Produkttest

Samsung Galaxy Watch 6: Die Revolution bleibt aus – dennoch eine tolle Smartwatch

Produktpflege vom Feinsten. Samsung baut eine neue Smartwatch und führt konsequent weiter, was sich bei der Galaxy Watch 5 bewährt hat. Raus kommt dabei eine tolle, zuverlässige und hochperformante Smartwatch. Bei mir macht sich aber auch Langeweile breit.

Ich will nicht lügen. Die Galaxy Watch 6 und ich – wir hatten einen harzigen Start. Das liegt aber nicht daran, dass ich ein grundsätzliches Problem mit Smartwatches habe.

Nein. Es ist Samsung, die es mir schwer machen, die Galaxy Watch 6 von Anfang an lieb zuhaben. Und das, obwohl sie gut aussieht. Die Watch 6 kannst du in der «normalen» und in der schicken Classic-Variante kaufen. Einmal mit einem Armband aus wasserabweisendem Kunststoff, einmal aus Kunstleder. Du hast die Wahl zwischen den Farbvarianten «Graphite» (aus meiner Sicht ist das einfach Schwarz) und Silber. Das Design orientiert sich stark an der Watch 5. Bei der Classic-Version bekommst du nach einer Pause bei der Vorgängergeneration wieder die drehbare Lünette. Abgesehen von Lünette und Grösse sind die beiden Uhren funktional aber identisch.

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, aber mir gefällt die Galaxy Watch 6 sehr. Ich bin ein Liebhaber klassischer Uhren-Designs. Runde Gehäuse, analoges Design bei der Zeitanzeige. Gäbe es jetzt noch einen Drehknopf an der Seite, wäre mein Glück perfekt. Aber auch die dezenten Druckknöpfe sind in Ordnung. Nicht zu vergleichen mit den zwei unterschiedlich geformten Tasten bei der Huawei Watch 4 Pro, die ich mit meinem Symmetrie-Tick fast nicht ansehen konnte.

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Watch einrichten: Ich krieg´ die Krise

Zugegeben, vielleicht liegt es an meiner fehlenden Erfahrung bei Galaxy Watches. Für erfahrene Nutzer und Nutzerinnen mag das völlig normal sein. Aber beim Einrichten bin ich an meine nervlichen Grenzen gestossen. Das dürfte auch anderen Neueinsteigerinnen so gehen.

Es beginnt damit, dass ich mein iPhone ganz grundsätzlich in die Tonne kloppen kann, wenn ich die Galaxy Watch nutzen will. «Android only» heisst die Devise. Ja, klar: Apple sitzt im Glashaus. Trotzdem finde ich es schade, dass Samsung diese Kombi nicht unterstützt. Das war übrigens nicht immer so. Erst seit der Galaxy Watch 4 verzichtet Samsung auf die Kompatibilität mit Apples Telefonen. Gut, dass ich in beiden Universen unterwegs bin. Ich fahre mit der Einrichtung unter Zuhilfenahme meines Oppo-Telefons fort.

Die Galaxy-Wear-App ist zwar noch da, aber die Watch 3 war die letzte mit iOS-Unterstützung.
Die Galaxy-Wear-App ist zwar noch da, aber die Watch 3 war die letzte mit iOS-Unterstützung.
Quelle: Florian Bodoky

Weiter geht’s damit, dass Samsung mich nötigt, die «Galaxy Wearable App» herunterzuladen. Nur so kommt die Verbindung zustande. Viel mehr kann die App dann auch nicht. Ich seufze. Es ist bei weitem nicht die einzige Installation, die mir bevorsteht.

Ich starte die App und füge die Uhr hinzu. Sie wird rasch gefunden. Leider muss ich mich mit einem Samsung Account verbinden UND eine separate Health-App herunterladen, wenn ich die Gesundheits-Features nutzen will. Und diese sind ja doch sehr essenziell.

Einmal angemeldet und die zweite App installiert, startet das Setup. Nach verschiedenen «Agrees» zu ungelesenen AGB wird meine Smartwatch eingerichtet (kann einige Minuten dauern). Dann melde ich mich noch mit meinem Google-Konto an, meine Credentials werden überprüft (kann einige Minuten dauern).

Danach bietet Samsung mir an, regelmässige Sicherungen der Daten und Files meiner Watch zu machen. Auf meinem Android-Phone. Allerdings: Dazu braucht es eine dritte App names «Smart Switch». Mein Augenlid zuckt. Ich lade sie runter, verbinde sie mit meiner Watch, alles wird eingerichtet (kann einige Minuten dauern). Nach einigen einführenden Tipps bin ich ready.

Aber nein, halt. Doch nicht. Ich swipe durchs Menü, will meinen Blutdruck messen. Die Uhr bittet mich, die Samsung-Health-Monitor-App auf das Phone herunterzuladen. App Nummer 4 also. Denn die Health-MONITOR-App ist nicht die gleiche wie die Health-App. Ich will sie herunterladen, denn ich bin sicher, dass sie mir mittlerweile ein spannendes Ergebnis ausspucken würde.

Gewisse Features sind alleine Samsung-Telefonen vorbehalten.
Gewisse Features sind alleine Samsung-Telefonen vorbehalten.
Quelle: Florian Bodoky

Der Link zur App führt aber nicht in den Play Store, sondern in den Samsung-eigenen Galaxy-App-Store. Die App lässt sich nicht herunterladen. Dazu brauche ich entweder den Samsung-Browser oder Chrome. Ich runzle die Stirn, checke meinen Browser. Es ist Chrome. Ich checke Chrome auf Updates. Keine da. Geht trotzdem nicht. Warum, finde ich später noch heraus.

Für jedes Handgelenk die richtige Grösse

Die Galaxy Watch 6 gibt es in einer 40-Millimeter- und einer 44-Millimeter-Version, deren Gehäuse aus Aluminium besteht. Bei der Classic-Version sind es 43- und 47 Millimeter. Sie besteht aus Edelstahl. Die Gehäuse meiner beiden Testsamples sind 43, respektive 44 Millimeter breit. Das sieht an meinem schmalen Handgelenk, offen gestanden, lächerlich aus.

Für mein Handgelenk hätte es ein kleineres Gehäuse auch getan.
Für mein Handgelenk hätte es ein kleineres Gehäuse auch getan.
Quelle: Florian Bodoky

Das Display beider Modelle ist 1,5 Zoll gross, also 38,1 Millimeter. Ergo ist der Rand knapp 6 Millimeter breit. Nach Samsungs Angaben sind die Ränder der Galaxy Watch 5 15 Prozent dicker als dem diesjährgen Classic-Modell. Gar 30 Prozent schmaler sind die Ränder der Watch 6 ohne Namenszusatz im Vergleich zur Watch 5.

Display: Der helle Wahnsinn

Samsung verbaut ein Super-AMOLED-Display in die Galaxy Watch 6. Je nach Grösse des Displays unterscheidet sich die Auflösung. Ich teste das 43-mm-Classic-Modell. Deren Display löst mit 480 x 480 Pixeln auf. Mir macht es richtig Spass, durch die Menüs zu scrollen. Klar, dass die drehbare Lünette ein super Feature ist. Allerdings funktioniert die rein digitale «Scrolllösung» der Standard-Watch ebenfalls tadellos. Ich stellte keine Lags oder Hänger fest. Dies ist bei Softwarelösungen von Smartwatches bei weitem nicht immer so.

Du kannst Watch Face, Schriftart, Schriftgrösse und so weiter in den Menüs nach deinem Geschmack und Gutdünken anpassen. Auch die Berührungsempfindlichkeit lässt sich individualisieren. Dies wird vor allem im Winter wichtig, wenn du die Uhr des Öfteren mit Handschuhen bedienen möchtest.

Das grosse Flex-Feature ist aber die Helligkeit. 2000 Nits beträgt die Spitzenhelligkeit. Selbst bei direkter Sonneneinstrahlung siehst du die Inhalte des Watch-Displays. Hier habe ich keine Probleme festgestellt – also absolut Outdoor-tauglich.

Beim Verstellen der Helligkeit hast du zwei Wahlmöglichkeiten: Entweder du verstellst die Helligkeit manuell. Das kannst du im Quick-Settings-Menü der Uhr machen. Einfach von oben nach unten swipen. Oder du aktivierst die adaptive Helligkeit. Unter «Einstellungen -> Display» findest du den entsprechenden Menüpunkt. Dann misst der Sensor der Uhr die Lichtverhältnisse und passt die Display-Helligkeit entsprechend an.

Des Weiteren findest du in diesem Menü auch noch die «Always-on»-Funktion. Damit ist das Display immer an und du brauchst nicht extra den Arm zu heben oder auf das Display zu tippen. Nachteil: Es zehrt an der Akkuleistung.

Akku: Ein Rückschritt, aber immer noch gut

Ein Bereich, in dem Samsung gut abschneidet, ist die Akkulaufzeit. Natürlich gibt’s harte Konkurrenten, wie die Outdoor-Geräte von Garmin oder Suunto. Aber die Alltags-Watches, etwa die Watch 4 von Huawei, lässt Samsung hinter sich. Die Classic-Version hat die Nacht an meinem Arm verbracht (mit einer 100-Prozent-Ladung) und einen ganzen Tag. Als ich dann um 17 Uhr Feierabend machte, verblieben noch 20 Prozent. Für eine weitere Nacht reichte es dann aber nicht mehr ganz. Morgens um 1 Uhr quittierte sie den Dienst. Zu dem Zeitpunkt war die Smartwatch 27 Stunden aktiv (mit Always-on-Display). Auch die fast minütlich eintreffenden E-Mails und Nachrichten, die mir zuverlässig angezeigt werden, tun der Leistung keinen Abbruch.

Dennoch: Das ist weniger als beim Vorgänger-Modell und das trotz etwas grösserer Akkukapazität (425 mAh statt 410 mAh), aber eben auch einem grösseren Display. Denk aber daran, dass es bei der 40 Millimeter-Watch noch weniger sein wird. Nichtsdestotrotz lässt sich sagen: Es geht auch mal eine Nacht, ohne zu laden.

Sport- und Gesundheit: Altbewährtes … oder nicht?

Bei den Sport- und Gesundheitsfeatures darfst du keine grossen Sprünge erwarten. Die gibt es nämlich nicht. Allerdings ist das auch nicht unbedingt nötig, denn was die Südkoreaner bis anhin boten, ist durchaus ansprechend. Ähnlich wie bei der Apple Watch findest du hier die farbigen Ringe, die sich schliessen, wenn du deine gesteckten Sportziele erreichst. Will heissen: Schrittzahl, aktive Zeit und die verbrannten Kalorien. Dieses «schliesse den Kreis»-Prinzip ist nicht super-originell, funktioniert aber. Never change a running system.

Spannend finde ich hier die sogenannte «Bioelektrische Impedanzanalyse». Mit einem Sensor kannst du deine Körperzusammensetzung messen. Diese besteht aus Skelettmuskulatur, Fettanteil und Körperwasser. Im gleichen Menü werden dir dein BMI und deinen Grundumsatz angezeigt. Also quasi eine mobile Körperfettwaage.

Die Health-App zeigt sowohl Bewegungs- als auch Gesundheitsstatistiken an.
Die Health-App zeigt sowohl Bewegungs- als auch Gesundheitsstatistiken an.
Quelle: Florian Bodoky

Natürlich weist Samsung darauf hin, dass diese Funktion keine so präzisen Angaben macht wie eine professionelle, ärztliche Abklärung. Es sind eher ungefähre Angaben. Die Health-App stellt diese Daten übersichtlich dar. Je öfter du diese Messung durchführst – immer etwa zur gleichen Zeit und auf nüchternen Magen – desto präziser werden die Angaben. Ich habe an drei Tagen jeweils um 7 Uhr morgens gemessen.

Ein weiteres cooles Feature ist der «Schlafcoach». Dieser misst neben der Schlafdauer Blutsauerstoff, Schnarchgewohnheiten und Hauttemperatur. Aufgrund der Resultate gibt er Tipps, wie man die Schlafgewohnheiten optimieren und so den Schlaf verbessern kann. Zudem lässt die Hauttemperatur des Schlafcoaches bei menstruierenden Personen Rückschlüsse auf den Zyklus zu – dieser kann natürlich auch überwacht werden.

Die Galaxy Watch 6 hat ziemlich gut erfasst, um welche Uhrzeit ich eingeschlafen bin und wie lange mein Schlaf dauerte. Leider verzichtet das Schlaftracking aber auf eine Messung der REM-Phasen.

Die Galaxy Watch6 stellt alle Statistiken auf dem Zifferblatt dar – in der App sind sie allerdings detaillierter.
Die Galaxy Watch6 stellt alle Statistiken auf dem Zifferblatt dar – in der App sind sie allerdings detaillierter.
Quelle: Florian Bodoky

Die verschiedenen Trainingsmodi decken so ziemlich alle meine Bedürfnisse ab. Besonders cool finde ich dabei die automatische Bewegungserkennung. Mit grosser Präzision stellt die Watch fest, wenn ich meine Muskeln überdurchschnittlich nutze oder wenn ich zu laufen beginne. Das gefällt mir, da ich nicht jedes Mal minutenlang auf dem kleinen Screen herumdoktern muss, um einen bestimmten Trainingsmodus zu finden und zu starten.

Der Rest der Gesundheitsfunktionen sind keine grosse Überraschung. Mit dabei:

  • Über 90 Trainingsmodi
  • Automatische Workout-Erkennung
  • Stress-Überwachung
  • Zyklusüberwachung
  • SpO2-Überwachung aka. Blutsauerstoff
  • (Herzfrequenzüberwachung)
  • (EKG)
  • (Blutdruckmessung)

Warum die letzten drei Punkte in Klammern stehen? Weil Samsung sie für sich behält. Diese Funktionen stehen dir nur zur Verfügung, wenn du zu deiner Galaxy Watch 6 auch ein Samsung-Smartphone hast. Schade.

Die drehbare Lünette: Pro und Contra

Die drehbare Lünette war wohl das am sehnlichsten erwartete Comeback der Galaxy-Watch-Fanbase. Nach einigen Tagen mit der Watch 6 Classic verstehe ich bereits wieso. Zum einen ist das Menü einfach sehr ausladend. Müsstest du das nur mit Wischgesten bedienen, wäre das eine erhebliche Einschränkung des Komforts. Zum anderen ist es haptisch sehr angenehm und zuverlässig. Keine komischen Sprünge, keine Hänger, keine Aussetzer.

Die drehbare Lünette macht die Classic-Watch breiter – aber sie ist cool.
Die drehbare Lünette macht die Classic-Watch breiter – aber sie ist cool.
Quelle: Florian Bodoky

Nur: Das hat der digitale Bezel auch nicht. Samsung hat hier viel Zeit investiert und dank der schmaleren Ränder der Uhr habe ich auch mehr Platz zum scrollen. Zudem wirkt die Standard-Version um einiges schmaler, obwohl sie es nicht ist. Und: Du kannst das haptische Feedback ausschalten, wenn es dich nervt.

Unter dem Strich ist es natürlich Geschmacksache. Ich könnte auf diese mechanische Komponente nicht mehr verzichten. Zu praktisch, zu bequem. Da nehme ich die optische Einbusse in Kauf.

Fazit: Solide Produktpflege ohne Aha-Effekt

Die Galaxy-Watch-Serie ist der FC Bayern München der Smartwatch. Irgendwie langweilig, irgendwie jedes Jahr das Gleiche und trotzdem immer ganz oben mit dabei. Lediglich an kleinen Stellschrauben wird gedreht.

Aber die Watch 6 und Watch 6 Classic gehören auch ohne grosse Neuerungen zuden besten Smartwatches, die es für Alltags-User auf dem Markt gibt. Zumindest wenn du ein Samsung-Smartphone hast. Die zunehmende Proprietät bei einigen Gesundheitsfunktionen ist mir wirklich auf die Nerven gegangen.

Abseits davon gibt es wenig zu kritisieren. Zumindest wenn die Tortur des Setups überstanden ist. Die Akkulaufzeit ist in Ordnung, wenn auch geringer als letztes Jahr. Die Health- und Sport-Tracking-Optionen sind Top-Notch. Tragekomfort und Verarbeitung sind super und die Health-App bietet eine tolle Übersicht und vereint Sport- und Gesundheitsfeatures.

Kurz und gut: Besitzt du eine Galaxy Watch 5, kannst du es bleiben lassen, wenn du nicht unbedingt die drehbare Lünette willst. Wenn du generell nach einer Alltags-Smartwatch Ausschau hältst, kannst du hier zugreifen.

Titelbild: Florian Bodoky

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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