
Ratgeber
Wann du ein Foto schärfen musst und wie das geht
von David Lee
Beim Verkleinern eines Bildes muss jedes Pixel neu berechnet werden. Ich habe untersucht, was dabei genau geschieht. Und welche Auswirkungen das auf das Bildrauschen hat.
Beim Verkleinern eines Bildes finden mehr oder weniger komplexe Berechnungen statt. Um das zu demonstrieren, beginne ich mit einem simplen Beispiel: Ein Bitmap mit 24 Pixeln in der Breite und 16 Pixeln in der Höhe. Also 24×16 Pixel. Das Bild soll auf 10 Pixel Breite verkleinert werden. Bliebe das Seitenverhältnis unverändert, ergäbe das streng genommen eine neue Grösse von 10×6,666 Pixel. Das geht aber nicht. Also runde ich auf die nächste ganze Zahl auf, nämlich 10×7 Pixel. Bei grossen Bildern sind diese Rundungsfehler nicht sichtbar und daher ziemlich egal.
Die Schwierigkeit: Ein Pixel in der Mitte setzt sich aus mehreren Pixeln des Ursprungsbilds zusammen. Einige Pixel werden auch nur angeschnitten. Im folgenden Ausschnitt aus dem obigen Gesicht siehst du, wie sich das Pixelraster verändert, wenn die Pixelzahl von 24×16 auf 10×7 reduziert wird. Das Gitter mit den grossen Feldern zeigt die neuen Pixel – sie sind grösser, weil es weniger sind.
Die Frage lautet nun: Welches ist die richtige Farbe von jedem Pixel? Nehme ich einfach die Farbe irgend eines Pixels vom Originalbild? Das wäre ein eher primitives Vorgehen. Schlauer ist es vermutlich, auch die anderen Pixel in der Nähe anzuschauen und mit einzubeziehen.
Die Methode, nach der die Pixel neu berechnet werden, heisst Interpolation. Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop kennen mehrere Interpolationsmethoden. Sie können prinzipiell sowohl zum Verkleinern als auch zum Vergrössern von Bildern verwendet werden. Im Alltag ist aber Verkleinern viel häufiger.
Pixelwiederholung ist die simpelste Methode. Hier wird nur bestimmt, welches Pixel im Originalbild von der Position her am ehesten dem Pixel im neuen Bild entspricht, und dann wird einfach dessen Farbe übernommen. Das führt zu sehr klobigen, unsanften Übergängen. In unserem Beispiel führt es ausserdem dazu, dass rote Teile des Bildes, nämlich Augen und Nase, einfach verschwinden.
Bilinear ist etwas ausgeklügelter: Die Farbe wird aus den vier Pixeln berechnet, die dem Zielpixel am nächsten sind. In unserem Beispiel bleiben so alle Elemente des Gesichts erhalten. Allerdings verwässert. Denn durch den Einbezug der benachbarten Pixel wird auch mehr oder weniger Blau ins Rot gemischt.
Im Unterschied zur Pixelwiederholung berechnet die bilineare Methode auch farbliche Zwischentöne. In einem zweifarbigen Bild sind es deren fünf:
Im obigen bilinear heruntergerechneten Bild kommt kein reines Rot vor, weil es im Originalbild keine grössere rote Fläche gibt.
Bikubisch ist die fortgeschrittenste Methode. Die Software bezieht dabei noch mehr Pixel in die Berechnung ein. Allerdings werden auch hier die ursprünglichen Farben verwässert. Dabei gibt es noch mehr Zwischentöne als bei der bilinearen Interpolation. Ein Bild, das bikubisch verkleinert wird, wird unscharf.
Wie viel mehr Zwischentöne es sind, habe ich nicht herausgefunden, da es mehrere bikubische Berechnungsmethoden gibt. Es sind aber auf jeden Fall mehr als fünf.
Bikubisch schärfer ist die Methode, die Photoshop standardmässig zum Verkleinern auswählt. Die Methode versucht, die verwischten Kanten nachzuschärfen. Links und rechts der Nase in der Mitte siehst du deshalb reines Blau.
Bei so wenigen Pixeln funktioniert natürlich keine der Methoden gut. Die Verwässerung würde in einem richtigen Foto nur an den Rändern eines Objekts zu sehen sein, in der Mitte wäre alles okay. Ich habe das simple Smiley-Bild genommen, damit du die Unterschiede in den Berechnungsmethoden besser siehst.
Ganz realitätsfremd ist mein Beispiel aber nicht. Denn beim Bildrauschen, das in realen Fotos bei hohen ISO-Empfindlichkeiten auftritt, passiert im Grunde genau das: Einzelne Pixel haben eine vom Grundton abweichende Farbe und Helligkeit.
Beim Verkleinern des Bildes werden die Abweichungen eingeebnet – das Rauschen verschwindet oder wird zumindest stark abgemildert. Zur Verdeutlichung hier ein Bild, das der zufälligen Verteilung von Rauschen näher kommt.
Bikubisch schärfer verkleinert sieht das so aus:
Bei der Pixelwiederholung verschwinden zwar einzelne abweichende Pixel ganz. Aber die, die nicht verschwinden, leuchten dafür weiterhin in voller Pracht – unter dem Strich ist das Ergebnis schlechter.
Dies ist umso mehr der Fall, als beim Bildrauschen die abweichenden Farben in der Regel nicht so gegensätzlich sind wie Rot und Blau. Die Abweichung sieht eher so aus:
Das ergibt mit bikubischer Interpolation schon eine recht ebenmässige Fläche:
Mit anderen Worten, die bikubische Interpolation glättet die Unebenheiten, die durch Bildrauschen entstehen.
Das folgende Foto hat 12 800 ISO und rauscht damit ganz ordentlich. Ich zeige zuerst einen Ausschnitt, damit das Rauschen klar zu sehen ist.
Das ganze Foto, auf 700 Pixel heruntergerechnet mit der Methode «bikubisch schärfer». Das Rauschen ist weitgehend verschwunden:
Hier das Ergebnis mit der bilinearen Methode. Ganz ähnlich, aber die Kanten sind erwartungsgemäss etwas weicher:
Pixelwiederholung rauscht eindeutig am meisten, da die Fehlpixel entweder ganz verschwinden oder ganz erhalten bleiben:
Wichtig für den Alltag ist folgendes: Das Bildrauschen verschwindet grösstenteils, wenn du Bilder verkleinerst. Mit grösster Wahrscheinlichkeit wendet deine Software eine bikubische Methode an, die das Rauschen besonders gut beseitigt. Mit der Methode «bikubisch schärfer» bleibt dein Foto trotzdem scharf.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.