
Produkttest
Sony XZ1 und Sony XZ1 Compact: Das Smartphone wird zum 3D-Scanner
von Dominik Bärlocher
Sony Smartphones sind bekannt für neue Tools zu erschwinglichen Preisen, sogar wenn der durchschnittliche Benutzer keine Verwendung dafür hat. Dieses ist es das unerwartete 3D-Scanner Feature im XZ1 Compact. Was sind die Implikationen davon, diese Technologie auf die Massen loszulassen? Lass es uns rausfinden.
Video Producer Stephanie Tresch und Senior Editor Dominik Bärlocher waren dabei, als an der IFA 2017 in Berlin das Sony Xperia XZ1 Compact vorgestellt wurde. Nun fragt sich jeder; Was können wir mit dem letzten, grossen Feature des Compact, dem dreidimensionalen Scanner, anfangen?
3D Drucker für Endverbraucher, VR Headsets und jetzt 3D Scanning. Sie wurden alle veröffentlicht, lange bevor wir uns Gedanken darüber gemacht haben, was wir mit ihnen anstellen wollen. Als Product Designer hat mein 3D Drucker mein Prototyping verbessert und für meinen Alltag stimuliert. Das führt natürlich zu mehr 3D Modelling.
Aus dieser Perspektive habe ich gehofft, der 3D Scanner im XZ1 Compact sei ein Werkzeug, dass mir unter Umständen einiges an Arbeit abnehmen könnte. Aber bevor wir mit den Tagträumen beginnen, habe ich herausfinden müssen, wie diese Technologie funktioniert und was das für eine allfällige Anwendung in der Praxis bedeutet.
Unter den richtigen Lichtbedingungen erhältst du ein auf den ersten Blick sehr beeindruckendes 3D Modell einer Person oder eines Objekts im OBJ-Format. Aber am Ende des Tages ist das nur ein High Poly Mesh mit all den Farben und Lichtern reduziert auf eine Textur, aufgepappt auf das Gitternetz.
Was bedeutet das nun?
Der Scan ist eine ungefähre Annäherung an das Objekt im echten Leben. Die Daten werden ausgeklügelt retouchiert. Die Lichter, Farben und Details, die um das 3D Modell gelegt werden, verstecken so manch einen Makel.
Das Mesh besteht aus einer riesigen Menge an Polygonen. Es würde also einen Haufen Tüfteln brauchen, um ein Modell in einer Detailfülle, wie sie ein Scan aus dem XZ1 liefert, nur mit menschlicher Handarbeit hinzukriegen.
Versteht mich nicht falsch, dieses Resultat zu kriegen nur indem ich mit einem Handy in der Hand um ein Modell gelaufen bin, ist sehr beeindruckend. Aber die Anwendungsmöglichkeiten fürs echte Leben werden durch das Resultat reduziert. So wie das System aktuell funktioniert, gibt es nur sehr wenige, sehr spezifische Use Cases.
Falls du interessiert daran bist, dir die Files selbst anzuschauen; Wir haben einige Beispiele davon zum Herunterladen veröffentlicht:
Sony bewirbt das neue Gimmick damit, dass du der Erste sein könntest, der einen dreidimensionalen Avatar in den gängigen Social-Media-Kanälen hat. Echt? Ich sehe nicht, wie das ein Anreiz sein könnte. Auf der anderen Seite habe ich auch nie gedacht, dass Tablets mal einen Markt haben werden, und die Welt beweist mir tagtäglich das Gegenteil.
Eine weitere Möglichkeit – also laut Sony ein Kaufgrund – sind Augmented-Reality-Fotos. Konkret heisst das, dass du dein Modell in eine virtuelle Umgebung einfügen kannst. Auch hier kann ich aber nicht weiter sehen als einige lustige Bilder, die auch in Photoshop hätten gemacht werden können.
Die extravaganteste Idee des System ist es, dass du das Modell in einer anderen App verwenden kannst. Konkret: Du kannst deinen Scan auf einen virtuellen Körper kleben und dann diesen Körper tanzen lassen. Stephanie hat das im Video von der IFA vorgezeigt.
Und schlussendlich, ein tatsächliches Verkaufsargument: 3D-Drucken.Wenn du die Datei fürs 3D-Drucken exportierst, oder direkt vom Handy druckst, wird die Applikation einen Sockel mit dem Namen des Objekts hinzufügen. Das ist ein eleganter Weg, die unebene Fläche wegzukriegen, die durch das Scannen entsteht.
Um das Produkt zum Leben zu erwecken hast du zwei Optionen:
Die meisten 3D-Drucker für Endverbraucher sind momentan auf ein bis zwei Farben beschränkt. Es zeichnet sich zwar so langsam am Horizont ab, dass die Mehrfarbigkeit bald Realität sein wird. Aber angekündigt ist noch nichts. Daher stelle dich auf eine längere Wartezeit ein.
Der einfarbige Druck aus dem aktuellen Königsmodell der 3D-Drucker, dem Ultimaker 3, zeigt: Das Endresultat ist ohne die Farben nicht berauschend. Falls du auf Full Color Sandstone zurückgreifst, die gebräuchlichste Option für den kommerziellen Farbdruck, wird dein Objekt sehr fragil sein und einen sandigen Finish haben. Nicht ideal für Prototypen und fürs Handling generell.
Ich kann verstehen, dass du nach dem Lesen des Textes bisher noch nicht vollständig überzeugt bist. Ich kanns dir nicht übel nehmen, ich wärs auch nicht. Aber warte, es gibt noch mehr!
Im Artikel, in dem wir das Handy vorgestellt hatten, hat jemand lange vor uns anderen das eigentliche Potential dieses Features gesehen.
Als 3D artist gibt es definitiv eine Anwendung für 3D Scanner. Es gibt schon einen Grund warum es dies überhaupt gibt :)
Vielleicht bist du während des Lesens dieses Artikels bereits zum selben Schluss gekommen: Ja, Games, VR oder 3D Animation können von dieser Technik profitieren.
Du bist zum Beispiel in einem VR Abenteuer und dort steht irgendwo ein Spiegel oder du siehst sonst deine Reflektion. Wie cool wäre es, wenn du auf dieser Reflektion dich selbst sehen würdest? Saucool! Indem du einen selbstgemachten 3D Scan hochlädst, muss das Spiel nicht mehr erraten, wie hübsch du bist, sondern es wird alles fixfertig von deinem Handy geliefert. Oder du könntest Stephanies Scan hochladen und mit ihr das Tanzbein schwingen.
Das ist nur ein Beispiel dafür, wie diese Technologie für den durchschnittlichen Benutzer angewandt werden könnte. Sie hat ein immenses Potenzial, aber sogar für mich war auf den ersten Blick nicht offensichtlich, wofür der 3D Scanner im XZ1 gut sein soll. Lasst uns einfach hoffen, dass Sony das ganze ernst nimmt und mehr daraus macht, als es im Moment ist: Einfach ein Gimmick.
Was wäre das Erste, was du mit einem 3D Scanner anstellen würdest? Ich bin sicher es gibt verrücktere, kreativere Anwendungen da draussen, die entdeckt werden wollen. Und wer weiss, wenn mir deine Idee gefällt, dann versuche ich mich vielleicht daran.
Eine kleine Anmerkung zum Schluss: Digitec stellt keine dreidimensionale Stephanie zur Verfügung. Falls du tanzen willst, versuchs mal mit Luca.
Grafik-Designerin, Pokémon-Trainerin, tech-savvy und keine Schriftstellerin. Seit 2014 bin ich in der Schweiz. Ich führe einen steten Kampf gegen schlechtes Design.