

Google Pixelbook: Ein Chromebook für über 1600 Franken. Wahnsinn oder Geniestreich?

Google bringt das zweite eigene Premium-Chromebook auf den Markt. Dünner, leichter, vielseitiger, aber immer noch genauso teuer. Kann es dank Stylus-Unterstützung dem iPad Pro das Wasser abgraben oder für wen ist das Gerät gedacht?
Wow, ist das klein und leicht. Ich habe genau die umgekehrte Reaktion wie beim Surface Book 2. Das Pixelbook von Google ist gerade mal 10 Millimeter dünn und misst etwas über ein Kilogramm. Das Aluminium-Gehäuse fühlt sich äusserst elegant an. Genauso soll sich ein 1600-Franken-Laptop auch anfühlen. Aber das Pixelbook ist kein normaler Laptop. Es ist ein Chromebook und die sind normalerweise eher für ihre Portemonnaie-schonenden Preise bekannt. Das Pixelbook ist Googles Highend-Luxus-Version. Aber gibt es dafür überhaupt einen Abnehmer?
Hardware – nur das Beste
Für den saftigen Preis bietet dir Google einiges. Ich habe die Version mit Kaby Lake Intel-i5-Prozessor, 8GB RAM und 256 GB SSD getestet. Es gibt das Pixelbook aber auch mit i7, 16 GB RAM und 512 GB SSD – alles komplett lüfterlos. Nicht nur für ein Chromebook ist das eine erstklassige Ausstattung. Die Verarbeitung ist tadellos. Das Gerät wirkt wie aus einem Guss, liegt wahnsinnig gut in der Hand und auf der Tastatur tippt es sich sehr angenehm (aktuell nur US-Version). Die Tasten sind zwar sehr kurz, aber dennoch schreibe ich äusserst präzise darauf. Das Trackpad hat für den kleinen Laptop eine gute Grösse und reagiert genauso wie das Touchdisplay exakt und zuverlässig.

Die Fläche für die Handballen sind gummiert. Anfangs fand ich das etwas sonderbar, aber nach kurzer Zeit hat man sich daran gewöhnt. Ich hätte dennoch Aluminium vorgezogen. Optisch macht es eine wahnsinnig gute Falle. Das Pixelbook ist einfach ein richtig stylisches Gerät, das hardwaretechnisch fast perfekt ist. Lediglich dem Display hätten schmalere Ränder gut getan.
Zwei USB-C-Ports sowie einen Kopfhöreranschluss beinhaltet das Gerät, mit der Fähigkeit, einen 4K-Monitor anzusteuern. Steckt das USB-Kabel zum Laden nicht an euer HP-Notebook, so wie ich. Dabei ist mir mein Geschäftslaptop nämlich zweimal komplett abgeschmiert. Google ist wohl allergisch auf fremde Geräte oder es ist der erste Schritt, alle elektronischen Geräte zu unterwerfen, um anschliessend Skynet zu starten.

Das Display besitzt eine Auflösung von 2400 x 1600 Pixel, ist entsprechend gestochen scharf und hat satte Farben. Hier gibt es nichts zu meckern. Es lässt sich umklappen, so dass du das Pixelbook wie ein Tablet benutzen kannst. Häufig wirken solche 2-1-Geräte in dieser Form klobig und unhandlich. Das Pixelbook ist eine der wenigen Ausnahmen. Das liegt primär am geringen Gewicht und der geringen Dicke. Hier zeigt sich auch einer der ersten grossen Unterschiede zum 2013er-Chromebook-Pixel. Dem ersten Premium-Chromebook von Google.
Flexibilität dank Stift und Touchdisplay

Das Pixelbook verfügt nämlich über ein 360°-drehbares Display. Du kannst es wie ein Zelt aufstellen, falls du darauf was präsentieren möchtest oder einen Film schaust. Oder du klappst das Display vollständig um und verwendest es wie ein Tablet. Hier kommt der optionale Stift zum Einsatz, für den du 140 Franken extra zahlst. Immerhin sind auch einige Wacom-Stifte kompatibel. Der Pixelbook Pen funktioniert mit einer AAAA-Batterie. Einfach aufschrauben, Batterie einsetzen, Display antippen und schon ist das Ding einsatzbereit. Einfacher geht es nicht. Danach hat es mich allerdings etwa eine Stunde gekostet, bis ich geschnallt habe, wie ich den Knopf darauf verwende. In der Anleitung heisst es lediglich: Knopf drücken, um den Google Assistant zu benutzen. Nix passiert. Egal ob ich fest, lange oder doppelt drücke. Wo liegt das Problem? Der Assistant popt nicht auf, wie man es sonst kennt. Wenn du den Knopf gedrückt hältst, kannst du stattdessen mit dem Stift Dinge auf dem Display markieren, die der Assistant anschliessend interpretiert. Also ein Wort, einen Satz oder ein Bild. Das ist wirklich praktisch, primär natürlich, wenn du das Pixelbook als Tablet verwendest. Mit dem Stift zielt das Gerät auf den ähnlichen Einsatzbereich ab, wie das iPad Pro, welches wiederum das Surface nachahmt. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied.
Das grosse Problem: Software

Anders als das iPad Pro, welches auf eine riesige Bibliothek an Apps zugreifen kann, viele davon kompatibel mit dem Stift, guckst du mit dem Pixelbook aktuell noch in die Röhre. Auch Surface-Geräte haben die deutlich bessere Auswahl an passender Software. Google zeigt im Play Store gerade mal 16 Apps, die mit dem Pixelbook Pen funktionieren. Etwas mehr sind es dann doch. Apps wie OneNote funktionieren nämlich auch wunderbar mit Stift. Dass man nun auch auf Chromebooks normale Android-Apps installieren kann, ist erfreulich. Allerdings sind die wenigsten davon optimiert und funktionieren häufig mehr schlecht als recht. Auch gibt es noch viel zu viele Zweispurigkeiten wie Apps, die es sowohl im Chrome-Store als auch im Google Play Store gibt. Nur eben nicht ganz identisch. Die wenigen, die für den Stift gedacht sind, wissen immerhin zu überzeugen. Google Keep, Evernote oder Adobe Photoshop Sketch sind ideal zum Skizzieren, zeichnen oder schreiben. Der Stift reagiert ähnlich präzis wie der Surface Pen. Eine Spur langsamer vielleicht, aber definitiv zuverlässig genug, dass du damit im Nu diverse Seiten vollgekritzelt hast.
Dass aber nicht mal Google Docs mit dem Stift funktioniert, sagt schon einiges. Wenn nicht mal Google seine Apps anpasst, wer dann? So bleibt die Funktionalität des Stifts stark limitiert.

Auch abgesehen vom Stift ist das Chrome OS ein zweischneidiges Schwert. Einerseits lässt es sich darauf vorzüglich arbeiten. Nirgends läuft Chrome schneller, dir stehen diverse Schreibprogramme zur Verfügung, Photoshop, Notizen, Musik, Videos. Die Probleme beginnen, wenn du ein Programm brauchst, das nicht mit Chrome OS oder Android kompatibel ist und davon gibt es je nach Arbeitsbereich viele. Bei Windows kannst du nun mal fast alles installieren und sonst gibt es fast immer Alternativen. Die gibt es auf Chrome OS zwar meist auch, nur lässt die Qualität häufig zu wünschen übrig. Eine Caps-Lock-Taste gibt es übrigens auch nicht, stattdessen prangt dort eine Taste mit Kreissymbol, mit dem sich das Pixelbook durchsuchen lässt. Aber der gewiefte Tastenzauberer Ramon Schneider hat rausgefunden, dass ALT + Kreistaste Caps Lock einstellen. Nur mit ALL CAPS RAGE kann ich mich überhaupt gebührend ausdrücken.

Fazit: Das beste Chromebook aller Zeiten, aber reicht das?
Das Pixelbook ist ein beeindruckendes Stück Hardware. Man will es besitzen, aber es gibt einfach zu viele Einschränkungen. Das Surf-Erlebnis ist wohl das Beste, das du auf irgendeinem Gerät kriegen kannst. Aber auch wenn der Browser nicht überall so flüssig läuft wie auf dem Pixelbook, dürften sich die wenigsten deswegen ein neues Gerät anschaffen. Die geringe Auswahl an Apps, die mit dem Stift kompatibel sind, machen es eine schwere Empfehlung. Ja, du kannst Android-Apps installieren und damit stehen dir potentiell Millionen von Anwendungen zur Verfügung. Aber da schon Android-Tablets in dieser Hinsicht dem iPad etwas hinterher hängen, sieht das Chromebook noch älter aus. Du stösst immer wieder an Grenzen. Je nachdem wie fest du bereit bist, Workarounds in Kauf zu nehmen, kriegst du mit dem Pixelbook dennoch eine äusserst produktive Maschine. Ohne den Ballast eines Windows oder MacOS läuft das System extrem rund und in 90 Prozent der Fälle reicht dir Chrome OS. Seit dem Release 2011 hat sich einiges getan, von der intuitiven Benutzeroberfläche über die Integration des Google Assistant bis zu praktischen Funktionen wie dem entsperren mit dem Smartphone.
Dank Stiftunterstützung schlägt das Betriebssystem den richtigen Weg ein, um besonders für Studenten weiterhin eine attraktive Alternative darzustellen. Bei einem Preis von 1600 Franken stellt sich allerdings die Frage, wer sich ein Pixelbook kauft. Auch wenn es ein schönes Gerät ist, das hardwareseitig rundum eine gute Figur macht, bleibt es schwer, es jemandem zu empfehlen. Wenn du sicher bist, dass Chrome OS alle deine Wünsche abdeckt und du das beste Chromebook von allen haben möchtest, dann ist das Pixelbook das richtige für dich. Alle anderen sind mit iPad Pro, Surface Pro etc. besser beraten.


Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.