
Hintergrund
Peppe deine Beziehung auf mit einem selbstgebauten 3D-Drucker
von Mariana Hurtado
Einfach und 3D-Drucken sind zwei Konzepte, die nicht ferner voneinander sein könnten. Glücklicherweise gibt es den Ultimaker 3, der die Entfernung der zwei Konzepte dramatisch verkleinert... wenn du ihn dir leisten kannst.
Einige von euch erinnern sich vielleicht noch: Meine Karriere als 3D-Druckerin begann, als ich vor vielen Monden meinen eigenen 3D-Drucker gebaut und mit meinem Ehemann gestartet habe. Seither habe ich eine Menge gelernt über die Feinheiten des Modellierens, über Materialien und deren komplizierte, individuelle Temperatureinstellungen. Es war ein Kampf, die Lernkurve steil und die ersten Drucke oft enttäuschend.
Heute war das eine ganz andere Geschichte. Ich bin in den digitec offices und vor mir steht eine grosse weisse Kiste mit der Aufschrift «Ultimaker 3». Viel habe ich über das Teil gelesen. Es soll der Goldstandard im 3D-Druck sein. Er soll schneller, feiner und schlicht besser sein als die Konkurrenz. Und ich darf ihn testen.
Mein Test-Setup sieht, nebst einer Rolle 3mm-Ninjaflex in Saphirblau, so aus:
Der bis anhin komplizierte Aufbau des Druckers fällt weg. Kiste auf, Drucker raus, Kabel einstecken, fertig. Gewohnt an einen komplizierten Prozess habe ich erstmal viel Zeit damit vergeudet, rauszufinden, wo ich beginnen soll. Dabei habe ich nur dem einfachen Tutorial auf der Webseite folgen müssen.
Voller Vorfreude loszudrucken, habe ich wie gewohnt den Drucktisch mit Klebeband abgedeckt.Wie immer muss dann vor dem Drucken zuerst mal alles kalibriert werden. Normalerweise überlasse ich diesen Teil meinem Drucker-Ingenieur, im Alltag als Ehemann bekannt. Deshalb hat es viel zu lange gedauert, bis ich bemerkt habe, dass das Active Leveling nur mit einem völlig blanken Drucktisch funktioniert. Also: Klebeband wieder weg, Leveling an. Und sogar das war unglaublich einfach.
Als ich das erste mal das Dual-Extrusion System gesehen habe, war mein erster Gedanke: «Mit den zwei Düsen kann ich zweifarbig drucken!» Wie kleingeistig von mir.
Dank dem PVA-Filament lösten sich eine Menge der Limitierungen des 3D-Druckens sofort in Luft auf. Polyvinylalkohol, kurz PVA, wird auch für Waschmittel-Behälter benutzt, die sich in in warmem Wasser auflösen. Du siehst, worauf ich hinaus will.
Das Drucken von komplexen Strukturen benötigt Stützstrukturen. Diese zu entfernen ist aber häufig sehr mühsam und kann das Objekt beschädigen. Das ist nicht der Fall mit PVA als Stützmaterial. Leg es einfach in warmes Wasser, um es loszuwerden.
Ein gutes Beispiel für das Potential dieser Lösung kann hier gefunden werden:
PVA funktioniert am besten in Kombination mit PLA. Glücklicherweise ist dies das gängigste und populärste Material, das ist also keinesfalls eine Limitierung aber ein Fakt, der gut zu wissen ist.
Wir wollten sehen, wie es mit einer organischen Figur funktioniert, deshalb habe ich diese wunderschöne Büste eines schreienden Mädchens heruntergeladen im Wissen, dass normale Stützstrukturen diese Figur ruinieren können.
Ich habe das digitec-Logo auf dem Fuss hinzugefügt und es gut sein lassen. Grosser Fehler. Später habe ich auf die harte Tour – während dem Drucken – rausgefunden, dass da etwas schief lief mit meiner kleinen Modifikation. Der Slicer hat sie nicht richtig verarbeitet und in diesem Teil haben plötzlich die Stützstrukturen gefehlt. Irgendwann hat’s sie wieder ins Nichts hinein zu drucken begonnen. Glücklicherweise für mich hat dies das Modell als Ganzes nicht beeinträchtigt und in null komma nichts waren die Stützen wieder normal. Das ist der Grund, weshalb ihr eure Flächennormalen vor dem Druck nochmals überprüft. Wirklich. Egal wie sicher ihr euch eurer Sache seid: Macht den Check vor dem Druck.
Nachdem das Modell in Wasser getaucht wird um die Stützen aufzulösen, fällt nicht alles einfach vom Objekt ab, besonders in kleinen Ritzen. Ein wenig zusätzliches Ausspülen ist also nötig. Das gestaltet sich etwas schmuddelig, da PVA auch der Hauptbestandteil einiger Leimstifte ist. Sobald es in seiner flüssigen Form ist, kannst du dir also vorstellen, wie sich das herausstellt. Wenn du nicht auf klebrige Finger stehst, dann zieh dir Haushaltshandschuhe an.
Nachdem ich einige übriggebliebene PVA-Reste mit meinen blossen Händen entfernt hatte, ass ich einen Keks. Den transparenten Krug, den wir zum Auflösen der Stützen benützt haben, gehört Senior Editor Dominik Bärlochers Mitbewohnerin und ich habe Marketing Communications Specialist Madeleine Hagers Tasse benutzt, um die Modelle unter Wasser zu halten. Wenn keiner von uns in den nächsten Tagen stirbt, kann also davon ausgegangen werden, dass PVA nicht giftig ist. Zu Redaktionsschluss berichtet niemand von irgendwelchen Beschwerden.
Hier bei digitec testen wir alle möglicherweise giftigen Filamente, damit du das nicht musst.
Nur ein Extruder kann aufs mal drucken, die Alternative würde zu einem Durcheinander führen. Wenn also ein Material fertig ist mit einer Schicht, fährt der Druckkopf in eine Ecke, um den Extruder zu wechseln. Dabei tendiert er dazu, kleine Spuren des Materials am Objekt zu hinterlassen. Das ist aber etwas, das einfach mit minimalem abschleifen und/oder Feintuning gelöst werden kann.
Ich weiss, das ist spitzfindig. Die Vorteile überwiegen dieses kleine Detail bei Weitem, aber es schadet nichts, es zu wissen. Du kannst das Objekt auch zusätzlich so rotieren, dass diese Spuren nicht auf einer wichtigen Fläche des Objekts auftauchen.
Das Konfigurieren der Druckereinstellungen war immer eine Wissenschaft für sich. Du musst die idealen Temperaturen und Geschwindigkeiten jedes spezifischen Materials auswendig kennen, mit dem du arbeitest. Wenn’s nicht klappt, kann stundenlanges Tüfteln oder ausgedehnte Recherchen nötig sein.
Cura, die offizielle Slicer-Software von Ultimaker, fragt dich einfach, mit welchen Materialien du arbeiten wirst, und erledigt die harte Arbeit ganz von selbst. Das User Interface ist aufgeräumt und einfach zu verwenden. Eine grossartige Ergänzung für einen Drucker mit den selben Eigenschaften.
Falls die Voreinstellungen deine Arbeit einschränken, bietet Cura über 200 Einstellungen, die ganz deinen Bedürfnissen angepasst werden können. Und all das ist in einer Open Source Umgebung verfügbar.
Die Nachteile? Nach denen bin ich noch auf der Suche.
Die Resultate von 24 Stunden Arbeit:
Falls du dich fragst:
Das ist also meine Erfahrung nach 24 Stunden mit dem Ultimaker 3. Es war wundervoll, so einfach und ich hatte unglaublich viel Spass. Der Kontrast zum selbstgemachten Prusa, den ich gewohnt bin, könnte nicht grösser sein.
Nachdem ich all dies mit meinem Drucker-Ingenieur und Ehemann geteilt habe, überlegt er sich tatsächlich, auf ein Sofa, einen Esstisch mit Stühlen und einen Schrank für unsere neue Wohnung zu verzichten und stattdessen einen dieser Drucker zu kaufen.
Das ist nämlich das einzige Problem: Das Preisschild ähnelt dem all dieser grossen Möbelstücke zusammen. Aber wenn du mich fragst, der Ultimaker 3 ist sein Geld wert.
Und wenn dir das immer noch etwas zu wenig Druck und zu wenig Geld ist, dann gibt es noch eine Ultimaker-Version, die höhere Drucke ausspuckt.
Grafik-Designerin, Pokémon-Trainerin, tech-savvy und keine Schriftstellerin. Seit 2014 bin ich in der Schweiz. Ich führe einen steten Kampf gegen schlechtes Design.