«Ultros» ist wie ein Fiebertraum: Spannend, aber nicht ganz stimmig
Psychedelisch, trippig und einfach nur bizarr. «Ultros» ist ein wilder Ritt in einem Weltraum-Sarkophag. Das Spiel bringt einen netten, aber nicht ganz überzeugenden Twist in die Metroidvania-Formel.
Ich wache in einer fremden Umgebung auf. Die farbige Welt um mich herum blendet mich. Träume ich? Alles wirkt surreal. Schemenhafte Gebilde im Hintergrund. Nach ein paar Schritten erkenne ich mein Spiegelbild in einer Pfütze. Bin das ich? Wer bin ich überhaupt?
Ich gehe weiter und treffe auf einen leblosen Körper. Ein Schwert steckt in ihm. Ich entferne es. Da erscheint die Person, die auf dem Boden liegt, vor mir. Sie spricht mich an. Ich verstehe zwar ihre Sprache, aber nicht, worüber sie spricht.
«Ultros» beginnt unheimlich. Ich weiss nicht, was hier passiert. Mein einziges Ziel: Herausfinden, was hier vor sich geht..
Die Story von «Ultros» ist verwirrend und verstörend
Etwas mehr zur Story verrät Entwickler Hadoque in der Beschreibung auf Steam. Anscheinend habe ich eine Bruchlandung im Sarkophag gemacht. Einem riesigen kosmischen Uterus, der durchs All driftet. In ihm lebt das uralte dämonische Wesen Ultros.
Ich bin in einer unendlichen Zeitschleife eines Schwarzen Lochs gefangen. Erst nach und nach lerne ich die Personen im Sarkophag kennen und merke, welche Rolle ich spiele. Mehr will ich zur Story nicht verraten. Sie ist jedoch verstörend und lässt in die Abgründe der menschlichen Psyche blicken. Genre-typisch muss ich mir die Geschichte Stück für Stück selbst zusammenreimen. Vieles bleibt nach dem ersten Mal durchspielen kryptisch. Um alles zu erfahren, muss ich die Welt nach dem Abspann weiter erkunden. Es gibt alternative Enden zu entdecken und erst diese offenbaren mir alle Details zur Geschichte.
Nicht nur die Geschichte ist absurd, sondern auch die Charaktere sind herrlich schräg. Da ist etwa Gärdner, der – wie könnte es bei dem Namen auch anders sein – sich um die Pflanzen des Sarkophags kümmert. Seine Liebe zu Pflanzen ist beinahe pathologisch. Er scheint die einzige Konstante im Weltraum-Uterus zu sein. Qualia wiederum ist alles andere als konstant und wirkt immer verwirrt. Es sind denn auch die anderen Charaktere und die Welt von «Ultros», die der Hauptperson Ouji ihren Charakter verleihen. Sie selbst spricht nämlich nie und auch ihr Name wird im Spiel nicht genannt.
Für meinen ersten Playthrough habe ich 10,5 Stunden gebraucht. Ich bin für das Review aber auch schnell vorangegangen. Hadoque nennt 15 Stunden Richtzeit. Ich vermute, dass ich nochmal fünf Stunden aufwenden muss, damit ich alles sehe. Da mich die Welt von «Ultros» in ihren Bann gezogen hat, werde ich das bestimmt noch tun.
Metroidvania mit Rogue-Lite-Ansätzen
«Ultros» spielt sich wie ein klassisches Metroidvania. Nach und nach erkunde ich eine grosse Karte mit verschiedenen Bereichen. Gewisse Gebiete sind erst mit der Zeit erreichbar. Dazu muss ich mir Skills aneignen.
Die storyrelevanten Fähigkeiten lerne ich, indem ich die Welt erkunde und ans Ende einer Schleife komme – dazu gleich mehr. Dort erhalte ich den sogenannten Extractor. Ein maskenähnliches Ding, das mit mir verbunden ist und mir die verschiedenen Skills verleiht. Einer davon ist der Genre-Liebling Double Jump. Andere Fähigkeiten lassen mich für kurze Zeit fliegen und Pflanzen schneiden oder ausbuddeln. In «Ultros» darf ich neben meinen Entdecker-Fähigkeiten auch meinen grünen Daumen beweisen. Durch das Gärtnern manipuliere ich meine Umgebung und komme so auf der Karte und der Story voran. Die Rätsel, die sich so ergeben, erfordern teils ordentlich Hirnschmalz.
So toll sich diese Skills auch anhören, ich brauche sie zu selten. Um in der Story voranzukommen, benötige ich sie meist nur in einem Gebiet. Später kommen sie dann kaum mehr zum Zug.
Habe ich einen neuen Extractor-Skill gelernt, startet beim Betreten eines bestimmten Raums die Schleife erneut. Ich wache dann am selben Ort wie zu Beginn auf. Die anderen Charaktere scheinen mich dann vergessen zu haben. Vergessen habe ich auch meine Skills. Die muss ich mir in einem anderen Raum wieder holen.
Neben den Extractor- gibt es auch die Cortex-Skills. Sie sind zum Weiterkommen nicht nötig, erweitern aber das Gameplay mit neuen Angriffstechniken, mehr Lebenspunkten oder erhöhter Angriffskraft. Ich lerne sie, indem ich die Überbleibsel meiner Gegner esse. Diese hinterlassen, je nachdem wie ich sie erledige, qualitativ unterschiedliche Körperteile. Variation im Kampf wird also belohnt.
Wie auch die Extractor- verliere ich meine Cortex-Skills am Ende einer Schlaufe. Ich muss sie mir wieder erkämpfen. Ich kann aber Gegenstände finden, die mich je einen ausgewählten Cortex-Skill in neuen Schleifen behalten lassen.
Beim Gameplay ist nicht immer alles klar
Wie auch bei der Story erklärt «Ultros» beim Gameplay wenig. An einer Stelle etwa treffe ich auf eine Maschine. Aktiviere ich diese, erscheint ein Ball mit Auge. Den Ball kann ich mit meinen Angriffen bewegen, das Auge verfolgt mich dabei. Ich weiss zu Beginn nicht, was ich mit dem Ding anfangen soll. Erst nach einigem Herumprobieren merke ich, dass mich die Maschine, wenn ich sie erneut aktiviere, zum Ball teleportiert. Ich muss also den Ball mit meinen Angriffen an für mich unzugänglichen Stellen bewegen und mich dann dorthin teleportieren lassen. Es braucht ab und zu Zeit, um zu merken, was das Spiel von mir will.
Immerhin kommt die Gameplay-Mechanik mit dem Ball nicht nur einmal vor. Später im Spiel wird sie sogar erweitert, indem ich so etwas wie Fussball spielen muss. Weitere Mini-Games wie etwa eine Version von «Vier Gewinnt» sorgen nebst Erkunden, Kämpfen und Gärtnern für Abwechslung.
Cooles Kampfsystem, das sein Potenzial nicht entfalten kann
Kämpfen tue ich in «Ultros» mit einem Schwert. Ich kann nicht blocken, dafür ausweichen. Tue ich das zum korrekten Zeitpunkt, kann ich einen Konter ausführen. Gewisse Gegner haben einen Schutzschild, den ich erst mit einer aufladbaren Attacke zerstören muss. Ich kann mit Gegnern aber auch Jonglieren. Dazu muss ich sie erst mit bestimmten Attacken hochschleudern und dann nochmal mit einem Standardangriff attackieren. Danach kann ich sie in jede Richtung werfen – auch in andere Gegner. Über den Cortex, das Skill-Board, erweitere ich mein Moveset.
Kämpfe bieten so ausreichend Variation. Schade ist, dass sich das nicht auf die Gegner überträgt. Ich treffe gefühlt immer auf die fünf, sechs gleichen Feinde. Auch sind die meisten für meinen Geschmack zu einfach. Das gilt für die Standard-Antagonisten wie auch die Bosse – und ich spiele auf dem höchstmöglichen Schwierigkeitsgrad. Schade, «Ultros» verschenkt hier viel Potenzial.
Die Welt von «Ultros» ist grotesk und doch so schön
Hervorragend ist hingegen die Karte von «Ultros». Das fängt beim psychedelischen Sci-Fi-Artstyle von Art Director El Huervo an. Zu Beginn scheinen sich die Gebiete sehr zu ähneln. Das liegt bei genauerer Betrachtung jedoch daran, dass ihr Übergang fliessend ist und nicht abrupt. Dasselbe gilt übrigens auch für den Soundtrack von Ratvader. Wechsle ich den Bereich, wechselt die Musik scheinbar unbemerkt mit. Ohnehin sind der Soundtrack sowie die Soundeffekte genial und ziehen mich noch mehr in den Bann von «Ultros».
Auch der Aufbau der Karte weiss zu überzeugen. Die einzelnen Gebiete sind geschickt miteinander verbunden oder auf clevere Art und Weise voneinander getrennt. Ich erkunde die Welt von «Ultros» gerne – auch wenn ich gewisse Gebiete aufgrund der Schleifen mehrmals durchlaufen muss. Mich stören die Rogue-Lite-Elemente kaum – üblicherweise bin ich kein Fan davon. Obwohl ich in den Schleifen von vorne beginne, ist immer etwas anders.
Das Pflanzen der Flora ist geschickt in die Welt eingeflochten. Zu Beginn ist es optional, später wird es obligatorisch, um weiter mit der Story voranzukommen. Dadurch verändert sich auch die Welt an sich. Wo vorher dunkel herrschte, wächst innert Kürze ein wunderschöner Baum heran. Von diesem kann ich auch Früchte pflücken und essen, was wiederum meine Stats verbessert. Der Sarkophag wird so zu einem lebenden Organismus, der sich mit er Zeit verändert.
Bei allem Positiven hatte ich an zwei Stellen auch mit Bugs zu kämpfen, die mich am Weiterkommen gehindert haben. Ich war nicht sicher, ob ich wegen eines Bugs feststecke oder weil ich woanders hin muss. Das herauszufinden, hat mich viel Zeit gekostet. Ich bin jedoch guter Dinge, dass Hadoque diese Bugs auf den Release behebt.
Fazit: Eine Welt, die es sich zu erkunden lohnt
«Ultros» ist eines jener Spiele, das mich von Anfang an packt, obwohl es mir nichts verrät. Vielleicht mag ich es gerade deshalb. Ich werde gerne ins kalte Wasser geworfen und erkunde Unbekanntes ohne Kontext. Wenn diese Welt dann noch so stylisch wie der Sarkophag daherkommt, ist das umso besser. Das Environmental Storytelling und die frischen Ideen wie das Gärtnern in einem Metroidvania sind toll.
Leider sind diese Ideen nicht zur Gänze stimmig integriert. So machen meine Eskapaden als Weltraum-Gärtner zwar Laune, aber in der Geschichte bringen sie mich nur an bestimmten Stellen weiter. Gewisse Fähigkeiten versanden mit der Zeit komplett im Boden des Uterus und fühlen sich deshalb belanglos an.
Ähnliches gilt für das Kampfsystem. Dieses hätte grosses Potenzial. Aber im Endeffekt krankt es an der geringen Gegnervariation. Ich besiege sie immer auf die gleiche Weise, weil es für mich funktioniert. Zudem stellen mich die Antagonisten vor keine Probleme. Persönlich ist mir das Spiel zu leicht.
Trotz der Kritik habe ich «Ultros» gerne gespielt. Stehst du auf Metroidvanias, wird es dir wohl gleich ergehen. Für ungefähr 25 Franken / Euro kann ich dir das Spiel empfehlen. Besonders, wenn du ein Steam Deck OLED hast. Es ist ab Launch für den Handheld verifiziert. Auf dem Screen sieht das Game zauberhaft aus.
«Ultros» ist ab dem 13. Februar erhältlich für PS5, PS4 und PC. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Kepler Interactive zur Verfügung gestellt.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.