
Hintergrund
Revox A77: Meine Nostalgie-Maschine
von David Lee
Dieses Kassettengerät ist so alt wie ich. Mit anderen Worten: Uralt. Es läuft wie am ersten Tag und weckt Kindheitserinnerungen.
Das Akai GXC-39D aus dem Jahr 1976 hätte einen besseren Namen verdient. Denn es ist ein gutes Kassettendeck. Sehr solide und auch heute noch erstaunlich gut klingend. Technische Finessen sind der Limiter, der automatisch eine Übersteuerung verhindert, und ein Memory-Knopf, der das Band beim Zurückspulen bei null stoppt. Wie alle Hifi-Geräte der Siebzigerjahre versucht das Akai-Kassettendeck, wie ein Möbel auszusehen. Das gelingt nicht, strahlt aber trotzdem einen gewissen Charme aus.
Selbstverständlich ist es reine Nostalgie, die mich dazu bringt, überhaupt noch Kassetten zu benutzen. Ganz ähnlich wie bei der grossen Bandmaschine.
Von diesem Aspekt her ist dieses Kassettengerät für mich das wertvollste überhaupt. Es ist ein Erbstück der Familie Lee und mit vielen Kindheitserinnerungen verbunden. Bevor es zu mir gelangte, hat es mein Vater bereits von seinem Bruder bekommen. Es stand bei uns in einem Schrank im Wohnzimmer und ich musste als Bub auf den leicht erhöhten Boden des Schranks stehen, um es zu bedienen.
Letztes Jahr rettete ich das Teil vor einer gross angelegten Entsorgungsaktion. Wie bei alten Kassettengeräten üblich, waren die Antriebsriemen hinüber und das Gerät funktionierte nicht mehr. Ich dachte zuerst, dass ich das selbst reparieren kann – schliesslich habe ich das schon einmal gemacht und es war erstaunlich einfach.
Doch nicht bei allen Kassettengeräten geht das so leicht. Hier war nur schon das Auseinandernehmen der Teile viel schwieriger. Ausserdem fand ich für dieses Modell bei thakker.eu keine Riemen und musste auf einen unbekannten Ebay-Lieferanten ausweichen.
Ich gab irgendwann auf. Ich hatte keine Zeit und Nerven, viele Stunden in etwas zu investieren, das ich nicht gut kann. Also liess ich einen Fachmann ran. Der stellte abgesehen von den Riemen weitere Mängel fest. Der Motor benötigte einen neuen Kondensator und die Bandzugüberwachung musste repariert werden. Ausserdem war eine neue Andruckrolle fällig. Letzteres hätte ich vielleicht noch selber geschafft, beim Rest – keine Chance.
Update: Darf man so nicht machen. Der Stecker muss weiterhin zweipolig sein.
Jetzt läuft das Ding wieder, und nicht nur das: Es klingt hervorragend. Dabei ist der Tonkopf fast ein halbes Jahrhundert alt und wurde nicht wenig gebraucht. Auch die Kondensatoren scheinen immer noch fit. Kein Zweifel: In den japanischen Hifi-Geräten der Siebzigerjahre wurde Qualität verbaut.
Der Tonkopf enthält Glas und Ferrit statt des damals üblichen weichen Eisens und ist daher widerstandsfähiger gegen Abnutzung. Von «Glass & X’tal Ferrite Head» leiten sich auch die ersten zwei Buchstaben des Namen GXD-39D ab. Wobei ich keine Ahnung habe, wofür X’tal steht. Trotzdem: Seit ich das weiss, kann ich mich besser mit dem sperrigen Namen anfreunden.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.