Shoulderpod: Smartphone-Rigs nach Baukastenprinzip

Am Wegrand findet Videoproduzentin Stephanie Tresch eines ihrer Highlights des Mobile World Congress: ein modulares System zum Bau von Smartphone-Rigs. Das muss sie gleich testen.
«Moment», sagt Videoproduzentin Stephanie Tresch mitten in einem Gang am Mobile World Congress, «Hier hat es Einzelteile für Stative oder so.»
«Oder so» ist zutreffend, denn am Stand der spanischen Firma Shoulderpod werden keine Stative verkauft oder angepriesen, sondern Einzelteile für Kamera-Rigs.
Klar, dass Stephanie da Pause machen muss. Die aus Holz und schwarzem Metall bestehenden Teile haben es ihr angetan. Sie kommen in allen Grössen, vom einzelnen Smartphone-Halter, bis hin zum zweihändig gehaltenen Rig mit Smartphone, Licht und externem Rode Videomic. Die Videoproduzentin, die hauptsächlich mit Sony a7s ii und selten mit Samsung Galaxy S8+ filmt, muss das natürlich ansehen.

«Das ist alles das selbe Rig», sagt Enrique Frisancho, Gründer und CEO von Shoulderpod.
Das Rig aus dem Baukasten
Es ist dieses Statement, dass den Shoulderpod-Stand vom kuriosen Beigemüse zum Interessenspunkt werden lässt. Wie kann das selbe Rig etwas fünf verschiedene Varianten haben.
«Wir machen hier alles nach Baukastenprinzip. Wie Lego», sagt Enrique.

Er zeigt das vor, dreht eine Quarter-Inch-Schraube auf, steckt eine Platte ein, macht einen zweiten Handgriff ran und voilà, fertig ist ein Zweihänder-Rig. Alles natürlich kompatibel mit den normalen Stativ-Schrauben, über die praktisch jedes Stativ verfügt.
Stephanie nimmt jedes Bauteil in die Hand, hält jedes Demo Rig vor ihren Kopf und probiert aus, tut so, als ob sie filmen würde. Die Idee Shoulderpads gefällt ihr sichtlich.
«Gerade wenn ich agil sein muss, dann will ich keinen Kubikzentimeter Platz verschwenden», sagt die Kamerafrau, die gerne mal auf Dinge hinaufklettert oder unter Dingen kauert, damit sie den perfekten Shot kriegt. Denn das ist ihr Element. Auf der steten Jagd nach Bildern, die dich beeindrucken werden, ist sie sich für wenig zu schade.
«Alles, was I bruch für das sind Mikrofon und Kamera», singt sie nach dem Dreh mit ihrem neuen Shoulderpod S2 Stabilizing Grip. Die Aufnahme löscht sie nachher wieder. Die Welt sei noch nicht bereit für ihre Rap-Künste.
Sechs Leute, sechs Bauteile
Shoulderpod hat Heimspiel, denn die Firma Shoulderpod stammt aus Barcelona. Am Mobile World Congress trifft Stephanie einen Sechstel der gesamten Belegschaft der Firma, also einen Mann. Er erklärt in etwa zwei Sätzen, was seine Idee ist und wie sie umgesetzt ist. Der Rest ist der Fantasie der Videoproduzentin überlassen. Wo kommt das Licht hin? Wo die Kamera? Sie denkt laut darüber nach, ob sie vielleicht die rund anderthalb Kilo schwere Sony a7s ii auf ein Rig montieren könnte.
«Von der Last her, die unsere Teile tragen können, ist das kein Problem», sagt Enrique. Stephanie äussert eine erste Sorge wegen der Balance, da das 24-70mm-Objektiv der Sony-Kamera den Schwerpunkt jenseits dessen des Rigs bringen könnte. Vielleicht ginge das ohne weiter mit einem 50mm-Festbrennweitenobjektiv, aber mit dem grossen Glas? Da hat sie Zweifel.

«Kommt auf den Versuch an», fügt er an und ermahnt aber zur Vorsicht beim Experiment.
Nach dem Dreh verabschieden wir uns und Stephanie wedelt mit dem Smartphone und dem Grip herum. Das neue Spielzeug musste her, auch wenn sie noch keine modularen Teile gekauft hat.
«Schau mal, wie schön das Holz ist», schwärmt sie.
Ich sehe jetzt nicht ein, warum Holz zwingend notwendig für ein Kamera-Rig ist. Schwarz, Metall, Plastik. Passt doch.
«Du verstehst das nicht. Direkt zwingend und wichtig ist das Holz-Design nicht, aber es ist doch schön, wenn jemand nicht nur etwas Nützliches erfindet, sondern auch noch etwas Schönes.»


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.