

Bau dir eine Surround-Klimaanlage aus PC-Lüftern

Wenn es im Büro heiss wird, dann muss Kühlung her. Was aber, wenn ein Ventilator oder eine Klimaanlage einfach nicht gut genug sind? Dann müssen die Bastler ran. Hier der Weg, wie du die beste und absurdeste Belüftung der Welt hinkriegst. Aus PC-Bauteilen.
Wer im Sommer um Computer herum arbeitet, kennt das Problem:
- Draussen ist heiss
- Computer geben Hitze ab
- Im Büro ist es noch heisser als draussen
Die offensichtliche aber trügerische Lösung des Problems heisst Ventilator. Oder Klimaanlage. Beide dieser Lösungen haben ihre eigenen Probleme. Ein Ventilator auf dem Tisch nimmt Platz weg und, je nach Stärke, bläst Papier auf dem Tisch in alle Ecken des Büros. Zudem machen die Dinger einen rechten Radau. Die Klimaanlage kann dazu führen, dass bestimmte Personen direkt unter der Klimaanlage zu frieren beginnen, während andere mit drückenden Temperaturen leben müssen.
Der Fall ist klar: Etwas besseres muss her.
Der Plan
Im Laufe des Tages sehe ich im Büro viele Teile für allerlei Gerätschaften rumliegen. Meist ist das Ware im Büro von Osman Erdogan, Category Manager, und seiner Crew im Peripherals Office, wo der Verkauf von PC-Bauteilen koordiniert wird. Als uns dort beim Aufräumen ein PC-Lüfter in die Hände fällt, kommt mir die Idee: Wenn ich es schaffe, das Teil mit Strom zu versorgen, dann kann ich einen Ventilator bauen.
Da ich aber keine grosse Lust habe, an Kabeln rumzubasteln, mach ich mir das einfach.
Mit nur einem Lüfter ist es nicht getan. An einem Mainboard können viele Lüfter eingesteckt werden. Also finde heraus, wie viele es bei dir sind und dann kauf dir eine gesunde Anzahl Lüfter. Im Falle des Schweizer Sommers gilt die Devise «Je mehr, desto besser» oder «Je Lüfter, desto kühl».

Das Tolle hierbei ist, dass ich den Computer gar nicht brauche. Ich brauche das Mainboard eigentlich nur als Ein/Aus-Schalter und Steckeradapter. Daher brauche ich weder Prozessor noch RAM noch sonst etwas. Einfach ein Mainboard tut es.

Klar, das Mainboard kann als Bauelement komplett umgangen werden, aber ich mag Cyberpunk-Ästhetik, weswegen ich mit diesem Zwischenschritt gar nicht so unglücklich bin. Und, noch besser: An einem heissen Tag ist eine Bauzeit von unter zehn Minuten weit besser als eine Bauzeit von über zehn Minuten.
Der Bau ist entsprechend simpel: Lüfter überall dort, wo ich sie einstecken kann. Für den Bau verwende ich ein uraltes Mainboard, das Osman rumliegen hat. Netzteil ans Mainboard anschliessen und zum Schluss das Netzteil an den Strom anschliessen.
Zu Beginn: Bug Hunting
Ich lege den Schalter um und… nichts. Das Mainboard leuchtet zwar, was mir sagt, dass es mit Strom versorgt ist, aber die Ventilatoren drehen nicht. Das ist jetzt etwas enttäuschend. Ich drück mal zufällig auf dem Mainboard rum. Brauche ich doch RAM oder eine CPU? Weil eigentlich müsste ich nicht, aber ich weiss, dass nichts, das ich in diesem Bauprojekt verwende für diesen Einsatzzweck gemacht wurde. Kurz: Was weiss ich?
Osman kommt vorbei und schaut sich das an.
«Müsste schon funktionieren», sagt er.
Er drückt am Mainboard rum. Nicht nur an den Knöpfen sondern einfach mal hier so drücken, da draufdrücken. Experten bei der Arbeit halt.
Auf einmal beginnen, die Ventilatoren zu drehen. Hurra!
…
Warum?
Osman hat nichts verändert. Er hat nur gedrückt. Wie sich herausstellt, hat das Mainboard wohl einen Schaden, da es schon etwas älter ist. Wenn ich Druck auf ein Kühlelement ausübe, dann funktioniert das ganze Setup. Sobald der Druck weg ist, dann gehen sie wieder aus.

Dann muss halt die Wasserflasche als integrales Teil meiner wahnsinnig wissenschaftlichen Arbeit hinhalten. Leute haben mich gefragt, ob die Wasserflasche einen zusätzlichen Kühleffekt hat. Nein, nur das Gewicht entscheidet. Weil wenn ich schon etwas mache, das keinen Sinn ergibt, dann richtig.
Die Summe der Teile
Gut, ich gebe zu, es gibt etwa hundert schlauere Möglichkeiten, sich kühl zu halten, aber kaum eine IT-mässigere. Das System kommt nicht ohne seine Macken und Tücken. PC-Lüfter sind offensichtlich nicht dafür gemacht, auf einer Seite zu stehen. Also wenn du es mit deinem Lüfter-Setup ernst meinst, dann musst du dir überlegen, Stützen für die einzelnen Ventilatoren zu basteln. Lange Schrauben oder dünne Holzstäbe würden es tun. Denn sobald jemand an meinem Pult rüttelt besteht akute Gefahr, dass ein Lüfter umfällt.
Ferner würde ich die Ventilatoren gerne im Halbkreis auf meinen Tisch stellen. Damit ich wirklich von allen Seiten her gekühlt werde. Doch das geht nicht, weil die Kabel an den Ventilatoren nicht für Distanzen über 65cm gemacht sind. So plusminus.
Startschwierigkeiten hat das Ding auch. Den ersten Luftzug spürst du einige Minuten nachdem du das Ganze eingeschaltet hast. Ich vermute, dass das Mainboard zuerst eine gewisse Temperatur erreichen muss, bevor die Lüfter anfangen zu drehen.
Das Ventilator-Setup hat Potential. Es ist einigermassen kompakt, wenn auch nicht besonders stabil. Wenn ich einen der Lüfter verschieben möchte, dann wird das zur logistischen Meisterleistung. Ich kann meinen Schreibblock mitten im Luftstrom stehen haben, ohne dass ich eine Apparatur geschaffen habe, die im Wesentlichen mit «garantierter Papierschnitt im Finger» beschrieben werden kann.
Was das ganze Setup aber zu einem echten Gewinner macht ist, dass mein ganzes Ventilationssystem für ein Büro perfekt geeignet ist. Zumindest wenn es um die Luftstromleistung – gibt es den Begriff eigentlich? – geht. Denn ein Lüfter leistet nie genug, um einigermassen gute Kühle zu spenden. Aber aus vielen kleinen Lüftern kann ein kleiner Sturm auf dem Tisch werden. Jeder einzelne Lüfter pustet nur schwach in Richtung Mensch hinter der Tastatur, was zur Folge hat, dass auch Papier nicht davongeblasen wird. Kann ich empfehlen.
Also: Probier’s aus. Viel Spass!
PS: Das Teil funktioniert plötzlich auch ohne Wasserflasche. Keine Ahnung, weshalb.



Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.