
LG G7: Zeigt die G-Serie Zähne?

Das LG G7 ist das offizielle Phone des neuen Star-Wars-Films. Doch bietet das Gerät mehr? Ein erster Eindruck zeigt, dass da mehr drinsteckt, als das Datenblatt vermuten lässt.
Eines muss ich LG lassen: Sie wissen wie ein Phone nerdkompatibel inszeniert wird. Vor der Präsentation im Berliner Kino Astor, machen Chewbacca, ein Stormtrooper und dire Jawas ihre Aufwartung. Sie tanzen unter anderem zu Celine Dions «My Heart Will Go On» und Dubstep Remixes von John Williams' Star Wars Soundtrack. Der Grund: Das LG G7. Das Phone ist das offizielle Phone zum neuen Star-Wars-Film «Solo: A Star Wars Story».
Neben mir liegt das Gerät in seiner Verpackung, es juckt mich in den Fingern, das Teil auszupacken. Während der Marketingdirektor LGs seine Ansprache hält, packe ich das Phone aus. Unauffällig. Neben mir filmt Stephanie Tresch und lacht. Ihr Blick lässt mich wissen: Du und unauffällig? Haha. Na gut, dann halt nicht. Ich mach trotzdem mal.
Der neue zweite Bildschirm
Marco Scholz, Head of Training bei LG Mobile, outet sich als Fan Han Solos. Das LG G7 sei der perfekte Co-Pilot für das digitale Leben. So der Chewbacca an der Langstrasse oder so. Neben mir macht das Phone seine ersten Schritte. Das Setup läuft. Lustigerweise spricht Scholz vom hellen Display, gerade als mich das Teil in der schummrigen Kinoatmosphäre blendet. Bis zu 1000 Nits bringt das G7 hin über den gesamten Farbraum hinweg. Das heisst, dass die Farben selbst bei höchster Helligkeit nicht verwaschen.

Quelle: Stephanie Tresch
Das Ganze wird über einen Helligkeits-Booster geregelt. Dieser Modus kann aber nur für drei Minuten aktiviert werden, weil sonst wohl zu viel Akku verbraucht wird.

Der zweite Bildschirm, den ich beim LG V20 damals so gut gemocht habe, beim V30 aber komplett abwesend ist, soll ein Revival erleben. Ich freue mich über Marco Scholz' Ansage, aber auf den ersten Blick sehe ich hier nur, dass der Notch entweder ein- oder ausgeblendet werden kann. Wenn du den Notch ausblendest, dann wird der Bildschirm einfach um die paar Pixel, die der Notch hoch ist, gekürzt und so verschwindet die Einbuchtung oben am Phone in der Schwärze des ausgeschalteten Bildschirms. Es sei denn, du machst eine Theme oben an den inaktiven Notch-Streifen. Das sieht merkwürdig aus, aber da ich Notches mag, mach ich mir mal keine Gedanken über die Geschmäcker der Notch-Gegner.

Etwas mehr V-Serie für die G-Serie
Marco Scholz spricht weiter. Das Kamera-Setup erinnert stark an die V-Serie, die jüngst mit dem V30 und dessen Nachfolgern für Fragen gesorgt hat. Es scheint so, als ob LG die Erkenntnisse aus der mutigen und experimentellen V-Serie in die G-Serie, die als Flaggschiff-Serie gilt, übernommen hat. Das macht das G7 auf einmal unheimlich spannend. Denn wo die G-Serie in der Regel immer Leistung und Komfort gezeigt hat, so hat die V-Serie immer die Zähne gezeigt, Mut und Experimentierfreude. Was passiert, wenn die Experimente zum Serienprodukt werden?
Die Dual Cam am G7 scheint verfeinert. Das Setup kennst du von anderen LG-Phones her. Zwei 16-Megapixel-Sensoren hinten treiben zwei Linsen an. Eine 71-Grad-Linse und eine 107-Grad-Weitwinkellinse. Der Weitwinkel war schon weiter. Das sei bewusst so, sagt Scholz, denn so vermeide das Phone zu krasse Verzerrungen im Bild.


Hardware für die intelligente Software
So weit so gut. Auf einmal spricht Scholz von neuen Hardware Features. Namentlich macht LG das richtig, was Samsung mit Bixby falsch macht. Da ist an der linken Seite des Phones ein Knopf, der Walkie-Talkie-Knopf genannt wird. Wenn du diesen Knopf gedrückt hältst, dann hört der Google Assistant mit. Die ganze Zeit, auch wenn du eine Pause machst. Bei Samsung gibt's entweder Bixby oder gar nichts.
Hat LG etwa die Experimentierfreude der V-Serie in die G-Serie übernommen? Ich sähe das gerne, denn LG hat damals mit dem V20 bewiesen, dass der Formfaktor des Rechtecks mit abgerundeten Ecken nicht ausgereizt ist.
Dazu hat LG die ThinQ Features ins Gerät verbaut. Sprich, die Kameras denken mit, analysieren das Bild und stellen Presets ein. Das gehört zum Standard in dieser Saison und LG wird es mit diesem Feature schwer haben. Die Konkurrenz ist stark, doch wenn ich Scholz so zuhöre, dann ist er optimistisch. Ob und wie LG das als Alleinstellungsmerkmal oder grosses Feature implementiert hat, wird der Test zeigen.
Sonst: Flaggschiff im Jahre 2018
Der Rest der Specs ist überschaubar und wird in dieser Saison noch in vielen Phones zu sehen sein. Snapdragon 845 und dazu 4 GB RAM. Wo andere Hersteller mit 6 GB klotzen, bleibt LG bei vier. Der Akku fasst 3000 mAh und spekuliert hart darauf, dass die versprochenen Optimierungen des Snapdragon System-on-a-Chip (SoC) den Akku weit weniger ausreizen als die Vorgängermodelle.
Ein erster Kurztest während den Dreharbeiten am Berliner Bahnhof Zoo zeigt, dass der Akku durchaus etwas aushält. Ausgepackt habe ich das Teil auf 41% Akku, dann an meine Powerbank angehängt. Zum Zeitpunkt des Live Streams war der Akku auf 73% oben. Nach über 50 Bildern und kurzen Videos bleiben noch 61%.
Ein Phone für Medienkonsumenten
Erste Anzeichen von Stärke zeigt das G7, das ich bisher als ziemlich durchschnittliches Phone wahrgenommen habe, nach den Ansprachen. Zehn Minuten Pause, dann eine Vorpremiere des Star-Wars-Films. Ich will aber eines der Features testen, für die LG berühmt ist: Das Audio-System. Für Uneingeweihte: Kein anderer Hersteller schafft es, so viel aus einem 3.5 mm-Jack zu holen wie LG. Mit dem Feature, das in der Schnellzugriffsleiste «Quad Hifi DAC» heisst, bringt LG ordentlich Geräusch in deine Ohren. Nicht besonders laut, sondern vor allem satt ist der Klang, der aus deinen Kopfhörern klingt.

Damit aber nicht genug. LG hat daran weiter gearbeitet und dem Audio-System noch einen Stoss gegeben. In den Standardeinstellungen gleich neben Quad Hifi DAC findest du einen Schalter, der sich «DTS:X 3D Surround» nennt.
Woah.
Ich höre mir «Smells like Teen Spirit» von Nirvana an.
DTS:X soll Raumklang oder gar Konzertatmosphäre simulieren. Ähnlich wie Dolby Atmos, denn DTS, ein Unternehmen aus Kalifornien, hat DTS:X als direktes Konkurrenzprodukt zu Atmos entwickelt. Das System kann dreidimensionalen Sound mit jedem Speaker Layout simulieren, die ein hemisphärisches Layout haben.
Auf dem LG G7 funktioniert das aber nicht mit den Boxen, dafür aber mit Kopfhörern. Wenn du die Option eingeschaltet hast, dann bricht das System deine Musik oder deinen Videoklang auf zwölf virtuelle Kanäle herunter und simuliert so den Surround Sound. So abstrus das alles auch klingt, so beeindruckend ist das Resultat. Ich werde das im Review zum Phone nochmal sagen, aber ich sag es hier schon: Wenn du auf guten Sound stehst und den Beweis willst, warum der Kopfhörer-Jack noch nicht abdanken muss, dann schau dir das G7 genauer an.
Der erste Eindruck stimmt. LG zeigt mit dem G7 etwas die Zähne. Die Aggression und der Spass aus den Zeiten des V20 liegen noch etwas in der Ferne, aber ich meine, dass das Phone für einige Überraschungen gut sein könnte.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.