
Hintergrund
Micro LED vs. OLED: Wer wird gewinnen?
von Luca Fontana
Seit Jahren predigt Samsung, dass ihre neuartige TV-Technologie kurz vor der Marktreife stünde. Nun wurde aus der Predigt Realität: Micro-LED-Fernseher sind endlich auch in der Schweiz verfügbar – für «nur» 149 000 Franken pro Stück.
«Wenn’s nach Samsung geht, dann ist Micro LED die Wiederkunft von TV-Jesus», schrieb ich bereits vor zwei Jahren in einem Artikel über die TV-Neuheiten 2021. Kein Wunder: Micro LED soll ein Fernseher mit einem hellen Bild wie bei LCD-Fernsehern, perfekten Schwarzwerten und satten Farben wie bei OLED-Fernsehern und – vor allem – keinem Burn-In sein.
Seit 2018 sprechen die Südkoreaner darüber, als ob der Verkaufsstart der eierlegenden Wollmilchsau fürs Wohnzimmer unmittelbar bevorstünde. Tatsächlich gelang die Einführung auf dem Heimmarkt aber nur vor kurzem. Und erst jetzt auch bei uns: Samsung lanciert in einer Medienmitteilung die ersten Micro-LED-Fernseher in der Schweiz.
Ihr Preis? 149 000 Franken pro Fernseher. Für 110-Zoll-Bilddiagonale. Easy.
Micro LED ist ein Dauerbrenner-Thema bei Samsung. Die Technologie der Zukunft. Seit jeher. Zumindest ist Samsung der erste Hersteller, bei dem ich von Micro LED zum ersten Mal gehört habe. Mittlerweile forschen auch LG und Sony fleissig an der Technologie. Zeigen hier und da Prototypen. Oder Industrie-Modelle. Nur nicht ganz so laut wie Samsung. Schliesslich soll OLED nicht verfrüht ausgedient wirken.
Aber klären wir die Technologie in möglichst kurz: Micro LED ist im Prinzip dasselbe wie OLED – einfach ohne das kohlenstoffhaltige Material, «organic» auf Englisch, das OLED seinen Namen gibt. Stattdessen setzen Micro-LEDs auf Galliumnitrid, ein synthetisches Material. Die Micro-LEDs strahlen damit nicht nur heller als OLEDs, sondern auch viel länger, ohne auszubrennen. Daher die Theorie, dass Micro-LEDs kein Burn-In verursachen. Und weil Micro-LEDs deutlich kleiner gebaut werden können als herkömmliche LCD-LEDs, kennt die Technologie kein Blooming – Lichtkränze um helle Objekte vor dunklem Hintergrund.
Der Grund, weshalb Micro-LED trotzdem lange als Zukunftsmusik galt, ist dessen modulare Architektur: Der Bildschirm besteht nicht aus einem Panel, sondern aus mehreren. Damit lassen sich Micro-LED-Displays beinahe beliebig gross bauen – in Zürich etwa findest du im Saal 5 des Arena Cinemas ein 455 Zoll grosses Micro-LED-Display.
Problematisch sind die Module aber beim Bauen kleiner, fürs Heimkino relevanter Bildschirmdiagonalen wie 65- oder 55-Zoll. Denn je kleiner die Module werden, desto kleiner müssen die Leuchtdioden selbst werden. Immerhin hat Samsung nun eine 110-Zoll-Variante für den Schweizer-Markt freigegeben – auch wenn sich den riesigen TV nur die Wenigsten leisten können. Und: Laut Medienmitteilung sollen die Grössen 101 Zoll, 89 Zoll und 76 Zoll auf Bestellung erhältlich sein. Preise werden aber keine genannt.
Über die Auflösung schweigt sich Samsung noch aus. Das Unternehmen wirbt aber mit 25 Millionen mikrometergrossen RGB-LEDs. Das reicht, um auf die Auflösung zu schliessen. TV-Pixel bestehen in der Regel aus drei Subpixeln – in diesem Fall den RGB-LEDs. Das ergibt also 8,3 Millionen Pixel. Das wiederum entspricht der UHD-Auflösung von 3840×2160 Pixeln. Ganz ehrlich: Bei 110-Zoll-Diagonalen finde ich, dass UHD-Auflösung etwas wenig ist.
Spannend ist dafür, dass Samsung eben nicht von Subpixeln spricht, die später von Farbfiltern eingefärbt werden, sondern von RGB-Pixeln. RGB steht dabei für Rot, Grün und Blau. In der Medienmitteilung steht zudem explizit, dass der Fernseher ohne Farbfilter auskommt. Für mich klingt das nach einem Vorteil. Farbfilter können sich negativ auf die Lichtintensität der Farben auswirken. Darum gelten bereits QD-OLED-Fernseher als die überlegene Weiterentwicklung von herkömmlichen OLED-Fernsehern. Vor allem dürfte sich das positiv auf die Farbtreue und Farbraum-Abdeckung auswirken.
Weiter wissen wir, dass der Fernseher einen Micro-AI-Prozessor bekommt. Der soll nicht nur helfen, das letzte Quäntchen Qualität aus jedem einzelnen Film- oder Serien-Frame zu kitzeln, sondern auch Dolby Atmos über die oberen, seitlichen und unteren im Fernseher integrierten Lautsprecher wiedergeben. Dies, indem «Klangobjekte vom Prozessor so bearbeitet werden», dass «Stimmen klar herauskommen» und «Umgebungsgeräusche immersiv sind». Was auch immer das bedeutet.
Gemäss Medienmitteilung sei der Fernseher aktuell sowohl im Handel als auch bei ausgewählten Fachhändlern erhältlich. Aber leider (noch) nicht in unserem Online-Shop. Kollege Robin Sutter vom Einkauf befindet sich schon in Abklärung. Sollte es Neuigkeiten geben, werde ich Sie in diesem Artikel updaten.
Wer den Micro-LED-TV jetzt schon – und trotz Fantasie-Preis – live und in einem Showroom ausgestellt sehen will, kann das bei folgenden Fachhändlern tun:
Summa summarum: Die Zukunft, von der Samsung seit gefühlten Ewigkeiten spricht, ist endlich da. Zumindest für das obere ein Prozent. Bis Micro-LED-Fernseher «etwas» kleiner und vor allem erschwinglicher werden, dürften darum noch ein paar Jahre ins Land ziehen. Und hey – irgendwer muss die horrenden Forschungs- und Entwicklungskosten der Technologie ja tragen.
Titelfoto: Samsung Newsroom SchweizAbenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»