Produkttest

Paramount+ im Test: Warum ich für so wenig nicht so viel zahlen würde

Luca Fontana
9.12.2022

Seit dem 8. Dezember gibt’s einen neuen Streaming-Dienst in der Schweiz: Paramount+. Ich habe ihn ausprobiert und verrate dir, was ich davon halte. Spoiler: Liebe Westschweizerinnen und Tessiner – ihr müsst jetzt stark sein.

Kann es genug Streaming-Dienste auf dem Markt geben? Offenbar nicht, findet die Industrie. Seit Jahren kommen ständig neue Plattformen dazu. Die Zeiten, als Netflix Alleinherrscher auf dem virtuellen Pausenplatz war, sind längst vorbei. Seit dem 8. Dezember hat besagter Platz einen neuen Player. Zumindest in der Schweiz: Paramount+.

Lanciert hat ihn das renommierte amerikanische Filmstudio Paramount Pictures bereits vergangenes Jahr, nur nicht überall – weltweit zählt Paramount+ bereits gute 43 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten. Das lässt aufhorchen. Immerhin zählen ikonische Blockbuster-Franchises und -Serien wie «Mission Impossible», «Top Gun», «Star Trek», «Terminator», «Spongebob» und «The Good Wife» zu seinen Top-Marken. Doch was taugt der Streaming-Dienst, der jetzt auch bei uns verfügbar ist?

Erste Schritte: Der Account ist schnell erstellt

Die ersten Schritte sind easy: Name, Nachname, Adresse und Kreditkarteninformationen hinterlegen – und schon kann der Spass beginnen. Gratis ist er natürlich nicht. Es gibt zwei Abo-Modelle. Konkret:

  • 12 Franken pro Monat
  • 120 Franken pro Jahr

Damit ordnet sich Paramount+ zum Start ziemlich genau bei Disney+ ein, das aktuell 12.90 Franken pro Monat oder 129 Franken pro Jahr kostet. Die Zahlungen beginnen nach einer 7-tägigen Probezeit. Danach verlängert sich das Abo automatisch um die bereits gebuchte Zeit, wenn es nicht vorzeitig gekündigt wird.

Das erste Profil wird mit dem Neuabschluss automatisch erstellt. Danach können bis zu fünf weitere Profile hinzugefügt werden – alle mit eigenen Empfehlungen, basierend darauf, was im entsprechenden Profil geschaut wird. Dazu kann jedes Profil als «Kinderprofil» deklariert und zusätzlich mit Pin-Code geschützt werden. Den Code brauchst du (oder dein Kind) dann, wenn es vom Kinderprofil aus in ein anderes, nicht geschütztes Profil wechseln will.

Alles für den Paramount+-Test: Auch Profile à gogo erstellen, um zu sehen, wieviele maximal gehen.
Alles für den Paramount+-Test: Auch Profile à gogo erstellen, um zu sehen, wieviele maximal gehen.
Quelle: Luca Fontana

So weit, so normal – das können alle anderen Streaming-Dienste auch.

Die Verfügbarkeit: Einige TV-Hersteller machen (noch) nicht mit

Aktuell gibt’s die Paramount+-App nur auf Apple- und Android-Geräten. Das schliesst immerhin auch Sony-, Philips- und TCL-Fernseher mit Android TV und Google TV ein. Scheinbar aber nicht alle, wenn ich mir die offizielle Liste der unterstützten Geräte anschaue. Dort stolpere ich über «kompatible» Android TV-Geräte. Das klingt für mich so, als ob sich Paramount ein Türchen offen halten will. Würde sonst nicht «alle» Android TV-Geräte stehen? Testen kann ich’s leider nicht, weil ich nur LG-Fernseher bei mir Zuhause habe. Dafür aber auch eine Apple-TV-Box. Dort ist die App tatsächlich vorhanden.

Immerhin: Gemäss Liste soll die App bereits auf Samsung-Fernsehern mit Jahrgang 2017 oder jünger verfügbar sein.

Das Angebot: Nicht schlecht, aber auch nicht gross

Wie gross ist das Angebot zum Start? Nicht gross. Das habe ich bereits befürchtet. Die Zahlen habe ich von Just Watch. Via Klick auf die Hyperlinks unten gelangst du direkt zur kompletten Übersicht pro Streamingdienst. Alternativ kannst du auch nach einer Serie oder einem Film suchen und schauen, wo du ihn streamen, kaufen oder leihen kannst. Darüber habe ich hier geschrieben. Jetzt aber zurück zu Paramount+:

  • In der Schweiz umfasst das Angebot 555 Titel.

Zum Vergleich:

  • Das unwesentlich teurere Disney+ bietet 2’304 Titel.
  • Das noch etwas teurere Sky Show mit Entertainment Pass bietet 1'330 Titel.
  • Das günstigere Amazon-Prime-Video-Sortiment bietet 6’515 Titel.
  • Netflix als teuerster Streaming-Dienst der Welt bietet 7’277 Titel.
  • Einzig das günstigere AppleTV+-Angebot ist mit 147 Titeln kleiner.

Einverstanden, Qualität geht vor Quantität. Darüber habe ich bereits im Zusammenhang mit Netflix geschrieben. Überhaupt: Wer hat schon Zeit, sich Tausende Filme und Serien anzuschauen? Viel wichtiger ist es, mit wenigen, aber regelmässigen Erfolgen die Abonnentinnen und Abonnenten bei Laune zu halten. Etwa mit Erfolgsserien wie «Squid Game», «Stranger Things», «The Mandalorian» oder «The Boys».

Die Übersicht: Tip top

Paramount organisiert sich designmässig ähnlich wie Disney+: Ganz oben sind sechs Mini-Kacheln – Paramount nennt sie Marken –, die eine erste, grobe Sortierung der Inhalte darstellen: Paramount+ Originals, Showtime, Comedy Central, MTV, Nickelodeon, Nick Jr. und die Doku-Sparte mit dem Smithsonian Channel. Ein Klick aufs Logo bringt mich zu den entsprechenden Inhalten. Fühlt sich vertraut an. Gefällt mir.

Interessant: In der Desktop-Version von Paramount+ sind die Kacheln farbig.
Interessant: In der Desktop-Version von Paramount+ sind die Kacheln farbig.
Quelle: Luca Fontana

Wie klein Paramount+’ Angebot allerdings noch ist, wird mir erneut bewusst gemacht, als ich aufs Comedy-Central-Logo klicke: Da sind nur «South Park»-Inhalte. Kein «Key and Peele», kein «Robot Chicken», kein «Drawn Together» und auch sonst überhaupt gar keine anderen Comedy-Central-Klassiker. Leider nur ein bisschen üppiger ist die Sparte der Originals – der Eigenproduktionen. Da ist etwa die «Halo»-Serie (seit Anfang Jahr bereits via Sky Show verfügbar), «1883» und «Star Trek: Strange New Worlds». Insgesamt zähle ich 36 Eigenproduktionen. Bis 2025 sollen 150 weitere dazukommen.

Die Laune bessert sich, als ich mir einen Überblick über den gesamten Katalog verschaffe. Beim Scrollen stosse ich tatsächlich über Top-Marken wie «Mission Impossible», «Top Gun», «Star Trek», «Terminator», «Sonic», «Scream», fast das ganze «Transformers»-Franchise (nur «Bumblebee» fehlt), «La La Land», «A Quiet Place» (aber nur der erste Teil), «The Godfather», «Pulp Fiction», «The Good Wife», und, und, und. Ab dem 22. Dezember wird auch «Top Gun: Maverick» zum Streamen verfügbar sein. So schlecht ist das Angebot doch nicht.

Dann aber ein grosses Aber für alle aus der Westschweiz und dem Tessin.

Einmal quer durch Paramount+ in der Desktop-Version gescrollt. Video: Luca Fontana.

Sprachauswahl: Winzig! Streaming-Qualität: Naja…

Ich habe nicht alle 555 Titel geprüft. Aber ich habe noch keinen einzigen Inhalt gefunden, der andere Audio- oder Untertitelsprachen als Deutsch und Englisch zur Verfügung stellte. Keinen.

«Das muss ein schlechter Scherz sein», murmle ich vor mich hin.

Das mag für jene aus der Deutschschweiz kein Problem sein. Aber bei Paramount hat man wohl nicht gesagt bekommen, dass die Schweiz mehrere Landessprachen hat. Selbst auf der offiziellen FAQ-Seite von Paramount finden sich keine Informationen, ob eine französische oder italienische Implementierung geplant ist. Ein grosses Problem dürfte das kaum sein: In Frankreich und Italien ist der Dienst bereits vor ein paar Wochen gestartet. Die Files sind ja also irgendwo auf den Paramount-Servern vorhanden. Trotzdem: Zum Start ist das lausig.

Nur Deutsch und Englisch in der Audio- und Untertitel-Auswahl: Das ist ganz schön schwach von Paramount.
Nur Deutsch und Englisch in der Audio- und Untertitel-Auswahl: Das ist ganz schön schwach von Paramount.
Quelle: Luca Fontana

Und es gibt noch einen weiteren Wermutstropfen: Sämtliche Inhalte haben «nur» HD-Qualität. Ein Manko, das sich Paramount+ mit Sky Show teilt und dass es im Jahr 2022 eigentlich nicht mehr geben sollte. Alle anderen Anbieter sind längst auf UHD-Auflösung und HDR oder gar Dolby Vision umgestiegen. Da passt es, dass tonmässig auch nur maximal Dolby Digital 5.1 bei englischen Tonspuren angeboten wird, bei deutschen aber nur ein hochskaliertes «Fake»-Dolby-Digital-5.1, das eigentlich nur Stereo ist. Danke an User claus.luellau für den Hinweis!

Fazit: Dafür würde ich keine 12 Franken pro Monat ausgeben

Es ist wie so oft beim Start eines neuen Streaming-Dienstes: Das Angebot ist winzig, der Preis nicht. Das war bei Disney+ und AppleTV+ auch nicht anders (auch wenn AppleTV trotz tieferem Preis noch immer winzig ist). Wenn ich also sage, dass ich heute noch keine 12 Franken pro Monat für Paramount+ zahlen würde, dann bedeutet das nicht, dass ich glaube, dass der Streaming-Dienst keine Zukunft hat. Aber in einem bereits stark segmentierten Streaming-Markt muss Paramount+ eindeutig mehr liefern, um hierzulande auch langfristig Erfolg zu haben.

Schwierig dürfte dabei die bereits seit Jahren laufende, enge Zusammenarbeit mit Sky werden: Viele Paramount+-Originals sind bereits via Sky Show verfügbar. Prominente Beispiele: Die Drama-Version von «The Fresh Prince of Bel-Air» und die «Halo»-Serie. Grund dafür ist ein exklusiver Deal zwischen Sky und Paramount in Europa. Wer Sky Show abonniert hat, soll demnach alle Paramount+-Eigenproduktionen «gratis» bekommen – abgesehen vom Abopreis. Umgekehrt würden Paramount-Filme und -Serien für jene, die kein Sky-Abo haben, weiterhin via Skys Video-on-Demand-Dienst verfügbar bleiben (sprich: sie können die Inhalte immer noch einzeln kaufen oder ausleihen).

So zumindest die offizielle Pressemitteilung. Das Schweizer Online-Magazin «vybe» will hingegen aus erster Hand erfahren haben, dass die Aufteilung der Paramount+-Inhalte doch nicht so einfach wird. So sollen manche Eigenproduktionen entgegen der ursprünglichen Mitteilung ausschliesslich via Sky vertrieben werden, andere hingegen nur via Paramount, wieder andere über beide Plattformen. Kurz: Es ist kompliziert.

Titelbild: Luca Fontana.

109 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


Filme und Serien
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Produkttest

    Play Suisse Review: Super Idee, miese Umsetzung

    von Luca Fontana

  • Produkttest

    Apple TV Plus: Ist es wirklich so schlecht?

    von Luca Fontana

  • Produkttest

    Disney+ Review: Starke Bibliothek, schwache Originale

    von Luca Fontana

108 Kommentare

Avatar
later