Produkttest

Pimp my Phone, Teil 2: Was kann das Nokia 8 mit 6 GB RAM?

Luca Fontana
1.12.2017

Wir tauften es die Diesel-Version, das neue Nokia 8 mit viel RAM und noch mehr Speicher. Eine liebevolle Hommage an den Schauspieler, der fast genauso fast and furious ist, wie das Handy. Doch wie viel Power steckt wirklich unter der Haube?

Rums! Das neue Nokia 8 hat bei mir eingeschlagen wie eine Bombe. «Du gefühlsduseliger Nostalgiker du» schimpfe ich mich selber. Tatsächlich gab ich dem Handy in meinem Test gute Noten. Nicht etwa, weil es das Smartphone-Rad neu erfunden hätte. Aber alles, was es macht, macht es gut und zuverlässig, ohne nervende Abstürze oder Bugs. Und das zu einem vernünftigen Preis.

Nun liegt ein neues Nokia auf meinem Tisch. Okay, es sieht genau so aus wie das Nokia 8, und ist bis auf ein paar Kleinigkeiten exakt baugleich. Die signifikanten Unterschiede zu seinem kleinen Bruder sind der Arbeitsspeicher und der Speicherplatz. Doch was bringt die zusätzliche Power im Alltag?

Fast and Furious: Neues Modell – Originalteile

Mit dem neuen Power-Modell geht Nokia einen weiteren Schritt in Richtung High-End. Kaum legt mir das Produktmanagement das Smartphone vor, tüfteln Senior-Editor Dominik Bärlocher und ich an einem klangvollen Namen, welcher der puren Kraft eines 6-GB-Arbeitsspeichers und eines Qualcomm-Snapdragon-835-Prozessors gerecht wird. Dominik und ich sind uns schnell einig. In liebevoller Anlehnung an den Schauspieler mit Glatze, der sehr schnell Autofahren kann, nennen wir es von jetzt an das «Diesel-Modell». Schliesslich ist es auch sehr fast und sehr furious. Neues Modell – Originalteile. Wie im Film. Und das sind die Neuerungen:

  1. Der Arbeitsspeicher bietet 6 GB statt 4 GB
  2. Der Speicherplatz bietet 128 GB statt 64 GB
  3. Das Diesel-Modell gibt’s in einer einzigen, exklusiven Farbe: Polished Blue
Ist das Power-Nokia genau so fast and furious wie Vin Diesel?

Was man nirgendwo liest, aber sofort ertastet: Die Oberfläche des Diesel-Modells ist weniger rutschig. Viel – weniger – rutschig. Ich betone das ganz bewusst. Beim ersten Nokia 8 Test flutschte mir das Natel, als ich es einmal aus der Hosentasche ziehen wollte, aus der Hand. Den Aufprall überlebte die rückseitige Kameralinse leider nicht. Ich möchte ehrlich sein: Ich stehe ganz gewaltig auf die neue, rutschfestere Oberfläche des Diesel-Nokias, auch wenn Fingerabdrücke schneller entstehen und besser sichtbar sind.

Nicht wegzukriegen: Die nervigen Fingerabdrücke.
Nicht wegzukriegen: Die nervigen Fingerabdrücke.
Oberfläche mit exklusiver Farbe: Polished Blue.
Oberfläche mit exklusiver Farbe: Polished Blue.

Das Nokia 8 Diesel-Modell im Alltags-Test

Was genau nützt mir nun die zusätzliche Rechenkraft in der Theorie? Ich mache einen kleinen Exkurs.

Mehr RAM und Speicherplatz im Alltag – wieso?

Das wichtigste Bauteil eines Smartphones ist der Prozessor. Er ist salopp gesagt das Herz des Geräts – oder der Motor, wenn du so willst. Ohne ihn geht gar nichts. Dominiks spannender und informativer Artikel dazu findest du hier. Genau so wichtig wie der Prozessor ist der Arbeitsspeicher – auch RAM genannt. Er ist quasi das Kurzzeitgedächnis deines Smartphones, denn in ihm werden alle benötigten Daten, die laufende Programme oder Dienste benötigen, gespeichert. Zum Beispiel das Betriebssystem, oder alle gestarteten Apps, die im Hintergrund laufen und sofort verfügbar sein sollen, wenn du sie einmal schliesst und später wieder öffnest. Ebenfalls im RAM abgelegt sind Hintergrundprozesse und -Bilder.

Wenn wir also bei der vereinfachten Metapher bleiben: Je mehr sich dein Handy merken kann, desto schneller kann es dir einen Aufsatz aufsagen, ohne ständig innehalten zu müssen, um aufs Blatt zu schielen – was Zeit kosten würde.

Test-Runde – die Erste!

Nun bin ich gespannt. Zunächst gehe ich die Sache ganz pragmatisch an. Das heisst, dass ich meine Handy-Gewohnheiten zu simulieren versuche. Ich nehme beide Smartphones – das herkömmliche Nokia 8 und das Diesel-Nokia 8 – und lege sie nebeneinander. Dann versuche ich, auf beiden Displays genau gleichzeitig die gleichen Apps zu öffnen. Geschwindigkeitsunterschiede sind dabei kaum bis gar nicht feststellbar. Beide Phones öffnen die Apps gleich schnell und gleich flüssig. Selbst nach der zwanzigsten App, die ich öffne und im Hintergrund weiterlaufen lasse, merke ich noch nichts. Auch wenn ich YouTube dazu öffne und ein Video streame, fällt mir nicht auf, dass ein Handy langsamer wäre als das andere. Oder dass die Animationen stocken würden. Kurz: Beide Nokias laufen so flüssig wie eh und je. «Also… ist das etwas Gutes?» höre ich mich in die Runde fragen, ohne eine Antwort zu bekommen.

Die beiden Handys im Alltagstest.
Die beiden Handys im Alltagstest.

Ich zweifle an der Methologie. Daher erzähle ich Produktmanager Dario Pellanda von meinem Ersteindruck und meiner «pragmatischen» Methodik. Für ihn ist der Fall klar: «Versuch es mit einer Stopp-Uhr», erklärt er mir, «lege eine fixe Abfolge von mehreren Apps, die ordentlich was laden müssen, wenn sie sich öffnen, fest. Dann stoppst du pro Handy die Zeit. Am Schluss schaust du dir den Zeitunterschied an». Aha. Mit dem Feedback im Huckepack mache ich mich also wieder an meine Nokias ran und probiere es aus.

Test-Runde – die Zweite!

Übrigens – beide Phones sind frisch aufgesetzt und haben die exakt gleichen Apps. Beide laufen mit Android 8 Oreo. Vor dem Testen habe ich alle im Hintergrund laufenden Apps gelöscht und beide Smartphones auf 100% geladen. Beide Geräte startete ich natürlich neu. Die adaptive Helligkeit ist ausgeschaltet und bei beiden aufs Maximum eingestellt. Flugmodus ist drin, mit beiden befinde ich mich im selben WLAN-Netzwerk. Du siehst, ich versuche möglichst gleiche Voraussetzungen zu schaffen, bevor ich mit dem Vergleich beginne. Das hundertprozentig hinzukriegen, ist fast unmöglich. Für den Test reicht es aber aus.

Die Apps, die ich durchprobiere, sind folgende:

  • Plague Inc
  • Asphalt 8
  • N.O.V.A. Legacy
  • Fruit Ninja
  • Flughafen Zürich
  • Facebook
  • Spotify
  • YouTube
  • Pokémon Go
  • Kamera-App
Der zweite Test beginnt. Dieses mal mit Stopp-Uhr.
Der zweite Test beginnt. Dieses mal mit Stopp-Uhr.

Ich öffne die Apps jeweils nicht nur einmal, sondern beginne bei der letzten App wieder von vorn. Ich möchte ja den Arbeitsspeicher – oder das Kurzzeitgedächtnis – ordentlich füllen und an seine Grenzen bringen. Insgesamt drehe ich drei Runden. Wieder bemerke ich keine Unterschiede. Was mir der Blick auf die Stopp-Uhr dann verrät, überrascht mich.

Beim Nokia 8 benötigte ich für das gesamte Prozedere 3 Minuten und 32 Sekunden. Beim Diesel-Nokia waren es nur deren 3 Minuten und 19 Sekunden! Ich war also gut 13 Sekunden – oder sechs Prozent – schneller. Messungenauigkeiten habe ich einfachheitshalber nicht berücksichtigt.

Das mag jetzt nicht nach viel klingen, Dario versichert mir aber, dass sechs Prozent auf einen so kurzen Test gesehen ein hoher Wert sind. «Ein Normalo-User wird den Unterschied beim täglichen Gebrauch nicht bemerken», erklärt er, «Power-User hingegen spüren sehr wohl, ob sich eine App innert einer Sekunde oder nur innert anderthalb Sekunden öffnet. Sie wollen aufs Icon klicken und – Zack! – die App soll sich sofort öffnen. Egal, wie viele andere Prozesse im Hintergrund noch laufen.»

Das leuchtet mir durchaus ein. Was habe ich denn erwartet? Das Nokia 8 lief bereits mit 4 GB RAM sehr geschmeidig. Ob sich eine App im Alltagsgebrauch zwei oder drei Zehntel schneller öffnet, bemerke ich vielleicht kaum. Power-User, welche die Programme, die im Hintergrund laufen, nur einmal am Tag schliessen – und die überhaupt Ressourcen fressende Apps am Laufmeter nutzen – für die ist die Rechen-Power zu spüren.

Endresultat Nokia 8: 3 Minuten und 32 Sekunden.
Endresultat Nokia 8: 3 Minuten und 32 Sekunden.
Endresultat Nokia 8 Diesel-Modell: 3 Minuten und 19 Sekunden.
Endresultat Nokia 8 Diesel-Modell: 3 Minuten und 19 Sekunden.

Fazit – für wen ist das Nokia 8 Diesel-Phone?

Kurzgesagt: Alltags-Nutzer wie ich werden keinen grossen Unterschied zum herkömmlichen Nokia 8 feststellen. Das wäre vermutlich zu erwarten gewesen. Dennoch hoffte ich, dass der Unterschied ein klein wenig deutlicher ausgefallen wäre. Das spricht entweder fürs Nokia 8 oder aber gegen das Nokia-8-Diesel-Modell.

Den Aufpreis würde ich trotzdem nicht so schnell als verschenkt abtun. Zwei Argumente, die für das Power-Modell sprechen:

Heute ist nicht morgen

Apple lieferte uns mit iOS 11 das Paradebeispiel: Ein neues Update kommt, ist abwärtskompatibel bis zur Steinzeit, aber killt dafür die Performance von älteren Smartphones. Das wird beim Diesel-Nokia nicht so schnell passieren. Der zusätzliche Arbeitsspeicher wird auch in Zukunft für ein flüssiges Betriebssystem sorgen.

Du bist ein Power-User

Das Handy ist mit Stock Android ausgestattet. Sprich: Überflüssiges Gedöns wie vorinstallierte Apps und Herstellerspezifische Anpassungen an der Benutzeroberfläche findest du hier nicht. Das macht es einfacher, am System rumzubasteln und nach eigenem Gutdünken zu gestalten. Zudem reizen Power-User das Phone jetzt schon aus und werden für die zusätzliche Power dankbar sein.

Du planst, dein Smartphone länger als ein bis zwei Jahre zu behalten? Dann ist das Diesel-Handy richtig für dich. Du bist ein Power-User und bastelst gerne am Betriebssystem rum? Auch dann wirst du deine Freude haben. Für die restlichen (Alltags-)User wie mich empfiehlt es sich, beim herkömmlichen Nokia 8 zu bleiben.

Das Nokia 8 Diesel-Modell

Nokia 8 (128 GB, Polished Blue, 5.30", Hybrid Dual SIM, 13 Mpx, 4G)
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Nokia 8

128 GB, Polished Blue, 5.30", Hybrid Dual SIM, 13 Mpx, 4G

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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