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Twint wächst und wächst – auch bei Digitec und Galaxus

Mit 590 Millionen Transaktionen im Jahr 2023 hat Twint einen neuen Rekord erreicht. Noch nie wurde so oft mit der Smartphone-App bezahlt. In einem Bereich ist das Wachstum besonders kräftig.

Der Zahlungsservice von Twint ist knapp zehn Jahre nach dem Start so erfolgreich, dass es im Sprachgebrauch, zumindest in der Schweiz, sogar schon ein Verb gibt: twinten. Gemeint ist das Übermitteln von meist kleineren Geldbeträgen per Smartphone-App. 590 Millionen Mal wurde 2023 getwintet. Rein rechnerisch also etwa 65 Mal pro Person in der Schweiz – Säuglinge und Greise eingerechnet.

In der Mitteilung zum Geschäftsjahr 2023 hat Twint auch bekanntgegeben, dass die Zahl der Kundinnen und Kunden auf über fünf Millionen gestiegen ist.

Twint setzt damit das Wachstum auf hohem Niveau fort. Vor allem in den Jahren der Corona-Pandemie hatte die Zahl der Transaktionen bereits stark zugenommen. Beim Bezahlen mit Twint konnte «Social Distancing», also das Vermeiden von direktem Kontakt zu anderen Menschen, einfach praktiziert werden.

Inzwischen hat Twint die App weiter ausgebaut. Sie soll zu einer Art Schweizer Taschenmesser des mobilen Bezahlens werden. Schon heute ist es möglich, mit der Twint-App Geld zu spenden, ein Parkticket zu lösen, Gutscheine oder Rabattcoupons zu verwalten. Die Einführung von Startseiten-Widgets ist für dieses Jahr geplant: Das dürfte noch einmal einen Schub bringen. Denn damit entfällt das nervige Suchen und Aufrufen der Twint-App sowie das Entsperren vor dem Bezahlen.

Von den 590 Millionen Transaktionen des Jahres 2023 entfallen laut Twint 72 Prozent auf den Handel, 28 Prozent entfallen auf solche zwischen Freunden oder in der Familie. Am grössten ist das Wachstum mit 84 Prozent im stationären Handel. Massgeblich für den Erfolg dürfte auch die hohe Quote von Geschäften sein, die Twint als Zahlungsoption anbieten. Im stationären Handel liegt der Anteil bei 77 Prozent, bei Onlineshops bieten 76 Prozent aller Händler der Kundschaft an, per Twint zu bezahlen. Es bewahrheitet sich das fast goldene Gesetz des Internet-Zeitalters: Ein starker Anbieter setzt sich hier oft durch. Und je grösser dieser bereits ist, desto schneller wächst er weiter – der berühmte Netzwerkeffekt. Ein Service, den schon sehr viele Menschen nutzen, wird auch für die, die das noch nicht tun, attraktiv.

Bei NFC ist Twint zögerlich

Das Grundprinzip von Twint ist es, einen QR-Code zu scannen und ausgehend von dort dann die Zahlung zu tätigen. Es ginge allerdings noch viel schneller mit NFC (Near Field Communication). Wer Apple Pay nutzt, kennt das: iPhone zücken, zweimal Seitentasten drücken und die hinterlegte Kreditkarte wird am NFC-Punkt belastet.

Bisher hat Apple die NFC-Schnittstelle nicht für Dritte angeboten. Aus Sicherheitsgründen, wie es immer heisst. Oder auch, was natürlich niemand offiziell sagt, um Apple Pay vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen. Es könnte aber Bewegung in die Sache kommen. Denn es gibt Druck von der EU. Deren Wettbewerbshüter drohen wegen der Abschottung mit hohen Strafen. Deshalb dürfte Apple prüfen, ob sie nicht doch den Zugang zu ihren NFC-Chips öffnen.
Für Twint wären das gute Nachrichten. Damit könnte der Umweg über QR-Codes oder Bluetooth entfallen. Ein klares Statement, dass man seitens Twint NFC-Zahlung in der iOS-App anbietet, sobald dieses technisch möglich wäre, gibt es jedoch nicht. Sollte es soweit sein, werde man das prüfen, wird ein Twint-Sprecher bei Watson.ch zitiert. Ansonsten wird darauf verwiesen, dass die neuen Widgets ebenfalls Zahlungen «in Sekundenschnelle» ermöglichen.
Diese Haltung zeigt sich auch bei Android. Anders als Apple ist Google hier nicht restriktiv. Trotzdem gibt es für Android-User bei Twint keine NFC-Funktion in der App.

Teurer Service für Shops

So erfolgreich Twint bei den Kundinnen und Kunden ist – für die Shops, die Twint als Zahlungsmittel anbieten, sind die Gebühren, die Twint von ihnen verlangt, ein Problem. So hat zuletzt Sunrise angekündigt, von der Kundschaft einen Zuschlag zu verlangen, wenn eine Rechnung mit Twint oder auch Paypal bezahlt wird. Für die Zahlung per Kreditkarte wird bei Sunrise ebenfalls ein Aufschlag verlangt. Lediglich elektronische Banküberweisungen funktionieren ohne Extragebühr.

Auch Digitec Galaxus hat eine Geschichte mit Twint. 2020 konnten wir uns nicht mit Twint über die Höhe der Gebühren einigen. Deshalb wurde für Monate sogar die Zahlungsmöglichkeit in den Shops nicht angeboten. Erst nach einigen Monaten kamen die Verhandlungen zu einem Abschluss. Was sich auch in der Delle bei der Entwicklung von Twint in der Entwicklung der Zahlungsarten im Shop zeigt.

Dass viele Kundinnen und Kunden heute mit Twint bezahlen, ist für die Händler eine Medaille mit zwei Seiten. Zum einen haben viele Menschen heute kein Bargeld mehr in der Tasche. Wer keine bargeldlose Zahlung anbietet, verliert diese als Kundinnen und Kunden. Für die Händler ist es zudem sehr einfach, Twint zu akzeptieren. Im Prinzip muss nur ein QR-Code generiert werden, den die Kundschaft scannt. Zum anderen aber ist die Gebühr pro Zahlung für Händler bei Twint im Vergleich zu Debitkarten oder Maestro teilweise höher. 1,3 Prozent auf den Rechnungsbetrag werden bei Twint fällig. Kreditkarten liegen bei den Gebühren in einer ähnlichen Bandbreite wie Twint, je nach Anbieter auch darüber.

Als Kunde oder Kundin bekommst du das in der Regel nicht mit. Beim Bezahlen in unseren Shops verzichten wir zum Beispiel darauf, die unterschiedlich hohen Gebühren weiterzureichen. Auch der Hofladen oder die Grillbude des Fussballclubs verlangt in der Regel keinen Aufschlag. Gerade für diese kleinen Anbieter mit eher wenigen Transaktionen und geringen Umsätzen ist Twint durchaus attraktiv.

Für Digitec Galaxus als inzwischen doch etwas grösseres Unternehmen mit entsprechendem Umsatz wäre es finanziell am besten, die Kundschaft würde die Rechnung per Banküberweisung oder mit der Cumulus-Kreditkarte bezahlen. Weil wir Teil der Migros-Gruppe sind, fallen hier keine bzw. sehr geringe Gebühren an. Was dir als Kundin oder Kunde natürlich aber auch herzlich egal sein darf. Aber manchmal darf man sich ja etwas wünschen.

Hinweis (26. Januar): Ich habe in diesem Beitrag präzisiert bzw. korrigiert, dass die Transaktionsgebühren bei Kreditkarten in der Regel leicht über den Gebühren von Twint liegen, bei Debitkarten dagegen darunter.

Titelfoto: Martin Jungfer

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Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


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