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WhatsApp, Encryption, Fake News: Die Herausforderung eines verschlüsselten Messengers

WhatsApp will die Verbreitung von Fake News unterbinden. Das Problem: Die Verschlüsselung des Messengers lässt nicht zu, dass Mutterkonzern Facebook deine Messages liest.

Die Kettenbriefe auf WhatsApp sind nervig. Irgendwer hat von irgendwem gehört, dass ein Kollege seiner Schwester auf seinem iPhone eine Message von Bundesberner Agenten bekommen hat. Als er draufgeklickt hat: Alle Daten weg! Schockschwerenot.

Dem will WhatsApp-Mutterkonzern Facebook einen Riegel vorschieben. Das Problem: WhatsApp und Facebook können deine Messages nicht lesen. Nun will Facebook die Zahl an gleichzeitigen Weiterleitungen limitieren, berichtet das Branchenmagazin MobileWorldLive.

Verschlüsselung vs. Inhaltskontrolle

WhatsApp hat eine End-to-End Encryption. Sie stammt aus dem Hause Signal und lässt es nicht zu, dass Facebook deine Mitteilungen lesen kann. Das hat noble Gründe und ist der einzig richtige Entscheid für einen Messenger. Facebook will nicht, dass Tür und Tor offen sind für Zensur und Überwachung. Das hat Erin Egan, Chief Privacy Officer bei Facebook, an der CES Las Vegas so festgehalten.

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Die Verschlüsselung ist idealistisch vernünftig, kann aber missbraucht werden. Fake News sind nur ein Beispiel dafür. Unverifizierte und verfälschte Informationen können ungesehen verbreitet werden, ohne, dass eine ahndende Instanz intervenieren kann. Es fehlen den Providern des Messengers schlicht die Mittel dazu.

Ohne Verschlüsselung wäre es einfach: Wenn da eine Fake News Story von wegen Berner Bundesagenten, dann könnte Facebook Messages mit «Berner Bundesagenten» entweder automatisch nicht weiterleiten lassen oder mit einer Warnung versehen, dass die Message wahrscheinlich fake ist.

Im Falle einer Zensur der Mitteilung, also dass sie einfach nicht weitergeleitet wird, wäre das Vorgehen Facebooks inakzeptabel. Denn wenn sie «Berner Bundesagenten» zensieren und den Usern nichts mitteilen, was zensieren sie sonst noch?

Im Falle der Warnung wäre das leicht besser, aber auch da bestehen Möglichkeiten für den Missbrauch.

Es ist also absolut vernünftig, dass Facebook nicht in der Lage ist, in den Message-Verkehr einzugreifen. Das macht die Weiterleitungslimite aber etwas schwammig, da du nach wie vor deine Fake News an eine bestimmte Anzahl Leuten weiterleiten kannst. Denn auch die Massenweiterleitungsfunktion – was für ein Wort – kann Facebook nicht einfach abschaffen.

Eigenverantwortung und Medienkompetenz gefordert

Die erste Linie der Verteidigung und die mit Abstand mächtigste ist aber nicht irgendein Zensurversuch Facebooks oder eine Warnung unter einer Message. Die beste Waffe gegen Fake News bist du selbst. Alles, was du dazu brauchst sind ein paar Fragen und etwa drei Sekunden Zeit zwischen lesen und weiterleiten.

Fake News sind in der Regel einfach zu durchschauen.

  1. Fake News haben entweder seltsame Quellen, von denen du noch nie gehört hast, oder die URL passt nicht zum Layout.
  2. Was hat die Seite, auf der du die schockierende News gelesen hast, noch so publiziert? Sind da News, die so klingen wie «Bundesbern importiert islamistischen Terror» oder enden viele Artikel mit «Hmmm… das macht doch nachdenklich, nicht?» Wenn ja, dann kannst du sie getrost ignorieren.
  3. Was sind die Quellen der Geschichte? Werden nur anonyme Quellen, «Insider» oder «Experten» zitiert? Wenn Namen genannt werden: Wie realistisch ist es, dass die Person tatsächlich existiert? Keiner hat sieben Doktortitel und 16 Patente angemeldet im zarten Alter von 25 Jahren.
  4. Haben andere, akzeptierte News Sites die News aufgenommen? Check doch schnell auf FactCheck oder Snopes, ob andere Medien auf den Zug aufgesprungen sind. In der Schweiz musst du noch etwas Handarbeit leisten, aber wisse, dass auch 20 Minuten und Watson im Kontext der Schweizer Medienwelt zu den glaubwürdigen Medien gehören.
  5. Sei skeptisch. Schockierendes taucht in der Regel nicht über Nacht auf. Also die Bundesberner Agenten wären sicher nicht neu. Du hättest schon mal von ihnen gehört.
  6. Wenn etwas so schockierend klingt, dass dir fast das Herz stehen bleibt, ist es in der Regel zu gut, um wahr zu sein. Vor allem dann, wenn es nur von einer Quelle stammt. Grosse Schocks werden in der Regel rasend schnell von den Mainstream-Medien aufgegriffen und verbreiten sich von da an wie ein Lauffeuer.
  7. Die Schwester des Mitarbeiters seine Kollegin, deren Cousins Bekannte oder sonstwer sind nicht der Auslöser für global schockierende News. Whistleblower gehen an die Medien und veröffentlichen ihr brisantes Material nicht via WhatsApp an die Kollegen.

So. Fertig. Es gibt übrigens keine «Berner Bundesagenten».

Update: Deutsche Fact Check Site aus der Kommentarspalte

Leser swatlord13 hat auf die Website mimikama.at hingewiesen. Da wird Fact Checking für den deutschen Sprachraum betrieben. Danke!

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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