E-Trottis und E-Scooter: Was legal ist – und was verboten
Hintergrund

E-Trottis und E-Scooter: Was legal ist – und was verboten

Lorenz Keller
3.12.2024

Die gesetzlichen Vorgaben für Trottinette und Scooter mit Elektromotor sind kompliziert – und vielen Menschen nicht bekannt. Ich erkläre dir, was in der Schweiz gilt, welche Probleme es gibt und welche Veränderungen vielleicht bald kommen.

Eine Anfrage bei den Polizeikorps der grossen Deutschschweizer Kantone zeigt: E-Trottis oder E-Scooter beschäftigen die Gesetzeshüter regelmässig – auch, weil die Zahl dieser Fahrzeuge zugenommen hat.

  • Polizei Basel-Landschaft: «Viele Fahrzeuglenkende erfüllen das Mindestalter 16 nicht.»
  • Stadtpolizei Uster: «Es wird zu zweit E-Scooter gefahren, obwohl das nicht erlaubt ist.»
  • Kantonspolizei Basel-Stadt: «Bei den Benutzerinnen und Benutzern bestehen grosse Wissenslücken bezüglich der geltenden Gesetze.»
  • Luzerner Polizei: «Teilweise fahren E-Scooter massiv schneller als die erlaubten 20 km/h, weil sie verbotenerweise manipuliert werden.»

Die meisten Kantonspolizeien führen keine separate Statistik zu den sogenannten «Trendfahrzeugen». Dass es allein in Basel-Stadt jährlich zu rund 200 Verzeigungen kommt, erweckt den Anschein, dass es in diesem Bereich Nachholbedarf gibt.

Das sind die wichtigsten Regeln für E-Scooter

Ein Problem sind sicher die eher komplizierten Regelungen für ein «Leicht-Motorfahrrad». Zu dieser gesetzlichen Fahrzeug-Unterkategorie gehören nicht nur E-Bikes, sondern auch E-Scooter oder E-Trottinetts. Alle Details findest du auch auf der Webseite des Bundesamtes für Strassen (ASTRA). Hier die wichtigsten Regeln.

  • Höchstgeschwindigkeit: Das Fahrzeug muss bei 20 km/h abgeriegelt sein. Eine Aufhebung dieser Begrenzung per Fernsteuerung oder App ist nicht erlaubt. Als Tretunterstützung bei einem E-Bike sind maximal 25 km/h erlaubt.
  • Leistung und Gewicht: Die Motoren dürfen maximal 500 Watt leisten. Das Gesamtgewicht darf höchstens 200 Kilogramm betragen.
  • Mehrplätzer: Ein zweiter Platz ist bei Fahrzeugen mit Pedalen zulässig oder wenn er speziell für eine behinderte Person eingerichtet ist. Ebenso sind maximal zwei geschützte Sitzplätze für Kinder erlaubt. Sprich: Auf einem E-Scooter oder E-Trotti dürfen nie zwei Personen fahren, auch wenn es dafür Platz hat.
  • Pflichtausstattung: Zwingend erforderlich sind eine Glocke sowie die klassische Fahrradbeleuchtung weiss nach vorne und rot nach hinten. Seit dem 1. April 2022 müssen alle «Leicht-Motorfahrräder» am Tag mit Licht fahren. Erforderlich sind zudem zwei Bremsen auf separate Räder, mindestens eine davon eine Reibungsbremse.
  • Erlaubte Ausstattung: Ein Sitz ist möglich genauso wie mehr als zwei Räder. Auch Rückspiegel, Bremslicht und Blinker sind erlaubt.
Zusätzliche Sicherheitsfeatures wie ein Blinker sind nicht verboten.
Zusätzliche Sicherheitsfeatures wie ein Blinker sind nicht verboten.
Quelle: Lorenz Keller
  • Führerausweis: Ab 16 Jahren braucht es keinen. Von 14 bis 16 Jahren ist der Führerausweis Kat. M erforderlich. Kinder unter 14 Jahren dürfen weder E-Bike noch E-Trotti im Strassenverkehr fahren.
  • Verkehrsregeln: Für «Leicht-Motorfahrräder» gelten dieselben Regeln wie für normale Velos. So müssen unter anderem Fahrradwege benutzt werden. Eine Helmpflicht besteht nicht.

Wer ein stärkeres und schnelleres Zweirad fahren will, benötigt ein Modell einer anderen Klasse, wie zum Beispiel ein «Motorfahrrad». Hier sind die klassischen Mofas und die schnellen E-Bikes eingeordnet. Die grössten Unterschiede: Es braucht eine Typengenehmigung, eine Zulassung, ein Kontrollschild und man muss einen Helm tragen.

Wie E-Bikes müssen auch E-Trottis am Tag mit Licht fahren.
Wie E-Bikes müssen auch E-Trottis am Tag mit Licht fahren.
Quelle: Manuel Wenk

Was ist mit den elektronischen Bremsen?

Ein Punkt sorgt immer wieder für Diskussionen. In den Ausführungen des ASTRA heisst es: «Die Bremsen müssen jederzeit unter allen Betriebsbedingungen einsatzfähig sein, zum Beispiel bei elektrischen Bremsen auch mit vollen oder entladenen Akkus.»

Viele E-Scooter haben eine Reibungsbremse und eine elektronische Bremse. Letztere funktioniert nur, wenn der Scooter eingeschaltet ist und mit Strom versorgt wird. Die Hersteller und auch der TCS, der viele Scooter testet und empfiehlt, interpretieren das Regelwerk so, dass sich dies nicht nur auf die Reibungsbremsen bezieht und dass ein Fahrzeug mit nur einer Reibungsbremse zulässig ist. Im Strassenverkehrsgesetz selbst gäbe es keine spezifische Regelung.

Viele Modelle haben neben einer Reibungsbremse am zweiten Rad nur eine elektronische Bremse.
Viele Modelle haben neben einer Reibungsbremse am zweiten Rad nur eine elektronische Bremse.
Quelle: Lorenz Keller

Auf Nachfrage präzisiert das ASTRA das Regelwerk: Beide Bremsen müssen gemäss Strassenverkehrsgesetz die Betriebssicherheit garantieren und gemäss der Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS) kräftig sein und die im Anhang aufgeführten Verzögerungswerte gewährleisten.

Das Bundesamt für Strassen prüft selbst keine Fahrzeuge, das übernehmen anerkannte Prüfstellen. Aus Sicht des ASTRA geht es bei der Regelung darum, dass vor der vollständigen Entladung der Batterie eines Fahrzeugs der E-Motor bereits deaktiviert wird – dann aber mit der elektromagnetischen Bremse noch einige Bremsungen durchgeführt werden können. Das gilt ebenfalls für die Beleuchtung, die ebenfalls noch eine gewisse Zeit aktiviert bleiben muss.

Übrigens: In den Umfrageantworten der Polizeikorps waren die Bremsen nie ein Thema, im Gegensatz zu anderen Punkten wie etwa zu hohes Tempo oder zu junge Fahrzeuglenkende.

Strafbar und ein Versicherungsproblem

Was schnell vergessen geht: Wer mit einem nicht zugelassenen E-Trotti unterwegs ist, riskiert nicht nur eine Busse, sondern bei einem Unfall auch Probleme mit der Versicherung. Auf Anfrage hat die AXA die möglichen Konsequenzen zusammengefasst.

Gibt es nur Sachschaden, kommt die Haftpflichtversicherung ins Spiel. Doch hier gilt: «Aus der Haftpflichtversicherung besteht für Schäden, die bei der Nutzung von Fahrzeugen verursacht werden, welche gesetzlich oder behördlich nicht bewilligt sind, kein Versicherungsschutz.» Sprich: Hast du mit einem E-Scooter ohne Strassenzulassung beispielsweise ein Auto beschädigt, bezahlst du diese Reparatur selbst.

Das gilt ebenfalls, wenn der Scooter zwar regelkonform ist, aber beispielsweise von einem Kind unter 14 Jahren gefahren wurde. Hier haften schlussendlich die Eltern.

Bei der Unfallversicherung ist es etwas komplizierter. Leistungen können gekürzt werden, wenn – vereinfacht gesagt – jemand einen Unfall erheblich selbst verschuldet hat (Grobfahrlässigkeit), sich besonderen Gefahren aussetzt (Wagnisse) oder bei der Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens. Das gilt natürlich nicht nur für E-Scooter, sondern ganz generell.

Bei einem nicht zulässigen Fahrzeug können alle der drei erwähnten Konstellationen zutreffen. Wie hoch die Kürzungen ausfallen, hängt vom Einzelfall ab. Klar ist ebenfalls: Trägt das eigene Verhalten zur Erhöhung des Unfallrisikos bei, führt dies zu stärkeren Kürzungen. Beispiele dafür sind ein zu hohes Tempo oder das Fahren zu zweit auf dem Scooter.

Ein Helm ist noch keine Pflicht – aber sicher sinnvoll.
Ein Helm ist noch keine Pflicht – aber sicher sinnvoll.
Quelle: Manuel Wenk

Das könnte sich bald für E-Trottis ändern

Handlungsbedarf im Bereich der E-Scooter und E-Trottis sehen alle befragten Polizeikorps. Sie haben konkrete Wünsche, wo die Regulierung angepasst werden sollte.

  • Typengenehmigung: Die Hersteller und Importeure sollen die Leicht-Motorfahrräder prüfen lassen und mit einer Bescheinigung ausliefern. So ist jeweils eindeutig klar, ob ein Fahrzeug zugelassen ist.
  • Versicherungspflicht: Die E-Trottis und E-Bikes müssen vom Halter versichert und mit einem entsprechenden Kennzeichen versehen werden. In Deutschland ist das beispielsweise schon Pflicht.
  • Tempo 25 km/h: Da in fast allen EU-Ländern nicht 20 km/h als Maximaltempo gilt, könnte eine Vereinheitlichung vieles vereinfachen.
  • Bauliche Massnahmen: Sitzbänke für nur eine Person, nicht verstellbare Tempobegrenzer, klare Leistungsangaben auf den Fahrzeugen selber.
  • Helmpflicht: Wie bei den schnelleren E-Bikes und den Mofas soll für alle Elektrofahrzeuge eine Helmpflicht gelten.

Die Trendfahrzeuge führen zu politischen Vorstössen. In der Stadt Zürich hat ein Gemeinderat eine schriftliche Anfrage eingereicht, um herauszufinden, was die Polizei gegen zu schnelle E-Trottis unternimmt und wie der Verkauf solcher Fahrzeuge eingeschränkt werden kann.

Auf nationaler Ebene läuft seit Sommer 2023 eine Revision der Gesetzgebung. Im erläuternden Bericht zur Vernehmlassung lässt sich bereits nachlesen, welche Änderungen angestrebt werden.

  • Tempo 25 km/h: Einheitliche Höchstgeschwindigkeit, egal ob mit Tretunterstützung oder ohne.
  • Schwere Motorfahrräder: Lastenvelos und Cargobikes mit mindestens drei Rädern dürfen schwerer, stärker und breiter sein – aber nicht schneller. Dafür gibt es eine neue Kategorie namens «Schwere Motorfahrräder».
  • Mehr als ein Sitzplatz: Neu sind auch Mehrplätzer bei den «Leicht-Motorfahrrädern» erlaubt. Entscheidend ist die zulässige Nutzlast des Herstellers.
  • Auf die Strasse: Schwere und schnelle Motorfahrräder sind nicht mehr verpflichtet, den Radweg zu nutzen. Sie dürfen auf der Strasse fahren.
  • E-Bike ab 12: E-Bikes sollen neu in Begleitung einer volljährigen Aufsichtsperson bereits ab 12 Jahren gefahren werden dürfen. Das gilt aber nicht für Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb wie E-Trottis.

Die Vernehmlassung zu diesen Vorschlägen ist abgeschlossen. Wohl bereits in den nächsten Wochen entscheidet der Bundesrat, welche weiteren Schritte zur Revision des Strassenverkehrsrechts unternommen werden und welche der Vorschläge umgesetzt werden. Diese könnten dann bereits im nächsten Jahr in Kraft treten.

Welche Regeländerungen findest du für E-Bikes und E-Trottis sinnvoll? Schreib es in die Kommentare!

Titelbild: Shutterstock

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