
Huawei Talkband B5: Muss das Teil so dermassen hässlich sein?

Im Design betrügt sich das Huawei Talkband B5 selbst. Softwareseitig sind Schwächen vorhanden, aber generell macht das Ding einen ziemlich guten Eindruck. Dazu: Was sagt ein Uhrmacher zum grässlichen Look des Teils?
«Wie beknackt ist das denn», frage ich mich.
Zugegeben, ich bin kein Fan von Dingen am Handgelenk, abgesehen von meinem Paracord-Dings. Irgendwas zum während langweiligen Meetings dran rumfummeln brauche ich. Nach einem dieser Meetings liegt also das Huawei Talkband B5 auf meinem Tisch und die Frage steht im Raum.

Sieht auf den ersten Blick ganz normal aus, so halt Huaweis Version eines Fitbit-Trackers. Ein schwarzes, rechteckiges Display in einem mehr oder weniger fancy angehauchten Band, dazu so der künstliche Anflug von Stil mit Lederband und Goldtönen.
Huawei, hör mal her. Du wirst es nie hinkriegen, dass ein rechteckiger Amoled-Screen und Leder in der Farbe «Mocca Brown» irgendwie klassisch oder elegant erscheinen werden. Das Teil wird immer ein Fitbit bleiben.
Die Hässlichkeit erklärt
Dass das Huawei Talkband B5 in der Mocca-Gold-Ausführung grauenhaft aussieht, ist nicht einfach nur dahergesagt. Mir scheint das Teil so ausserordentlich hässlich und der klassischen Farb-Combo Braun/Gold so beleidigend, dass ich einen Experten Fragen gehe. In einem Uhrengeschäft an der Zürcher Bahnhofstrasse lege ich das Talkband neben eine Breguet. Eine Uhr, die aus einem Traditionshaus mit Namen und Stil stammt. Eine Uhr, die auf den ersten Blick offensichtlich ein Kunstwerk ist. Ich lege das Talkband neben die Breguet, die das Talkband gerne wäre.

Der Geschäftsführer, der die Uhr mit grösster Vorsicht behandelt, lacht beim Anblick des Talkbands und gibt ein vernichtendes Fazit. Aber nur mit Hässlichkeit ist es für ihn nicht getan. Sein geschultes Auge sieht Mängel. «Rechteckige Formen am Handgelenk sind ohnehin heikel. Da brauchst du ein richtig breites Handgelenk, damit das nicht massig aussieht», sagt er als erstes und hält sich das Talkband vors Gesicht. «Damit würde ich vorsichtig sein. Die goldene Beschichtung ist auf den ersten Blick sehr dünn aufgetragen. Ich vermute, dass die schnell Kratzer davonträgt» und dann das Leder: «Das ist recht billiges Leder, aber bei dem Preis erwarte ich eigentlich nichts anderes.» Er selbst trägt natürlich eine Breguet, die «einfachere Version» der Uhr, die neben dem Talkband liegt.
Gut, aber wenn du als Leser dir so ein Teil kaufst, dann machst du das ja nicht nur des Looks wegen. Du willst mehr als nur die Zeit und eventuell noch das Datum. Du willst Wetter, WhatsApp, Spotify und so weiter. Alles an deinem Handgelenk… und in deinem Ohr, wenn es nach Huawei geht.
Tracker werden jetzt auch 2-in-1
Eines der Hauptverkaufsargumente, die Huawei ins Feld führt und die Überhand über die Konkurrenz gewinnen will, ist die Tatsache, dass der Tracker nicht nur fürs Handgelenk ist. Nein, du kannst den Bildschirmteil aus dem Armband lösen. Dann ist da ein Ohrstöpsel und du kannst das Talkband B5 in dein Ohr stecken, als Headset oder Kopfhörer verwenden.
Warum?
Ehrlich, was hat die Designer da geritten? Das sah in den 1990er-Jahren schon scheisse aus und hat nur so halbgut funktioniert. Warum soll das jetzt cooler sein? Vor allem, wenn du wesentlich elegantere und besser klingende Alternativen haben kannst?
Trotzdem: Huawei meint, dass du wieder wie einer dieser kokaingefüllten American-Psycho-Möchtegerns rumlaufen solltest, von Business und Aktienkursen reden solltest, während du nach einem Monolog über Huey Lewis and the News mit einer Axt einem Hausgast den garaus machst.
Das Problem mit den schöneren und sozial akzeptableren, da weniger serienkillerkompatiblen, Alternativen ist, dass die XM3 deinen Puls nicht messen. Oder deine Schritte nicht zählen. Dafür siehst du nicht wie Patrick Bateman aus American Psycho aus, sondern nur wie ein leicht verwirrter Alltagsmensch, der am Bahnhof mit sich selbst redet.
Ich will meine Daten überall, kann aber nicht
Gut, dann testen wir das Teil also. Ich habe nicht auf das Talkband B5 gewartet. Du wohl auch nicht. Aber dennoch sind wir jetzt schon so weit im Text. Das Setup geht erstaunlich schnell, was mich nicht weiter stört. Die Bedienung ist, marketingsprechkonform gesagt, intuitiv und simpel. Echt, da sind nur sieben Menüpunkte auf der Uhr selbst. Den Rest machst du über die Huawei Health App. Huawei Wear ist bis Redaktionsschluss nicht mit dem Talkband B5 kompatibel. Mit dem B3 schon. Okay.
Apropos Kompatibilität. Die Synchronisierung verwirrt mich auf den ersten Blick. Ich mach mal das ganze Fitness-Programm durch, synchronisiere die Huawei-Health-Daten mit Google Fit und MyFitnessPal, später dann auch aus Neugierde Under Armour Record, da MyFitnessPal vom selben Hersteller stammt.
Das Problem: Diese Apps sind entweder gar nicht oder nur teilweise kompatibel mit dem Talkband B5. Schritte scheinen sauber synchronisiert zu werden, denn in meiner Google-Fit-Liste kommen auch kleinere Spaziergänge rein.

Die Daten, die mich wirklich interessieren, meine Workout-Daten, werden nicht vom Talkband zu Google Fit synchronisiert. Das scheint tatsächlich eine Sache zu sein, die Usern Kopfschmerzen macht, aber nur auf Gerätebasis. Laut einem Thread im Google Support Forum hat der Sync mal funktioniert, scheint aber deaktiviert worden zu sein. Chinesische Zensur? Die ganze Sache mit der USA/Huawei-Streitigkeit? Antworten stehen noch aus. Fakt ist, Synchronisation funktioniert nur teilweise.

Aber in der Benutzung am Handgelenk bin ich angenehm überrascht. Der Pulsmesser, dem mein Hauptinteresse gilt, funktioniert sogar richtig gut. Mein Ruhepuls scheint mit Werten in den niedrigeren 60ern so in Ordnung. Da ist zwar so der eine oder andere Ausreisser. Ich habe während dem Mittagessen sicher keinen Puls von 44. So tief fällt mein Puls allerhöchstens, wenn ich schlafe.
Die Ausreisser scheinen aber nur gegen unten zu passieren.
Während dem Cardio-Training aber fällt mir auf, dass die Messung ziemlich genau ist. Ich kann stabil auf 165 Schlägen pro Minute trainieren. Das ist zwar noch nicht gut, aber ich verliere ab 170 meinen Kopf. Natürlich will ich mich möglichst nahe an der 170 bewegen, meinen Körper daran gewöhnen, dass das etwas ist, das er regelmässig aushalten muss und sich gefälligst daran anpassen muss. Das Talkband scheint aber nie über die 168 hinauszukommen, selbst wenn der Pulsmesser des Spinning Cycles sagt, dass ich im Schlusssprint auf plusminus 175 Schlägen pro Minute bin.
Talkband, ich erwarte mehr. Okay, eigentlich nicht. Eigentlich erwarte ich Ausreisser und unsauberes Recording. Das liefert das Talkband aber nicht. Die Daten sind in der Huawei Health App sauber aufgezeichnet und sind plusminus korrekt, auch im Training oder während dem Schlaf.
Das Ding mit den Notifications
Einzig das Notification Management ist etwas nervig gelöst, obwohl der Anfang so richtig gut klingt. Ich kann beim Setup einstellen, welche Apps mir Notifications auf die Uhr senden dürfen. Ich muss doch keine Notification für den Wetterbericht haben. Auf dem Smartphone stört mich das vielleicht weniger, aber wenn das Gerät an meinem Handgelenk vibriert, dann werde ich zwingend aufmerksam. Daher ist es nett, wenn ich extrem restriktiv mit den Notifications umgehen kann und nicht standardmässig jede App einfach mal Notifications senden darf. Kurz: Notifications sind alle opt-in und nicht opt-out. Sehr gut.
Dann nerven die Notifications aber doch. Angenommen, du schickst mir eine Message über WhatsApp. Dann vibriert mein Handgelenk. Ich kann die Nachricht entweder auf dem Amoled Screen der Uhr ansehen, sofern es sich nicht um Emojis handelt. Die stellt das Talkband nicht dar.

Wenn du es so wie ich machst und dein Handgelenk vibrieren spürst, dann dein Phone in die Hand nimmst, dann sind die Notifications nach dem Lesen der Message auf dem Phone auf dem Talkband immer noch vorhanden. Dann musst du diese manuell erledigen. Hier wäre eine Art Sync mit Messaging-Diensten und nicht nur Notification Pushes vernünftig.
Und, egal was du tust, gib dem Talkband nie die Erlaubnis, Spotify-Benachrichtigungen anzuzeigen.
Der Quatsch mit dem Headset
Am Handgelenk vermag das Talkband B5 abgesehen von seiner abgrundtiefen Hässlichkeit zu überzeugen.
Dann kommt die ganze Headset-Sache. Das Konzept funktioniert einfach nicht. Da kann Huawei das noch so probieren, aber das Armband, das zum Headset wird, wird sich nie durchsetzen. Denn da gibt es zwei Probleme, eines davon technologisch, das andere rein optisch.
Letzteres Problem ist mal wieder Geschmackssache. Da das Teil aber eh keinen Geschmack beweist, stört sich bei Huawei wahrscheinlich keiner dran. Wenn du den Bildschirmteil als Headset verwendest, dann hast du ein urhässliches und nutzloses Teil am Handgelenk hängen.

Okay, gut, dann achtest du halt beim Telefonieren nicht auf dein Handgelenk. Denn du hast die zwei subtilen Knöpfe am Handgelenk gedrückt, die den Screen aus dem Armband poppen lassen. Dann kannst du dir den technologischen Teil ins Ohr stecken und telefonieren. Besagte subtile Knöpfe sind genau so subtil, dass sie dir gerade noch so auffallen.
Die Gesprächsqualität ist dann aber wieder überraschend gut. Ich verstehe mein Gegenüber wirklich gut und der Knopf an der Seite tut seinen Dienst verlässlich.
Warum so hässlich?
Das Huawei Talkband B5 ist hässlich wie die Nacht. Wäre das Teil nur schwarz, dann könnte ich mich damit anfreunden. Denn dann macht das Teil keine Anstalten, etwas sein zu wollen, das es unter keinen Umständen je sein könnte. Das Schlimmste am ganzen Look ist, dass das Teil tatsächlich in sportlich-technologisch-schwarz existiert. Einfach, dass es nicht bei uns erhältlich ist. Warum, Huawei, warum? Ich hätte unendlich viel mehr Freude an dem Ding, wenn es zu dem stehen würde, was es ist.

Technologisch aber vermag das hässliche Ding zu beeindrucken. Die Daten werden sauber aufgezeichnet und sind erstaunlich akkurat, auch wenn die Schnittstellen zu anderen Apps fehlen oder nur teilweise funktionieren. Für Sportler ist das Teil aber komplett wertlos, denn die dafür kritischen Daten werden nicht synchronisiert. Warum auch immer.
So. Fertig. Ich mach mal Cardio. Bah!


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.