Hintergrund
«The Mandalorian», Staffel 2: «Kapitel 12: Die Vertreibung»
von Luca Fontana
Es ist die Episode, auf die wir schon lange gewartet haben: Mando und Baby Yoda treffen auf Ahsoka Tano. Endlich. Und Mann, die Folge bietet genau das, was wir wollen.
Eines vorweg: Das ist eine Folgenbesprechung. Mit Spoilern! Schau dir also zuerst «The Mandalorian – Chapter 13: The Jedi» an, bevor du weiterliest.
Halbzeit. Din Djarin, der Mandalorianer, kreuzt noch immer quer durch die Galaxis, um das Kind, «Baby Yoda», zu den Jedi zurückbringen. Bis jetzt hat er aber nur Boba Fetts Rüstung auf Tatooine, Bo-Katan Kryze auf Trask und ein mysteriöses (Klon?)-Labor auf Nevarro gefunden. Sein nächster Halt: Waldplanet Corvus. Hat er Glück, findet er dort Ahsoka Tano, eine Jedi.
Und Glück soll er haben, der Mandalorianer. Das sind die besten WTF-Momente und Easter Eggs der Folge.
Dank Farrik! Ich hoffte ja, endlich Ahsoka Tano zu Gesicht zu bekommen. In Fleisch und Blut. Meine Erwartung? So zum Schluss der Folge, sicher Cliffhanger-mässig. Etwa so wie bei Boba Fett in «Chapter 9: The Marshal». Wir Fans dürfen uns kurz freuen, müssen dann trotzdem noch eine Woche warten.
Aber nö.
Szene 1. Schauplatz: Calodan, eine Stadt auf Corvus. Eine Mischung aus feudalistischen Japan und industrialisierten Birmingham der 1920er Jahre. Klasse. Eine Mauer beschützt die Stadt. Wovor? Keine Ahnung.
Da draussen ist ein verbrannter Wald. Die Asche regnet noch immer herab. Es ist Nacht. Es ist dunkel. Rote Lichtfetzen deuten ein Lasergefecht an. Aber zwischen den dunstigen Nebelschwaden ist noch eine andere Farbe. Zwei Streifen. Weiss? Silber?
Close-Up.
Meine Augen weiten sich. Kann das Juchzen kaum verkneifen ob einer sich durch gegnerische Horden metzelnde Jedi, die genau wie in der Animationsserie «Rebels» zwei silbrig-weisse Lichtschwerter trägt. Grazil und akrobatisch wie eh und jeh. Schweig still, mein pochend Herz.
Ende der Szene. Nur noch ein Wortgefecht. Ein Ultimatum wird gestellt. Und es wird klar, wen die Mauer beschützen soll. Nicht das Volk. Die Obrigkeit. Die Obrigkeit, der das Leben seiner Einwohner egal ist, aber offenbar ein Geheimnis hütet, das die Jedi lüften will.
Ahsoka Tano ist es, die das Ultimatum gestellt hat.
Du kennst Ahsoka Tano nicht? Dann wird es Zeit, die einstige Schülerin Anakin Skywalkers näher kennenzulernen.
Ihre Geschichte beginnt in der Animationsserie «The Clone Wars». Ahsoka, eine weibliche Togruta, einst von Jedi-Meister Plo Koon wegen ihrer aussergewöhnlichen Machtsensitivität entdeckt, wird während den Klonkriegen, 14-jährig, Jedi-Ritter Anakin Skywalker als Padawan zugeteilt.
Ahsoka ist wild, rebellisch und trägt ihr Herz auf der Zunge. Aber der Krieg ist unerbittlich. Drei Jahre lang. Dank der tiefen Freundschaft, die sich zwischen Anakin und Ahsoka – zwischen Meister und Schülerin – entwickelt, übersteht sie ihn. Bis zu jenem Attentat auf den Jedi-Tempel, der Ahsokas Welt zum Einsturz bringen sollte.
Ahsoka soll hinter dem Anschlag gesteckt haben.
Die mittlerweile zur Jedi-Ritterin gewordene Ahsoka ist erschüttert. Sie hat ihr gesamtes Leben den Jedi gewidmet. Jetzt stellen sie nicht nur ihre Loyalität in Frage, sondern schliessen sie gar aus dem Orden aus. Selbst ihr einstiger Meister, Anakin, gerät ins Wanken. Schlussendlich ist er es aber, befeuert durch seine eigene Zweifel an die Weisheit des Rates, der ermittelt und Ahsokas Unschuld beweist.
Ahsokas stünde es frei, zurück zum Jedi-Orden zu kehren. Ihr Vertrauen zum Orden ist aber derart erschüttert, dass sie ablehnt. Ahsoka geht von jetzt an ihren eigenen Weg. Womöglich den Weg der Grauen Jedi.
Jahre später. Eine kleine, fünfköpfige Crew kämpft auf Lothal gegen das Galaktische Imperium. Darunter Sabine Wren, Mandalorianerin, Ex-Jedi-Ritter Kanan Jarrus und sein Padawan Ezra Bridger. Ohne es zu wissen bilden sie eine kleine Zelle einer noch viel grösseren, galaxisweiten Rebellion. An der Spitze dessen Geheimdienstes steht die mysteriöse Figur Fulcrum. Erst, als die wahre Identität Fulcrums enthüllt wird, wird der kleinen Rebellen-Zelle bewusst, dass sie für ein viel grösseres Ziel kämpfen, als sie geahnt haben.
Fulcrum ist Ahsoka Tano.
Ahsoka hat den Jedi-Orden zwar verlassen. Den Kampf für das Gute hat sie aber nie aufgegeben. Stattdessen schloss sie sich den von Bail Organa gegründeten Rebellen-Allianz an – Bail, übrigens Prinzessin Leias Adoptivvater.
Ahsokas Kampf führt sie, Kanan und Ezra nach Malachor, einem alter Sith-Planeten. Dort begegnet Ahsoka der dunklen und wohl gefürchtetsten Gestalt der Galaxis, die seit Jahren Jagd auf die Jedis macht: Darth Vader.
Was sie erst jetzt erfährt: Vader ist Anakin, ihr einstiger Meister.
Ein Kampf entbrennt, und Ahsoka findet den Tod. Vorerst. Später aber ist es Ezra, dem es gelingt, den Zugang zur Welt zwischen den Welten zu öffnen, einer mystischen Ebene innerhalb der Macht, die als Sammlung von Türen und Wegen zwischen Zeit und Raum dient. Durch eine solche Tür gelingt es Ezra, Ahsoka aus den Fängen Vaders zu befreien und zu retten.
Mittlerweile befindet sich das Galaktische Imperium auf dem Höhepunkt seiner Macht. Angeführt wird es vom Imperator. Die militärischen Fäden aber hält das taktische Genie Grossadmiral Thrawn in Händen. In einem Akt der Selbstopferung gelingt es Ezra, sich und Thrawn in den Hyperraum zu katapultieren – und verschwindet damit spurlos, zusammen mit Thrawn. Fünf Jahre später, als das Imperium gestürzt und die Galaxis gerettet scheint, machen sich Ahsoka und Sabine Wren auf, die Galaxis nach Ezra Bridger zu durchsuchen, um ihn nach Hause zu bringen.
Das war Ahsoka Tanos Geschichte. Bis jetzt.
Grogu. So heisst das Kind, das eigentlich 50-jährig ist und nebst Yoda die einzige wirklich bekannte Figur derselben, namenlosen Spezies ist.
Okay.
Weil Ahsoka und Grogu – soll ich Baby Yoda wirklich Grogu nennen? – ihre gegenseitigen Gedanken spüren, lässt sich etwas über Grogus Vergangenheit rausfinden. Grogu – ächz – wurde zu Zeiten der Klonkriege auf Coruscant im Jedi-Tempel ausgebildet. Ein Jedi habe ihn dann aber gerettet, bevor Order 66 ausgeführt werden konnte. Seitdem hat Grogu seine Fähigkeiten unterdrücken müssen, um zu überleben.
Bis dann Din Djarin kam.
Der Deal lautete ja, dass Din Djarin Ahsoka Tano dabei helfe, Calodans Wachen zu besiegen und an die Informationen zu kommen, die eine gewisse Morgan Elsbeth hätte. Dafür würde Ahsoka Tano Baby Yoda – ich kann den süssen Fratz nicht Grogu nennen – unter ihre Fittiche nehmen. Wie sich am Ende der Episode herausstellt, ist die Info, an die Ahsoka rankommen will, der gegenwärtige Aufenthaltsort Grossadmiral Thrawns.
Thrawn.
Kriegen wir «Rebels»-Fans nach Ahsoka Tano jetzt tatsächlich auch noch Thrawn in «The Mandalorian» zu sehen? Spinnen wir das ganze weiter. Nach all dem, was wir wissen, ist Thrawn dort, wo Ezra Bridger ist.
Also ist Ahsoka tatsächlich noch auf der Suche nach Ezra? Und wo bleibt Sabine Wren in all dem Ganzen?
Ich flippe aus.
Jedenfalls bricht Ahsoka die Abmachung. Sie sieht nämlich Furcht in Baby Yoda. Viel zu viel Furcht. Und was Furcht mit einem ausgebildeten Jedi mache, das hätte sie bereits gesehen, so Ahsoka, und bezieht sich dabei «auf den Besten von uns». Dafür aber schickt sie den Mando wieder auf Reisen. Dieses Mal nach Tython, laut dem MMORPG «The Old Republic» der Planeten, auf dem der Jedi-Orden gegründet worden ist.
Dort soll Baby Yoda auf «den sehenden Stein» gesetzt werden – und ein anderer Jedi womöglich seine Präsenz spüren. Wer könnte da wohl gemeint sein?
Wie kommen die Macher immer wieder auf das Design von Welten wie Calodan? Warum gerade diese feudalistisch-industrialisierte Japan? Könnte Zufall sein. Eine Laune des Regisseurs. Oder des Drehbuchautors.
Oder aber es ist ganz genau überlegt. Eine Huldigung dessen, was George Lucas’ «Star Wars» sein sollte, wie er es sich in den frühen 1970er Jahren einst ausgemalt hatte. In Bezug auf Jedi etwa inspirierte er sich an Akira Kurosawas Samurai-Filme. Für ihn sind Jedi sowas wie Space-Samurais. Bescheidene, in schlichten Tüchern gekleidete Krieger mit berüchtigten, langen Klingen, die üblicherweise mit beiden Händen festgehalten werden.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich wer gedacht hat: Hey, wenn wir schon zum ersten Mal in dieser Show eine Jedi zeigen, warum nicht gleich vor diesem Hintergrund der alten Samurai-Filme, die George Lucas einst inspirierten?
Et voilà, schon haben wir Ahsoka Tano, in Tüchern gekleidet, und in diesen für Samurai-Filme typischen, heroischen Posen. Es wäre nicht mal das erste Mal, dass ein Regisseur den kreativen Ursprüngen George Lucas’ Jedi eine Hommage gewidmet hätte.
Erinnerst du dich noch an «The Last Jedi»? Lukes epischer, letzter Auftritt, eine Ein-Mann-Armee, die es mit der gesamten First Order aufnimmt?
Jaja, da ist sie wieder, die Samurai-Pose.
Mann, was habe ich eine Gänsehaut gekriegt, als Ahsoka Tanos musikalisches Thema aus der Feder Kevin Kiners erklang. Eine wundervolle Verbeugung des isländischen Komponisten Ludwig Göransson, der die Musik zu «The Mandalorian» schreibt.
Überhaupt ist die ganze Episode in jedweder Hinsicht perfekt. Ahsoka Tano wird von Rosario Dawson genauso herzlich wie schlagfertig gespielt – genau wie jene Ahsoka, die wir Fans in «Clone Wars» und «Rebels» über Jahre hinweg kennen und lieben gelernt haben. Dazu die Posen. Die Moves. Alles eine Anlehnung an die Animationsserien. Selbst die Worte, die Ahsoka spricht, wirken authentisch.
Kein Wunder: Für diese Folge hat ausnahmsweise nicht «The Mandalorian»-Schöpfer Jon Favreau das Drehbuch geschrieben, sondern «Clone Wars»- und «Rebels»-Schöpfer Dave Filoni, der gleich auch die Regie für «Chapter 13: The Jedi» übernommen hat. Gute Entscheidung.
Jetzt bin ich gespannt, wie’s weiter geht. Kommt Thrawn? Oder Sabine? Ezra? Und irgendwie muss ja noch der Moff Gideon mit seinen genmanipulierten Sith-Trupplern und dem Dark Saber mit dem Ganzen was zu tun haben.
Wie hat euch die Folge gefallen? Gibt’s noch Easter Eggs, die mir entgangen sind? Schreibt’s in die Kommentare. Nächsten Freitag machen wir mit der Folgenbesprechung von «Chapter 14» weiter.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»