Produkttest

iPhone XS Review: Schön, schnell und mit ein paar Schwierigkeiten

Der Nachfolger des iPhone X hat grosse Wellen geschlagen. Und das nicht nur wegen des hohen Preises. Zum iPhone XS gibt’s viel zu sagen und auch einiges zu meckern. Ich habe die kleinere S-Version aus dem Hause Apple fünf Tage lang im Alltag getestet.

Das neue iPhone XS sieht bis auf wenige Details gleich aus wie das Vorgängermodell iPhone X. Auf den ersten Blick fällt die neue Farbe auf: Die S-Version gibt’s in Gold. Goldene iPhones gab’s zwar auch vorher schon, nicht aber beim iPhone X und nicht mit Glasrückseite. Da ich alles liebe, was goldig oder pink ist, habe ich mir das Modell in Gold geholt. Auf mich wirkt es zwar mehr wie Rosé Gold oder Bronze. Aber es sieht gut aus.

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    Apple iPhone XS, XS Max und XR

Das iPhone X hat zum zehnjährigen iPhone-Jubiläum eine neue Ära eingeleitet. Diese Version ist lediglich ein Upgrade. Es sind einige Dinge verbessert worden, aber es sind auch neue Probleme aufgetaucht. Apple macht dennoch vieles richtig: Wie wir es uns von Apple gewohnt sind, ist das Phone sehr durchdacht, gut verarbeitet und sieht stylish aus. Homebutton und Fingerprint-Sensor hat Apple schon beim iPhone X verabschiedet und dieses System jetzt sogar noch etwas verbessert.

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    iPhone X: Das Review der nächsten Ära Apples

    von Dominik Bärlocher

Wieder in die Apple-Welt einzutauchen ging einfach und schnell. Kaum habe ich das neue iPhone eingeschaltet und mein iCloud-Passwort eingegeben, erscheint schon mein vierjähriges MacBook in der Cloud. Mein kleines Apple-Öko­system steht.

Ja, es ist noch schneller

Beim iPhone XS hat Apple ein neues System-on-a-Chip (SoC) verbaut. Das iPhone X war schon schnell. Das iPhone XS ist laut Apple mit dem A12 Bionic – so heisst das neue Teil – nochmals bis zu 15 Prozent schneller. Im Alltag merkst du nur, dass das Gerät einfach zügig funktioniert. Apps sind schnell offen und Ruckler gibt’s nicht. Einen Absturz hatte ich in meiner Testzeit bei keiner App. Direktes Wechseln zwischen den Apps (Multitasking) funktioniert so rasch, wie ich es bei noch keinem anderen Phone gesehen habe. Und im ganzen App Store gibt’s wohl noch immer keine App, die das iPhone an seine Leistungsgrenze bringen könnte.

Vorgänger und Nachfolger gleichen sich aufs Haar

Eine im Alltag bemerkbare Veränderung bringt für mich Apples neue Neural Engine, die ebenfalls auf dem Chip sitzt. Neural Engine gehört in den Bereich der Künstlichen Intelligenz. Die macht unter anderem, dass Face ID, also Apples Gesichtserkennung, noch etwas schneller und zuverlässiger funktioniert.

Die Gesichtserkennung ist einen Tick besser

Die Gesichtserkennung ist im Vergleich zum iPhone X einen gefühlten halben Wimpernschlag schneller geworden. Sie funktioniert beim iPhone X, wie auch beim iPhone XS selbst dann, wenn du eine Sonnenbrille anhast. Beim iPhone XS funktioniert sie deutlich besser, wenn du seitlich oder von unten aufs Phone kuckst. Wenn du das Gerät auf dem Tisch liegen hast, musst du es zum Entsperren aber meistens noch leicht anheben oder dich ein wenig darüber lehnen. Bei mir hat die Gesichtserkennung des XS auch bei Dunkelheit besser funktioniert als beim Vorgänger.

Mit Apples Neural Engine ist auch die Foto-Suche etwas besser geworden. Das XS liefert im Test mehr richtige Ergebnisse in meinen vielen Fotos als der Vorgänger. Die Geo-Tags sind etwas genauer geworden. Klar, das haut niemanden aus den Socken, ich finde es aber trotzdem eine schöne Sache.

Verbindungsprobleme?

Eine kleine, sichtbare Änderung am iPhone XS ist, dass Apple oben und unten zwei neue Antennenstreifen angebracht hat. Diese sollen den Empfang verbessern. Hier war ich das erste mal negativ überrascht. Der Empfang beim iPhone XS ist bei mir nicht besser. Im Gegenteil.

Eigentlich gehöre ich nicht zu den Leuten, die im Zug lange telefonieren – so nervst du nämlich den ganzen Waggon. Am Samstagmittag tue ich es manchmal trotzdem. So auch vergangenen Samstagmittag. Auf meiner Zugstrecke habe ich mit dem iPhone XS drei Mal die Verbindung verloren und meine Kollegin klagte mehrere Male, dass sie mich nicht gut versteht. Mit einem anderen Testgerät habe ich auf der Strecke noch nie so oft die Verbindung verloren. Zuerst dachte ich mir aber nichts dabei.

Rechts am neuen iPhone siehst du einen der neuen Streifen

Einen Tag später telefonierte ich mit einer anderen Kollegin zuhause in meiner Wohnung. Auch sie beklagte sich, sie verstehe mich kaum. Da wurde ich stutzig.

In meiner Wohnung hatte ich bisher immer ziemlich guten Empfang. Liegt es am Netz? Oder meiner SIM-Karte? Ich habe das Handy neu gestartet und online mein Abo bei Swisscom gecheckt. Es scheint alles in Ordnung.

Mir fällt auf, dass Whatsapp manchmal ungewohnt lange braucht, um neue Nachrichten zu laden, obschon die App ansich schnell offen ist. Per Zufall stosse ich am Abend auf einen Artikel des Tech-Magazins golem.de. Darin steht, dass sich mehrere Käufer über den Empfang beim iPhone XS und XS Max beklagen. Auch andere Newsportale berichten mittlerweile über die Probleme.

Aber hat das iPhone XS schlechteren Empfang als das iPhone X?
Ich nehme meine SIM-Karte aus dem iPhone XS und lege sie in den Schacht des iPhone X. Mit dem Vorgängermodell habe ich vier von fünf Balken 4G-Empfang. Beim iPhone XS waren es zwei. Die Empfangsbalken sind mir aber viel zu ungenau und sagen zu wenig aus.

Ich mache vier Speedtests an zwei Standorten und vergleiche das iPhone X mit dem XS. Hier sind die Ergebnisse – die oberen beiden Resultate sind in meiner Wohnung entstanden, die unteren beiden im Büro:

Links der Speedtest mit dem iPhone XS
Links der Speedtest mit dem iPhone XS
Rechts der des iPhone X
Rechts der des iPhone X
  • Die Downloadgeschwindigkeit ist bei mir zuhause stets schneller mit dem iPhone X
  • Die Uploadgeschwindigkeit ist aber schneller mit dem iPhone XS
  • Download und Upload sind im Büro unterschiedlich und etwa gleich auf

Dadurch lassen sich zwar nicht die sporadischen Verbindungsprobleme des neuen iPhones ableiten, doch einen Geschwindigkeitszuwachs wie von Apple versprochen, kann ich auch nicht erkennen. Was auf jeden Fall eine Rolle spielt, ist der jeweilige Standort.

Aufgrund dieser Ergebnisse kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob das neue iPhone ein Empfangsproblem hat. Vielleicht habe ich auch einfach ein Montagsmodell erwischt.

Es bleibt abzuwarten, ob die Empfangsprobleme tatsächlich bestätigt werden. Dass es ein neues Antennengate wie damals beim iPhone 4 gibt, denke ich nicht. Beim iPhone 7 gab es anfangs ebenfalls einige Verbindungsprobleme, die Apple aber alle mit einem Update beseitigen konnte.

Dennoch frage ich kurz bei der Medienstelle von Apple Schweiz nach, ob sie von den Problemen Kenntnis hätten. Pressesprecher Ulrich Taller gibt mir die Antwort: «Kein Kommentar.»

Sonstige kleine Verbesserungen an verschiedenen Stellen

Apple hat auch sonst diverse kleine Dinge verbessert. Hier das Wichtigste:

Die Stereolautsprecher haben laut Apple einen «breiteren Stereoklang». Im Vergleich scheint mir, dass die Speaker des neuen iPhones auf voller Lautstärke ein bisschen lauter sind. Aber nicht hörbar besser.

Neu kannst du das iPhone bis zu zwei Meter tief ins Wasser schmeissen – es ist jetzt IP68 zertifiziert. Das iPhone X war nur IP67 zertifiziert, das heisst, es reichte nur für die Badewanne oder Gewässer, die nicht tiefer als einen Meter sind.

Das iPhone XS geht mal baden. Es funktioniert nachher auch noch.

Bei der Kamera hat Apple einige Verbesserungen gemacht. Da fünf Tage für einen Smartphone-Test sehr kurz sind, gibt’s später einen ausführlichen Kameratest in einem separaten Beitrag von David Lee, unserem Foto-Spezialisten.

Ich habe die Kamera selbst kurz angetestet. Die Bilder, die ich aus der Hand mit dem Phone schiesse, sind gewohnt gut. Ich habe das Gefühl, dass sie etwas heller sind als beim iPhone X.

Ein Schnappschuss fotografiert mit dem iPhone XS

Beim iPhone X war ein 2716 mAh Akku verbaut. Beim XS ist er mit 2658 mAh etwas kleiner geworden. Zu wenig Saft hatte ich dennoch nicht. Das spricht auch für Apples neues SoC – nur so kann ich mir die gute Akkuleistung erklären. Am Ende des Tages hatte ich jeweils um die 50 Prozent übrig. Ich höre mehrere Stunden pro Tag Musik, surfe viel und bin oft auf Whatsapp. Je nachdem wie oft und intensiv du dein Phone nutzt, desto mehr oder weniger Akku wirst du haben.

Kollege Alessandro Thüler hat sich das XS auch geholt und spielt damit ein Augmented Reality Spiel, das Egg, Inc heisst. Er ist ziemlich begeistert mit AR Hühner durchs Büro zu jagen. Ich selbst bin mit AR noch nicht warm geworden. Es sieht ziemlich beeindruckend aus, wie Alessandro schnell ein A4 Blatt einscannt und darauf seine AR-Farm bewirtschaften kann. Ob die Funktion besser als beim iPhone X ist, kann ich nicht beurteilen.

Flache Dinge, wie ein Blatt erkennt das iPhone XS schnell

Fazit: Lohnt sich nur für Wenige

Beim Testen hatte ich viel Freude am iPhone XS. Dennoch: Ich selbst würde es mir nicht kaufen. Nicht nur, weil ich iOS nicht besonders mag – ich fühle mich etwas wie in einem goldenen Käfig. Sondern weil mir für den hohen Preis zu wenig Neuerungen dabei sind. Klar, das XS ist nur ein Update, kein grundauf neues iPhone. Dennoch finde ich, dass Apple dieses mal bei der Preisgestaltung zu weit, beziehungsweise zu hoch gegangen ist.

Ein iPhone funktioniert direkt nach dem Auspacken, ohne dass du zwingend etwas einstellen oder ändern musst – ausser du hast einen kabelgebundenen Kopfhörer. Damit der funktioniert, musst du zuerst noch einen Dongle pöstelen gehen.

Apples Hardware ist extrem leistungsfähig. Mit dem iPhone holst du dir ein Gesamtpaket, das du höchstwahrscheinlich bei keinem anderen Hersteller so umfassend findest. Aber bei kaum einem anderen Phone ist der Preis auch so überirdisch hoch.

Wenn du ein älteres iPhone hast – etwa ein iPhone 6 oder abwärts, dann kann sich der Kauf der S-Version lohnen. Ansonsten rate ich davon ab.

Wenn du ein neues iPhone willst, schau dir zuerst das iPhone XR an. Das könnte sich mehr lohnen.

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Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival. 


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