Hintergrund

Schweizer Urhebergesetz: Was darf ich herunterladen, was nicht?

Florian Bodoky
13.11.2023

Um das Schweizer Urheberrecht in Bezug auf Downloads ranken sich viele Mythen. Download, Upload, Streaming – Was ist genau erlaubt, was nicht? Und wieso?

Was rund um die Jahrtausendwende mit Napster seinen Anfang nahm, erreichte mit der Torrent-Technologie und One-Klick-Hostern à la «Rapidshare» in den Zehnerjahren seinen Höhepunkt. Die Rede ist von Downloads und Filesharing im Internet. Ob Peer-to-peer oder direkt vom Server auf die Festplatte: Auch in der Schweiz wurde «gedownloadet», was das Zeug hält. Musik, Filme, Serien, Games oder sonstige Software.

Mit Napster nahm das Filesharing 1999 seinen Anfang.
Mit Napster nahm das Filesharing 1999 seinen Anfang.
Quelle: Napster

Dank dem Launch von VOD-Diensten (Video on demand) und Streaming-Services wie Netflix und Spotify gerät das Filesharing dann etwas in Vergessenheit. Denn so kann man günstig und in hoher Qualität Inhalte schauen und hören. Das ist bequemer, als sich dauernd nach neuen, vertrauenswürdigen Quellen für einen Download umzusehen.

Jüngst hört und liest man aber immer mal wieder Beiträge zu dem Thema. Grund dafür sind unter anderem die zahlreichen Preiserhöhungen bei Streamingdiensten und die Zerstückelung des Angebots. So kannst du Disney- oder Fox-Inhalte nur bei Disney+ sehen, HBO-Serien nur bei Sky, Paramount Pictures nur bei Paramount+ und so weiter.

Willst du also alles sehen oder hören, musst du verschiedene Abos abschliessen. Das geht ins Geld. Dabei könnte man ja alles gratis im Internet streamen und herunterladen. Das ist ja in der Schweiz legal – oder doch nicht? Die Antwort dafür ist typisch schweizerisch: Es kommt darauf an.

Was du aus dem Internet herunterladen und streamen darfst – und warum

In einigen Ländern Europas gehen die Behörden rigoros gegen Film- und Musikpiraterie vor. Schon der Download einzelner Werke kann zu Bussen, Strafverfahren und Abmahnungen führen.

In der Schweiz sieht die gesetzliche Lage etwas anders aus. Hier darfst du gewisse Inhalte unter bestimmten Umständen aus dem Internet herunterladen oder streamen, ohne direkt dafür zu bezahlen. Was du genau herunterladen und was du damit machen darfst, ist im «Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte» geregelt. Im Artikel 2 dieses Gesetzes steht zunächst geschrieben, welche Werke von diesem Gesetz betroffen sind. Online sind das:

  1. e-Books (Art. 2, Abs.2a)
  2. Musik und Hörbücher / Hörspiele (Art. 2, Abs.2b)
  3. Filme / Serien / Sendungen (Art. 2, Abs.2g).

Im Kapitel 5 unter Artikel 19 wird dann erklärt, was du damit genau machen darfst. Dort steht: «Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden». Im Absatz a. wird spezifiziert, was im privaten Rahmen als Eigengebrauch gilt. Nämlich die «Werkverwendung im persönlichen Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich eng verbunden sind, wie Verwandte oder Freunde;». Du darfst also Musik, e-Books oder Filme und Serien herunterladen und diese entweder alleine oder zusammen mit Freunden oder der Familie konsumieren.

Ein Filmabend unter Freunden gilt ebenfalls als Privatgebrauch.
Ein Filmabend unter Freunden gilt ebenfalls als Privatgebrauch.
Quelle: Shutterstock

Ebenfalls erlaubt ist es, einen heruntergeladenen Film mit einer Schulklasse zu schauen, wenn du Lehrer oder Lehrerin bist – gerade in der letzten Woche vor den Weihnachtsferien hat sowas oft Tradition. Wenn du aber ein Open-Air-Kino im Garten veranstaltest und dazu in der Öffentlichkeit Einladungen an Fremde verteilst, geht das zu weit.

Auch in Ordnung ist, wenn du die Musik, die Serie oder den Film nicht als Datei herunterlädst, sondern von einer Seite streamst. Ob in einem dort eingebetteten Player oder einem, der auf deiner Festplatte installiert ist, spielt keine Rolle.

Warum gibt es dieses Gesetz?

Warum hat die Schweiz diese Regelung und andere Länder nicht? Weil du indirekt dafür bezahlst. In der Schweiz gibt es nämlich die sogenannte «Leerträgervergütung». Firmen, die Speichermedien wie DVDs, SSDs oder USB-Sticks herstellen oder importieren, müssen eine Abgabe zahlen (Urheberrechtsgesetz, Artikel 20, Absatz 3). Diese Abgaben stehen den Personen zu, welche die Rechte an Filmen oder Musik haben. Diese Rechte können bei den sogenannten Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden. Bei Schriftstellerinnen oder Journalisten ist das die Pro Litteris, bei Musikern und Musikerinnen die Suisa, bei Filmemachenden die Suissimage.

Die Verwertungsgesellschaften kassieren die Abgaben der Firmen ein und zahlen diese – je nach Umfang der geltend gemachten Rechte – an die Rechteinhaberinnen aus. Dass dies ordnungsgemäss passiert, überwacht das Institut für geistiges Eigentum (IGE). Es hat die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften (Art. 52 ff.)

Hersteller von Speicherelementen zahlen Schweizer Verwertungsgesellschaften eine Abgabe.
Hersteller von Speicherelementen zahlen Schweizer Verwertungsgesellschaften eine Abgabe.
Quelle: Interpreten.ch

Meist ist es aber so, dass die Hersteller und Herstellerinnen diese Gebühr nicht einfach selbst bezahlen. Sie schlagen sie auf die Verkaufspreise der SSDs oder USB-Sticks drauf. Wenn du also einen Speicherstick kaufst, wäre der wohl etwas günstiger, gäbe es diese Leergutabgabe nicht. Dann gäbe es aber wohl auch den Artikel 19 des Urheberrechtsgesetzes nicht.

Was du nicht herunterladen oder streamen darfst

Nicht herunterladen darfst du beispielsweise Software. Diese ist ausdrücklich von der Regel ausgenommen, wie du unter Artikel 19, Absatz 4 nachlesen kannst. Das gilt übrigens auch für Computerspiele. Eine Ausnahme dieser Ausnahme: Wenn du für das Benutzungsrecht bezahlt hast, darfst du das Programm natürlich herunterladen. Etwa ein Game bei Steam. Auch auf mehrere PCs, sofern sie dir gehören. Das ist im Artikel 21 geregelt.

Inhalte von Bezahlsendern wie zum Beispiel Blue Sport sind von der Regel ausgenommen.
Inhalte von Bezahlsendern wie zum Beispiel Blue Sport sind von der Regel ausgenommen.
Quelle: Florian Bodoky

Auch beim Streaming gibt es Ausnahmen. Zwar wirst du auch hier nicht bestraft, wenn du Inhalte aus dubiosen Quellen streamst. Das gilt aber nicht für Livesendungen, die nicht frei übertragen werden. Beispiel: Du darfst SRF-Inhalte streamen, weil diese frei übertragen werden (und du ja auch Serafe-Gebühren zahlst). Verboten sind hingegen öffentliche Livestreams von Inhalten «des Abonnementsfernsehens und von Programmen, die nirgends in der Schweiz empfangbar sind» – also zum Beispiel ein Fussballspiel, welches vom Privatsender «Blue» übertragen wird. Dies besagt Artikel 22, Absatz 3 des Urheberrechtsgesetzes. Häufig gibt es, zumindest bei bekannteren Ligen, wie etwa der Premier League oder Wettbewerben wie der Champions League, sogenannte Ace-URLs, um die Spiele zu empfangen. Dies ist nicht erlaubt.

Upload: Was du darfst und was nicht

Beim Upload sieht die Sachlage oberflächlich betrachtet einfacher aus. Einen Film, eine Serie oder Musik ins Internet hochzuladen und anderen Usern anzubieten, ist verboten. Dafür kannst du rechtlich belangt werden – zum Beispiel mit einer Schadensersatzforderung. Dies besagt unter anderem Artikel 19, Absatz 3 sowie Artikel 20, Absatz 2 des Urheberrechts.

Ausgenommen davon sind Werke, bei denen du selbst eingetragener Rechteinhaber bist (Art. 33 ff.) oder Inhalte, deren Schutzdauer abgelaufen ist. Die Schutzdauer bezeichnet den Moment des Entstehens (beispielsweise eines Musikstückes) bis 50, respektive 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers – je nach Inhalt ist das verschieden (Artikel 29 ff.]. Du darfst also zum Beispiel ein Lied von Beethoven auf dem Klavier spielen und das dann auf YouTube hochladen. Es gilt wegen der abgelaufenen Schutzdauer als sogenanntes Allgemeingut.

Technologien erklärt: P2P und BitTorrent

Dass gewisse Downloads in der Schweiz legal sind, deren Upload aber illegal ist, hat Auswirkungen darauf, welche Quellen du für deine Downloads benutzen darfst. Denn das Upload-Verbot gilt auch dann, wenn du etwas unbeabsichtigt hochlädst oder vervielfältigst. Du musst also nicht aktiv einen Film auf einen öffentlichen Server hochladen, um dich strafbar zu machen. Auch wenn du BitTorrent oder Peer-to-Peer-Netzwerke nutzt, tappst du in die Falle. Deren Technologie beruht nämlich darauf, dass du gleichzeitig etwas hoch- und runterlädst. Darum solltest du tunlichst darauf achten, Dateien nur von einem Hosting-Server herunterzuladen – damit der Traffic nur in eine Richtung geht, nämlich zu dir.

Peer-to-Peer

So hat das ganze Tauschbörsen-Download-Game begonnen. Beim klassischen Peer-to-Peer werden zwei Clients direkt miteinander verknüpft. Du suchst etwas, das du downloaden willst. Der Client findet das auf dem PC eines anderen und lädt es von ihm zu dir. Wenn dann jemand anderes die Datei sucht, lädt er sie vielleicht von dir zu sich runter. In diesem Fall lädst du also etwas hoch.

BitTorrent im Detail

Wenn du Torrents verwendest, wirst du zum Uploader.
Wenn du Torrents verwendest, wirst du zum Uploader.
Quelle: Dotnet Guide

Wenn du einen Torrent-Client installierst und darüber Dateien herunterlädst, tritt dein Computer einem Torrent-Netzwerk bei. Du möchtest jetzt zum Beispiel einen bestimmten Film haben. Suchst du danach, kontaktiert das Netzwerk den Tracker, der sich in der Torrent-Datei befindet. Dieser sucht nach sogenannten verbundenen Nutzern, die die gleiche Datei auf ihrem Computer haben. Nun wird diese Datei in kleinen Datenpaketen gleichmässig von allen Quellen auf deinen Computer heruntergeladen. Bis hierhin bist du ein «Leecher», also jemand, der nur herunterlädt. Hast du ein Paket der Datei aber bereits vollständig auf deiner Festplatte und ein anderer User sucht danach, wirst du auch zum «Seeder», also zu jemandem, der Torrents teilt. Die Anzahl Seeder ist also die Anzahl Personen, die die Datei teilen. Je mehr Seeder es gibt, desto schneller wird der Download. Das Problem: So wirst du zum Uploader – was verboten ist und bestraft werden kann.

Wo du Inhalte herunterladen darfst – und wo nicht

Du darfst also down- aber nicht uploaden. Das Gesetz sagt nichts dazu, wo du diese Inhalte herunterladen und streamen darfst. Nach überwiegender Lehrmeinung machst du dich auch dann nicht strafbar, wenn du ganz genau weisst, dass der Upload der Datei von jemand anderem illegal war.

Sogenannte «Warez», also illegal hochgeladene Filme oder Musik, findest du häufig in Foren wie diesen.
Sogenannte «Warez», also illegal hochgeladene Filme oder Musik, findest du häufig in Foren wie diesen.
Quelle: Florian Bodoky

Selbst wenn die Website zum Beispiel «illegaleraubkopien.com» heisst. Das sagt das Institut für geistiges Eigentum.

Titelbild: Shutterstock

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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