Produkttest

HP Reverb: Die Scharfe, aber Unbequeme

Die HP Reverb besitzt die höchste Auflösung unter den bekannten VR-Headsets. Sie benötigt ausserdem keine externen Sensoren und auch der Preis ist nicht überrissen. Trotzdem bin ich enttäuscht davon.

Nach meiner Zeit mit der kabellosen Oculus Quest, bin ich verwöhnt geworden. Allerdings klingt die HP Reverb selbst mit Kabelzwang vielversprechend. Mit einer Auflösung von 2160 x 2160 pro Display ist sie deutlich höher aufgelöst als die HTC Vive Pro oder die Oculus Quest mit 1440 x 1600 Pixel pro Auge. Die Oculus Rift S liegt sogar noch etwas tiefer. Genügen Leistung vorausgesetzt, verspricht das ein optisches Feuerwerk.

Eigentlich unkomplizierte Einrichtung

Die HP Reverb setzt auf Inside-Out-Tracking und benötigt keine externen Sensoren. Du musst lediglich ein Displayport- und ein USB-Kabel am PC anschliessen und schon kann es losgehen. Danach startest du die Mixed-Reality-Software im Windows Store und führst den Setup-Prozess durch. Das dauert wenige Minuten, wo du unter anderem mit dem Headset deinen Spielbereich abläufst. Alles kurz und schmerzlos. Wenn du dich mit dem Spieleangebot vom Windows Store zufrieden gibst, wärs das bereits gewesen.

Du musst das Raumsetup einmal für Windows Mixed Reality und noch mal für SteamVR durchführen.
Du musst das Raumsetup einmal für Windows Mixed Reality und noch mal für SteamVR durchführen.

Da die meisten Games aber auf Steam zu finden sind, willst du anschliessend auch noch SteamVR installieren. Damit SteamVR mit der HP Reverb funktioniert, musst du auf Steam zuerst Windows Mixed Reality for SteamVR installieren. Danach kannst du SteamVR starten und auch dieses Setup durchführen. Um den Spielbereich für Room Scale abzustecken, musst du mit der Brille in der einen Hand und einem Controller in der anderen, im Zimmer im Kreis laufen. Ich hatte dabei regelmässig mit kurzen Sensor-Aussetzern zu kämpfen, so dass ich das Ganze ein halbes Dutzend mal machen musste, bis ich endlich meinen Spielbereich hatte.

Falls du auch noch Games vom Oculus Store möchtest, brauchst du natürlich noch die Oculus- und die Revive-Software, damit du die Oculus-Games direkt von SteamVR aus starten kannst.

Einschalten und loslegen ist anders. Immerhin musst du diesen ganzen Prozess in der Regel nur einmal machen.

Auf der Suche nach Komfort in Tragekomfort

Je nach Kopfform ist die HP Reverb ziemlich unbequem.
Je nach Kopfform ist die HP Reverb ziemlich unbequem.

Die HP Reverb setzt auf das gleiche Befestigungssystem wie die Oculus Quest. Auf der Seite und oben befinden sich Klettverschlüsse mit denen du die Brille festziehen kannst. Allerdings ist der Tragekomfort ziemlich mässig. Ich finde einfach keine wirklich bequeme Haltung. Entweder drückt mir die Brille auf die Stirn oder die Nase. Wenn ich sie so zurechtrücke, dass sie einigermassen bequem sitzt, dann ist das Bild nicht perfekt scharf. Damit hatte ich ohnehin so meine Mühe. Ich weiss nicht, ob es daran liegt, dass ich den Augenabstand nicht manuell einstellen kann, aber um das Bild wirklich perfekt scharf zu kriegen, musste ich mir die Brille richtig ins Gesicht drücken. Nicht wirklich förderlich für VR, das ohnehin schon aufs Gehirn drückt.

Das Kopfhörerkabel und die zwei PC-Kabel sind äusserst störend.
Das Kopfhörerkabel und die zwei PC-Kabel sind äusserst störend.

Ich hatte auch Probleme, die integrierten Kopfhörer auszurichten. Sie lassen sich zwar frei verstellen, aber selbst damit waren sie noch ein kleines Stück zu hoch für meine Ohren. Du könntest sie auch abnehmen und eigene Kopfhörer anschliessen. Dafür befindet sich ein Stecker an der Rückseite des Headsets. Dieser bambelt allerdings etwas störend in der Luft und ist beim Anziehen der Brille meist im Weg. So richtig durchdacht wirkt das Design nicht. Ich versteh auch nicht, warum die fetten PC-Kabel der Seite und nicht am Hinterkopf angebracht sind. Die ganze Brille wirkt zudem etwas klapprig.

Du kannst eigene Kopfhörer anschliessen.
Du kannst eigene Kopfhörer anschliessen.

Ich hab auch meine Kollegen Raphael und Kevin die Brille ausprobieren lassen, um rauszufinden, ob’s nur an meinem Kopf liegt. Beide kennen auch schon die Oculus Quest und Rift S. Kevin konnte sich mit dem Design ebenfalls nicht anfreunden, Raphael hingegen fand die Reverb ziemlich bequem. Die Kopfform scheint also entscheidender zu sein, als bei anderen Modellen.

Optimierungspotential auch beim Controller

Die Controller liegen gut in der Hand.
Die Controller liegen gut in der Hand.

Die HP Reverb kommt mit zwei Motion Controllern. Sie benötigen je eine AA-Batterie, die mitgeliefert werden. Mehrmals habe ich aus Versehen den Batteriedeckel auf der Rückseite mit der Handfläche abgezogen. Etwas fest mit der Hand rumguchtel, reichte bereits. Besser wäre es gewesen, wenn die Öffnung auf der Innenseite platziert worden wäre.

Das Tracking der Controller empfand ich als ähnlich präzise wie bei der PS VR. Das heisst gut, aber nicht perfekt. Besonders in «Beat Saber» haben die Lichtschwerter regelmässig kreuz und quer in die Luft gezeigt, statt gerade nach vorne. Auch in anderen Spielen kam es hie und da zu kurzen Aussetzern. Keine Katastrophe, aber eben doch so, dass es bemerkbar ist.

Leider löst sich die Batterieabdeckung manchmal von selbst.
Leider löst sich die Batterieabdeckung manchmal von selbst.

Ausserdem ist der Vibrationsmotor in den Controllern etwas schwach. So fehlt es in Spielen manchmal am befriedigenden Feedback, wenn du eine Waffe abfeuerst oder ein Laserschwert schwingst. Ausserdem beherrschen die Controller kein Fingertracking wie die Oculus Quest/Rift S oder Valves Index, was die Immersion hemmt.

Der Spieletest

Wo die Reverb punkten kann, ist bei der Auflösung. Mit 2160 x 2160 Pixel ist sie die schärfste unter den Mainstream-Brillen. Für den Test diente uns der digitec Pulse III mit i9-9900K und einer RTX 2080Ti. Wenn du aber glaubst, dass dir das sofort ins Auge sticht, muss ich dich enttäuschen. Das Bild ist scharf, keine Frage, aber das ist es auch bei der Oculus Rift S oder einer Vive Pro. Der Unterschied ist nicht so dramatisch, wie ich erhofft hatte. Das Bild ist einen Zacken schärfer, aber wirklich in Staunen versetzt, hat mich das Resultat nicht. Das liegt wohl auch daran, dass ich den Displayrand stärker wahrgenommen habe, als bei anderen VR-Brillen. Und weil die Reverb einfach nicht bequem sitzen wollte, konnte ich es auch nie richtig geniessen. Zum Teil liegt der fehlende Aha-Effekt aber auch an den VR-Games selbst. Die sind meistens keine Grafikbomben, weil flüssiges Gameplay wichtiger ist. Darum habe ich noch ein paar klassische Games mit VR-Modus probiert wie Everspace. Hier kann die Reverb ihre Stärker besser ausspielen. Das Ergebnis sieht dann schon verdammt schick aus.

Games sehen knackig aus, aber es ist kein Quantensprung.
Games sehen knackig aus, aber es ist kein Quantensprung.

Softwareseitig macht Windows Mixed Reality eigentlich keine schlechte Falle. Die Navigation funktioniert und der Wechsel zu SteamVR oder zum Desktop klappt meist mit zwei Klicks. Aber immer mal wieder kommen sich die Programme in die Quere oder starten nicht, wie sie sollen. Mir wär’s ausserdem lieber, die Windows-Taste an den Controllern würde das Steam-Menü öffnen und nicht das von Windows Mixed Reality. Stattdessen musst du den Analog-Stick drücken. Dass du dich mit mehreren Programmen und Menüs herumschlagen willst, macht das Erlebnis nicht angenehmer.

Dafür klingen die Kopfhörer toll und sitzen relativ bequem, wenn ich sie dann mal auf die richtige Höhe bringen kann.

Fazit: doch kein so scharfes Teil

Falls du dich schon nervst, wenn du am PC mehrere Launcher für deine normalen Games installieren musst, dann lass am besten die Finger von Windows-Mixed-Reality-Headsets wie dem HP Reverb. Der einzige Vorteil, den die Brille gegenüber einer Oculus Rift S hat, ist die Auflösung – und dieser Unterschied fällt weniger stark auf, als ich erwartet hätte. Das Bild ist etwas schärfer, ja, ein bisschen. Wirklich zur Geltung kommt das primär bei Spielen, die für den PC und nicht VR gemacht sind. In reinen VR-Games fällt der Unterschied am geringsten aus.

So oder so ist die Voraussetzung, dass du die Brille so auf deinem Kopf ausrichten kannst, dass sie bequem sitzt und du scharf siehst. Etwas, womit ich bis zum Schluss zu kämpfen hatte. Ausserdem benötigt dein PC genügend Power (GTX 1080 oder besser), um die Auflösung zu stemmen.

Scharf ist nur einer.
Scharf ist nur einer.

Von zwei Redaktionskollegen teilte einer mein Leid bezüglich Tragekomfort und der andere fand sie ganz bequem. Wo wir uns alle einig sind, ist das nervige Kabel. «Ich hab immer Angst, ich stolpere drüber», findet Raphael und ich stimme ihm zu. Es ist zu sperrig und seitlich am Headset auch fehlplatziert.

Hinzu kommt das umständlichere Einrichten von Windows Mixed Reality, SteamVR und Co. Kein Vergleich zu Oculus Rift S und Quest, wo du einfach kurz einen Kreis am Boden zeichnest mit dem Controller und schon kanns losgehen.

Die HP Reverb ist für dich, wenn du unbedingt das schärfste Display willst, alle anderen sind mit einer Oculus besser bedient.

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