Canon EOS R50
24.20 Mpx, APS-C / DX
Ich habe die Canon EOS R50 mit zwei günstigen Objektiven in zahlreichen Alltagssituationen ausprobiert. Damit ist mehr möglich, als ich erwartet hätte.
Viele Kameras sind sehr teuer. Nicht selten kosten sie dreitausend Franken respektive Euro oder noch mehr – ohne Objektive. Das ist vielen Leuten zu viel.
Ich habe mich deshalb mal am anderen Ende des Preisspektrums umgesehen. Angenommen, du suchst eine neue Kamera mitsamt Objektiv für unter tausend Franken oder Euro. Was ist empfehlenswert? Hebt sich diese Ausrüstung stark genug von einem Smartphone ab? Und welche Abstriche musst du gegenüber einer teuren Ausrüstung machen?
Gross ist die Auswahl in diesem Preissegment nicht. Vor allem nicht, wenn du ein halbwegs aktuelles Modell willst. Viele Kameras, die du «neu» kaufen kannst – im Sinne von ungebraucht – sind gar nicht so neu. Die günstige Sony Alpha 6100 stammt von 2019, ebenso die Nikon Z 50; die Olympus OM-D E-M10 Mark IV ist von 2020. Neuer ist die Nikon Z30, aber die hat keinen Sucher und ist eher als Vlogging-Kamera gedacht. Die Systemkamera EOS R50 stammt dagegen von 2023. Auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass alle darin verbauten Komponenten wirklich neu sind, entscheide ich mich für diese Kamera.
Natürlich brauchst du auch mindestens ein Objektiv. Meistens gibt es ein Kit aus Kamera und Objektiv, das günstiger ist als die beiden Teile einzeln. Das ist auch bei der R50 so. Das Kit-Objektiv macht die Kamera nur wenig teurer.
Auch wenn dein Budget klein ist, solltest du höchstens zwei Drittel für die Kamera ausgeben. Denn es sind zu einem grossen Teil die Objektive, die bestimmen, was du mit einer Kamera anstellen kannst – und was nicht.
Im Fall der Canon EOS R50 sieht es gut aus. Selbst mit dem Kit-Objektiv bleibt noch Geld übrig für eine weitere Linse: Das 50mm-Objektiv mit Lichtstärke f/1,8. Damit hast du wesentlich mehr Möglichkeiten bei der Bildgestaltung als nur mit dem Kit-Objektiv. Sein Bildausschnitt ist perfekt für Porträts und es ermöglicht einen verschwommenen Hintergrund. Damit kannst du Bilder machen, die sich viel deutlicher von Smartphone-Fotos unterscheiden als mit dem Kit-Objektiv.
Die Kamera überrascht mich schon beim Auspacken: Sie ist winzig! Schon fast eine Kompaktkamera. Den grössten Teil auf der Rückseite nimmt der Bildschirm ein. Zusammen mit dem mitgelieferten Kit-Objektiv wiegt die Kamera betriebsbereit nicht einmal 500 Gramm.
Dass die Kamera so klein ist, hat nicht nur Vorteile. Das Hauptproblem der kleinen Abmessungen ist der winzige Bereich rechts des Bildschirms. Für den Daumen ist kaum Platz, ich drücke immer wieder versehentlich auf irgendwelche Tasten.
Ausserdem habe ich Mühe, die richtigen Tasten zu treffen, wenn ich durch den Sucher schaue. Besonders knifflig ist das Verschieben des Fokusfelds. An meiner Canon EOS R7 habe ich dafür einen kleinen Joystick. Hier muss ich das Feld mit den Richtungstasten verschieben, und diese liegen ergonomisch ungünstig. Zudem muss ich das Verschieben jedes Mal mit einer Taste aktivieren, die nicht in der Nähe der Richtungstasten liegt.
Viele Tasten lassen sich in der Funktion anpassen, aber die Verschiebung des Autofokusfelds nicht.
Ansonsten ist der erste Eindruck gut. Die Kamera wirkt trotz ihres tiefen Preises gut verarbeitet. Nichts klappert oder wirkt zerbrechlich. Die EOS R50 hat einen USB-C-Anschluss, über den sie geladen werden kann. Dennoch liefert Canon ein Ladegerät mit. Selbst Kameras, die ein Vielfaches kosten, haben oft kein Ladegerät dabei.
Der Akku ist zwar entsprechend den Dimensionen der Kamera klein: 1040 mAh sind nicht einmal halb so viel wie bei der grösseren Canon EOS R7 (2130 mAh). Doch die R50 braucht auch weniger Strom, sodass der Akku mehr als halb so lange durchhält. Im Alltag empfinde ich die Laufzeit als ausreichend.
Generell gelingen Landschaftsaufnahmen auch mit einer günstigen Ausrüstung ganz gut. Wichtig ist vor allem, dass das Objektiv einen genügend grossen Ausschnitt abbilden kann. Beim Kit-Objektiv mit einer minimalen Brennweite von 18 Millimetern ist das der Fall. Der Bildausschnitt des 50mm-Objektiv ist hingegen für Landschaften und Gebäude meistens zu eng.
Dieses Bild habe ich mit der R50 und dem Kit-Objektiv bei einer Brennweite von 25 Millimetern geschossen.
Mit einer teuren Ausrüstung würde das nicht wesentlich anders aussehen. Allerdings wären beim Vergrössern des Bildes mehr Details erkennbar. Denn die Kamera hat nur 24 Megapixel und das Objektiv ist nicht besonders scharf.
Die Optik des billigen Objektivs ist nicht besonders gut. Aber diese Schwächen können gut korrigiert werden. Im weitesten Winkel, bei 18 Millimetern, sind die Bildecken stark abgedunkelt. Dies wird jedoch für JPEGs von der Kamera per Software vollständig ausgeglichen, sodass du nichts davon merkst. Bei Fotos im RAW-Format korrigiert es Lightroom ebenfalls von selbst. Das Gleiche gilt für die Verzeichnung – das sind geometrische Verkrümmungen, die das Objektiv produziert. Sie würden vor allem bei Gebäuden stören. Auch davon siehst du nichts.
Wenn Porträts für dich wichtig sind, ist die Canon EOS R50 eine geeignete Kamera. Allerdings nur in Kombination mit dem 50mm-Objektiv. Das Kit-Objektiv taugt für Porträts nicht viel.
Zuerst zur Kamera. Diese erkennt Gesichter und Augen automatisch und stellt darauf scharf. Dies erleichtert das Fotografieren sehr – besonders wenn die betreffenden Leute nicht extra für die Kamera still halten. Wie oben erwähnt, ist das manuelle Platzieren des Fokusfelds bei der Canon EOS R50 mühsam. Umso wichtiger ist eine gute Automatik. Die funktioniert wirklich gut. Beim Autofokus merke ich, dass die R50 eine neue Kamera ist. Die oben angeführten Kameras in dieser Preisklasse von 2019 oder 2020 können da nicht annähernd mithalten.
Mit dem 50mm-Objektiv hast du die nötige Tiefenunschärfe, wenn du die Blende voll öffnest. Der Bokeh-Effekt, den Smartphones mehr schlecht als recht simulieren, gibt es hier in echt.
Mit dem Kit-Objektiv geht das nicht. Der Hintergrund wird etwas unscharf, wenn er deutlich weiter entfernt ist als hier. Er bleibt aber unruhig.
Bei Nahaufnahmen hängt fast alles vom Objektiv ab, denn dieses bestimmt, wie gross du ein Motiv darstellen kannst. Das 50mm-Objektiv kann ab 30 Zentimetern Entfernung scharf stellen. Beim Kit-Objektiv sind es je nach Zoom zwischen 20 und 35 Zentimeter. Das reicht in beiden Fällen, um eine mittelgrosse Blume zu fotografieren, nicht aber, um ein Insekt gross abzubilden.
Das 50mm-Objektiv ermöglicht auch bei Nahaufnahmen Unschärfe-Effekte, die mit dem Kit-Objektiv nicht möglich sind. Und mit deinem Smartphone auch nicht. Hier ein Beispiel mit Blende f/2,5 – alles, was nicht im Fokus steht, verschwimmt.
Beim Kit-Objektiv kann ich die Blende nicht so weit öffnen. Unschärfe entsteht nur, wenn der Hintergrund sehr weit vom Vordergrund entfernt ist.
Bei den Nahaufnahmen vermisse ich den fehlenden Joystick besonders. Er wäre gerade hier eine grosse Hilfe, um die Bildkomposition durch den Sucher richtig hinzukriegen.
Die Canon EOS R50 hat keinen eingebauten Bildstabilisator, der längere Belichtungszeiten ermöglichen würde. Bei Kameras in dieser Preislage musst du darauf verzichten. Das günstigste Canon-Modell mit Stabilisator ist die R7, die etwa doppelt so viel kostet.
Auch das 50mm-Objektiv hat keinen Stabilisator. Allerdings lässt es sehr viel Licht durch, wenn du die Blende voll öffnest. Fotos gelingen so in der Dämmerung auch ohne Stativ.
Beispiel: Hier ist es schon sehr dunkel – eine Szene im letzten Abendlicht. Durch die Blende von f/2 bleibt die ISO-Empfindlichkeit trotzdem auf dem sehr tiefen Wert von 100. Darum rauscht das Bild nicht. Es ist aber leicht verwackelt, wie du an den Strommasten links erkennst. Dies bei einer Verschlusszeit von 1/10 Sekunde. Mit einem Bildstabilisator wäre dies vermutlich nicht passiert.
Auch mit dem Kit-Objektiv sind Fotos im Schummerlicht möglich. Das Kit-Objektiv hat einen Bildstabilisator eingebaut. Der ist allerdings nicht besonders gut. Der Vorteil liegt eher darin, dass Weitwinkel-Fotos generell weniger anfällig für Verwackler sind.
Der Autofokus funktioniert auch bei wenig Licht gut. Vor allem mit dem 50mm-Objektiv und offener Blende. Mit dem Kit-Objektiv braucht die Kamera im Dunkeln etwas länger, um scharfzustellen, meist klappt es aber dennoch. Vorbei sind die Zeiten, als das Objektiv ständig hin- und herpumpt, weil es den Fokuspunkt nicht findet.
Für deine schlafende Katze braucht es keine speziellen Anforderungen; das klappt mit jeder Ausrüstung. Auch hier ist es allerdings von Vorteil, wenn du den Hintergrund unscharf stellen kannst. Ich würde darum auch hier das 50mm-Objektiv in Betracht ziehen.
Für kleine und/oder scheue Tiere brauchst du ein Teleobjektiv. Das würde aber den hier gesetzten Budgetrahmen von weniger als tausend Franken/Euro sprengen. Es sei denn, du machst nur Teleaufnahmen und kaufst kein anderes Objektiv. Dann passt das 55-210mm knapp ins Budget.
Dieses Objektiv habe ich nicht getestet. Trotzdem behaupte ich: Eine solche Investition könnte sich lohnen. Denn die Kamera – und das ist für mich die grosse Überraschung dieses Tests – ist gut genug für Wildtieraufnahmen. Der Autofokus erkennt zum Beispiel Vögel problemlos und stellt genau aufs Auge scharf. Bis vor kurzem war dies nur bei den teuren Top-Kameras möglich.
Und noch eine Überraschung: Auch die Serienbildfunktion ist schnell genug. Zwölf Bilder pro Sekunde reichen selbst für flinke Tiere. Allerdings kann die Kamera diese Geschwindigkeit nur acht Bilder lang aufrecht erhalten, also weniger als eine Sekunde lang.
Mit elektronischem Verschluss lässt sich die Rate auf 15 Bilder steigern. Aber dann kann es bei sehr schnellen Bewegungen zu Verformungen kommen – dem Rolling-Shutter-Effekt.
Die Canon R50 kann sehr scharfe 4K-Videos ohne Crop aufnehmen. Also ohne dass sich der Bildausschnitt verengt. Allerdings kann sie das nur mit einer niedrigen Bildwiederholrate von 25 oder 30 Frames pro Sekunde (FPS). Höhere Bildraten sind mit 4K nicht möglich.
Das funktioniert super für Interviews oder wenn du direkt in die Kamera sprichst. Dabei profitierst du von der hervorragenden Gesichts- und Augenerkennung. Hier ein Beispiel.
Für 50 FPS musst du auf Full HD ausweichen. Hier sind auch 100 FPS möglich, für Zeitlupenaufnahmen. Dies allerdings ohne Ton.
Sobald du die Kamera per Hand hältst, macht sich der fehlende Bildstabilisator bemerkbar. Es gibt zwar eine digitale Stabilisierung, aber diese verengt den Bildausschnitt stark. Qualitativ ist sie ebenfalls kein Ersatz für eine optische Stabilisierung.
Mit dem 50mm-Objektiv kommen handgehaltene Videos nicht gut. Mit dem Kit-Objektiv sieht es besser aus: Dieses hat einen Stabilisator eingebaut und im Weitwinkel wirken sich zittrige Hände weniger stark aus.
Hier kannst du Bildausschnitt und Bewegungen mit und ohne digitaler Stabilisierung vergleichen. Beides wurde mit dem Kit-Objektiv bei 18 Millimeter Brennweite aufgenommen.
Die im Ventilatorbild gezeigten Verzerrungen durch den Rolling-Shutter-Effekt sind auch bei Videos sichtbar. Dies fällt zum Beispiel auf, wenn eigentlich senkrechte Linien durch schnelle Bewegungen schräg abgebildet sind. Dieses Problem haben jedoch auch viele Kameras, die deutlich mehr kosten.
Die Canon EOS R50 ist ein Preis-Leistungs-Knüller. Insbesondere der Autofokus hat mich positiv überrascht. Der ist richtig gut – nicht nur für diese Preisklasse, sondern auch im Vergleich mit weitaus teureren Kameras. Er erkennt Augen und Gesichter problemlos und zuverlässig. Auch bei Tieren funktioniert er super. Videos werden sehr scharf und kommen ohne Verengung des Bildausschnitts aus. Damit ist die Kamera erstaunlich vielseitig.
Natürlich ist vieles nicht so toll wie bei den teuren Top-Kameras. Ich finde die Einschränkungen aber akzeptabel. Das Einzige, was mich wirklich stört: Die Kamera ist zu klein für eine komfortable Bedienung. Dennoch macht mir das Fotografieren auch mit der R50 weitaus mehr Spass als mit einem Smartphone.
Beschränkungen gibt es bei einem dreistelligen Budget hauptsächlich wegen der Objektive. Die Optik des Kit-Objektivs ist bestenfalls mittelmässig, taugt aber für Landschaftsaufnahmen. Für Porträts eignet sich das günstige 50mm-Objektiv sehr gut. Durch die geringe Tiefenschärfe bringst du damit einen fotografischen Look in deine Bilder, die sich von Smartphone-Fotos deutlich unterscheiden. Nahaufnahmen ab etwa 30 Zentimetern gelingen mit beiden Objektiven.
Aufnahmen bei schwachem Licht sind durchaus möglich. Allerdings zeigen sich hier deutlich die Unterschiede zu einer teuren Ausrüstung.
Wildtieraufnahmen sind mit den hier getesteten Objektiven kaum möglich. Du kannst nicht nahe genug heranzoomen. Doch die Kamera wäre dafür überraschenderweise gut genug.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.