
Produkttest
Scuf Infinity 4PS Pro: Lohnen sich 300 Franken für einen PS4-Controller?
von Philipp Rüegg
Der Scuf Reflex Pro will der Lamborghini unter den PS5-Controllern sein. Technisch gibt es wenig zu meckern, nur das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht.
Der Dual Sense von Sony ist ein solider Controller. Er liegt gut in der Hand, fühlt sich gut verarbeitet an und Farbvarianten gibt es mittlerweile auch. Viele Spielerinnen und Spielern wünschen sich dennoch mehr: mehr Funktionen, mehr Einstellmöglichkeiten, mehr Grip. Weil Sony anders als Microsoft keinen eigenen Premium-Controller anbietet, springen Dritthersteller wie Scuf in die Bresche. Der Scuf Reflex Pro ist mit der PlayStation und dem PC kompatibel und kostet viel.
Der Scuf Reflex Pro schlägt mit stolzen 250 Franken (240 Euro) zu Buche. Für den Preis einer halben PS5 bekommst du zwei austauschbare Analogstick-Sets, rutschfeste Griffe, sowie vier abnehmbare Paddles auf der Rückseite. Letztere sind das Hauptverkaufsargument für Pro-Controller. Sie liefern vier Zusatztasten, die so belegt werden können, dass nicht Daumen und Zeigefinger alle Tasten bedienen müssen.
Im Gegensatz zum Scuf Infinity4PS Pro, dem Vorgänger für für die Playstation 4, kann die Druckempfindlichkeit der Trigger-Tasten L2 und R2 nicht mehr verstellt werden. Ich vermute, dass der Grund bei den haptischen Triggern des Dual Sense liegt. Game-Entwickler können über die Software die Auslösestärke bestimmen. Auch die fingernagelartigen Triggertasten-Verlängerungen sind nicht mehr enthalten.
Einfacher ist dafür das Konfigurieren der Paddles geworden. Beim Reflex Pro wechselst du über eine kleine Taste auf der Rückseite zwischen drei Profilen oder gar keiner Belegung. Hinter den drei Farben verbergen sich vordefinierte Profile:
Für eigene Belegungen wählst du zuerst ein Profil und drückst anschliessend die Profil-Taste bis sie blinkt. Danach drückst du gleichzeitig eine der vier Paddles zusammen mit der Taste, die du zuweisen möchtest. Um die neue Konfiguration zu speichern drückst du ein weiteres mal die Profil-Taste. Zur Auswahl stehen L1, R1, L3, R3, Steuerkreuz und die vier Aktionstasten.
Die vier Paddles lassen sich entfernen, falls du sie nicht brauchst. Dafür musst du sie nach unten ziehen. Das ist beim ersten Mal leichter gesagt als getan. Es gibt kaum Grifffläche und schieben funktioniert auch nicht. Ständig beschleicht mich die Angst, die kleinen Plastikdinger zu zerbrechen. Ich schaffe es schliesslich mit einer Mischung aus Ziehen und Schieben. Nach mehrmaligem Ein- und Ausstecken, klappt es besser und ich kann sie nun mit zwei Fingern rausziehen. Stellt sich die Frage, ob sie mit der Zeit nicht von selbst rausfallen. Wirklich elegant fühlt sich das Ganze nicht an, besonders nicht bei einem Gerät für diesen Preis.
Besser gelöst ist der Tausch der Analog-Sticks. Dafür muss ich nur von der Unterseite der Griffe die Abdeckung lösen und schon kann ich die Sticks rausziehen. Neues Paar einstecken, Abdeckung wieder drauf, fertig. Noch besser machen es weiterhin die Xbox-Elite-Controller von Microsoft. Nicht nur lässt sich dort zusätzlich das Steuerkreuz austauschen, die Kombination aus Magnet und Steckmechanismus ist deutlich eleganter.
Software benötigt der Reflex Pro keine. Updates erhält er wie ein normaler Dual-Sense-Controller über die PS5. Um ihn zu verbinden, schliesst du ihn per USB-C-Kabel an die PS5 an, schaltest ihn ein und befolgst die Anweisungen am Fernseher. Am PC geht es per Kabel oder über Bluetooth. Dafür drückst du den Home Button zusammen mit der Share-Taste bis der Controller blinkt. Danach sollte er im Bluetooth-Geräte-Menü auftauchen.
Der Scuf Reflex Pro ist etwas schwerer als Sonys Dual Sense und fühlt sich damit noch etwas besser an. Die gummierten Griffe sind eine willkommene Ergänzung. Er liegt damit sicher in der Hand – auch wenn mich ein «Elden Ring»-Boss mal wieder ins Schwitzen bringt. Bei den Analogsticks bevorzuge ich die kürzeren. Allerdings hätte ich gerne die nach aussen gewölbten verwendet. Leider ist dort einer von beiden länger, was mir für meine Spielweise nicht zusagt. Auch hier macht es der Xbox Elite mit drei Sets besser.
Nichts zu meckern gibt es bei den äusseren Paddles. Für mich sind sie perfekt positioniert. Die inneren Paddles finde ich dagegen sehr gewöhnungsbedürftig. Zum Betätigen brauche ich den seitlichen Teil meiner Fingerspitzen. Dabei kann ich den Controller nicht sicher halten, was mir ein ungutes Gefühl beim Spielen gibt.
Die übrigen Tasten sind mehr oder weniger identisch mit denen von Sonys Controller. Einzig die Schultertasten drücken sich beim Reflex Pro noch satter und klingen dabei erst noch besser.
Die Vorteile von Paddle sind unbestritten. Ich kann den Controller fest in der Hand halten und mich mit beiden Daumen voll auf die Analog-Sticks konzentrieren. Währenddessen kümmern sich meine Mittelfinger auf der Rückseite um die sonst auf den Daumentasten liegenden X, Viereck, Kreis oder Dreieck. Das ist in Multiplayer Shootern wie «Warzone» von immensem Vorteil. Mein rechter Daumen kann konstant die Umgebung anvisieren. Er muss keine Pause einlegen, um die Kreistaste zu betätigen, zu Rutschen, Springen oder die Waffe nachzuladen. Habe ich mich erstmal an diese Steuerung gewöhnt, gewinne ich gerade in Online-Spielen wichtige Millisekunden Reaktionszeit.
Da ich Shooter normalerweise mit Maus und Tastatur spiele, bringt mir der Scuf Reflex in diesen Genres aber wenig Mehrwert. Anders sieht es in Race-Games aus. In der Regel spiele ich mit Automatikschaltung. Jaja, ich weiss, ich weiss: Soll mich der Race-Gott mit platten Reifen und Motorschaden strafen. Manuell schalte ich eigentlich nur mit einem Lenkrad inklusive Schalthebel. Sowas besitze ich aber seit Jahren nicht mehr. Mit dem Scuf Reflex kann ich nun statt mit dem Steuerkreuz mit den Paddles hoch- und runterschalten. Das fühlt sich fast wie Quickshift eines echten Auto-Lenkrads an. Das könnte sogar schaltfaule Casual Racer wie mich bekehren. Das sensationelle haptische Feedback von «Gran Turismo 7» , besonders von den Triggern, tut sein Übriges. Hier zeigt sich der Controller von seiner besten Seite.
Auch in (primär) Singleplayer-Spielen wie «Elden Ring» oder «Tunic» bringt der Scuf Reflex Vorteile. In From Softwares Fantasy-Epos kann ich damit Tränke einwerfen oder in Sicherheit rollen ohne den Blick vom Gegner nehmen zu müssen. Das «Zelda» inspirierte «Tunic» trägt ebenfalls eine Prise «Dark Souls» in sich. In den hektischen Bosskämpfen war ich mehr als einmal froh, den rettenden Heiltrank mit dem Paddle runterstürzen zu können. Normalerweise müsste ich dazu den Zeigefinger von der Schild-Taste R2 wegnehmen und R1 drücken.
Du brauchst mehr «Pro» in deinem Controller? Der Scuf Reflex Pro liefert, was sein Name verspricht. Dank besserem Grip, zusätzlichen Paddles, die fast frei belegbar sind, und austauschbaren Analog-Sticks hast du mehr Kontrolle über deine Games. Zockst du damit besser? Vielleicht. Für mich liegt der Vorteil in der Anpassbarkeit. Die vier zusätzlichen Tasten geben mir mehr Flexibilität und erfordern weniger Fingerakrobatik.
Der Reflex Pro fühlt sich zweifellos besser verarbeitet an als der normale Dual-Sense-Controller. Das Problem ist der Preis: Für 250 Franken erwarte ich mehr, als ein paar Paddles und mehr Grip. Für 100 Franken weniger erhalten Xbox-Spieler (und PC-Spieler) den Elite-Controller. Der liegt mindestens so gut in der Hand und kann erst noch mehr und einfacher angepasst werden. Das macht es schwierig, Scufs Controller zu empfehlen. Aber viele Alternativen zu einem Pro-Controller im Dual-Sense-Design gibt es nun Mal nicht. Wenn dich der Preis nicht abschreckt, bekommst du mit dem Reflex Pro einen erstklassigen Controller. Das Warten, dass Sony einen eigenen Pro-Controller herausbringt, geht aber weiter.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.