
Hintergrund
NewPipe: Das bessere YouTube für Android
von Dominik Bärlocher
Apples World Wide Developer Conference ist gestartet. In der grossen Keynote haben Apple Executive angekündigt, was uns bevorsteht. Kurz: Mehr Intelligenz, iOS sieht komplett anders aus, Siri auch und iPadOS rückt näher ans redesigned macOS.
Es ist die wohl grösste Neuerfindung des Apple Betriebssystems iOS seit Apples Ex-Chefdesigner Jony Ive anno 2013 alle Icons auf dem Home Screen neu designed hat. Das war Apple iOS 7. Im Herbst dieses Jahres wird iOS 14 folgen und das Upgrade hat es in sich. An der World Wide Developer Conference, kurz WWDC, haben Apples CEO Tim Cook und sein Team tief in die Karten blicken lassen und eine aufregende neue Version ihrer Software gezeigt.
Craig Federighi, senior vice president of Software Engineering, tritt auf die virtuelle Bühne. Er kündigt an, dass Apple einige der ikonischsten Features des Betriebssystems iOS neu erfunden hat. Das ist nicht nur Marketing-Gerede um einen Farbwechsel irgendwo in einer App neu anzukündigen, sondern bedeutet, dass dein Home Screen bald nicht mehr einfach aus 6×5 Icons und einem Dock besteht.
Der Home Screen wird komplett neu erfunden. Statt 6×5 sollen die Apps sich neu in der App Library selbst organisieren. Alle Apps, die du dir auf dein iPhone lädst werden selbständig vom Phone in so etwas wie Ordner sortiert. Denn, so Craig Federighi, Apple will damit ein Problem lösen: Je mehr Apps du hast, desto mehr Home Screens hast du. Du vergisst ziemlich sicher, was sich jenseits der ersten paar Home Screens befindet und verwendest die Apps entsprechend nicht.
Die App Library befindet sich rechts neben der letzten Seite des Home Screens. Da das Feature aber nicht einfach nur oben auf iOS aufgesetzt wurde, lassen sich neu Home Screens verbergen. Drück lange auf einen Home Screen bis der von Federighi genannte «Jiggle Mode» – dort wo du Apps sortieren kannst – erreicht ist, zoom heraus und du kannst einzelne Seiten auf dem Home Screen verbergen.
Die App Library sortiert Apps im Suchfeld alphabetisch oder grafisch nach Kriterien, die von der On-Device AI erarbeitet werden. Da sind Ordner mit vorgeschlagenen Apps, neu installierten Apps oder nach Kategorien sortiert. Jeder Ordner sortiert sich so, dass die meistgebrauchten Apps auf der Hauptseite der App Library angezeigt werden. Sie können direkt von dort aus gestartet werden.
Drüben bei Android haben Widgets einen etwas schweren Stand. Developer machen sich kaum die Mühe, Widgets – kleine dynamische Programm-Interfaces, die mehr Platz als ein Icon auf deinem Home Screen einnehmen – zu implementieren. Apple hingegen hat sich die Idee geschnappt und nicht nur gegenüber der Apple'schen Vorgänger grafisch aufgewertet, sondern auch funktional neu erfunden.
Im Apple Today Screen, der sich links des ersten Home Screens befindet, kannst du dir aussuchen, wie gross ein Widget sein soll. Die Widgets aber sind nicht zur Randexistenz auf dem Today Screen verdammt, sondern du kannst sie bei Bedarf auf den Home Screen ziehen. Dort organisieren sich die App Icons selbständig um das Widget herum.
Ein besonderes Widget ist der Smart Stack. Dieser ist nicht ein Widget, sondern ein Fenster zu allen Widgets. Im Smart Stack kannst du durch all deine Widgets durchscrollen und so den Platz, der ein Widget einnehmen würde, mehrfach nutzen. Der Smart Stack ist zudem intelligent. Am Morgen zeigt er dir die News an, oder das Wetter, während dem Tag dann dein Kalender und am Abend deine Apple-Health-Auswertung.
6×5 war einmal.
Bisher wechselst du auf deinem iPhone vom Home Screen weg. Sprich, wenn du ein Foto ansehen willst, dann drückst du auf die App «Gallery» oder «Google Photos», der Home Screen verschwindet. Dann öffnest du das Foto. Die Gallerie-Ansicht verschwindet. Dafür hast du das Foto auf dem Bildschirm. Mit diesen zwei kompletten Bildschirmwechseln ist nun Schluss. Apple verspricht sich vom Picture in Picture Feature mehr nahtlose Integration von Inhalt in die Software.
Wenn du dir denkst «Wozu soll das gut sein?», dann lass dir mal schnell folgenden Gedanken durch den Kopf gehen: Youtube Overlay. Das ist der eine Grund, weshalb ich NewPipe drüben bei Android, nebst dem integrierten Werbeblocker, so schätze. Ich kann dir in WhatsApp eine Message schreiben währenddem ein Youtube-Video spielt.
Wenn du bei Apple TV+ von unten nach oben swipest und so auf den Home Screen zurückgehst, verkleinert sich die Sendung, die du gerade siehst und wird als Overlay dargestellt. Wenn du das Overlay aus dem Bild schiebst, dann verschwindet zwar das Bild und ein kleiner Pfeil taucht auf, der es dir wieder auf den Screen holt, aber der Ton geht weiter.
So klein dieses Feature auch sein mag, so grossartig ist das. Von Youtube hat Craig Federighi nichts gesagt, aber ich hoffe doch sehr, dass Google nachziehen wird. Denn das ist ein Feature, das Phones schon lange nötig haben.
Siri ist praktisch. Meine Siri spricht mit irischem Akzent und ist im Wesentlichen dazu da, mir den Wetterbericht vorzulesen, die Lichter meines Smart Homes ein- und auszuschalten und die Musik auf dem Töff abzuspielen. Letzteres, da ich nicht direkt mit meinem iPhone interagieren muss und bei allen diesen Funktionen kein visuelles Feedback seitens des Phones brauche. Trotzdem wechselt iOS jedes Mal vom Home Screen zu Siri im Vollbildschirm. Das unterbricht, was auch immer gerade auf dem Screen ist, zeigt aber nützliche Informationen an.
Apple will Siri nahtloser in die Verwendung des Phones integrieren. Siri wird deshalb kompakter und ist nach dem Kommando «Hey, Siri» nur noch ein Kreis mit Animation am unteren Bildschirmrand. Wenn du dann nach dem Wetter fragst, dann taucht der Wetterbericht visuell oben am Bildschirmrand auf, wie eine Notification. Das gibt Siri neue Möglichkeiten wie Context Awareness. Das heisst, dass der Assistant deinen Screen erfassen kann und bei Bedarf Aktionen ausführt, die dir direkt helfen. Craig Federighi zeigt das kurz, indem er in Safari ein Kochrezept offen hat und Siri das Kommando gibt, Dinge seiner Einkaufsliste hinzuzufügen.
Nebst allen Features, die oben in den News zu iOS beschrieben werden, hat Apple sich für iPadOS einiges ausgedacht. Vor allem macht sich Apple zu Nutzen, dass der Screen eines iPads grösser ist als der eines iPhones. In der Gallery App wird unter iPad eine Sidebar eingeführt, die auch in anderen Apps zu finden ist. Notes und Files, zum Beispiel. Dazu kommen Drop Down Menus und weitere Features, die iPadOS näher an eine Desktop Experience bringen.
Auch in iPadOS wird die neue Philosophie Apples, deinen Workflow – was auch immer er gerade sein mag – nicht zu unterbrechen, fortgesetzt. Wenn dich jemand anruft, dann wird weder auf dem iPhone noch auf dem iPad der gesamte Bildschirm mit dem Anruf-Screen zugeballert. Wenn Craig mich anrufen würde, dann würde das oben am Bildschirm als Notification erscheinen.
Mit dem Apple Pencil kannst du in Notes und anderen Apps von Hand kritzeln. Bisher war der Text, den du von Hand geschrieben hast, eine Art Grafik. Neu soll iPadOS deine Handschrift erkennen können und in von einer Maschine interpretierbaren Text konvertieren, ohne, dass der Handschrift-Look verloren geht. Das Feature nennt sich Scribble und wird sobald wie möglich mit meiner Sauklaue getestet. Das wird bestimmt lustig.
Apple lässt an der WWDC durchsickern, was die Prinzipien sind, die hinter ihrem Konzept der Privatsphäre und deren Schutz stehen. Diese sind, das sieht Craig Federighi absolut richtig, wichtig und die Privatsphäre ist ein fundamentales Menschenrecht. Daher sollte jedes Prinzip und jedes Konzept aufs schärfste hinterfragt und angezweifelt werden. Denn es sind kleine Fehlerchen, die am Ende zu einer Privacy-Katastrophe führen.
Der Konzern aus Cupertino arbeitet mit folgenden Prinzipien:
An dieser Stelle der Keynote macht Craig etwas, das seltsam anmutet. Er sagt etwas, das als «Hier ist ein nutzloser Datensatz, der zeigt, wie oft wir schon nicht nutzlose Daten gesammelt haben» interpretiert werden kann ohne gross Mentalgymnastik machen zu müssen. Genau darum müssen Sätze wie «sammelt keine nutzlosen Daten» hinterfragt werden. Denn was, wie, wann und warum nützlich ist, das liegt nicht bei uns Usern, sondern bei denen, die solche Sätze in der Praxis interpretieren.
Darum: Auch wenn Apple sein möglichstes tut, um deine Privatsphäre zu schützen, inklusive eine zufällige ID zur Analyse deiner Fragen an Siri, so solltest du dir doch die Zeit nehmen, die Definition von Datensicherheit des Unternehmens zu hinterfragen. Denn das, was Apple als nützlich bezeichnet, kann dir unter Umständen schon zu weit gehen.
Craig Federighi beweist auf einmal Humor. Nach über einer Stunde Livestream ist das willkommen, denn im laufenden Jahr gibt sich Apple ihr Portfolio hart. Sie hinterfragen alles, verändern vieles und verbessern selbst in Nuancen. Wenn Craig also dasteht und über den Namen der neuen Version macOS philosophiert und von einer «drogenschwangeren Visions-Mission in einem Minibus» spricht, dann bringt er etwas Leichtigkeit in die Präsentation. Danke, Craig.
Das neue Design macOS soll noch mehr Klarheit in der Benutzung bringen. Dazu sind selbst kleinste Dinge neu designed worden, sei das der Radius der Ecken eines Icons oder die Grösse der Schieberegler. Das Ziel war beim Redesign, dass visuelle Komplexität möglichst reduziert werden sollte. Der Fokus soll auf den vom Nutzer generierten Inhalt liegen.
Viele der neuen Bedienelemente gleichen ihren Gegenstücken unter iOS. Das ist Absicht, denn Apple hat die Designsprache der beiden Betriebssysteme – drei, wenn du iPadOS als separates Betriebssystem und nicht als Fork iOS ansiehst – so weit wie möglich vereint. So hat das Control Center auf macOS seinen Einzug gefunden.
Finder sieht komplett anders aus. Da ist kein Balken mehr oben am Fenster mit Bedienelementen. Hinter den Dateien und dem Menüband links liegen zwei Flächen, eine satter, die andere transparenter.
Photos sieht spektakulär aus indem die Bilder den Platz des Fensters voll ausnutzen. Was ein paar Prozent mehr Breite ausmachen können. Das Menu Bar oben am Screen ist neu durchsichtig.
Das war noch längst nicht alles, was Cupertino in den über anderthalb Stunden Keynote angekündigt hat. Aber das da oben sind die wichtigsten Features. Wenn dich «the best of the rest» interessiert:
Es ist klar, wo Apples Weg hinführt. Plakativ gesagt soll der Mensch Teil des Ökosystems des Konzerns aus Cupertino werden. Die Maschinen sollen mitdenken und semi-autonom im Sinne des Users handeln. Die künstliche Intelligenz soll integrativer und bewusster werden. Es werden mehr Facetten des Lebens abgedeckt und so weit automatisiert wie möglich.
Die Zukunft im Apple Ökosystem klingt rosig und vielversprechend. Doch das tun die Dinge bei Apple und jeder anderen Keynote immer. Die Tests werden zeigen, ob die neue Software das hält, was sie verspricht. Die Updates laufen bereits. Es bleibt spannend.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.