Hintergrund

Transformers: Warum reden die ausserirdischen Roboter eigentlich?

Optimus Prime schwingt gerne Reden. Megatron schmeisst gerne mit Beleidigungen um sich. Sinnlos im Kontext der Maschinenkommunikation. Denn andere Protokolle wären im Falle eines intergalaktischen Krieges wesentlich effizienter.

Eine Szene aus dem ersten Transformers-Film von anno 2007.

«Why are we fighting to save the humans? They're a primitive and violent race», sagt Ironhide, der Autobot.

«Were we so different? They're a young species. They have much to learn. But I've seen goodness in them. Freedom is the right of all sentient beings. You all know there's only one way to end this war: we must destroy the Cube. If all else fails, I will unite it with the spark in my chest», antwortet Optimus Prime, der Anführer der Autobots.

X Autoren und Youtuber haben sich online über die Schwächen der Filme aus der Regie Michael Bays ausgelassen, aber keiner hat sich dem Aspekt der Kommunikation gewidmet. Denn: Egal, wie gut dein Englisch ist, die obige Szene ergibt im Kontext des Films keinen Sinn.

Die Kommunikation per se ist das Problem. Es ergibt absolut keinen Sinn, dass Autobots miteinander reden.

Die angenommene Anatomie eines Transformers

Zuerst müssen wir verstehen, was ein Transformer ist. Nehmen wir Optimus Prime, da er der Transformer ist, der am meisten redet. Seine Ansprachen am Ende eines jeden Films sind immer kitschig-inspirierend und im Englischen Original mit der Stimme Peter Cullens gesprochen.

Die Transformers kommen vom Planeten Cybertron und sind auf der Erde gestrandet, da ihr Heimatplanet durch einen Bürgerkrieg zwischen den Autobots und den Decepticons zerstört wurde. Sowohl Autobots wie auch Decepticons sind hochentwickelte Roboter. Sie haben die Fähigkeit, ihre einzelnen Bauteile so anzuordnen, dass sie wie eine Maschine auf dem Planeten aussehen, auf dem sie gerade sind. Meistens Autos. Im Falle der Dinobots sogar so wie Dinosaurier. Sie lernen die Sprache der lokalen Bevölkerung, indem sie die Medien des Planeten scannen. So sind sie in der Lage, mit der indigenen Bevölkerung zu kommunizieren.

Ferner besitzt sicher Optimus Prime über eine starke eingebaute Sendeanlage, denn am Ende eines jeden Films schickt er ohne weitere Maschinerie eine Botschaft ins All, an andere Autobots, die irgendwo da draussen Zuflucht suchen.

Diese Sendeanlage ist wichtig. Denn sie ist der Grund, weshalb es keinen Sinn ergibt, dass die Transformers miteinander reden.

MP3 versus AirDrop

Eine Stimme im Computer bedarf eines Audioprotokolls. Selbst wenn Optimus Prime im Film Lippen hat, die sich mit seinen Worten bewegen, muss da irgendwo ein Lautsprecher sein, der eine computergenerierte Stimme ausgibt. Ratchet bestätigt das in Transformers I, als er sagt «His vocal processor was damaged in battle». Wenn wir das am weitesten verbreitete Dateiformat einer Audiodatei nehmen, MP3 bei 128kb, dann ist eine Minute Audio exakt 960 KB gross.

Lustigerweise dauert die Ansprache im ersten Transformers-Film auf die Sekunde genau 60 Sekunden. Also hat Optimus Prime in der Zeit 960 KB an Daten via Lautsprecher ausgegeben. Und dieselbe Audiodatei via seines Sendemasten ins All geschickt.

Das ist extrem ineffizient.

Vernünftiger wäre es, wenn die Autobots untereinander via AirDrop oder Huawei Share oder Nearby Sharing kommunizieren. Das sind die Protokolle, die Apple, Huawei und Android dazu verwenden, Daten zwischen zwei Geräten auszutauschen, die sich physisch nahe sind. So ein paar Dutzend Meter. Je nach Sendeleistung der beiden Geräte sind grössere Distanzen möglich.

Huawei dokumentiert ihre Technologie recht gut in ihren Developer Docs und so kann da nachgelesen werden, dass die maximale Geschwindigkeit unter idealen Bedingungen bei 80MBps liegt. Das ergibt 4800 MB pro Minute. Wenn die Transformers Huawei Share untereinander zur Kommunikation nutzen würden, dann könnten sie 5000-mal mehr oder 5000-mal schneller kommunizieren.

Huawei Share übermittelt Daten 5000 mal schneller als MP3
Huawei Share übermittelt Daten 5000 mal schneller als MP3

Nearby Share ist da etwas langsamer, da es die Daten über das Internet oder via Bluetooth überträgt, soll dereinst ähnlich funktionieren, wie Apples AirDrop. Aktuell liefert ein anekdotischer Test eine Geschwindigkeit von 5MBps, womit Optimus Prime immer noch fünfmal schneller reden würde, als wenn er via Lautsprecher kommuniziert. AirDrop baut via Bluetooth eine Peer-to-Peer WiFi-Verbindung auf, liefert höhere Geschwindigkeiten als Nearby Share. Wie hoch genau ist nicht bestätigt, da Apple sich allem Anschein nach mit genauen Daten zurückhält.

Hingegen sagt Apple, dass das Protokoll mit dem 2048-bit RSA Identities arbeitet. Das bedeutet, dass die Daten ziemlich gut verschlüsselt sind. Huawei nutzt eine Eigenerfindung namens «Password Authenticated Key Exchange» (PAKE). Nearby Share scheint aktuell noch keine Verschlüsselung zu verwenden.

Ich würde den Transformers nach kurzer und oberflächlicher Recherche zu Huawei Share raten. Nur weil ich da verlässliche Geschwindigkeiten habe und so als Autobot eher abschätzen kann, wie viele Daten ich in nützlicher Frist versenden kann. Denn wenn die Decepticons angreifen, muss es schnell gehen. Da ist «fastest ever» nicht gut genug. Das Überleben des Planeten Erde steht auf dem Spiel. Mindestens.

Ferner ist die Kommunikation via Share-Protokoll dahingehend sinnvoll, dass sie mehr als nur ein Audiosignal übertragen könnten. Aus «Ironhide, you take the left flank» wird ein Datensatz exakte Koordinaten mit Satellitenbildern und einem taktischen Plan der Kampfzone. Wenn die Transformers eine einigermassen vernünftige Bildkomprimierung verwenden, dann können sogar Alternativpläne übermittelt werden. Da Optimus Prime eine Sendeantenne verbaut hat, ist das Feature bei anderen Transformers nicht ausgeschlossen. Der kabellosen und nonverbalen Kommunikation steht technologisch nichts im Wege.

Die Killerroboter aus dem Weltall wären noch tödlicher, schneller und effizienter. Vor allem würde das ziemlich sicher auch weniger Akku brauchen. Denn die Übermittlung von Ton bedingt sehr viel mechanischer Funktion. Die Lippen müssen sich bewegen, die Lautstärke muss moduliert, die Klänge der Stimme mit Vibrationen erzeugt werden.

Wann es doch Sinn ergibt, dass Transformers sprechen

Trotzdem: Es gibt durchaus Gelegenheiten, in denen ein Transformer sprechen muss. Der offensichtlichste Use Case einer Stimme: Wenn ein Transformer mit der indigenen Bevölkerung des Planeten spricht. Denn sofern diese Bevölkerung nicht auch aus gigantischen Killerrobotern besteht, deren Share-Protokoll zufällig identisch mit dem der Autobots oder Decepticons ist, dann muss eine gemeinsame Basis gefunden werden.

Bluetooth oder so. Als letzte Option: Die Stimme. Oder der Hologrammprojektor, den Optimus Prime ebenfalls verbaut hat.

Wenn Optimus Prime mit Menschen spricht, dann empfiehlt sich die verbale Kommunikation
Wenn Optimus Prime mit Menschen spricht, dann empfiehlt sich die verbale Kommunikation

Zudem ist eine Stimme sinnvoll, wenn Optimus Prime mit seinem Kontrahenten Megatron reden will. Denn obwohl die beiden vom gleichen Planeten kommen, vielleicht sogar in derselben Fabrik gebaut wurden – da ist die Szene, in der Megatron Optimus Prime seinen Bruder nennt – so ist es vernünftig, wenn die beiden verfeindeten Roboter unterschiedliche Verschlüsselung oder gar verschiedene Versionen desselben Protokolls verwenden. Denn das wäre eine weitere Barriere, damit die feindliche Fraktion nicht mithören kann. Oder Optimus Prime kann «Megatron wants to share 80 MB of data with you» einfach ablehnen und Megatron steht dumm da.

So. Fertig. Und egal, wie blöd die Filme sind, Peter Cullens Stimme ist nach wie vor episch.

24 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


Computing
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Smartphone
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Audio
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Filme und Serien
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    Wir müssen über Samsungs Zukunftspläne an der CES reden

    von Dominik Bärlocher

  • Hintergrund

    Zuckerberg bei Rogan: Ich habe mir drei Stunden Interview gegeben, damit du nicht musst

    von Samuel Buchmann

  • Hintergrund

    AirPods Pro – wie gut sind sie wirklich?

    von Aurel Stevens

18 Kommentare

Avatar
later