
Hintergrund
Drohne die Zehnte - Jeder Flug ein Sturz
von Manuel Wenk
Raphael Strähl, Drohnenpilot bei der Drone Champions League, hat uns einen Blick hinter die Kulissen gewährt. Im Gespräch mit ihm erfahren wir, wie er sich auf einen Wettkampf vorbereitet und wie viele Drohnen er pro Saison schrottet.
Es ist Donnerstagnachmittag, Mitte Oktober. Einer der letzten sommerlichen Tage in diesem Jahr. Unser Kontaktmann vor Ort in Rapperswil ist Raphael Strähl, Drohnenpilot in der DCL. Er fliegt für das Schweizer Team Swiss Black Kites und gewährt uns heute einen Einblick in seine Welt. Ich treffe Raphael vor dem FahrerPilotenlager. Hier reiht sich ein Pavillon dem Nächsten. In jedem hat sich ein anderes Team eingenistet. Im Vergleich zu einem Formel 1 Rennen, kann man hier hautnah miterleben, wie sich die Piloten vorbereiten. Lediglich eine kleine Schranke hält die Zuschauer davon ab, inmitten der Teampavillons zu stehen. Deutschland, China, USA, Japan, England, Tschechien, und schliesslich die Schweiz. Die Teams haben zwar alle eigenständige Namen, fliegen aber jeweils unter der Flagge ihres Landes. Bei den Swiss Black Kites – dem Schweizer Team – angekommen, lernen Manuel und ich die restlichen Teamkollegen von Raphael kennen. Ihr Team besteht aus vier Piloten und einem Trainer.
Bald beginnen die Trainingsflüge, davor muss Raphael jedoch noch seine Drohne vorbereiten. Er bringt die Propeller an, überprüft den Akku und befestigt die GoPro. Ich frage ihn, ob er vor dem Testflug noch Feineinstellungen an seiner Drohne vornehmen muss. «Nein! Wir trainieren bereits seit Wochen für diesen Wettkampf und setzen uns intensiv mit dem jeweiligen Track auseinander. Ich und mein Team bauen im Vorfeld die gesamte Rennstrecke nach. Jedes Tor, jede Fahne und jedes Element wird so genau wie möglich aufgestellt. Dann versuchen wir, die Strecke so schnell wie möglich mit unseren Drohnen zu durchfliegen. Die Einstellungen an den Drohnen machen wir bereits während dem Training. Würden wir das erst jetzt tun, hätten wir im Wettkampf keine Chance.»
Ich bin überrascht, wie seriös sich die Teams auf diesen Wettkampf vorbereiten. Ich muss zugeben, dass ich diesen «Sport» bis heute nicht als solchen wahrgenommen habe. Klar kann das nicht jeder, aber die Piloten sitzen ja nur rum und hebeln ein wenig an ihrer Fernbedienung hin und her. Wie falsch ich doch lag. Raphael erklärt es folgendermassen: «Es ist ein Sport. In erster Linie ist es ein Wettkampf, in welchem Fähigkeiten gegen Fähigkeiten antreten. Wir brauchen starke kognitive Fähigkeiten, aber auch physische Komponenten spielen eine Rolle. Wer mal als Pilot hier auf der Bühne gestanden hat, weiss, wovon ich spreche. Während dem Fliegen bist du als Pilot komplett in einem Rush, das Adrenalin schiesst dir in die Höhe und dein Herz beginnt zu pumpen. Das ist ermüdend und anstrengend, zudem sind wir den ganzen Tag draussen und stehen 12 Stunden auf den Beinen.»
Während dem Fliegen bist du als Pilot komplett in einem Rush, das Adrenalin schiesst dir in die Höhe und dein Herz beginnt zu pumpen.
Im Hintergrund höre ich ständig, wie die Drohnen anderer Teams bereits auf dem Track ihre Runden drehen. Es ist erstaunlich, wie laut diese Dinger sind, wenn sie mit 140 Sachen durch die Luft schiessen. Die Trainingsflüge werden abwechselnd von jeweils einem Team absolviert. Nun ist Raphael und seine Crew an der Reihe. Bevor sie jedoch auf der Bühne ihren Platz einnehmen dürfen, müssen ihre Drohnen noch von der Rennleitung abgenommen werden. Die Teams dürfen zwar ihre Drohnen selber bauen und einzelne Komponenten selber bestimmen, doch die DCL hat ein klares Reglement, was erlaubt ist und was nicht. «Die Drohne muss mindestens 780 Gramm wiegen, sie darf nur mit 4S-Akkus betrieben werden, muss eine bestimmte Grösse haben und über genügend LEDs verfügen. Dies wird vor jedem Rennen überprüft und bei Nichteinhaltung von der Rennleitung bestraft.», so Raphael.
Im ersten Run fliegt Raphael noch zurückhaltend. Im zweiten Run dreht er dann die Geschwindigkeit hoch und macht riskantere Manöver. Was leider dazu führt, dass seine Drohne in die Äste eines Baumes kracht und abstürzt. Die Drohne ist noch intakt. Die halten Einiges aus. «Ich habe vier Drohnen dabei. Zwei werden im Minimum gebraucht, da wir immer gleich zwei Runs nacheinander haben. Zwei Weitere habe ich als Reserve dabei, da wir hier in Rapperswil übers Wasser fliegen. Geht da was in die Hose, muss ich die nasse Drohne zuerst trocknen lassen, bevor ich wieder mit ihr in die Luft gehen kann. Es kann auch vorkommen, dass ich in eine Wand fliege und die Drohne einen Totalschaden erleidet. Daher ist es von Vorteil, wenn man ein zusätzlich Back-up im Gepäck hat.» Totalschaden? Das klingt spektakulär. :) Ich hake nach und frage Raphael wie oft das passiert? «Diese Saison verlief recht gut. Ich habe bis jetzt noch nicht so viele Drohnen zerstört. In München und in Brüssel sind mir aber leider zwei Copter im Wasser abgesoffen, was die ganze Elektronik kaputt machte. Diese musste ich dann komplett neu aufbauen. Ansonsten habe ich noch vier Arme und zwei Seitenplatten geschrottet, aber das Hauptframe und die meisten Komponenten leben immer noch.»
Es kann auch vorkommen, dass ich in eine Wand fliege und die Drohne einen Totalschaden erleidet. Daher ist es von Vorteil, wenn man ein zusätzliches Back-up im Gepäck hat.
Mittlerweile ist der Abend angebrochen. Die Sonne geht langsam über dem Zürichsee unter und hüllt das gesamte Panorama in ein kitschiges Orange. Raphael und sein Team haben sich von uns verabschiedet und sind mit den anderen Piloten zum gemeinsamen Nachtessen verschwunden. Manuel und ich schnappen uns am Verpflegungsstand noch einen Snack und gönnen uns am Seeufer ein Feierabendbier. Es ist toll zu sehen, wie gut sich die Piloten untereinander verstehen und austauschen, obwohl sie auf Papier Konkurrenten sind. Die Piloten sind eine grosse Familie, die dieselbe Passion teilen und Spass daran haben, mit ihren Drohnen um die Wette zu fliegen. Früher am Nachmittag fragte ich Raphael, wo er das Drone Racing in fünf Jahren sieht: «Wir üben diesen Sport auf einer semi-professionellen Ebene aus. Alle in meinem Team arbeiten nebenbei oder sind wie ich noch im Studium. Vielleicht wird es in fünf Jahren soweit sein, dass wir davon leben können.»
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Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.