Produkttest

Sonys LinkBuds überzeugen mit komischem Design

Die LinkBuds von Sony haben ein komplett neues Kopfhörer-Design und ich habe sie zehn Tage lang getestet. Die offenen In-Ears mit Loch sind so simpel wie gut, lohnen sich jedoch nicht für alle.

Mit meinen Active Noise Cancelling-Kopfhörern über den Ohren habe ich vor ein paar Tagen den klingelnden Pöstler verpasst und durfte daraufhin zur Postfiliale latschen. Mit den LinkBuds in den Ohren wäre mir dieser Lapsus nicht passiert. Denn mit diesen offenen In-Ears höre ich nebst der Musik meine Umgebung; zum Beispiel klingelnde Postboten, überkochendes Nudelwasser, Autos oder herannahende Trams.

Sony LinkBuds (5.50 h, Kabellos)
Kopfhörer
CHF126.–

Sony LinkBuds

5.50 h, Kabellos

Sony LinkBuds (keine Geräuschunterdrückung, 5.50 h, Kabellos)
Kopfhörer
CHF108.–

Sony LinkBuds

keine Geräuschunterdrückung, 5.50 h, Kabellos

Die LinkBuds sind Sonys Antithese zu Noise-Cancelling-Kopfhörer. Das Design ist so simpel wie überraschend: In der Mitte der Kopfhörer befindet sich ein Loch.

Sonys neues Kopfhörer-Design gleicht zwei kleinen Donuts, die aneinander kleben – und diese Donuts können viel.
Sonys neues Kopfhörer-Design gleicht zwei kleinen Donuts, die aneinander kleben – und diese Donuts können viel.

Mit den offenen Kopfhörern unterwegs

Die LinkBuds unterziehe ich gleich der Probe aufs Exempel: Velofahren im Stadtverkehr. Hier ist es lebenswichtig, das Auto hinter sich und die spielenden Kinder auf dem Trottoir zu hören. Und siehe da, es funktioniert. Mit den LinkBuds höre ich auf dem Velo genug, um nicht als Sicherheitsrisiko auf Zürichs Strassen herumzukurven. Zuerst stelle ich die Musik auf ein Drittel Volumen – safety first! Die Lautstärke kann durch Tippen am Hörer eingestellt werden, also stelle ich während der Wartezeit vor der Ampel lauter. Mit drei Viertel aufgedreht, höre ich zwar nicht mehr die Vögel auf den Ästen zwitschern, aber dennoch genug zum sicheren Velofahren.

Erfreulicherweise übertönt – im Gegensatz zu vielen Kopfhörern im Transparentmodus – der Fahrtwind auch nicht alles. Er ist nur sehr leise zu hören. Die LinkBuds sind so gebaut, dass der Wind meistens nicht direkt in sie hineinblasen kann.

Wind ist kein Problem für die LinkBuds.
Wind ist kein Problem für die LinkBuds.

Im Vergleich zu den Aware-Modi – also diesen Modi, in denen geschlossene Kopfhörer den Lärm durch Mikrofone aufnehmen und weitergeben – hörst du deine Umgebung mit den Linkbuds, wie sie ist. Also nicht künstlich oder zu weit weg. Da sie baubedingt kein Noise-Cancelling haben können, sind die LinkBuds natürlich weniger fürs morgendliche Pendeln im Zug geeignet.

Sony selbst gibt an, dass die Kopfhörer auch fürs Büro geeignet sind. Das sehe ich anders. Kommt das Geplapper der Bürokolleg:innen zusammen mit der Musik ins Ohr, kann ich mich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren. Lediglich im Homeoffice, wo es ruhiger ist und eben Pöstler klingeln, haben die LinkBuds ihre volle Daseinsberechtigung.

Zum Joggen erweisen sich die LinkBuds wiederum als tauglich. Die Hörer halten gut in den Ohren. Da sie IPX4 zertifiziert sind – also gegen Spritzwasser geschützt – darf ich sie auch verschwitzen oder im Regen herumrennen.

Bequem in den Ohren

Sony liefert dir neben den montierten Silikonschlaufen, die du dir unter die Ohrwulst steckst, vier weitere Ringchen mit. Es lohnt sich, diese alle durchzuprobieren. Ich dachte zuerst, Sony hätte mir einen unbequemen Ohrhörer geschickt, bis ich merkte, dass mir nur der kleinste Ring ins Ohr passt. Mit dem richtigen Ring sind die Kopfhörer so bequem, dass ich ohne Musik ab und an vergesse, dass ich sie noch im Ohr habe. Keine Silikon- oder Foam-Aufsätze im Ohrkanal zu haben, finde ich eine angenehme Abwechslung – obwohl ich sonst In-Ears sehr mag. Dass die Buds so bequem sind, liegt auch an ihrem Gewicht: Nur 4,1 Gramm wiegt ein einzelner Hörer.

Die LinkBuds sitzen anders als gewohnt in den Ohren.
Die LinkBuds sitzen anders als gewohnt in den Ohren.

Das korrekte Einsetzen der Buds in die Ohren braucht etwas Übung, weil es ungewohnt ist, die Hörer nur leicht in den Gehörgang zu legen. Anfangs schob ich sie zu gerade ein, dann waren sie zu wenig weit im Gehörgang und der Sound klang verfälscht – ich hörte nur die Hälfte. Nach ein-, zweimal üben vor dem Spiegel ist das korrekte Einsetzen aber kein Problem mehr. Richtig im Ohr eingesetzt, halten die LinkBuds bei mir bombensicher.

Unter Helm, Kappe oder Stirnband können die LinkBuds problemlos getragen werden. Einzig wenn eine Kopfbedeckung zu eng sitzt, kann es sein, dass die eher empfindliche Steuerung sich selbständig macht. Auch mit einer Kappe über den Ohren bekomme ich meine Umgebungsgeräusche mit.

Jedoch bekommt auch meine Umgebung je nach Wiedergabe-Lautstärke einen Teil von meiner Musik mit. Wegen der offenen Bauweise dringt mit den LinkBuds etwas mehr Klang nach aussen. Im Büro hat sich aber bei drei Viertel Volumen keiner meiner Kolleg:innen beklagt.

Der Sound dringt mehr nach aussen als mit anderen In-Ears.
Der Sound dringt mehr nach aussen als mit anderen In-Ears.

Die Geheimagenten-Steuerung

Sony hat den LinkBuds eine neuartige Steuerung spendiert: Mittels der Wide-Area-Option und den von Sony verbauten Sensoren kannst du die Hörer vor deinem Ohr steuern. Dafür tippst du mit einem Finger an die Stelle vor dem Ohransatz.

Wem diese Steuerung zu abgefahren ist: die LinkBuds lassen sich auch ganz normal am Hörer selbst steuern. Dort funktioniert die Steuerung etwas zuverlässiger – dafür empfinde ich es einiges angenehmer, die Buds nicht in den Ohren antippen zu müssen.

 Die LinkBuds kannst du auch vor dem Ohr steuern.
Die LinkBuds kannst du auch vor dem Ohr steuern.

In der App kannst du die Steuerung selbst anpassen und wählen, was beim Tippen geschieht. Sony ist aber ziemlich restriktiv, was die Auswahl anbelangt. Wenn ich die Wiedergabe vorwärts und rückwärts steuern will, kann ich mittels Tippen nicht mehr pausieren. Wähle ich, dass ich pausieren kann, kann ich in der Wiedergabe nicht mehr zurück. Ich kann ich einstellen, dass die Wiedergabe automatisch stoppt, wenn ich einen Hörer aus dem Ohr nehme.

Der Sound gefällt gut

Da die LinkBuds nicht wie sonstige In-Ears direkt im Gehörgang stecken, ist ihr Sound etwas milder und weniger prägnant als gewohnt – aber mir gefällt’s. Leute, die so viel Bass wollen, dass ihnen die Ohren wackeln, werden die LinkBuds allerdings nicht mögen; Bass haben sie nur wenig. Ich nehme ihren Klang als ausgewogen, klar und warm wahr. Sonys Ringtreiber gibt einen natürlichen und ausbalancierten Sound wieder.

Ich höre mir Now Or Never vom Exil-Schweizer Buvette aka Cédric Streuli an. Das Intro geben die LinkBuds unaufgeregt, aber dennoch griffig wieder. Dann setzt der Gesang ein; auch die Mitten haben die LinkBuds gut im Griff. Nur die Tiefen könnten in meinen Ohren etwas satter sein – das ist eben die Sache mit dem Bass. Die Synthesizer-Höhen geben die Hörer hingegen sauber wieder, nur an einigen Stellen klingen sie mir zu hell.

Bin ich an sehr lauten Orten unterwegs – etwa einer Hauptstrasse – übertönt der Lärm natürlich den Sound der LinkBuds. Oder es kommt nur noch ein Teil der Musik an.

Draussen Musik hören und die Umgebung trotzdem mitbekommen.
Draussen Musik hören und die Umgebung trotzdem mitbekommen.

In der Sony Headphones App, hier für Android und da für iOS, kannst du den Sound individualisieren: Mittels acht Presets von Sony oder manuell. Ich habe alle durchprobiert und bin schliesslich wieder zur Grundeinstellung zurück. Die Equalizer-Voreinstellungen finde ich überspitzt, der natürliche Klang gefällt mir besser. Wenn du’s übertreibst mit den Equalizern, überschlägt sich der Sound der LinkBuds auch relativ schnell.

In der App ist auch Sonys 360-Reality-Audio-Funktion verfügbar. 360 Reality Audio ist Sonys Rundum-Sound-Format und die Konkurrenz zu Dolby Atmos Music. Um die Funktion zu nutzen, musst du aber zuerst deine Ohren fotografieren und mit der App analysieren. Die Headphone-App lässt sich ohne Registrierung nutzen, Sony fragt aber ständig nach einem Account.

Verbindungen und Akku: Kein Multipoint und genug Akku

Die LinkBuds unterstützen Bluetooth 5.2 und die Codecs AAC sowie SBC. Sonys fast verlustfreier LDAC-Codec sowie AptX sind leider nicht mit dabei. Mittels Googles Fast Pair ist mit einem Android-Gerät die Bluetooth-Kopplung in ein paar Sekunden hergestellt. Unter iOS muss manuell gekoppelt werden, was bei mir auch mit einem alten iPhone 7 gelingt. Der Vorgang dauert einen Moment, der Knopf muss auf der Rückseite des Linkbuds-Cases etwa acht Sekunden lang gedrückt werden.

Die Verbindung mit Android und iOS bleibt stabil und hat keine Aussetzer – auch Videos schauen geht ohne lästige Latenzen. Was jedoch etwas Nerven braucht, ist das Wechseln des Wiedergabe-Geräts. Denn Multipoint haben die LinkBuds nicht. Multipoint bedeutet, dass ein Kopfhörer mehrere aktive Bluetooth-Verbindungen halten kann – das können die Linkbuds nicht. Das heisst, du musst sie, um ein Gerät zu wechseln, jeweils kurz zurück ins Case legen. Am Kopfhörer gibt es keine Möglichkeit, sie neu zu verbinden.

Die kleinen Buds wollen zum Verbinden mehrerer Geräte zurück ins Case.
Die kleinen Buds wollen zum Verbinden mehrerer Geräte zurück ins Case.

Bei der Akkulaufzeit können die LinkBuds trotz ihrer kleinen Grösse mit dem Durchschnitt der Konkurrenz mithalten. Wenn ich jedoch sehr laut Musik höre, entspricht die Akkulaufzeit nicht ganz den von Sony angegeben fünfeinhalb Stunden, sondern fällt etwa eine Stunde kürzer aus. Im Case gibt’s eine zusätzliche Laufzeit von zwölf Stunden sowie eine Schnellladefunktion: für 10 Minuten Laden gibt’s 90 Minuten Laufzeit. Nur kabellos laden kannst du das kleine Case nicht.

Überzeugende Anrufqualität

Bei der Sprachqualität während dem Telefonieren schneiden die LinkBuds gut ab. Im Vergleich zu vielen True-Wireless-Kopfhörern, die mit einer schlechten Anrufqualität daherkommen, verstehen mich meine Gesprächspartner:innen klar und deutlich.

Von der Anrufqualität kannst du dich im untenstehenden Video gleich selbst überzeugen. Ich habe einen Anruf mit Kollege Luca Fontana via Microsoft Teams aufgezeichnet. Bei mir im Hintergrund war es recht laut, mehrere Personen führten etwa fünf Meter entfernt ein Gespräch.

Was übrigens keine gute Idee ist, ist neben einer Hauptstrasse zu telefonieren – das klappt nicht gut. Das würde es aber mit keinem offenen Kopfhörer.

Fazit: Gute Eigenschaften, aber nicht für alle geeignet

Sony hat den LinkBuds-Kopfhörer ein komplett neues Design verpasst. Ich finde es gelungen. Zum Joggen, Velofahren oder Spazieren sind die Kopfhörer perfekt: Ich kann Musik hören und bin für andere und mich selbst keine Gefahr, weil ich alles um mich herum mitbekomme. Auch zu Hause haben sie ihre Berechtigung: Im stillen Homeoffice verpasse ich damit kein Paket mehr.

Für Leute, die oft pendeln und währenddessen ihre Ruhe wollen, eignen sich die LinkBuds hingegen nicht. Und auch Leute, die viel Bass mögen, werden wahrscheinlich nicht glücklich mit ihnen. Ebenso kann ich die Anwendung im Büro nicht empfehlen. Es ist viel zu laut und wenn dann noch Musik dazu kommt, droht eine kognitive Überforderung.

Abgesehen vom neuen Design stechen die LinkBuds im Vergleich mit anderen True-Wireless-Kopfhörer bei der guten Anrufqualität heraus. Und die spezielle Steuerung ist ein nettes Feature. Preislich reihen sie sich gegenüber der Konkurrenz im Mittelfeld ein. Das offene Design ist, wenn du es brauchst, extrem praktisch und macht die LinkBuds lohnenswert.

38 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival. 


Audio
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Produkttest

    Sony WF-C700N: Preiswerte und fast perfekte Kopfhörer

    von Livia Gamper

  • Produkttest

    Sony WH-1000XM4 Review: Was kann der beste Noise-Cancelling-Kopfhörer?

    von Livia Gamper

  • Produkttest

    Sennheiser Momentum True Wireless 4: unverfälscht guter Klang

    von Florian Bodoky

11 Kommentare

Avatar
later