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Flipstik: Geckofüsse für dein Smartphone. Mit einem Haken

Ein Accessoire soll dein Handy an allen glatten Oberflächen haften lassen. Doch was musst du tun, damit dein Smartphone nicht mehr hält? Der Test in Las Vegas zeigt, dass Schwachstellen in einem Produkt nicht zwingend dort sein müssen, wo du sie vermutest.

«Hey, seid ihr zwei Youtuber», fragt uns ein Typ am Intel-Stand.

«Sowas in der Art», sagt Videoproduzentin Stephanie Tresch.

Neben dem jungen Mann mit der Kamera stehen Zwillinge. Sie sind als Figuren aus der Anime-Serie Naruto verkleidet. Oder tragen zumindest die Uniform der Ninjas aus dem Hokage-Dorf. Warum auch immer, denn das Outfit hat eigentlich nichts mit dem zu tun, warum sie hier sind. Die drei gehören zu Flipstik, einem Hersteller für Handy-Accessoires, und wollen an der CES 2019 in Las Vegas ihr Produkt unter die Massen bringen, Presseleute begeistern und vielleicht sogar Kunden und/oder Investoren finden.

Die Naruto-Zwillinge und der Fotograf erzählen uns von Flipstik, einem Klebeding, das dein Handy an jeder Oberfläche haften lassen soll. Da die Demo recht beeindruckend ist und die Jungs recht lustig, setzen sich Stephanie und ich ein Ziel: Was müssen wir tun, damit der Flipstik nicht mehr hält?

Biomimicry als Geschäftsmodell

Flipstik ist eine Art Aufkleber für dein Handy. Du klebst das Teil hinten an dein Handy und dann an jede glatte Oberfläche. Das Konzept ist dem des Fusses eines Geckos nachempfunden. Denn Geckos haften an jeder glatten Oberfläche. Ausser Teflon. Da dies Forscher schon seit Jahrzehnten fasziniert, ist die Nachmachung des Geckofusses eines der augeprägtesten Felder im Forschungsbereich der Biomimicry. Dieser Forschungszweig versucht, Dinge aus der Natur nachzumachen und allenfalls sogar zu optimieren.

Geckofüsse sind dahingehend faszinierend, da sie sich nicht auf Klebstoffe oder dergleichen verlassen. Ein Gecko verbindet sich, vereinfacht gesagt, auf atomarer Ebene mit der Oberfläche, an der er haftet. Winzigste Härchen mit einem Durchmesser von nur wenigen Mikrometern und eine elektrische Ladung machen das möglich. Erst durch eine Rotation des Zehs wird diese Verbindung gebrochen. Gecko und Wand gehen in ihren atomaren Ursprungszustand zurück und der Gecko krabbelt weiter.

Genau dieses Modell hat sich Flipstik als Vorbild genommen. Denn das Klebeteil haftet laut den Naruto-Zwillingen an jeder glatten Oberfläche.

Der Test in Downtown Vegas

Nach dem Messebesuch finden wir uns am Las Vegas Strip wieder, an jener Strasse, die du auf jeder Postkarte siehst. Alles leuchtet und ist laut. Sogar Strassenlaternen haben Lautsprecher verbaut, die irgendwelche Musik spielen.

Wir kleben Stephanies Samsung Galaxy Note 9 mit Flipstik an ein Fenster. Geht problemlos. Wie langweilig. Eskalieren wir das.

«Komm, wir schauen mal, ob das Teil einen Boxschlag aushält», sagt die Videoproduzentin.

Gute Idee. Wir setzen uns in ein Lyft-Taxi, ein Konkurrenzunternehmen zu Uber, und fahren los. Denn öffentliche Verkehrsmittel in Las Vegas sind so etwas, von dem die Locals mal was gehört haben. Busse gibt es zwar, aber die benutzen nur seltsame Leute, die in etwa vier Orten nahe der wenigen Haltestellen wohnen.

Auf der Fahrt klebe ich mein Huawei Mate 20 Pro mit Flipstik aussen ans Seitenfenster. Leicht unwohl ist mir dabei schon, denn eigentlich brauche ich das Smartphone noch. Wenn es runterfällt, dann kommt es unter die Räder der Blechlawine hinter uns. Auch kein Problem. Flipstik hält. Immer noch langweilig.

Wenige Minuten später sind wir im 9 Dragons Fight Shop. Wir erzählen Eigentümer Cyle Burgess von unserer Idee. Er erklärt sich bereit, das Mate 20 Pro mit Flipstik an eine Pratze zu montieren und dann einen gezielten Schlag darunter zu setzen.

Cyle holt aus.

Cyle schlägt zu.

Das Mate 20 Pro fliegt etwa drei Meter durch die Luft, trifft auf eine Wand über einem Regal mit Judogürteln und landet hart auf dem Boden.

Hat Flipstik versagt?

So halb. Denn an der Pratze klebt die Geckofussoberfläche noch. Das Phone hat sich aber von der anderen Kleberseite gelöst, die offensichtlich nicht mit Geckofusstechnologie beschichtet ist.

«Wäre es nicht sinnvoller, wenn da beide Seiten mit Gecko gemacht wären», fragt Cyle.

Eigentlich schon, nicht?

Alle Artikel zur CES 2019 findest du hier.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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