
Selbstfahrende Taxis: So autonom sind sie wirklich

Seit August 2018 kannst du in Las Vegas dank Lyft und Aptiv selbstfahrende Taxis buchen. Das Kundenfeedback ist durchwegs positiv. Mit einer Ausnahme: dem Trinkgeld.
Mehr als 50’000 autonome Taxifahrten hat Lyft mit den speziell dafür angefertigten 3er-BMWs schon ausgeführt. Letzten Sommer haben die Spezialisten aus San Francisco die Idee ins Leben gerufen und ihr Angebot um selbstfahrende Taxis erweitert. Die Roboterfahrten kommen bei der Kundschaft äusserst gut an: 96% der Befragten würden wieder mitfahren. Was erstaunt, ist der meistgenannte Beschwerdegrund: Es ist nicht möglich, via App Trinkgeld zu geben.
Ohne Aufpasser geht nichts
Obwohl das Taxi autonom fährt, ist stets eine Begleitperson von Lyft mit im Auto. Der sogenannte Sicherheitschauffeur greift ein, falls der Computer aussteigt oder wenn eine Fahrt über den bekannten Bereich hinausgeht. . Um den Service zu ermöglichen, musste Aptiv, der auf autonomes Fahren spezialisierte Partner von Lyft, zuerst den Strip in Vegas digital vermessen. Wählt ein Fahrgast ein Ziel ausserhalb dieser Zone, muss ein Fahrer von Hand dorthin fahren.

Der Begleiter hilft beispielsweise auch behinderten Personen beim Ein- und Aussteigen, beantwortet Sicherheitsfragen der Fahrgäste oder empfiehlt Hotels, Casinos und Restaurants. Jody Kelman, die Verantwortliche für selbstfahrende Beförderung bei Lyft, meint: «Bei der ersten Fahrt beobachten die Gäste die Hände des Fahrers ununterbrochen – sie wollen sich überzeugen, dass dieser das Auto tatsächlich nicht selbst steuert.» Eine Notiz am Rande: Der Sicherheitsfahrer sorgt unbewusst auch für Ordnung und Sauberkeit im Auto.
Die Verbraucher sind ready
Das Kundenfeedback zeigt, dass die Leute bereit sind, sich ohne Fahrer herumkutschieren zu lassen. Die durchschnittliche Bewertung der autonomen Lyft-Taxifahrten liegt bei unfassbaren 4.97 von 5 möglichen Punkten. 92 Prozent alles Mitfahrer gaben an, dass sie ihre Sicherheit zu keinem Zeitpunkt gefährdet sahen. Es geht noch weiter: Ein Kunde hat bereits 14 Fahrten gemacht, viele vermerkten zudem, dass diese Fahrt ihr Leben verändert habe.
Was für Lyft und die Kunden aber wirklich zählt: Nicht, dass es ein völlig neues Erlebnis war, sondern, dass sie pünktlich ankommen und nicht lange auf ein Taxi warten müssen. Denn trotz autonomem Fahren geht es primär um den Transport von A nach B. Was die Auswertungen der Feedbacks von Lyft-Kunden ebenfalls zeigt, ist, dass diese in ihrem Alltag – wenig überraschend – sehr ungern zu Fuss gehen. Und: Bestellst du dir in Las Vegas ein Lyft-Taxi, musst du ausdrücklich bestätigen, dass du ein selbstfahrendes Fahrzeug möchtest. Hier zögert die Kundschaft derzeit noch: ungefähr ein Fünftel lehnt die Roboterautos ab.
Weiter, immer weiter
Auch wenn 20 Prozent ein personengesteuertes Taxi bevorzugen, ist dies für Lyft kein Grund, aufzuhören. Im Gegenteil: Die Amerikaner sind dran, das Angebot massiv auszubauen. Dass autonomes Fahren boomt, zeigt auch das Automated Vehicles Symposium, die wichtigste Tagung im Norden der USA zu selbstfahrenden Fahrzeugen und Verkehrssystemen. Inzwischen hat die Veranstaltunge eine Grösse erreicht, die jährlich über 200 Freiwillige erfordert.
Trotz aller Aufregung: Die Fahrzeuge von Lyft und Aptiv halten sich strikt an die im Voraus berechneten Strassen. Staus, Unfälle oder Bauarbeiten können nicht umfahren werden. Abbiegen sowie Lichtsignale und Kreuzungen problemlos zu bewältigen, ist auch nur dort möglich, wo spezielle Kurzwellensender installiert worden sind.

Die Taxis von Lyft und Aptiv mögen auf dem Las Vegas Strip und einigen wenigen Nebenstrassen weitestgehend autonom unterwegs sein. Dennoch sind komplett selbstfahrende Mitfahrgelegenheit weiterhin ferne Zukunftsmusik. Denn derzeit sind sie in einem extrem eingeschränkten Gebiet unterwegs, in welchem sich der Aufpasser zufälligerweise auch noch ausgezeichnet als Touristen-Guide eignet.
Was, wenn das System in einer verwinkelten Altstadt, welche touristisch noch nicht erschlossen ist, funktionieren soll? Es gibt noch so einiges zu tun auf dem Gebiet des autonomen Fahrens.


Wenn ich nicht gerade haufenweise Süsses futtere, triffst du mich in irgendeiner Turnhalle an: Ich spiele und coache leidenschaftlich gerne Unihockey. An Regentagen schraube ich an meinen selbst zusammengestellten PCs, Robotern oder sonstigem Elektro-Spielzeug, wobei die Musik mein stetiger Begleiter ist. Ohne hüglige Cyclocross-Touren und intensive Langlauf-Sessions könnte ich nur schwer leben.