
Das hält ein Pilot von unserem Luxus-Flugsimulator

Nur Fliegen ist schöner, lautet ein bekanntes Sprichwort. Leider fehlt uns diese Eigenschaft und die wenigsten von uns sind Piloten. Zum Glück gibt es Flugsimulatoren. Wir haben uns einen richtig schönen zusammengestellt und wollten von einem echten Piloten wissen, was das Teil taugt und ob wir damit wirklich fliegen lernen könnten.
Flugsimulatoren sind zwar nicht mehr so populär wie früher einmal. Für eingeschworene Hobbypiloten gibt es aber auch heute noch genug Möglichkeiten, um in den eigenen vier Wänden abzuheben. Am besten geht das natürlich, wenn man ein richtig dickes Setup hat. Damit auch wir mal in diesen Genuss kommen, hat uns Logitech eine Schubkarre voll Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Falls du dich wunderst, warum dann alle Gerätschaften von Saitek stammen, das hat einen einfachen Grund: Der Schweizer Peripherie-Hersteller Logitech hat sich vor einem Jahr den Joystick-Bauer Saitek einverleibt, womit das eigene Sortiment deutlich gewachsen ist.
Das folgende Equipment stand uns zur Verfügung
Gezockt haben wir den folgenden Flugsimulator
...und zwar auf diesem Bad Boy

Digitec Zenon ZX - powered by Joule Performance
Intel Core i7-7700K, 16 GB, 500 GB, GeForce GTX 1080 Ti
...mit drei von diesen Monitoren
Mit diesem ganzen Spielzeug machten wir uns auf in unseren Keller, wo wir alles aufgebaut haben und in Ruhe abheben konnten. Weil aber keiner von uns wirklich Ahnung von Flugsimulatoren, geschweige denn vom Fliegen hat, haben wir uns einen Experten dazugeholt. Christian W. ist ausgebildeter Pilot mit über 500 Flugstunden unter den Flügeln. Früher hat er regelmässig Flugsims gezockt und in seiner Ausbildung ist er schon oft in echten Flugsimulatoren gesessen. Von ihm wollen wir wissen, was unser Setup taugt und ob wir damit fliegen lernen können.
Erstes Hands-On

Sein erster Kommentar, als er sich eingenistet hat ist: «Uuuh, eine F4», gefolgt von einem schelmischen Grinsen. Er bezieht sich damit auf das Kampfflugzeug Phantom F4, das eines von zahlreichen zur Auswahl stehenden Flugzeugen ist. Er geht es aber erstmal langsam an und entscheidet sich für eine bescheidene Cessna. Mit seinem geübten Blick erkennt er gleich, dass unser Setup dem einer Einzelmotormaschine entspricht. Saitek bietet eine breite Auswahl an Geräten mit denen du die Steuerung verschiedener Flugzeugtypen relativ realitätsgetreu nachbauen kannst. Aber auch mit unserer Ausrüstung lassen sich verschiedensten Flugtypen steuern. Gewisse Steuerelemente fallen dann einfach weg, beziehungsweise müssen digital geregelt werden.
Der erste Start verläuft nicht ganz wie geplant. Einige der Hebel reagieren nicht. Der Propeller dreht zwar munter, aber das Flugzeug bewegt sich nicht vom Fleck. Wir begeben uns auf Fehlersuche. Das heisst, Christian tut das, ich schau mir die ganzen Anzeigen auf den PC-Monitoren an und versteh nur Bahnhof. Er kann hingegen Sinn aus den zahlreichen Schaltern und Displays machen, die ausnahmsweise nicht nur Dekoration sind. «Du musst am kleinen Rädchen drehen», wirft Sandro unser Digital-Marketing-Mensch ein, der heute auch die Kamera bedient. «Ich weiss schon wies geht», erwidert Christian bestimmt. Ein Neustart des Levels löst schliesslich das Problem. Wohl ein Konfigurationsfehler. Wenig später hebt Christian mit seiner Cessna vom Berner Flughafen Belp ab. Davor nötigen wir ihn noch, dass er mit dem integrierten Com den Tower anfunkt. Da wir offline spielen und der Computer nicht antworten kann, ist das ganze Prozedere zwar nutzlos, aber wir erfreuen uns dennoch an seinem – zumindest für mich – unverständlichen Pilotenkauderwelsch.

Da wir die Details des Spiels etwas reduzieren mussten, damit es einigermassen flüssig auf den drei Monitoren läuft (5760x1080 Pixel), fällt die Navigation aus der Luft etwas schwerer. «Ich würde ja gerne zurückfliegen, aber das Gelände sieht überhaupt nicht so aus, wie ich es in Erinnerung habe. Gibts kein Navi?» Natürlich. Da Piloten aber nicht auf Google Maps setzen, läuft die Streckenführung über Koordinaten.
Kann man damit fliegen lernen?
Während Christian mit Hilfe des Navis Belp ansteuert, will ich von ihm wissen, ob ich mit so einem Flugsimulator tatsächlich ein echtes Flugzeug fliegen könnte. «Nur weil du es hier kannst, heisst das noch lange nicht, dass du es auch in echt könntest». Das Layout sei bei den meisten Flugzeugen ähnlich und Höhenmesser, Kompass etc. befinden sich meist an der gleichen Stelle. Man würde sich wohl durchaus zurechtfinden, wenn man hunderte Stunden im Simulator verbracht habe. Ich will es konkreter wissen: «Wenn jetzt der Pilot einen Herzinfarkt hat und sein Copilot auch. Und falls noch mehr Leute im Cockpit sitzen, hauts die auch alle um. Es wäre also eine richtige Herzinfarkt-Epidemie. Und die Stewardess käme in die Kabine gerannt, verzweifelt auf der Suche nach einem Piloten. Könnte ich das Baby dann landen?». «Es wäre eine Frage der Sicherheit», findet Christian. Ich hätte sicher die besseren Chancen, als komplett Ahnungslose, aber in der Realität kämen doch noch einige Faktoren hinzu, so dass die Landung immer noch sehr gefährlich wäre. Und die Landung ist ja bekanntermassen der schwierigste Teil. «Das stimmt so nicht», korrigiert mich Christian sofort. Starten sei gefährlicher: «Beim Landen musst du nur den richtigen Punkt erwischen. Beim Starten kann es hingegen zum Triebwerksausfall kommen und dann bist du im Seich.» Das wird mir bestimmt wieder in den Sinn kommen, wenn ich das nächste Mal fliege.

Schliesslich taucht vor uns der kleine Berner Flughafen auf. Christian setzt zur Landung an und parkiert die Cessna unbeschadet auf dem dafür vorgesehen Parkfeld. Richtig zufrieden ist er mit seiner Leistung, beziehungsweise der des Simulators nicht: «Ich bin eigentlich zu schnell geflogen». Da er sich nur auf die Instrumente und nicht auf sein Gefühl verlassen konnte, ist er mit etwas zu hohem Tempo angeflogen. Einen Crash wie ich bei meinem ersten Versuch hat es immerhin nicht gegeben. Aber hey: Es lag nur daran, dass ich die Bremsen nicht gefunden hatte, imfall.
«Wie die Raketen kannst du nicht abfeuern?»
Nach dem Sonntagsflug in der vertrauten Cessna und einer anschliessenden kleinen Spritztour mit einer Boeing 747 schaltet Christian einen Gang höher. «Mach mal die F4 rein». Dazu tauschen wir das Lenkrad und die Hebel gegen einen edlen Hotas-Flight-Stick ein. Hotas steht für «Hands On Throttle And Stick» und ist ein zweiteiliges Steuerungskonzept, das in den meisten modernen Flugzeugen zum Einsatz kommt. Ambitionierte Flugsim-Zocker, die sich nicht gleich einen ganzen Simulator Zuhause aufstellen wollen, schwören auf Hotas. Auch für die Phantom F4 ist es die ideale Steuerung.

«Lad noch zwei AMRAAM-Lenkwaffen, damit sieht die F4 viel geiler aus», weist uns Christian an. Ich will schon einwenden, dass zwei doch mega viel zu wenig sind – da fällt mir noch rechtzeitig ein, dass echte Kampflugzeuge vermutlich keinen Platz für 50 Raketen haben. Ich glaub, ich zock zu viel.
Mit seiner aufmunitionierten F4 wählt Christian den Militärflugplatz Meiringen als Startposition. Zuvor müssen wir aber erst ein paar Feineinstellungen vornehmen, bis alle Tasten und Hebel richtig belegt sind. Danach kann er mit dem breiten Schubhebel die F4 abheben lassen. Das Kampfflugzeug steuert sich allerdings so empfindlich, dass bei Christian keine echte Freude aufkommt. Mehr Tuning wäre nötig, aber wir haben keine Lust, von vorne zu beginnen. Christian findet, dass sich das Teil aber recht flott fliege und der Hotas fühlt sich massiger und damit echter anfühle als die vorherige Variante.

«Dann drück jetzt wenigstens mal auf den roten Knopf und feuere die Raketen ab», melde ich mich zu Wort. «Das geht nicht». «Wie, das geht nicht?» «X-Plane 11» habe nur Attrappen, erklärt mir Christian. Und im übrigen sei eine AMRAAM eine Lenkwaffe und keine Rakete. Meine Enttäuschung ist nicht simuliert.
Unterschied zum richtigen Fliegen
Wie schneidet denn jetzt unser Flugsimulator im Vergleich zum echten Flugzeug ab? «Beim richtigen Fliegen per Steuerstange nehmen die Steuerdrücke bei höheren Geschwindigkeiten zu. Darum bewegt sich der Steuerknüppel niemals so leicht, wie dieser hier», erklärt Christian. Besitzt das Flugzeug Fly-by-Wire werden die Steuerflächen hydraulisch angesteuert, was in etwa einer Servolenkung entspricht. Auch dort werde aber ein künstliches Force Feedback eingesetzt, weil dieses Gefühl enorm wichtig sei. Die Simulatorsteuerung müsste also ebenfalls damit ausgestattet sein, damit es sich realistischer anfühlen würde. Ohne dieses Feedback spüre man den Flieger nicht wirklich. Blindflug und Procedure (Prozessabläufe) könne man damit gut üben, meint Christian. «Beim richtigen Fliegen fliegt man viel mitem Füdlää. Man spürt die Lage, Turbulenzen, Motorendrehzahl und so weiter. Das ist entscheidend», sagt Christian.
Nicht zu unterschätzen seien Funksprüche: «Auf einem echten Flug wird ständig gelabert und du musst zuhören, denn es könnte um dich gehen». Dann gelte es nämlich, Antwort zu geben, erklärt Christian. Ein Unterschied zu einem richtigen Flugsimulator sei, dass dort ein bestimmtes Flugzeug nachgebildet wird. Bei den Modellen für Zuhause baut man sich meist eine Mischform, damit man eine breite Staffel aus Fliegern steuern kann.
Einen entscheidenden Vorteil findet Christian dann doch noch: «Wenn du keine Lust mehr hast, kannst du einfach aussteigen. Und nach der Landung erwartet dich auch kein Papierkrieg.»
Kaufen oder nicht?

«Als Kind hätte ich mich brutal über so ein Spielzeug gefreut. Heute bevorzuge ich den echten Flieger. Es fehlt einfach das gewisse Etwas.» Und wenn er sich doch so ein Setup Zuhause aufstellen würde, dann würde er als erstes den Plastikknüppel austauschen. Bei den Pedalen findet er dagegen, dass sie sich anfühlen wie die echten. Auch dem Hotas kann er einiges abgewinnen. «Das beste Flugerlebnis hatte ich mit der Cessna, die F4 war ein kompletter Reinfall. Da war irgendwas nicht richtig eingestellt». Er würde sein Geld anders ausgeben und stattdessen lieber mit seinem alten Joystick eine seiner vorhandenen Flugsims spielen. «Drei Monitore sind schon geil», findet Christian. Aber auch die findet er zu umständlich. Ein Teil unseres Setups hat es ihm dann aber doch angetan: «Darf ich den Sitz behalten? Der ist saubequem.» Und das, obwohl es sich eigentlich um einen Rennsitz handelt.
Wer die Kosten und die Einarbeitungszeit nicht scheut, der kann sich mit Saiteks Flugsim-Ausrüstung sein persönliches Cockpit zusammenbauen. Ganz simulieren kann es das echte Fluggefühl leider nicht. Aber viel näher ran kommst du nicht, ohne selber einen Pilotenschein zu machen.
Das könnte dich auch interessieren


Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.