Game of Thrones: Geologie, Astronomie und White Walker
Wie werden die White Walker besiegt? Ist die Welt in «Game of Thrones» eine Hohlerde? Ist das überhaupt die Erde? Die Antworten auf diese Fragen lassen auf ein Ende der Serie schliessen, selbst wenn sie nur den Blickwinkel auf die ganze Story ändern.
Zu Streichertönen zeigt sich im Intro der Serie eine Welt, die U-förmig gebogen ist. Die Sonne schwebt dort, wo bei einem normalen Planeten der Kern wäre. Miniaturen der für die Handlung relevanten Orte – King's Landing, Winterfell und so weiter – bauen sich mit Zahnrädern und anderen Mechanismen auf. Ein gelungener Vorspann, mit Musik von Ramin Djawadi unterlegt.
Da die Geografie Westeros geologisch keiner Landmasse der Erde gleicht, ist die Frage, ob es sich bei der Welt in «Game of Thrones» um einen hohlen Planeten handelt, schnell da. Dies, da sich der Horizont in der Serie in die falsche Richtung krümmt.
Die Antwort: Nein. Der Entscheid, die Erde hohl zu gestalten, fiel bei der Umsetzung des Konzepts «Das Intro ist ein Flug über eine Karte».
Eine Frage des Kameraschwenks
Hinter dem Intro steckt die Animationsfirma Elastic, wo Angus Wall die kreative Umsetzung bestimmt hat. Im Interview mit dem Fachmagazin The Art of the Title erklärt er die Situation:
Da es sich vor der Antwort auf die Frage, was ausserhalb der Landkarte liegt, drücken wollte, habe sich das Kreativ-Team vorgestellt, wie die Karte in der Welt der Westerosi – so nennen sich die Menschen des Kontinents Westeros – umgesetzt würde. Da wären die besten Handarbeiter des Kontinents, die extrem detaillierte Miniaturarbeiten für die Karte abliefern würden. Und es seien Mönche in dieser technologisch nicht besonders fortgeschrittenen Welt, die diese Karte benutzen würden.
Das Schüsselmodell, verbunden mit dem Wunsch, die Kamera überall hinbewegen zu können, habe dann dazu geführt, dass die Welt auf der Karte im Intro der Serie auf der Innenseite eines Globus zu sein scheint.
The Known World: Alles, was die Westerosi über ihren Planeten wissen
Autor George R. R. Martin hat sich mit der Ausarbeitung des Kontinents Westeros – der Ort, an dem die Hauptgeschichte der Saga stattfindet – grosse Mühe gegeben. Der Kontinent hat laut Autor und der Fan Site westeros.org etwa die Grösse Südamerikas und ist eine Art Vereinigtes Königreich der Seven Kingdoms. Ein Problem kommt auf, da die Eismauer im Norden 482.803 Kilometer lang ist und das dann nicht im Grössenverhältnis mit der Landkarte in den Büchern Martins übereinstimmt.
Anno 2013 hat der Autor angegeben, dass die Landen nördlich der Mauer so gross wie Kanada sei. Autor und Fans haben sich schliesslich darauf geeinigt, dass die Mauer als Referenzpunkt für Grössenverhältnisse und Distanzen genutzt werden kann. Daraus ergibt sich, dass Westeros eine Länge von 4824.169 Kilometern hat.
Wichtig hervorzuheben hier ist, dass Game of Thrones nicht auf der Erde spielt. George R. R. Martin hat gegenüber Fans angegeben, dass sein runder Planet «etwas grösser als die Erde» ist. Dem sind Studenten der Stanford University nachgegangen und haben basierend auf den klimatischen Bedingungen herausgefunden, dass der Planet einen Radius von 6915.351 Kilometern hat. Das ergibt einen Planetenumfang von 43449.069 Kilometern. Damit ist der Planet des Liedes von Eis und Feuer 8.0771 Prozent grösser als die Erde. Daraus kann geschlossen werden, dass die gesamte Known World – also die den Westerosi bekannte Welt – etwa einen Viertel des Planeten ausmacht.
Im Norden, jenseits der Eismauer lebt das Freie Volk, the Free Folk genannt. Die Stämme leben in einer Art ewigem Winter und beugen sich in ihrer Eissteppe und ihren Wäldern nicht den Seven Kingdoms. Da trifft es sich hervorragend, dass da der Wall aus Eis ist, und die Westerosi gerne unter sich selbst streiten.
Östlich Westeros, jenseits des Meeres der Narrow Sea, liegt der Kontinent Essos. Über den Kontinent wissen Leser und Zuschauer wenig. Im Südosten Essos liegen die Free Cities und Slaver's Bay. Weiter nordöstlich liegt The Dothraki Sea, eine Steppe, die von den Nomaden der Dothraki bewohnt wird. Der ferne Osten Essos ist entweder nicht kartographisch erfasst oder für das Lied von Eis und Feuer irrelevant.
Südlich Essos liegt Sothoryos. Über den Kontinent ist noch weniger bekannt, ausser, dass er Wüsten und Dschungel hat. Der Kontinent ist von den Westerosi nur an seinen nördlichsten Ufern erforscht, denn sie glauben, dass in Sothoryos Seuchen und Krankheiten umgehen.
Dann ist da noch der Ort Ulthos im Südosten Essos, der ein Kontinent sein könnte, aber von dem niemand genaueres weiss, als dass er existiert.
Basierend auf der Geographie und dem Wissen der Westerosi um ihre Welt, ist davon auszugehen, dass Westeros auf dem Planeten ungefähr dort liegt, wo auf unserer Erde die Gegend zwischen Sizilien und dem Nordpol liegt. Das bedeutet, dass der Äquator des Planeten wohl irgendwo auf der Höhe der Halbinsel Dorne oder der Summer Islands liegt. Dies würde auch erklären, weshalb Sothoryos als Dschungellandschaft bekannt ist.
Der Blick gen Himmel
Über Westeros scheinen eine Sonne, ein Mond und Sterne. Sieben grosse Sterne bilden die Wanderer am Himmel und sind wichtige Navigations- und Referenzpunkte. Sie werden auch im Glauben an die Sieben Götter – einer grossen Religion in Westeros – verehrt. Einer der Wanderer ist der Red Wanderer. Den Namen kriegt er von seiner Farbe und ist vergleichbar mit dem Planeten Mars in unserem Sonnensystem. Obwohl das nie explizit festgestellt wird, ist davon auszugehen, dass die Wanderer Planeten sind. Denn das altgriechische Wort πλανῆται, planētai, kann mit «Wanderer» oder «Wandernder Stern» übersetzt werden.
Eine Legende der Westerosi besagt, dass da einst ein zweiter Mond am Himmel war. Doch dieser sei zu Nahe an die Sonne gekommen, aufgesprungen und die Drachen seien ihm entschlüpft. Die Dothraki glauben, dass der Mond eine Göttin ist und die Ehefrau der Sonne. Im Mythos um Azor Ahai hat der Mond Risse und Pocken erhalten, als er den Schrei gehört hat, den Nissa Nissa ausgestossen hat, als Azor Ahai sie mit dem noch heissen Lightbringer erstochen hat, um die frisch geschmiedete Klinge zu kühlen.
- Ein Jahr in Westeros hat laut Autor George R. R. Martin zwölf Monate.
- Ein Monat ist ein lunarer Zyklus, also von Leermond zu Halbmond zu Vollmond und wieder zurück.
- Ein Tag ist eine Umdrehung des Planeten, dauert also von Sonnenaufgang bis Sonnenaufgang. Es ist unbekannt, wie viele Stunden das sind.
- Bevor der Winter einbricht werden die Tage kürzer.
Die Westerosi haben ein Konzept von Tagen und Jahren, aber es ist nicht davon auszugehen, dass sie besonders viel von Astronomie verstehen. Die Maester, Gelehrte in Westeros, beobachten den Himmel mit Teleskopen.
Die nicht-astronomischen Jahreszeiten
Auf der Erde werden Jahreszeiten durch die Neigung der Erde zur Sonne bestimmt. Je weiter vom Äquator entfernt ein Ort ist, desto grösser die Differenz zwischen Sommer und Winter.
In Westeros aber sind die Jahreszeiten nicht an astronomische Umstände gebunden. Der Sommer zu Beginn des ersten Buches der «A Song of Ice and Fire»-Sage mit dem Titel «A Game of Thrones» hat neun Jahre angedauert. Der Volksmund der Westerosi sagt, dass ein Winter in etwa so lange sein wird, wie der Sommer war. Befestigte Städte sammeln während dem Sommer Vorräte, damit sie den harten Winter überstehen. Wenn der Winter kommt, dann sammeln sich Bauern, Arme und allerlei andere ohne festen Wohnsitz in den befestigten Städten.
Der längste überlieferte Winter dauert «eine Generation». Dieser ist bekannt als «The Long Night» und hat etwa 8000 Jahre vor dem War of Conquest, dem Drehpunkt der Westerosi Zeitrechnung, begonnen. Das ist etwa 8300 Jahre vor dem Tag, an dem Joffrey Baratheon als Nachfolger von Robert Baratheon auf dem Iron Throne Platz genommen hat. Es ist überdies das letzte Mal, dass die White Walkers gesichtet wurden. Laut Old Nan in der dritten Episode der ersten Staffel seien Könige erfroren und Kinder verhungert. Die White Walkers seien aus dem Norden gekommen und wollten die Welt mit ewigem Winter überziehen. Azor Ahai hat sie in die Flucht geschlagen.
Das Verhältnis der White Walkers zum Winter ist ein seltsames. Die White Walkers tauchen immer in einem Schneesturm auf, scheinen diesen mit sich zu bringen. Aber es gibt Winter, in denen sie nicht gesichtet werden. Es ist also davon auszugehen, dass die White Walker limitierte Kontrolle über das Wetter haben, aber nicht grössere klimatische Verhältnisse beeinflussen können. Die White Walker leben im fernen Norden, wohl weit im Polarkreis.
Jedenfalls ist das Klima in Westeros und Essos kaputt. Eine Erklärung ist, dass der Planet eine instabile Neigung zur Sonne hat, was die Jahreszeiten und deren Länge drastisch beeinflussen könnte. Eine andere ist, dass es sich um Magie handelt.
Azor Ahai, Wetter und Magie
Eine Theorie, weshalb Winter wie Sommer auf dem Planeten des Liedes von Eis und Feuer keinen Sinn ergeben, besagt, dass da die Magie im Spiel ist. Das bedeutet, dass irgendwer – das können Menschen, White Walker oder The Children of the Forest gewesen sein – mit dem Klima interagiert und dieses empfindlich gestört hat.
Der logische Zeitpunkt, wann das geschehen sein könnte, ist die lange Nacht. Sie war der letzte Zeitpunkt, in dem das Wetter Relevanz jenseits der Frage, wie der Winter überlebt wird, hatte. Denn die White Walkers haben vor 8300 Jahren den Planeten mit Winter überziehen wollen. Denn ein White Walker kann nur in der Kälte überleben. Darauf deuten mehrere Umstände hin.
- Sie tauchen immer in einem Schneesturm auf, der die Luft um sie herum kühlt
- Wights, von den White Walkern wieder zum Leben erweckte Tote, dürfen nicht durch Feuer gestorben sein
- Wights sind extrem empfindlich gegenüber Feuer
- Wenn in Westeros Sommer ist, halten sich die White Walkers im Norden
Aber: White Walkers können laut den Westerosi nur mit Valyrischem Stahl oder Dragonglass besiegt werden. Das schliesst eine Schwäche gegenüber Wärme nicht aus. Es kann aber sein, dass der Effekt von Wärme auf White Walkers erst nach einigen Stunden oder gar Tagen einsetzt. Im Kontext einer Schlacht, die sich über Tage hinziehen kann, ist das zu lange. Daher der magische Schneesturm, den die Walkers mit sich ziehen.
Wer denn nun das Wetter verhext hat, ist unbekannt. Es kann sein, dass es die Menschen waren, die nach dem Sieg Azor Ahais gegen die White Walkers den Winter auf ewig in den Norden vebannen wollten. Es kann sein, dass es die Children of the Forest waren, die dasselbe Ziel hatten wie die Menschen. Es kann aber auch sein, dass es die White Walkers waren, die ihren magischen Schneesturm zum Fixum auf der Welt machen wollten, um sich freier bewegen zu können. Dafür spricht, dass die White Walkers bisher erwiesenermassen die Einzigen sind, die Kontrolle über das Wetter haben, wenn auch nur begrenzt.
Eines ist klar: Wer auch immer den Klimazauber gesprochen hat, hat versagt und so das Klima eines ganzen Planeten gestört und Jahreszeiten herbeigezaubert, die unregelmässig auftreten und unterschiedlich lange ausfallen können.
Dass die Erklärung für das Wetter und die Jahreszeiten in Magie gründen, hat George R. R. Martin anno 2005 an einer Signierstunde in Ann Arbor, Michigan, USA, bestätigt. Die Geschichte wird von einer Frau überliefert, die sich selbst Duchess of Malfi nennt und an der Signierstunde zu Gast war:
Sprich: Sobald George R. R. Martin in die Tasten haut, wissen wir mehr.
Die zusätzliche Frage nach der Recherche
Im Zuge dieses Artikels habe ich mit der Produktionsfirma des Intros Kontakt aufgenommen. Eigentlich wollte ich nur ein paar hochauflösende Bilder der Landkarte haben. Aber was ich erhalten habe, hat meine Erwartungen bei Weitem übertroffen. Das Bild, das du ganz oben im Artikel siehst, stammt aus den Elastic-Büros, abgesegnet vom Sender HBO, der die Rechte an der Fernsehserie hält.
Die Frage: Was sind das für Kontinente, die rot eingezeichnet sind?
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.