Produkttest

Huawei P30 Pro: Die Perfektion einer Plattform

Das Huawei P30 Pro stampft die Konkurrenz in Grund und Boden. Das Phone ist so dermassen gut durchoptimiert, dass der Rest des Feldes zu Redaktionsschluss keine Chance hat. Der Teufel aber, wie immer, sitzt im Detail.

Die Specs klingen nach Flaggschiff-Standard, zugegeben. Aber was Huawei mit dem P30 Pro abliefert ist die Perfektion eines Systems. Das Huawei P30 Pro ist getunt, optimiert und wohl so ziemlich all das, was du aus den Specs herausholen kannst.

Kurz: Das Huawei P30 Pro ist ein Curb Stomper.

Huawei P30 Pro (128 GB, Breathing Crystal, 6.47", Hybrid Dual SIM, 40 Mpx, 4G)
Smartphone

Huawei P30 Pro

128 GB, Breathing Crystal, 6.47", Hybrid Dual SIM, 40 Mpx, 4G

Huawei P30 Pro (128 GB, Black, 6.47", Hybrid Dual SIM, 40 Mpx, 4G)
Smartphone

Huawei P30 Pro

128 GB, Black, 6.47", Hybrid Dual SIM, 40 Mpx, 4G

Huawei P30 Pro (128 GB, Aurora Blue, 6.47", Hybrid Dual SIM, 40 Mpx, 4G)
Smartphone

Huawei P30 Pro

128 GB, Aurora Blue, 6.47", Hybrid Dual SIM, 40 Mpx, 4G

Huawei P30 Pro (128 GB, Amber Sunrise, 6.47", Hybrid Dual SIM, 40 Mpx, 4G)
Smartphone

Huawei P30 Pro

128 GB, Amber Sunrise, 6.47", Hybrid Dual SIM, 40 Mpx, 4G

Da kann kommen, was will und das P30 Pro steckt sie alle weg. Stampft sie in den Boden. Daher ein Loblied auf ein Gerät, das auf dem Papier so okay bis gut daherkommt, in der Benutzung aber Freude macht wie kaum ein anderes.

Mein Freund, der Akku

Mein erstes Augenmerk, da ich jüngst über die Leistung des Samsung Galaxy S10+ hergezogen habe, gilt dem Akku. Das Experiment ist simpel. Am Freitagmorgen um 6 Uhr nehme ich das P30 Pro vom Strom, benutze es ganz normal wie ich halt ein Phone benutze – WhatsApp hier, Telefon da, Mails sowieso, Youtube selbstredend und so – und warte darauf, dass das P30 meint, ich müsse es aufladen.

Ich habe mich nicht ganz auf so eine lange Zeit ohne Laden eingestellt.

Nach 52 Stunden taucht die Batteriewarnung auf
Nach 52 Stunden taucht die Batteriewarnung auf

Nach zwei Tagen und vier Stunden dann bei 20 Prozent Akkustand die Warnung: Bitte aufladen. Das sind 52 Stunden. Nach Heavy Use. Das ist beeindruckend. Klar, ich erinnere mich noch an mein Nokia 6210, dem der Akku alle etwa fünf Tage ausgegangen ist, aber das ist etwas aus alten Zeiten, das schon fast verloren geglaubt wird. Huawei bringt das wieder zurück.

Wenn du es dann auflädst, dann empfehle ich dir den 40-Watt-Charger. Er könnte im Lieferumfang dabei sein, aber ich benutze einen separaten Charger. Keine Ahnung, ob der mitgeliefert wird. Zu Hause habe ich folgenden Charger verwendet, um mein Handy zu laden.

Das Resultat:

Nach 31 Minuten waren da wieder 76%
Nach 31 Minuten waren da wieder 76%

Nach 31 Minuten hat der Akku sich um 56% auf 76% aufgeladen. Das ist schwer beeindruckend. Mit der Akkuleistung habe ich über 24 Stunden Saft und muss mir eigentlich um nichts Sorgen machen.

Das ist der mit Abstand grösste und lange anhaltendste Wow-Effekt des Huawei P30 Pro. Denn der Rest ist zwar technologisch beeindruckend, aber der Akku ist ein Stück Lebensqualität und auch ein Indikator dafür, was Huawei mit dem P30 erreichen will.

Der Punkt, an dem das Marketing scheitert

Genau wie das Huawei Mate 20 Pro läuft das P30 Pro auf dem Kirin 980 System-on-a-Chip (SoC). Das ist nichts Neues. Die 6 GB RAM haben wir auch schon gesehen und Amoled Screens sind Standard. Doch Huawei hat sich nicht einfach auf den Lorbeeren der Technologie und deren Erfindung ausgeruht. Es ist offensichtlich, dass der Konzern die Plattform optimiert hat, wo es nur geht. Es ist eine andere Art Wettrüsten. Wo das Mate 20 Pro technologisch bewiesen hat, was Huawei drauf hat, beweist das P30 Pro technisch, was die Engineers und Programmierer können.

Es ist schneller, flüssiger und angenehmer in der Handhabung als jedes andere Huawei Phone zuvor. Das Gerät funktioniert, hat noch Saft und ist immer schnell. So sollte ein Smartphone sein. Nicht etwas, das sich dir aufdrängt, sondern etwas, das dir zur Seite steht und da ist, wenn du es brauchst.

Hier müssen wir die Alltagsnutzung eines Smartphones ansehen. Da sind neue Features. Wenn du ein Phone kaufst, dann probierst du natürlich diese alle aus. Du machst mal das Licht aus und siehst, was der Nachtmodus drauf hat. Du schnappst dir ein rosa Plüscheinhorn und spielst mit dem F-Stop im Aperture Mode herum. Aber nach einigen Tagen hast du das gesehen und wirst die Features nur noch situativ im Alltag brauchen. Das ist der Punkt, an dem das Marketing eines Geräts scheitern kann. Denn dann werden andere Dinge wichtig. Akkulaufzeit, Wärme, Ladezeit, Bildschirmqualität unter anderem. Im Alltag ist es wahrscheinlicher, dass du zwei Stunden lang Youtube schaust, im Bett schnell noch die eine Folge «Love, Sex and Robots» auf Netflix schaust oder Reddit Posts liest als dass du jede Option der Kamera brauchst. Dort ist der Punkt, an dem sich ein Phone langfristig beweisen kann und sogar muss.

Es sind diese Alltags-Features an denen Huawei geschliffen hat. Darum performt das Gerät mit vergleichbaren Specs wesentlich besser als das Mate 20 Pro. Die rohe Kraft aus dem Vorgänger scheint gezähmt und in eine Richtung gelenkt. Das macht nicht besonders viel Spass, zugegeben, aber bringt dir sehr viel Komfort und Nutzen.

Ein bisschen Time of Flight

Das Kamerasystem des Huawei P30 Pro ist beeindruckend. Da ist der fünffache optische Zoom in einem Periskop-Setup. Das bedeutet, dass die eigentliche Linse der Periskop-Kamera – sie übernimmt den Zoom – rechtwinklig zu den anderen Kameras angeordnet ist. Ein Prisma reflektiert das Licht in und wirft es auf den aufrecht zum SoC stehenden Sensor. Das erlaubt einen fünffachen optischen Zoom. Mit Hybrid-Zoom liegen 10x Zoom drin. Wenn da die Software noch mitmacht, dann sind wir bei 50x Digital Zoom.

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    von David Lee

Das funktioniert. Viel mehr gibt es nicht zu sagen. Das alleine ist schon beeindruckend genug. Natürlich wackelt deine Bildschirmansicht extrem, denn jeder Millimeter Bewegung führt zu einem radikal anderen Bild wenn du mit 50x arbeitest. Daher empfehle ich entweder ein Stativ oder etwas Übung mit zwei Ellbogen auf einer Unterlage und einer ruhigen Hand.

Ich habe das folgende Bild mit zwei Ellbogen auf einer Mauer gemacht.

Der Mond im 50x Zoom
Der Mond im 50x Zoom

Beeindruckender, aber etwas kontroverser in Punkto ästhetischem Verständnis, ist der Nachtmodus. Wenn du ein Foto im Nachtmodus machst, dann reisst das Phone die Linse auf, geht aber merkwürdigerweise selten auf f/0.95 – die grösste Öffnung – runter. Ein Test im beinahe absolut dunklen Studio zeigt, dass dem Smartphone f/1.6 ausreicht. Wohl unter anderem darum, dass f/0.95 nur virtuell und nicht mit der Hardware erreicht werden kann. Lichtquellen waren einzig ein Lüftungsschacht, der etwas Licht aus dem beleuchteten Nebenraum hat eindringen lassen und das TFT-Display von Videoproduzentin Stephanie Treschs Kamera, einer Sony a7sii mit einer Bildschirmdiagonale von drei Zoll, also 7.62 Zentimeter.

Foto im Nachtmodus
Foto im Nachtmodus

Die EXIF-Daten des Bildes geben folgende Werte aus:

  • Auflösung: 10 Megapixel
  • F-Stop: f/1.6
  • Belichtungszeit: 8 Sekunden
  • Brennweite: 5.56mm

*Empfindlichkeit: ISO 6400

Wenn du aber eine normale Kamera mit diesen Einstellungen an dieselbe Situation wirfst, dann wird kaum so ein Bild rauskommen. Denn wenn du auf einem Smartphone ein Bild ansiehst, dann ist das Foto bereits manipuliert worden. Hier spielt die Kamera-Software eine entscheidende Rolle. Je intelligenter und feiner eingestellt eine Software ist, desto besser wird das Bild. Das System erkennt aus den Fotoinformationen Farben und pusht diese. Bei Huawei ist da eine Schwäche drin: Das Programm ist nicht besonders gut darin, Schatten zu erkennen. Wir sind uns gewohnt, dass Schatten auf Bildern schwarz sind. Oder zumindest dunkel. Etwa so, aufgenommen im Aperture Mode mit f/0.95.

Aperture Mode, f/0.95
Aperture Mode, f/0.95

Da sind satte Schwarzpartien und die Nacht wirkt so, wie eine Nacht wirken sollte. Im Nachtmodus aber sieht das so aus:

Night Mode
Night Mode

Wenn jetzt aber alle Farben gepusht werden, dann wird klar, dass die Nachtschwärze nicht wirklich schwarz ist. Sondern ein dunkles Blau. Das wird aufgehellt und so wird die Nacht auf dem Bild zu einer comicartigen Verzerrung. Die Autos werden auch im Vordergrund aus dem Bild gerechnet. Auf der guten Seite dieser Situation: Das könnte mit einem Software Update gefixt werden.

Interessantes Detail am Rande: Der Nachtmodus des P30 Pro ist nicht allmächtig. Denn ganz ohne Licht geht nichts. Das Kamerasystem braucht nicht viel Licht, aber es braucht eine Art Hintergrundrauschen aus Licht, damit es der Software das übergeben kann, was die Software braucht: Bildinformationen. Sie braucht Umrisse, vielleicht eine Idee von Farbe und so viele Details wie möglich. Ein Schnappschuss in einer Tiefgarage zeigt das recht deutlich.

Auch im Nachtmodus ist hier nichts zu holen.
Auch im Nachtmodus ist hier nichts zu holen.

Aber eben: Technologisch, also rein vom Zusammenspiel von Linse und Software, ist dem Huawei P30 Pro nichts vorzuwerfen.

Und wo wir schon dabei sind, im Pro-Modus sind Shots wie der folgende möglich.

Pro-Modus
Pro-Modus

Das gefällt mir schon wesentlich besser. Hat doch was, nicht?

Apropos Software: Das vermisste Feature in allen Smartphones

«Weisst du was nervt», sagt Stephanie, so halb fragend, halb feststellend und vor allem unwissend, dass sie gerade auf ein Feature gestossen ist, das allen Smartphones und deren Nutzern wirklich viel bringen würde.

Sie beschreibt, wie sie zuhause auf dem Sofa liegt und Netflix schaut. Das Phone hält sie sich vors Gesicht und dreht es aus dem Portraitmodus in den Landscape Mode, macht also eine 90-Grad-Drehung. Es dauere ewig, bis das Phone realisiert, was sie da tut und das Bild um 90 Grad dreht. Wir vergleichen mit dem Samsung Galaxy Note 9. Tatsächlich reagiert das Phone der Konkurrenz schneller.

Das muss nicht zwingend an der Hardware liegen, denn der Gyro-Sensor, der die Ausrichtung des Phones feststellt, ist hier nur zweitrangig. Es ist eine Einstellung in der Software, die hier irgendwann während des Kippens sagt: «Bild, dreh dich.» Der Trigger kommt bei Huawei später als bei Samsung. Stephanie und ich sind uns einig, dass du dieses Problem nur bemerkst, wenn du absolut nichts anderes am Phone aussetzen kannst. Wir bewegen uns hier auf einer Perfektionsebene, die wir bisher noch gar nie gesehen haben.

Daraus aber haben wir geschlossen, dass das ein richtig nettes Feature für Android als Gesamtsystem wäre, und sogar auch für Apples iOS. Eine Einstellung, in der du deinem Phone sagen kannst, ab wann sich das Bild dreht. Vergleichbar kann das in etwa sein mit der Funktion unter SwiftKey (Android und Apple iOS) die dich bestimmen lässt, wie lange ein Long Press sein soll. Ich empfehle so plusminus 200 Millisekunden anstelle der üblichen 450. Das Tilt Feature könnte aber noch intuitiver sein: Du setzt dich gerade hin, editierst das Setting und drückst einen Knopf, wenn dein Drehpunkt erreicht ist. Das Phone dreht das Bild ab dann immer.

Wenn das nie kommt, dann ist das kein Weltuntergang. Aber nett wäre es definitiv.

Darklingking kriegt Antwort

Eine Antwort bin ich User Darklingking noch schuldig. In den Kommentaren hat er mich gefragt, ob ich das P30 Pro als ein Kandidat für das Phone des Jahres sehe. Nach ein paar Stunden Herumspielen war damals eine Antwort noch nicht wirklich möglich oder auch nur irgendwie stichhaltig.

Jetzt, nach einigen Wochen Testzeit kann ich das sagen: Ja. Das P30 Pro ist ein starker Kandidat für das Phone des Jahres.

So. Fertig. Wenn du den Nachtmodus bei einigermassen gutem Licht verwendest, kannst du hartes Licht simulieren und recht dramatische Bilder hinkriegen. So nebenbei.

Update 29.04.2019 // 14:35

Leser Remo und Youtube-Kommentator Jann bestätigen, dass der 40-Watt-Charger in der Packung drinliegt. Good news!

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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