
Ratgeber
Raspberry Pi 5 – lohnt sich der Aktivkühler oder das Gehäuse mit Lüfter?
von Martin Jud
Wenn du das Betriebssystem Raspberry Pi OS zum ersten Mal aufstartest, kannst du bei der Sprachauswahl «Swiss High German» auswählen. Aber auch «Walser» steht zur Wahl. Und bei der Zeitzone gibt es neben «Zurich» auch «Busingen». Das bringt mich ins Grübeln.
Nachdem ich meinen Bastelcomputer mit dem Betriebssystem Raspberry Pi OS bespielt hatte, machte ich als Schweizer grosse Augen. Denn bei den Ländereinstellungen werden mir beim ersten Start auch die ungewöhnlichen Sprachen «Swiss High German» und «Walser» angeboten. Ich kann mir unter beiden Sprachen nichts Eindeutiges vorstellen. Zudem geht mir nicht in den Kopf, warum es neben der Zeitzone «Zurich» auch ein «Busingen» gibt. Denn das Büsingen, welches ich kenne, ist eine deutsche Enklave im Kanton Schaffhausen.
Raspberry Pi OS unterscheidet sich nicht nur in seinem altbackenen Aussehen von anderen Linux-Distributionen wie Ubuntu, sondern auch etwa bei der Ersteinrichtung. Dort fragt dich Raspberry Pi OS nicht erst nach der (System-)Sprache und dann nach dem Tastaturlayout. Es erledigt diese zwei Schritte mit einer einzigen Abfrage. Etwas vorgegriffen, liegt genau dort der Hund begraben.
Nach dem ersten Start sind diese beiden Optionen in den Einstellungen dann wieder getrennt auffindbar. Dort wählst du die Sprachumgebung und die Zeitzone einzeln und ohne komische Bezeichnung.
Als ich zum ersten Mal «Swiss High German» las, fragte ich mich natürlich, was das wohl sein soll. Als Erstes kam mir ein Zitat eines längst verstorbenen Politikers in den Sinn:
Es gibt Ausländer, die ein Deutsch ohne jeglichen Akzent sprechen; das sind Glücksfälle. Und dann gibt es Ausländer, die einen Akzent ohne jegliches Deutsch sprechen; das sind Schweizer.
Könnte es sich bei «Swiss High German» also um eine Bezeichnung für die Sprache handeln, die wir Schweizer versuchen zu sprechen, wenn wir Hochdeutsch reden?
Ebenso könnte es sein, dass hier ein Vorstoss vorliegt, um eine neue Sprachvereinheitlichung zu schaffen. So wie einst ein deutscher Akzent fürs Hochdeutsche herhalten musste, könnte bald ein bestimmtes Schweizerdeutsch zu einer neuen offiziellen Schriftsprache werden.
Am besten geeignet, aufgrund der Bekanntheit des Wortes «Grüezi», wäre wohl «Züri-Dütsch». Rein von der Aussprache her wären vermutlich die Dialekte aus Basel, St. Gallen oder Thurgau geeignet, da dort der Buchstabe R nicht gerollt wird. Doch rein vom Gemütlichkeitsfaktor her, dem etwas langsameren Tempo, das uns Schweizern nachgesagt wird, müsste es dann doch Berndeutsch werden.
Das «Hoch» könnte sich allenfalls auch als Abgrenzung fürs Bergvolk gegenüber denen im Unterland eignen. Gerade beim «Bärndütsch», wo die Oberländer an sich wieder einen unterschiedlichen Berndeutschdialekt sprechen, könnte das Sinn ergeben. Oder auch nicht.
Beinahe zuletzt geht mir noch durch den Kopf, dass High eine Abkürzung für Highness sein könnte. Schweizerdeutsch, eine hoheitliche Sprache oder die Sprache der Hoheitlichen.
Noch abwegiger ist der Gedanke, dass es eine Anspielung auf unsere Jahrtausende alte und weltweit bekannte Tradition der Heilkräuterzucht sein könnte. Immerhin werde ich, wenn ich in Zürich am See sitze, regelmässig von Touristen angesprochen und gefragt, wo der nächste Coffeeshop zu finden sei. Und immerhin klingt Schweizerdeutsch an sich auch ein wenig wie die bekiffte Schwester von Hochdeutsch.
Aber alles Humbug. Abgesehen davon existiert Schweizerhochdeutsch genau genommen bereits, auch wenn wir Schweizer uns dessen nicht unbedingt bewusst sind. Bewusst bin ich mir nur der vier Amtssprachen und den vielen verschiedenen Schweizerdeutsch-Dialekten. Ich käme niemals auf die Idee zu sagen, dass jemand in diesem Land Schweizerhochdeutsch spricht. Und Menschen, die Schweizerhochdeutsch schreiben, kenne ich auch nicht. Hier «redet» und schreibt das Volk eben auf «Baslerditsch», «Bärndütsch» und so weiter. Dennoch existiert ein Schweizerhochdeutsch-Duden. Möchtest du mehr zum Thema erfahren, empfehle ich dir diesen Beitrag von Kollege David.
Wie bereits anfangs kurz erwähnt, ist das Schweizerhochdeutsch bei Raspberry Pi OS ein Resultat des Versuches, zwei Optionen mit einer Abfrage abzudecken. Zur Erinnerung: Es stehen «Italian», «Swiss French», «Swiss High German» und «Walser» zur Auswahl.
Bei Italienisch wird die Systemsprache wie auch das Tastaturlayout auf Italienisch gesetzt – bei Raspberry Pi OS existiert kein extra Schweizer-Tastaturlayout für Italienisch. Für Deutsch und Französisch hingegen schon. Das erklärt, weshalb dort jeweils «Swiss» steht. Meiner Meinung nach wäre die Bezeichnungen «French (CH)», «French (Swiss)» oder «French (CH Keyboard Layout)» logischer. Beziehungsweise «German (CH)» und so weiter – allerdings ohne «High». Dann würde alles ein einheitliches Bild ergeben.
Aber was ist nun, wenn ich Walser wähle? Warum sind da überhaupt vier Sprachen?
Möglicherweise war es denjenigen, die diese Auswahl zu verantworten haben, bekannt, dass es in der Schweiz vier offizielle Sprachen gibt. Allerdings wussten sie nicht genau, welche die vierte ist. Daher haben sie sich die Kantone angeschaut. Und als sie dann aufs Wallis stiessen, sagten sie sich: «Das muss es sein!»
Ein gefährliches Halbgoogeln später landeten die Verantwortlichen auf Wikipedia und lasen darüber, dass die alemannische Volksgruppe der Walser (rätoromanisch Gualsers) ab dem späten Hochmittelalter den Alpenraum, beginnend vom Oberwallis, Richtung Bündnerland besiedelten.
Nach dieser «Erkenntnis» ist den Verantwortlichen allerdings ein Fehler unterlaufen. Sie gingen wohl davon aus, dass die Sprache der Walser bereits im System existiert und haben sie fälschlicherweise mit den Walisern verknüpft. Ja, richtig gelesen, bei der Walser-Auswahl bekommst du unter Raspberry Pi OS die Einstellung für Wales. Also eine englische Sprachausgabe und ebenso ein Tastaturlayout, bei dem Y und Z vertauscht sind. Walser hat also absolut nichts in dieser Liste verloren.
Schleierhaft ist und bleibt mir, weshalb ich neben «Zurich» auch die Zeitzone «Busingen» auswählen kann. Würden da noch Bern, Basel oder Genf stehen, wäre das zwar auch irgendwie eigenartig, da sie sowieso alle der gleichen Zeitzone angehören. Aber Busingen respektive Büsingen?
Büsingen liegt zwar geografisch gesehen in der Schweiz, gehört aber zu Deutschland. Es ist eine Enklave. Das macht den Umstand der CH-Zuordnung noch eigenartiger.
Oder aber, es erklärt ihn. Denn warum soll die Enklave Kalingrad aufgeführt werden, Büsingen jedoch fehlen? Wobei selbst bei dieser Logik nicht klar wird, warum dann die zweite Enklave, Campione im Kanton Tessin, nicht auch dabei ist.
Falls du eine bessere Erklärung zu Büsingen oder den Sprachen Schweizerhochdeutsch und Walser hast, bin ich auf deinen Kommentar gespannt.
Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.