

MacBook Pro Mid-2018: Tolles Gerät mit kleinen Makeln

Alle Jahre wieder verpasst Apple seiner MacBook-Pro-Reihe ein Update. Ich habe die neuste Version getestet. Ob die ihren stolzen Preis wert ist, verrate ich dir im Test.
Da bist du zwei Wochen in den Ferien und was wartet bei deiner Rückkehr auf dich? Ein nagelneues MacBook Pro. Ich könnte mir Schlimmeres vorstellen. Im Gegensatz zu Kollege Martin Jud, der lieber Yoga mit Kühen machen würde, als einen Mac zu testen. Danke Martin, jetzt habe ich den Spass.
Es ist nicht irgendeine Version, die mir unser Produktmanagement hingelegt hat, sondern die 3199 fränkige (Stand: 2. August 2018). Das ist das schnellste bei digitec erhältliche Modell. Soll’s noch schneller sein, musst du bei Apple direkt kaufen. Dann wird’s aber richtig teuer. Die teuerste Konfiguration kostet dich dann über 7400 Stutz (Stand: 2. August 2018).
Geräte aus Cupertino kosteten schon immer mehr als die der Konkurrenz. Verglichen mit dem ZenBook Pro, das ähnliche Komponenten verbaut hat, schlägt mein Test-MacBook mit 900 Franken mehr zu Buche.

Was ist in meinem Testgerät genau drin?
- Intel Core i7-8850H 2.6 GHz
- Radeon Pro 560X 4096 MB
- 16 GB 2400 MHz DDR4
- 512 GB SSD
- 15.4 Zoll Retina-Display 2880 x 1800 mit 220 Pixel pro Zoll
- Touchbar mit integriertem Fingerabdruckscanner
- Lautsprecher, Mikrofon und Frontkamera
- Lithium-Polymer-Akku mit 83.60 Wh
- macOS High Sierra
Design und Anschlüsse

Am Design hat sich seit 2016 nichts geändert. Das Gehäuse ist immer noch aus Aluminium. Es wirkt hochwertig und stabil. Apple-typisch wird auf überflüssigen Schnörkel verzichtet. Die Lüftung befindet sich im hinteren Teil des MacBooks. Davon siehst du aber nichts.
Das Gerät wiegt 1.83 kg, ist 1.55 cm hoch, 24.07 cm lang und 34.93 cm breit. Damit spielt es äusserlich in der gleichen Liga wie vergleichbare Windows-Notebooks.
Bei den Anschlüssen spart Apple wie bereits bei den Vorgängermodellen. Einen USB-Typ-A-Anschluss suchst du vergebens. Ebenso Kartenleser. Du kriegst vier Thunderbolt-3-Anschlüsse, an die du auch alle USB-Typ-C-Geräte anschliessen kannst. Und eine Kopfhörerbuchse gibt’s auch noch. Das war’s dann aber schon mit Anschlüssen.
Apple führt hier konsequent weiter, was sie mit der 2016er-Modellreihe angefangen haben. Als Besitzer eines 2017 MacBook Pro sollte ich mir dessen eigentlich bewusst sein. Aber ich konnte mich bis heute nicht daran gewöhnen, immer meinen Hub dabei zu haben. Und ich besitze nicht viel Peripherie. Ich will mir gar nicht erst vorstellen, wie umständlich es für Hardcore-User ist, all ihre Zusatzgeräte an ein neueres MacBook Pro zu schliessen.
Ich verstehe, dass Apple aus Identitätsgründen auf möglichst simples Design setzt. Wenn das aber meine Nutzererfahrung negativ beeinträchtigt, finde ich es weniger toll. Und für den stolzen Preis von 3200 Franken wäre es ein Minimum, einen entsprechenden Hub mitzuliefern.


Display

Das mit 2880 x 1800 Pixel auflösende Retina-Display basiert auf IPS-Technologie mit LED-Hintergrundbeleuchtung. Das Hochglanzbild sieht toll aus und sollte von Kauf weg farbgenaues Arbeiten ermöglichen. Das MacBook Pro eignet sich für grafikintensive Arbeiten. Dafür solltest du aber zunächst den True-Tone-Modus in den Einstellungen deaktivieren. Dieser passt den Weissabgleich automatisch verschiedenen Beleuchtungssituationen an. Das mag für Office-Arbeiten zwar angenehm sein, aber sobald du Foto- oder Videobearbeitung machst, ist er unbrauchbar.
Touchbar, Tastatur und Trackpad
Mit dabei ist auch die 2016 eingeführte Touch Bar. Ob und inwiefern die Sinn macht muss jeder für sich entscheiden. Ich finde sie ganz praktisch zur Navigation im Safari. Ansonsten brauche ich sie nicht. Sie ist auch nur mit gewissen Anwendungen kompatibel. In Chrome funktioniert sie beispielsweise nicht.

Standardmässig ist der Siri-Button oberhalb der Backspace-Taste auf der Tochbar aktiviert. Siri habe ich deshalb immer wieder zufällig aufgerufen. Glücklicherweise lässt sich der Button über die Tastatureinstellungen entfernen. So hält Siri die Klappe und wenn ich sie gefrustet anschreie: «Ich hasse dich Siri», antwortet sie mir nun nicht mehr mit: «Das ist schade».
Der im Power-Knopf integrierte Fingerabdrucksensor funktioniert einwandfrei und bietet zusätzlichen Komfort in der Bedienung. Auf FaceID musst du übrigens auch bei der 2018-Modellreihe verzichten.
Die mittlerweile dritte Generation der Butterfly-Tastatur ist im neuesten MacBook Pro verbaut. Seit ihrer Einführung 2016 hat die Tastatur heftige Kritik einstecken müssen. Einerseits ist da die Qualität. Gewisse Tasten funktionierten Berichten zufolge innert kurzer Zeit nicht mehr. Andererseits wurde auch die Ergonomie bemängelt. Der Tastenhub ist sehr kurz bis gar nicht vorhanden und das Tippen ist ausserordentlich laut. Immerhin hat Apple bei der neuen Version das Lautstärkeproblem etwas behoben. Gemäss ifixit.com befindet sich nun eine Silikonschicht unter den Tasten. Die Tastatur ist immer noch verhältnismässig laut.
Immerhin dämmt der zusätzliche Gummi das Tippgeräusch etwas. Als schöner Nebeneffekt sollte auch weniger Staub und Dreck zwischen die Tasten gelangen. Obwohl das gemäss Apple nicht der Grund für die Silikonschicht ist. Wieso, kannst du hier nachlesen. Persönlich bin ich auch kein Fan der Butterfly-Tastatur. Mit meinem 2011 MacBook Pro habe ich das Schreiben angenehmer als mit dem 2017- oder 2018-Modell empfunden.

Das Trackpad ist für mich immer noch eines der Kaufargumente für ein MacBook Pro. Ich liebe, wie es reagiert und ich es durch die diversen Gesten steuern kann. Mit 16 x 10 cm ist das Trackpad riesig. Beim Schreiben stört es aber überhaupt nicht, im Gegensatz zum kaum vorhandenen Tastenhub der Tastatur.
Lautsprecher
Was andere Hersteller verstecken, zeigt Apple gerne. Die Lautsprecher sind links und rechts der Tastatur angebracht. Sie können sich nicht nur sehen, sondern auch hören lassen. Wer sich gerne Filme übers MacBook reinzieht, wird seine Freude haben. Für Notebook-Lautsprecher liefern sie einen sauberen Klang und auch bei lauten Actionszenen sind die Stimmen gut hörbar. Fürs Filmeschauen habe ich bisher noch nichts vergleichbares bei Notebook-Speakern gehört.

Auch Musik klingt für ein Notebook gut. Einzig bei sehr hoher Lautstärke scheppert es etwas bei den hohen Tönen. Die mittleren und tiefen Töne kommen aber auch dann noch gut rüber.
Akku
Mit 83.6 Wh ist eine recht grosszügige Batterie im neuen MacBook verbaut. Apple gibt 10 Stunden Akkulaufzeit an. Davon war ich in meinem Test dann doch etwas entfernt. Im für mich normalen Gebrauch mit Textverarbeitung, Surfen und Streamen kam ich durchschnittlich auf etwas mehr als 8 Stunden. Einmal voll laden dauert ungefähr anderthalb Stunden.
Um zu schauen, wie lange das MacBook unter Dauerlast durchhält, führe ich diverse Tests gleichzeitig durch. Erstens stresse ich die CPU mit dem yes-Befehl im Terminal. Zweitens teste ich parallel das RAM mit memtest. Damit auch die Grafikkarte etwas zu tun hat, lasse ich den OpenGL von Cinebench R15 laufen. Zu guter letzt läuft auch der Blackmagic Disk Speed Test.

Das MacBook wird innert kürzester Zeit sehr laut und heiss. Das Programm Fanny zeigt 65 Grad Celsius an. Es fühlt sich aber deutlich heisser an. Nach 50 Minuten bleiben noch 50 Prozent Akku. Da ich etwas Angst um die Lebensdauer des MacBooks habe, breche ich den Test hier ab. Fünfzig Minuten unter Dauerlast sind dennoch ein respektables Ergebnis.
CPU
In meinem Testgerät ist ein Intel Core i7-8850H verbaut. Wie alle neuen MacBook-Modelle mit Touchbar sind jetzt Intel-Prozessoren der 8. Generation integriert. Die versprechen einen Leistungszuwachs gegenüber den Vorgängermodellen.
Im Benchmark Geekbench 4 CPU Benchmark liefert mein Testgerät Werte um 5000 im Single-Core- und 20 000 im Multi-Core-Test. Damit liegt es etwa 300 Punkte vor dem vergleichbaren Vorgängermodell im Single-Core-Benchmark und 5000 im Multi-Core. Beim Single-Core-Test ist der Leistungszuwachs nicht enorm, dafür umso mehr beim Multi-Core. Das liegt aber auch daran, dass im MacBook Mid-2017 nur ein Quad-Core-Prozessor mit acht Threads verbaut ist und im neuen ein Sechskerner mit zwölf Threads. Wirklich merken wirst du diese nur bei Prozessen, die mehrere Kerne beanspruchen.
Beim Modell mit dem i9-Prozessor hatte Apple übrigens Probleme mit der Kühlung, weshalb der Prozessor verhältnismässig schlechte Resultate lieferte. Durch ein System-Update wurde das behoben. Bei meinem Modell konnte ich keine Veränderung der Benchmarks durch das Update ausmachen.
Grafikkarte
In den 15-Zoll-Modellen verbaut Apple entweder eine Radeon Pro 555X oder Radeon Pro 560X. Im Testgerät steckt die 560X. Im Cinebench-R15-OpenGL-Test erreicht die GPU zwischen 90 und 100 fps. Sie liegt damit hinter der GTX 1050, die im Asus ZenBook Pro verbaut ist.
Im OpenCL-Benchmark von Geekbench 4 erreicht die GPU Werte zwischen 60 000 und 65 000. Damit erreicht sie ungefähr 20 000 Punkte mehr als die im Vorgängermodell verbaute Radeon Pro 560. Im Gegensatz zum Prozessor ist der Leistungszuwachs bei der GPU substantiell.
Fazit
Lohnt sich jetzt der Umstieg auf ein neues MacBook Pro? Es kommt drauf an. Wenn dein altes Pro-Modell in die Jahre gekommen ist, macht die Anschaffung Sinn. Wenn du Pro bist oder einfach nur Apple-Jünger, der immer das Neuste braucht, kannst du ebenfalls zugreifen. Läuft dein altes MacBook Pro aber noch gut, brauchst du definitiv noch nicht umzusteigen. Dafür ist der Leistungszuwachs zu gering und am Design wurde auch nicht gerüttelt. Apple setzt seit 2016 eher auf Evolution statt Revolution.
Riesige Leistungssprünge brauchst du dir wohl sowieso nicht zu erhoffen. Wie gesagt wird mein Testgerät ziemlich schnell sehr heiss, was sich in der Leistung niederschlägt. Für die nächste Version sollte Apple an der Kühlung arbeiten. Mit dem Trend nach immer dünneren und leichteren portablen Geräten ist das eine Herkulesaufgabe. Mal schauen, was sich Apple einfallen lässt – hier könnte die Apple-Ideologie nach schlichtem, elegantem Design hinderlich sein.
Und sonst? Du kriegst, was du dir von Apple gewohnt bist. Ein hochwertig verarbeitetes Produkt, das seinen Dienst äusserst zuverlässig verrichtet. Ein paar Makel hat das Gerät aber doch.
Da wäre einerseits die Butterfly-Tastatur. Das Schreiben darauf ist immer noch sehr gewöhnungsbedürftig. Es muss ja auch kein Tastenhub wie bei mechanischen Tastaturen sein, aber etwas mehr wäre definitiv angenehm. Mit der Zeit wird sich auch zeigen, ob die neue Silikonschicht unter den Tasten Ausfälle minimieren kann.
Der andere Punkt sind die homogenen Anschlüsse. Immerhin serviert Apple vier Thunderbolt 3, respektive USB-3.1-Typ-C-Anschlüsse. Für alle weiteren Stecker oder Karten brauchst du einen Hub oder ein Dongle.
Zudem fehlt Face ID als zusätzliche Sicherheitseinstellung. Wieso Apple (noch) darauf verzichtet, ist mir schleierhaft. Aber bei Siri hat die Implementierung ja auch gedauert. Immerhin kriegst du seit 2016 Touch ID auf MacBook Pros mit Touch Bar. Willkommen im Jahr 2003.
Trotz dieser zugegeben kleineren Mängel ist das MacBook Pro Mid-2018 ein sehr gutes Gerät, das ich jedem empfehlen kann, der das Geld dafür locker machen kann und Macs gegenüber nicht komplett abgeneigt ist.


Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.