Kritik

«Firewall Ultra»: Dieser VR-Shooter bringt mich zur Verzweiflung

«Firewall Ultra» hätte der nächste grosse Blockbuster für die Playstation VR2 werden können. Mit Betonung auf «hätte». Im aktuellen Zustand solltest du die Finger davon lassen

«Firewall Ultra» macht mich traurig und wütend. Ich habe mich sehr auf den Multiplayer-Shooter für die Playstation VR2 gefreut. Aber im aktuellen Zustand kann ich dir leider nur davon abraten, deine hart verdienten 40 Franken oder Euro in das Spiel zu investieren.

Das Spielprinzip macht Spass...

Das grundlegende Spielprinzip hinter «Firewall Ultra» ist simpel und macht Laune. Zusammen mit drei Teammates muss ich auf einer mittelgrossen Map einen Laptop hacken, um geheime Informationen zu extrahieren. Den Standort des Laptops verraten mir versteckte Access Points, die ich ebenfalls hacken kann.

Ein Team übernimmt jeweils die Rolle der hackenden Angreifer und ein Team versucht den Laptop zu verteidigen. Egal in welcher Rolle sich dein Team befindet – eine saubere Kommunikation unter den Teammitgliedern ist für den Erfolg essenziell.

Das Hacken des Laptops dauert eine Weile. Das macht mich zum perfekten Ziel für Gegner.
Das Hacken des Laptops dauert eine Weile. Das macht mich zum perfekten Ziel für Gegner.
Quelle: Domagoj Belancic

«Firewall Ultra» ist eine Fortsetzung des PSVR-Spiels «Firewall Zero Hour». Hast du den Vorgänger gespielt, wirst du dich sofort zu Hause fühlen. Nicht zuletzt, weil viele Maps direkt aus dem ersten Spiel übernommen wurden. Komplett neu ist hingegen der PvE-Modus «Exfil». Hier spielt mein Team nicht gegen menschliche Gegner, sondern gegen computergesteuerte Soldaten. In diesem Modus müssen gar drei Laptops gehackt werden. Die Koop-Missionen machen mir mehr Spass als die oft zu kurzen und hektischen PvP-Schlachten.

... aber die Steuerung treibt mich zur Weissglut

Leider ist die Steuerung in «Firewall Ultra» eine Katastrophe. Das Game fühlt sich wie ein VR-Spiel an, das für Leute gemacht wurde, die VR nicht mögen. Der Reiz an VR-Shootern ist, dass du deine Waffen mit Bewegungen und Gesten bedienst. «Firewall Ultra» verzichtet komplett auf solche immersiven Steuerelemente und lässt dich grösstenteils nur Knöpfchen drücken. Ich könnte das Game genauso gut mit einem normalen PS5-Controller spielen.

Meine virtuellen Hände sind ziemlich unnütz.
Meine virtuellen Hände sind ziemlich unnütz.
Quelle: Domagoj Belancic

Besonders misslungen ist das Zielen. In anderen VR-Shootern ziele ich, indem ich meine Waffe nahe an mein Gesicht halte und durch das Zielfernrohr gucke. Das ist intuitiv und funktioniert schnell. In «Firewall Ultra» muss ich zum Anvisieren den L2-Trigger drücken. Das Spiel positioniert so meine Waffe automatisch in mein Sichtfeld. Das bewegungsgesteuerte Zielen mit den PS-VR2-Controllern wird so extrem träge. Ich muss grosse Bewegungen machen, um meine Knarre auf Gegner auszurichten. Das macht keinen Spass.

Manchmal positioniert das Game mit L2 die Waffe zu nahe an meinen Kopf und es entstehen komische visuelle Glitches.
Manchmal positioniert das Game mit L2 die Waffe zu nahe an meinen Kopf und es entstehen komische visuelle Glitches.
Quelle: Domagoj Belancic

Ab und zu platziert das Spiel beim Drücken von L2 die Waffe in einem falschen Winkel vor meinem Gesicht. Dann sehe ich kein Fadenkreuz, weil die Waffe zu sehr nach unten geneigt ist. Statt geradeaus, schiesse ich Richtung Boden. Toll. Um die Waffe zurückzusetzen und wieder waagrecht auszurichten, hilft meist nur der virtuelle Tod. Ich entschuldige mich bei meinen Teammates, die mein Fluchen in diesen Situationen ertragen müssen.

Wo zum Teufel ist das Fadenkreuz hin?!
Wo zum Teufel ist das Fadenkreuz hin?!
Quelle: Domagoj Belancic

Das Nachladen der Waffe funktioniert ebenfalls komplett ohne Gesten. Ich drücke den X-Knopf und alles passiert automatisch. Andere VR-Shooter lassen mich das Magazin manuell in die Waffe schieben. Die Nachlade-Animation ist bei einigen Waffen verbuggt. Alles wirkt planlos. Ich wähne mich in einer Beta. Echt schade.

Aua.
Aua.
Quelle: Domagoj Belancic

Die Augensteuerung bereitet mir Kopfschmerzen

Ich mag es, wenn Games die einzigartigen Features der PS-VR2-Hardware nutzen. Wie zum Beispiel die Augen-Tracking-Kameras, die im Inneren des Headsets verbaut sind. «Firewall Ultra» macht von diesem Augen-Tracking aber zu zwanghaft Gebrauch.

Meine Augen brauche ich unter anderem, um im Kampf Waffen zu wechseln. Hört sich komisch an, ist es auch, und macht absolut keinen Sinn. In anderen VR-Shootern sind meine Waffen am Körper angemacht. Ich rüste sie aus, indem ich sie von meinem Körper entnehme. In «Firewall Ultra» öffne ich per Knopfdruck ein Pop-Up-Menü und wähle die gewünschte Waffe mit meinen Augen aus. Das ist unnötig kompliziert, nicht intuitiv und unzuverlässig.

Das Auswählen der Waffen dauert viel zu lange.
Das Auswählen der Waffen dauert viel zu lange.
Quelle: Domagoj Belancic

Granaten bediene ich auch mit den Augen. Statt sie mit einer Wurfbewegung zum Ziel zu befördern, muss ich das Ziel mit meinen Augen anvisieren und den R2-Knopf drücken. Wieso kann ich die verdammten Dinger nicht einfach mit meiner Hand schmeissen?!

Bei grösseren Entfernungen ist das Zielen unpräzise.
Bei grösseren Entfernungen ist das Zielen unpräzise.
Quelle: Domagoj Belancic

Menüführung aus der Hölle und elendig lange Wartezeiten

Die Augensteuerung wird mir auch in den chaotischen Menüs aufgedrückt. Diese sind schon ohne kompliziert genug. Ständig verklicke ich mich. Nicht nur, weil ich versehentlich auf die falsche Menü-Kachel schaue, sondern auch, weil das Augentracking manchmal komplett aussetzt. Das ist mir in anderen PS-VR2-Games noch nie passiert.

Die Menüs sind kompliziert und die Augensteuerung frustrierend.
Die Menüs sind kompliziert und die Augensteuerung frustrierend.
Quelle: Domagoj Belancic

Hast du dich durch den Menü-Dschungel gekämpft und erfolgreich einen Spielmodus ausgewählt, musst du viel Geduld haben. In meinen Spiele-Sessions habe ich manchmal mehr Zeit in der Lobby als in Matches verbracht. Sind endlich genug Leute in der Lobby, geht das Spiel nicht automatisch los. Nein, es folgt ein elendig langer Countdown. Diesen kann man nicht abbrechen oder wegdrücken. Also heisst es: nochmal warten.

Grafik zwischen «wow!» und mau

Grafisch schwankt das Game zwischen wunderschönen Levelabschnitten und tristen Spielumgebungen. Besonders gelungen finde ich die Maps, die mit einer atmosphärischen Beleuchtung auftrumpfen.

Jep, ziemlich schick.
Jep, ziemlich schick.
Quelle: Domagoj Belancic

Viele Indoor-Maps sehen im Vergleich dazu detailarm und leblos aus.

Das sieht nicht gerade einladend aus.
Das sieht nicht gerade einladend aus.
Quelle: Domagoj Belancic

Leider ist das Game voller Glitches, die mich immer wieder aus der Spielerfahrung reissen. Neben der bereits erwähnten kaputten Ladeanimation gibt es Momente, in denen sich meine Teammitglieder scheinbar alle Knochen in ihrem Körper brechen. Auch hier wirkt das Spiel unfertig.

BOSSMANN501, geht es dir gut? Kann man dir helfen?
BOSSMANN501, geht es dir gut? Kann man dir helfen?
Quelle: Domagoj Belancic

Pay-to-Win-Mechaniken

Wie in jedem aktuellen Multiplayer-Shooter gibt es auch in «Firewall Ultra» jede Menge freischaltbarer Spielcharaktere, Waffen und Ausrüstung zu kaufen. Wahlweise mit im Game erspielter Währung oder mit echtem Geld im Playstation Store. Willst du die Ingame-Währung nutzen, musst du sehr lange sparen. Pro Match erspielst du nur einen winzigen Bruchteil dessen, was du für ein gutes Waffen-Upgrade brauchst.

Spielerinnen und Spieler, die sich Upgrades mit echtem Geld kaufen, haben einen riesigen Vorteil auf dem Schlachtfeld. Ich habe mir zum Beispiel die Spielfigur Raha gegönnt. Mit ihr kann ich die Umrisse von Gegnern durch Wände hindurch sehen. Das ist unfair und hat in einem kompetitiven Shooter nichts zu suchen.

Mit Raha erkaufe ich mir einen Wallhack. Total unfair.
Mit Raha erkaufe ich mir einen Wallhack. Total unfair.
Quelle: Domagoj Belancic

Fazit: Ein unfertiges Spiel

Das Spielprinzip von «Firewall Ultra» macht Spass. Theoretisch. Im aktuellen Zustand fühlt sich das Game wie ein Produkt in der frühen Beta-Testphase an. Die Steuerung zickt rum, ist kontraintuitiv und macht keinen Spass. Die Menüs sind chaotisch und nerven. Das Matchmaking frisst unheimlich viel Zeit. Und die Pay-to-Win-Mechaniken geben Spielerinnen und Spielern unfaire Vorteile auf dem Schlachtfeld.

Ebenfalls mau sieht es bei der Content-Vielfalt aus. Gerade mal zwei Spielmodi und acht Maps gibt's zum Start. Immerhin: Entwicklerstudio First Contact Entertainment verspricht, auf das Feedback der Fans zu hören. Eine Content-Roadmap für das erste Jahr nach Launch steht schon. Neue Spielcharaktere, neue Waffen, zwei neue Maps und zwei neue Koop-Modi sollen in den nächsten zwölf Monaten erscheinen. Das sind aber alles Versprechen, die erst noch eingelöst werden müssen. Im aktuellen Zustand solltest du dir den Kauf des Spiels selbst als Hardcore-VR-Shooter-Fan dreimal überlegen.

«Firewall Ultra» ist erhältlich für die Playstation 5. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Sony zur Verfügung gestellt.

Titelbild: First Contact Entertainment

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.


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