
Hintergrund
8K und 5G: Wie ein funktionierendes Ökosystem entsteht
von Luca Fontana
5G bietet maximal 10 Gigabit pro Sekunde. In der Schweiz sind es aber nur 2 Gbps. Warum?
5G wird die Welt verändern. Mobiler Datentransfer wird so schnell wie noch nie zuvor. Er erlaubt Datendurchsätze, die es beispielsweise selbstfahrenden Autos ermöglichen, Ökosysteme ohne Kompromiss über die Grenzen des heimischen WLANs heraus funktionieren zu lassen. Das könnte das kabelgebundene Internet in Vergessenheit geraten lassen.
5G schafft Datentransfers mit einer Geschwindigkeit bis zu 10 Gigabit pro Sekunde (Gbps).
Theoretisch.
Praktisch sieht das anders aus. Jetzt, wo du die theoretische Höchstgeschwindigkeit 5Gs kennst, wirken die Abos von Swisscom, Sunrise, Salt und digitec connect auf einmal nicht mehr so cool.
In der Schweiz kriegst du maximal 2 Gbps, manchmal sogar nur mit speziellem Abo. Was ist da los?
Vorausgeschickt: das Schweizer 5G ist schneller als 4G LTE. Denn das aktuell zweitschnellste Abo der Schweiz bringt theoretisch Höchstwerte von 300 Mbps. Daher ist «5G ist langsam» in der Schweiz meckern auf hohem Niveau.
Die Schweizer Abowelt ist im Moment damit beschäftigt, den 5G-Hype-Train zu fahren. Alles ist besser mit 5G. Du willst 5G, 5G ist nur ein Klick entfernt. Et cetera. Am Ende bleibt dann der schale Nachgeschmack, dass du jetzt eine Menge Geld liegen lässt für 20% der theoretischen Maximalgeschwindigkeit. Aber eben, im Vergleich zu den tatsächlichen Geschwindigkeiten, die du heute mit 4G und 5G erreichen kannst, relativiert sich das etwas.
Die Grande Dame der Schweizer Mobilfunkanbieter, Swisscom, brüstet sich mit zwei 5G-Abos.
Swisscom versorgt nach eigenen Angaben derzeit 96 Prozent der Schweizer Bevölkerung.) mit einer 5G-Basisversion. Stand Ende März stehen schweizweit 1432 Antennen an 601 Orten. Die Karte zeigt, dass 5G+ erst in den grossen Städten der Schweiz erhältlich ist.
Salt, ehemals Orange, macht keinen allzu grossen Hehl aus 5G. Abos sind irgendwann mal einfach so auf 5G umgestellt worden und auch die Medienstelle des Mobilfunkanbieters will dich wissen lassen, dass du mit jedem Abo von 5G Speed profitierst.
Einziges Detail: Auf der Website wird nur von «5G» gesprochen, nicht aber von einer Geschwindigkeit. Das ist wie, wenn du sagst: «Auf der Autobahn darfst du mit maximal einer Geschwindigkeit von 'schnell' fahren.» Ohne die Angabe einer Zahl.
In den Abos selbst gibt Salt keine Geschwindigkeiten an. Diese findest du auf der Seite mit der Salt'schen Netzabdeckung. Dort spricht auch Salt von 5G und 5G+.
Der Abschluss eines 5G+-Abos ist überflüssig. Denn die Geschwindigkeit bekommst du einfach so dazu, wenn du ein normales Abo bei Salt hast. Salt verwendet den Begriff «5G+» ausschliesslich dazu, um ein Frequenzband zu identifizieren. Das normale 5G sendet und empfängt auf Frequenzen zwischen 700 MHz und 2600 MHz, 5G+ zusätzlich auf 3500 MHz. In der praktischen Nutzung siehst du immer das 5G-Logo, bemerkst den Unterschied aber nur in den Datengeschwindigkeiten.
Bei digitec-connect-Hoster Sunrise ist 5G etwas, auf das sie stolz sind. «Das beste Netz der Schweiz» versorgt über 93.6 Prozent der Bevölkerung mit 5G in zwei Geschwindigkeiten:
Die detaillierte Abdeckung kannst du auf der Landkarte Sunrises einsehen. Da die Farben von hellrot zu dunkelrot gehen und daher wenig kontrastieren, lohnt es sich, die Zoomfunktion zu verwenden.
«Das Erreichen von 10-Gbps-Geschwindigkeiten über 5G ist in der Schweiz Zukunftsmusik», sagt Salt-Sprecherin Viola Lebel.
Dem pflichtet Sunrise-Sprecher Rolf Ziebold bei: «Gegenüber dem Ausland gibt es in der Schweiz 10-fach strenge Grenzwerte für den Mobilfunk. Dadurch kann 5G in der Schweiz nur mit einem Bruchteil der Leistung betrieben werden.»
Auch aus dem Hause Swisscom kommt eine ähnliche Antwort, mit einem Versprechen: «Die Entwicklung von 5G ist noch nicht abgeschlossen, sondern dauert an», sagt Sprecherin Sabine Hubacher.
Und selbst wenn das Netz ausgebaut ist: Da sind Hürden. Funkressourcen müssen immer zwischen allen Benutzern geteilt werden. Dann sind die Grenzwerte für Strahlung vom Bund vorgeschrieben. Und nicht zuletzt ist da dein Handy, das unter Umständen zwar auf 5G senden und empfangen, aber nicht zwingend die hohen Geschwindigkeiten verarbeiten kann. Das System-on-a-Chip (SoC) muss dazu Unterstützung bieten.
Die aktuellen Flaggschiff-SoCs im Vergleich zeigen: Keines davon kann die 10 Gbps verarbeiten, geschweige denn transportieren.
Sind die maximalen theoretischen Geschwindigkeiten so weit entfernt? Technologisch wahrscheinlich nicht. Es ist davon auszugehen, dass Samsung, Apple und Co. daran arbeiten auch diese Technologie maximal auszureizen. Genau gleich sind auch Sunrise, Swisscom und Salt damit beschäftigt, das 5G-Angebot auszubauen. Ihnen stehen aber Barrieren im Weg: Die Grenzwerte des Bundes ermöglichen laut Sunrise-Sprecher Rolf Ziebold den 5G-Betrieb nur «mit einem Bruchteil der Leistung». Daher müssen mehr 5G-Antennen aufgestellt werden, nicht nur der Geschwindigkeit wegen. Es geht unter anderem um die Qualität der Abdeckung. Vor allem in Gebäuden sei das bei 5G ohne Speziallösungen schwierig.
Und seit den 1990ern gilt nach wie vor: Je weiter von der Antenne du mit deinem Handy entfernt bist, desto schlechter der Empfang und stärker die Bestrahlung durchs eigene Handy, das über 90% der individuellen Belastung ausmacht.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.