
Produkttest
Günstig netflixen mit Mobile-Router, Teil 2: Versuch geglückt
von Livia Gamper
Meine bisherige Internetlösung wird oft kritisiert. Zurecht. Doch lange hat der Mobile-Router für mich bestens funktioniert. Jetzt würde ich das Teil am liebsten mitsamt Sim-Karte aus dem Fenster schmeissen: Infolge Corona funktioniert nämlich gar nichts mehr.
Teammeeting im Home Office. Vier Kolleg*innen lachen. Der Chef schaut genervt in die Kamera. Und ich versuche der Kollegin Feedback zu geben. Aber es geht nicht. Ich habe mal wieder kein Internet. Die Gesichter ruckeln auf dem Display, der Sound klingt abgehackt. Die Bandbreite meines Mobile-Routers geht in die Knie. Ob ich verstanden werde oder jemanden verstehe, ist wie Russisch Roulette. Nur dass nicht der Tod droht, sondern eine entnervte Livia mit gerötetem Gesicht.
Vor etwas mehr als zwei Jahren habe ich mir einen mobilen Router mit einem Salt-Datenabo geholt. Und das ging lange gut. Obwohl ich oft dafür kritisiert wurde, funktionierte diese Kombination für mich. Ich schaue nur Serien. Games oder sonstige Aktivitäten, die neben genügend hoher Bandbreite auch eine niedrige Latenz benötigen, interessieren mich nicht.
Dann kam Corona. Während dem ersten Lockdown konnte ich das Übel abwenden, da relativ wenige Meetings anstanden und ich lange wegen Semesterprüfungen mit Abwesenheit glänzte. Fürs Studium und Netflix reichte die Mobile-Router-Lösung. Und danach war erstmal wieder Arbeiten im Büro angesagt.
Alles war gut mit meinem günstigen Salt-Abo und ich freute mich, dass ich noch immer nur 20 Franken pro Monat fürs Internet bezahle. Das Abo heisst Surf Unlimited und preist sich mit unlimitiertem Highspeed Internet an, wobei aber keine Up- und Downloadgeschwindigkeiten angegeben sind.
Nach zwei Jahren und ein paar Monaten scheint der Zenit erreicht zu sein. Im jetzigen Shutdown treibt mich der Mobile-Router fast in den Wahnsinn. Mittlerweile ist es an jedem Meeting dasselbe: Es stockt, niemand versteht mich, alles ist verzerrt und verzögert. Es ist peinlich. Und es geht schon seit Wochen so.
Und nicht nur das, auch mein Streaming-Vergnügen ist sehr getrübt. Am Sonntagabend lädt Netflix gar nicht mehr. Die Serie Bridgerton lädt nicht mehr als 20 Prozent, dann bricht Netflix ab und ich befinde mich wieder auf der Startseite. Bei anderen Titeln genau dasselbe. Der Fernseher bleibt schwarz und ich kann es kaum glauben, dass es jetzt wirklich nicht mehr funktioniert. Nicht mal in schlechtester Streaming-Qualität?!
Sind nun alle meine Nachbarn und das ganze Quartier auch mit einem Mobile-Router unterwegs? Was ist geschehen?
Ich wohne in der Stadt Zürich im Kreis drei. Wegen den allgemeinen Umständen hocken wohl alle zuhause und zapfen Bandbreite ab. Und für mich reichts nicht mehr. Vorher war das nie ein Problem, Streamen ging bei mir auch mit UHD-Qualität durchgehend ohne Unterbrüche. Rückblickend eine sehr schöne Zeit. Ich hatte dazumals zwar auch Schwankungen bei der Geschwindigkeit, aber es war nie so schlimm, dass nichts mehr ging.
Doch jetzt hört auch am Montagabend Sky nicht mehr auf, ständig zu puffern. Mein Kollege, der extra zum gemeinsamen Shutdown-Serienschauen vorbeigekommen ist, lacht mich aus. Dann nervt auch ihn mein miserables Internet. Wir brauchen dreimal so lange, um uns eine Folge Euphoria anzusehen. Immerhin können wir in den entstandenen Zwangspausen die Handlung besprechen. Oder Popcorn machen, einen Beruhigungstee aufsetzen und diesen mit Weisswein pimpen... Dennoch, das ist kein Zustand.
Was kann ich tun? Glücklicherweise habe ich eine zweite Lösung in der Hinterhand: Mein Swisscom-Handy-Abo hat unlimitiertes Internet mit sogenannter Premium-Geschwindigkeit, die bis 2 Gbit/s bieten soll. Das steht zumindest auf der Internetseite des Providers. Aber jedes Mal, wenn ich genervt den Hotspot auf dem Handy einschalte, hilft das auch nicht weiter. Es scheint nicht nur Salt ein Problem in Zürich zu haben, sondern auch die Swisscom. Mein 60-Stutz-Handyabo ist zeitweise wertlos. Rien ne va plus. Good bye Teams Meeting und mein Team.
Um wieder am Leben teilnehmen zu können, verschiebe ich den Router und stelle ihn ganz ans Fenster. Geht eigentlich gar nicht, weil so das Kabel hässlich im Durchgang rumliegt. Und überhaupt: Ausser einer Stolperfalle bringt die Aktion nichts. Denn das Internet bleibt gleich schlecht. Auch das Handy umplatzieren hilft nicht, der Spot wird auch am Fenster nicht hot.
Ich gebe auf.
Alle, die mich für meine Hotspot-Lösung kritisiert haben, haben mittlerweile recht. Die Lösung ist dumm. Weil ich kein Gamer-Internet benötige und es möglichst billig haben wollte, dachte ich, die Idee mit einem mobilen Router sei super. Ist sie nicht. Nicht mehr. Vor allem in der Stadt funktioniert das einfach nicht, wenn so viele Menschen zuhause sind. Wohnst du im Chrachen und hast mehr Kühe als Menschen um dich, sind die Chancen grösser, dass du mit der Lösung glücklich wirst. Aber in der Stadt, wo so viele sich die Bandbreite teilen, kostet das zu viele Nerven.
Nun vergleiche ich Internet-Abos. Die Angebote sind besser als vor zwei Jahren. Immerhin.
Mit meinem neuen Abonnement zahle ich künftig doppelt so viel wie zuvor. Dafür soll es mit einer Download-Geschwindigkeit von 600 Mbit/s auch wirklich schnell sein. Ich habe zwar ein Vertrauensproblem mit den hiesigen Providern, aber es bleibt mir ja nichts anderes übrig. Wäre doch Corona bloss nie gekommen, dann wäre ich vermutlich noch immer glücklich mit meinem Mobile-Router. Vielleicht hätte das ja ewig funktioniert. Ich werde es nie erfahren…
Mein neues Internetabo ist noch nicht aufgeschaltet. Ich erhalte das Paket mit dem neuen, teureren Router in den nächsten Tagen. Solange müssen meine Kolleg*innen jetzt noch mit mir als verzerrtem Pixelbrei klarkommen. Und ich muss ohne Netflix durchhalten. Wehe, das neue Abo enttäuscht mich.
Kollege Ramon Schneider schwört derweil noch immer auf seinen Mobile-Router. Der hat aber auch eine starke Antenne – direkt vor seiner Wohnung.
Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival.