Hintergrund

Auge um Auge: Wie ich ein gutes Foto noch besser machen wollte

David Lee
20.4.2018

Es gibt Bildideen, die es wert sind, weiterverfolgt zu werden. Wo es sich total lohnt, Zeit und Energie zu investieren. Diese hier gehört nicht dazu.

Es passiert beim Test der Sony A7 III. Ich spiele mit dem Makro-Objektiv herum, das mir Stephanie Tresch ausgeliehen hat. Weil mir gerade nichts Besseres in den Sinn kommt, versuche ich, mit dem Tele-Makro mein eigenes Auge zu fotografieren. Eigentlich eine beknackte Idee – aber es gelingt.

Mehr noch: in meinem Auge bin ich selbst zu sehen. Und was das Foto meiner Meinung nach richtig gut macht: Das Makro-Objektiv liegt als runder schwarze Kreis genau dort, wo sowieso ein runder schwarzer Kreis sein sollte, nämlich die Pupille.

Wenn ich schon rein zufällig ein so tolles Bild schiesse, wie gut müsste das erst werden, wenn ich das noch «richtig» mache? Mein Ehrgeiz war geweckt. Ich weiss ja: Ein gutes Foto entsteht, wenn man Zeit und Arbeit reinsteckt.

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Die Rekonstruktion des Super-Bilds

Also nehme ich Kamera und Objektiv mit nach Hause, um mich dem in aller Ruhe zu widmen. Ich packe die Sache systematisch an. Zuerst einmal wähle ich einen besseren Ausschnitt. Ich gehe näher heran, damit das Auge auf dem Bild grösser ist und ich richte das Auge genau auf die Mitte aus. Denn das, was du oben gesehen hast, ist ein Ausschnitt. Das Auge deckt im Original nur etwa einen Viertel der Bildfläche ab.

Das sieht schon mal gut aus. Leider ist nun der Fokuspunkt etwas zu nah. Und irgendwie sind keine Spiegelungen zu sehen. Ich drehe mich etwas zur Seite, damit das Auge mehr reflektiert.

Der Schärfepunkt passt. Das erkenne ich an den reflektierten Wimpern. Ich sehe auch das Objektiv im Auge. Aber es liegt jetzt nicht auf der Pupille. Und von meinen Händen sieht man gar nichts. Ich muss weiter experimentieren.

Nun liegt das Objektiv wieder auf der Pupille, und ich sehe auch ein bisschen was von meinen Händen. Aber das ist immer noch weniger gut als mein erster Schnappschuss. Der weisse Balken stört. Das ist die Lampe meines Badezimmers. Ich mache das im Bad, weil mir der Spiegel hilft, das Auge richtig auszurichten. Jetzt merke ich: ich muss hier raus. Aber es ist schon spät. Für heute habe ich genug experimentiert.

Neuer Tag, neues Glück: Ich befinde mich jetzt im Wohnzimmer, wo es keine störende Neonlampe hat. Dafür ziemlich viele Fenster. Zu allem Übel hat es in der Nacht geschneit. Also noch mehr weisse Flächen. Ich zirkle die Kamera so, dass die Pupille von den zahlreichen hellen Stellen verschont bleibt. Trotzdem stört das viele Weiss. Ich ziehe also erneut um, dieses Mal in die Küche.

In der Küche hat es weniger Fenster. Und ich bin auf gutem Weg: Die Iris spiegelt die Umgebung sehr schön. Leider schaffe ich es trotz aller Gymnastik nicht mehr, das Objektiv auf die Pupille auszurichten. Ohne Spiegel geht das sowieso nicht. Ich halte darum einen Handspiegel, was aber dazu führt, dass ich seltsame Verrenkungen ausführen muss. Und die sieht man dann auch.

Sitzend und mit Stativ kann ich meine eigene Position besser ausrichten. Die Reflexionen sind noch besser als vorhin. Du erkennst mein wunderschönes Abtropfgestell und das total stylische Küchentuch. Also Dinge, die du schon immer mal sehen wolltest. Ich bin jetzt ganz nahe dran an der perfekten Aufnahme! Nur das Objektiv liegt wieder mal nicht genau auf der Pupille.

Schon wieder daneben. Das kann doch nicht so schwer sein, verdammt noch mal. Aber es ist immer so, egal, was ich versuche. Dann habe ich eine Idee: Ich wechsle das Auge. Das ermöglicht mir einen anderen Winkel zum Fenster. Und vielleicht habe ich dort nicht so viele hässliche rote Adern.

Doch, habe ich. Egal. Die weissen Flächen sind nun vollständig weg. Es ist so gesehen das perfekte Foto. Nur etwas ganz kleines stört: Das Objektiv liegt nicht auf der Pupille.

Und nun mache ich zum ersten Mal etwas richtig: Ich gebe auf.

Knapp vorbei ist auch daneben

Das ging ins Auge. Aber nicht so wie geplant. Und jetzt weiss ich auch nicht so recht. War ich doch der festen Überzeugung, dass aussergewöhnliche Fotos durch aussergewöhnlichen Einsatz entstehen. Hier geschah genau das Gegenteil. Einmal kurz geknipst: gut. Stundenlang rumprobiert: alles Mist.

Bestimmt liegt es an meiner epischen Inkompetenz. Bestimmt werdet ihr, liebe Leser, mir das nun gleich in aller Ausführlichkeit erklären. Danke schon mal!

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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