

Kamerakauf: Sensorgrössen im Klartext

Die Grösse des Sensors ist etwas vom Wichtigsten bei der Wahl deiner Kamera. Leider sind die Bezeichnungen dafür alles andere als selbsterklärend.
Der Sensor ist das Herzstück einer Kamera: Er trägt einen grossen Teil zur Bildqualität bei, er legt die Auflösung und das Seitenverhältnis fest. Ein wichtiger Aspekt des Sensors ist seine Grösse.
Bei einem grossen Sensor verschwimmt der Hintergrund schneller. Dadurch kommt das Hauptmotiv besser zur Geltung. Dies hängt auch von der Blende des Objektivs ab, aber die Blende ist variabel, der Sensor ist fix.
Am Rande: Streng genommen ist es die Brennweite, nicht die Sensorgrösse, die die Tiefenunschärfe bewirkt. Ein kleiner Sensor braucht weniger Brennweite für den gleichen Bildausschnitt.
Grosser Sensor und Blende f/2,8. Achte auf den Hintergrund.

Kleiner Sensor mit gleicher Blende:

Ein grosser Sensor hat ausserdem eine höhere Lichtempfindlichkeit. Daher produziert er bei schwachem Licht bessere Bilder. Aber auch bei Sonnenlicht leistet er mehr: Er kann grosse Helligkeitsunterschiede (Licht und Schatten) besser abbilden.
Kleiner Sensor, handliche Kamera
Kameras mit kleinen Sensoren sind meist günstiger. Vor allem aber können Kamera und zugehörige Objektive kleiner gebaut werden. Das wirkt sich besonders bei Tele-Objektiven und Objektiven mit viel Zoom aus.
Die Mittelformatkamera Fujifilm GFX 100 hat einen extrem grossen Sensor. Sie misst 103×167×156 mm und wiegt 1300 Gramm. Das zugehörige 120mm-Objektiv wiegt nochmals ein Kilogramm.

Gegenbeispiel: Diese Kompaktkamera (35×58×102 mm, 245 Gramm) hat einen winzigen Sensor. Seine Bildqualität dürfte daher nicht die allerbeste sein, doch durch den kleinen Sensor wird es möglich, ein 30-fach-Zoom zu integrieren. Bei Kameras mit grossen Sensoren wäre das völlig undenkbar. Beim Fujifilm-Mittelformatsystem ist Zweifachzoom das Maximum.
Grössenangaben aus der Filmfotografie
Leider geben die Hersteller die Grössen nicht einfach in Millimetern an, sondern verwenden Angaben, die kein Einsteiger versteht. Ein Teil der Grössenangaben stammt aus dem Zeitalter der Filmfotografie. Im Film gibt oder gab es folgende Bildgrössen:
- Grossformat: 90×120 mm oder grösser
- Mittelformat: diverse Grössen zwischen 45×60 mm und 60×90 mm
- Kleinbildformat: 36×24 mm
- APS: diverse Grössen kleiner als Kleinbildformat – eine davon ist APS-C
Grossformat spielt bei Digitalkameras keine Rolle mehr. Mittelformat ist somit maximal gross und keineswegs mittel. Auch das Kleinbildformat ist für Digitalkameraverhältnisse nicht klein, sondern war lange die grösste Grösse, weshalb es auch «Vollformat» genannt wird.
Digital haben wir also folgende vom Film stammende Sensorgrössen:
- Mittelformat: 44×33 mm
- Kleinbildformat = Vollformat = FX: 36×24 mm
- APS-C = DX: ca. 24×16 mm
Grössenangaben aus der Röhrenzeit
Die kleinsten Sensorgrössen haben keine Namen. Sie sind als Diagonale in Zoll angegeben. Du kennst das bestimmt von Bildschirmgrössenangaben. Aber die Zollangaben bei den Sensoren sind als Brüche geschrieben, zum Beispiel 1/2,3 Zoll. Ein Umrechnen der Zoll-Diagonale auf Länge und Breite in Millimetern ist kompliziert. Vor allem aber ist es sinnlos.
Warum sinnlos? Weil du dann nicht die tatsächliche Sensorgrösse bekommst. Die ist nämlich immer deutlich kleiner als das, was beim Umrechnen herauskommen würde. Ein Sensor mit der Grössenangabe 1 Zoll hätte eine Diagonale von 25,4 mm, tatsächlich aber beträgt sie nur knapp 16 mm.
Das hat historische Gründe. Die Angaben stammen aus der Zeit der Bildaufnahmeröhren und bezeichnen den Durchmesser der Röhre. Die Kathode – das Analogstück des heutigen Sensors – ist um einiges kleiner.
Da der Trend zu grösseren Sensoren geht, ist heute von diesen seltsamen Bruchnotationen nur noch die Grösse 1/2,3 Zoll verbreitet. Bei Smartphones gibt es allerdings nach wie vor andere Grössen.
Bezeichnungen und ihre Grössen
Bezeichnung(en) | Länge×Breite | Seitenverhältnis |
---|---|---|
Mittelformat | 43,8×32,9 mm | 4:3 |
Vollformat (Kleinbildformat, FX) | 36×24 mm | 3:2 |
APS-C, DX | 24×16 mm | 3:2 |
Micro Four Thirds | 17,3×13 mm | 4:3 |
1 Zoll | 13,2×8,8 mm | 3:2 |
1/2,3 Zoll | 6,2×4,6 mm | 4:3 |
Falls du mal eine exotische Grösse antriffst, hat Wikipedia eine vollständige Übersicht.
Empfehlungen für die breite Masse (ja, ich hab dich gerade fett genannt)
Mittelformatkameras gibt es nur wenige. Die Fujifilm GFX 50R ist wohl diejenige, die noch am ehesten auch für Nichtprofis in Frage kommt. Im Vergleich zu anderen Mittelformatkameras ist sie günstig, leicht und handlich. Im Vergleich zu anderen Kameras nicht.
Im Kleinbildformat ist die Auswahl weitaus grösser. Was für dich richtig ist, kommt auf den Verwendungszweck an. Zum Bespiel brauchst du für Sport eine schnelle Kamera, für Landschaft viel Auflösung. Als Einsteiger wirst du einen günstigen Allrounder bevorzugen. Da wäre mein Tipp die Sony A7 III.
Diese Spiegelreflexkameras von Canon und Nikon kosten noch weniger und haben den Vorteil, dass es generell sehr viele Objektive zu diesen Systemen gibt – darunter auch gute und günstige.
Bei APS-C hast du noch mehr die Auswahl. Auch hier zwei Allrounder-Empfehlungen. Die Sony Alpha 6400 benutzen wir selbst auf der Redaktion. Sie ist sehr kompakt und bietet eine rundum solide Leistung. Die Fujifilm ist eine Alternative, bei der die Bedienung eindeutig mehr Spass macht.
Micro Four Thirds wird von Olympus und Panasonic verwendet. Die Panasonic GH5s ist eine voll auf Video und schwaches Licht spezialisierte Kamera und darin auch sehr gut. Interessant ist zudem, dass mit der Panasonic LX100 II auch eine Kompaktkamera in dieser Sensorgrösse existiert.
Die Kameras mit 1-Zoll-Sensor haben alle ein fest eingebautes Objektiv. Aus eigener Erfahrung kenne ich nur die verschiedenen Versionen der Sony RX100, die ich dir empfehlen kann. Sony bietet alle je herausgebrachten Kameras bis heute an – je älter, desto günstiger. Weiter zurück als bis zur Version III würde ich allerdings auch bei schmalem Budget nicht gehen.
- III: Eingebauter Sucher, lichtstark
- IV: plus 4K-Video
- V: plus schnell (Autofokus, Serienbilder)
- VI: plus mehr Zoom, Sucherhandling vereinfacht
- VII: plus Mikrofonanschluss
Bleibt noch 1/2,3 Zoll. Hm. Naja. Würde ich wenn möglich vermeiden. Das geht aber nicht immer. Du brauchst zum Beispiel eine robuste Kamera, mit der du auch tauchen kannst? Gibt es nur mit kleinen Sensoren.
Oder der oben erwähnte Fall: Du willst eine günstige, kleine Kamera mit ganz viel Zoom. Geht auch nur mit kleinem Sensor. Die Sensorgrösse ist dann aber kein Kaufkriterium, sondern etwas, was du so nebenbei in Kauf nimmst.


Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.