht von unten zu kommen, sondern eher aus der Bildmitte heraus. Ein interessantes Stück Technologie.

Das Ganze nennt sich «Acoustic Multi Audio». Gehört habe ich es bereits beim ZG9-Hands-On. Dort kommen aber noch zwei Bässe und noch ausgeklügeltere Lautsprechersets zum Einsatz. Entsprechend besser hat’s dort auch geklungen. Beim XG95 hingegen finde ich den Sound zwar passabel, eigentlich sogar erstaunlich klar, aber weit weg vom Surround-Gefühl. Da fehlt Volumen – also Sound, das nicht nur aus dem Fernseher selber zu kommen scheint –, das wirkt alles etwas hohl.
Vielleicht liegt’s am fehlenden Bass. Klar: Viele TVs haben Schwierigkeiten, richtig raumfüllenden Sound aus mickrigen TV-Boxen zu kriegen. Trotzdem: Andere Hersteller haben dasselbe Problem. LG etwa. OLED-TVs sind viel schmaler als LCD-Fernseher. Haben dadurch noch weniger Platz für Lautsprecher. Der C8-OLED, den ich vergangenes Jahr getestet habe, hat mich trotzdem mit seinem basslastigen Sound auf ganzer Linie überzeugt, obwohl da keine Surround-Anlage um mich herum installiert gewesen war.
Also, ja. Ich kritisiere den Fernseher für die mangelnde Wucht im Sound. Hätte besser sein können.
Fazit: Leicht hinter den Erwartungen zurückgeblieben
In den XG95 habe ich am Anfang des Tests hohe Erwartungen gesetzt. Erfüllt wurden sie nicht ganz. Die FALD-Hintergrundlicht-Technologie zum Beispiel, die ich bei Samsungs Q9FN oder Sonys ZG9 auch schon gefeiert habe. Beim XG95 hingegen kommt es gerade bei HDR-Inhalten zu sehr unschönen Lichtkränzen bei hellen Objekten auf dunklem Hintergrund. Für mich ein No-Go. Zudem der Sound, der ruhig etwas mehr rumsen und den Raum besser ausfüllen dürfte.
Ansonsten macht der XG95 eine sehr gute Figur: Die Kombination aus FALD und der Triluminos-Technologie sorgt für gute Schwarzwerte und eine gleichzeitig ausgewogene Farbwiedergabe bei hoher Helligkeit. Dazu kommt der X1 Ultimate Chip, der verdammt gute Arbeit beim Hochskalieren von Nicht-UHD-HDR-Inhalten leistet und das Betriebssystem flüssig laufen lässt.

Alles in allem also ein LCD-Fernseher, der sich aber bildtechnisch gar nicht zu verstecken braucht und preislich seine direkte Konkurrenz deutlich unterbietet.


Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»