Produkttest

HP Omen Mindframe: Nicht cool genug für meine Ohren

Kevin Hofer
16.10.2018

Mit aktiver Kühlung sollen feuchte Gamer-Ohren der Vergangenheit angehören. Ob HPs Omen Mindframe mir kalte oder heisse Ohren verpasst, liest du im Test.

Es ist heiss im antiken Griechenland. Mehr oder weniger gekonnt steuere ich Kassandra aus «Assassin’s Creed Odyseey» über Dächer und Schiffe. Bei dem ganzen Rumgehopse bekomme auch ich warm. Bis auf meine Ohrmuscheln, die sind kalt.

Für meine kalten Ohren sorgt die aktive Kühlung des Omen Mindframe Headsets. Frostcap nennt HP die Technologie. Bevor ich in die Theorie gehe, hier die wichtigsten Specs im Überblick:

  • Virtueller 7.1-Surround-Sound für positionale Audio und 3D-Soundwahrnehmung
  • Thermoelektrisch gekühlte «FrostCap»-Ohrmuscheln und aktive Wärmeableitung
  • Gepolsterter und verstellbarer Kopfbügel
  • Verstellbares und einklappbares Mikrofon
  • Lautstärkeregler an der rechten Ohrmuschel
  • Konfigurierbare RGB-Beleuchtung

Etwas Physik zum Einstieg

Das Prinzip der thermoelektrischen Kühlung ist nicht neu. Damit ist die Beeinflussung und Umsetzung von Elektrizität und Temperatur ineinander gemeint. HP wendet das Prinzip als erster in einem Headset an. Im Fall des Omen Mindframe macht sich HP den Peltier-Effekt zu nutze. Hierbei wird zwischen zwei ungleichen Leitern Wärme entweder aufgenommen oder abgegeben, wenn ein Strom fliesst. Wird eine Gleichspannung angelegt, nehmen die positiven und negativen Ladungsträger an einer Substratoberfläche Wärme auf, übertragen sie in das Substrat auf der gegenüberliegenden Seite und geben sie dort ab. Die Oberfläche, an der Energie aufgenommen wird, kühlt sich dadurch ab und die gegenüberliegende Oberfläche, an der die Energie wieder abgegeben wird, erwärmt sich.

Die Aluminiumplatte oberhalb des Treibers soll deine Ohren kühl halten.
Die Aluminiumplatte oberhalb des Treibers soll deine Ohren kühl halten.

Beim Omen-Mindframe-Headset wird eine Aluminiumplatte gleich oberhalb der Treiber, also in der Ohrmuschel, gekühlt. Deine Ohren kommen in Kontakt mit der Platte. Andere Headsets mit eingebauter Kühlung setzen auf Cool-Pads in den Polstern. Die Kühlung funktioniert in diesem Fall nur ein paar Stunden. Im Gegensatz dazu bleibt der kühlende Effekt beim HP Omen Mindframe solange bestehen, bis du das Headset absteckst. Dafür bekommen die Polster etwas von der Abwärme durch den Peltier-Effekt ab, was den kühlenden Effekt schmälert.

Design

Das Headset ist im Design der HP Gamer Linie Omen gehalten. Es ist bis auf das Verbindungskabel der Ohrmuscheln komplett schwarz. Die gebogene Form des Bügels wird durch zwei Rauten mit abgerundeten Kanten ergänzt. Trotz dieses Formbruchs wirkt das Design stimmig und lässt auch mich als bekennender Gegner von Game-Design-Zeugs nicht schreiend davonlaufen. Unterhalb des Bügels ist ein selbstanpassendes Halteband eingezogen. Dieses lässt das an sich riesige Headset optisch etwas kleiner erscheinen.

Beim Design wirkt einzig das Mikrofon deplatziert. Seine kantige Erscheinung bricht mit der ansonsten runden Präsentation. Es kann hoch- oder runtergeklappt werden. Das Mikrofon leuchtet an der Spitze, wenn es hochgeklappt, also inaktiv, ist. Im heruntergeklappten Zustand geht das Licht aus.

A propos Licht: Selbstverständlich verfügt auch HPs Gamer-Headset über konfigurierbare RGB-Beleuchtung. Diese befinden sich in den Rauten und übernehmen deren Form.

Ergonomie/Ausstattung

Das Omen Mindframe ist riesig. Ich habe einen kleinen Kopf. Deshalb sehe ich nicht nur bekloppt aus, wenn ich das Headset trage, sondern es sitzt bei mir nicht wirklich gut. Bewege ich meine kleine Rübe schnell von Links nach Rechts, grüsst das Ding auch mal Pult oder Boden. Bei Kollegen mit etwas voluminöserem Kopf hält das Headset aber – und sie sehen auch nicht ganz so bedeppert damit aus wie ich. An sich eine tolle Sache ist das selbstanpassende Halteband. Damit lässt sich die Grösse stufenlos einstellen, wenn dein Kopf denn gross genug ist.

Wenn schon bekloppt, dann richtig.
Wenn schon bekloppt, dann richtig.

Anschliessen tust du das Headset per USB Type-A. Das hängt mit der aktiven Kühlung zusammen, die darüber gespiesen wird. Nebst dem Anschluss per USB sollten Leute, die ihr Headset auch als Kopfhörer im Alltag verwenden – soll’s ja geben –, wissen, dass sich das Mikrofon nicht entfernen lässt.

Klappst du das Mikrofon runter, informiert dich ein akustisches Signal, wenn es einsatzbereit ist. Dieses Signal unterbricht jegliche Tonwiedergabe für etwa eine Sekunde.

Hardwareseitig kannst du nur die Lautstärke regeln. Das tust du über ein Rad, das hinter der rechten Ohrmuschel angebracht ist. Softwareseitig, im Omen Command Center, steuerst du die RGB-Beleuchtung stufenlos und die Kühlleistung in drei Stufen. Einstellungen fürs Mikrofon und Soundausgabe fehlen.

HP geizt bei der Software mit Einstellungsmöglichkeiten.

Soundqualität

Klar, Gamer-Headsets sind nichts für Audiophile. Dennoch sollten sie ein rundes Klangerlebnis abliefern. Das HP Omen-Mindframe-Headset deckt meinen Erfahrungen nach einen Frequenzbereich von 35 bis 15 000 Hz ab. Hohe tiefe Frequenzen gibt das Headset nicht sauber aus. Die Mitten sind etwas flach und Höhen sind nicht im ganzen hörbaren Frequenzbereich auszumachen.

Das Headset habe ich über längere Phasen beim Arbeiten getragen und damit Musik gehört. Trotz der soundtechnischen Mängel liefert das Headset im Bürobetrieb eine ordentliche Qualität. Es verfügt über kein Active Noise Cancelling, schirmt Aussengeräusche trotzdem gut ab. Auch ohne Musik musste ich das Headset abnehmen, um mich an den zutiefst philosophischen Gesprächen auf der Redaktion zu beteiligen.

Die obligate RGB-Beleuchtung ist auch an Bord.
Die obligate RGB-Beleuchtung ist auch an Bord.

Aber wie sieht’s beim Gamen aus? Schliesslich ist das Headset dafür gemacht. Der Omen Mindframe zeichnet im ersten Augenblick ein ausgewogenes Raumklangbild. Persönlich nehme ich aber nur 5.1 Kanäle statt 7.1 wahr. Zwischen den Surround- und Surround-Back-Lautsprechern vermag ich nicht zu unterscheiden. Ob es meinen Kollegen auch so geht? Ich ziehe Home-Entertainment-Spezialist Luca Fontana hinzu. Er ist erstmal ob der Qualität erstaunt. Auch er mag ein ausgewogenes Raumklangbild wahrnehmen. Ob nun tatsächlich 7.1 oder 5.1 Kanäle virtuell erzeugt werden, kann er aber nicht beurteilen.

Damit ich ein bessere Aussage zum Raumklang machen kann, entschliesse ich mich, das Omen Mindframe mit meinem Sennheiser HD 25 Stereokopfhörer zu vergleichen. Damit beide Hörer gleiche Bedingungen haben, schaue ich mir den virtuellen Haarschnitt-Surround-Sound-Test auf Youtube an. Ich vergewissere mich auch, dass bei beiden Geräten Windows Sonic tatsächlich aktiviert ist. Ansonsten wird's ja nichts mit virtuellem Surround Sound. Beim Vergleich kann ich keinen Unterschied feststellen. Mein Sennheiser zeichnet ebenfalls ein ausgewogenes Raumklangbild, aber ob jetzt 7.1 oder 5.1 Kanäle aktiv sind, kann ich auch hier nicht beurteilen.

Da HP keine eigene Software für Einstellungen und Testmöglichkeiten für den virtuellen Surround Sound bietet, versuche ich es mit der Software von Razer. In Razer Surround kann ich das Headset mit aktiviertem und deaktiviertem Surround Sound testen. Ausser einer höheren Lautstärke und mehr Hall kann ich zwischen aktiviertem und deaktiviertem Surround Sound nicht unterscheiden.

Das Mikrofon leistet seine Dienste. Meine Gesprächspartner verstehen mich auch in lauterer Umgebung gut.

Der Bügel und die Rauten ergänzen sich zu einem ansprechenden Ganzen.

Fazit

Die Idee von HP mit der aktiven Kühlung hat mich zu Beginn begeistert. Ich hasse Over-Ear-Hörer, weil ich damit immer viel zu heiss habe – und das bereits nach wenigen Sekunden. Die Umsetzung hingegen finde ich weniger gut. Zwar bekomme ich tatsächlich kalte Ohren, das bringt mir aber nichts, wenn die Polster die Abwärme der Kühlung abbekommen. Unter den Polstern entwickelt sich bei mir die grösste Hitze und weil meine Haut nicht atmen kann, schwitze ich an dieser Stelle am meisten. Und das tue ich wegen der Abwärme noch mehr. Die aktive Kühlung ist für mich erst brauchbar, wenn auch die Polsterung gekühlt wird. So wirkt das Produkt noch nicht ausgereift.

Von der Ergonomie her habe ich mit meinem zarten Köpfchen meine lieben Probleme. Erstens ist mir das Headset zu gross und hält deshalb nicht richtig. Zweitens stört es, dass jeweils beim Hoch- und Runterklappen des Mikrofons die Wiedergabe unterbrochen wird. Drittens fehlen mir im Command Center einige Einstellungsmöglichkeiten. Ein Equalizer, Optionen für den virtuellen Surround Sound und Mikrofoneinstellungen wären wünschenswert. Positiv ist jedoch, dass das Headset trotz Übergrösse auch nach Stunden noch bequem sitzt.

Die Musikwiedergabe und der virtuelle Surround beim Gamen sind durchschnittlich. Einen Raumklang kann ich wahrnehmen, aber meiner Empfindung nach nicht auf sieben Kanälen. Irgendwie habe ich das Gefühl, eine gute Stereo Wiedergabe zu hören. Das ist aber mein subjektives Hörempfinden.

Ich kann für das Omen Mindframe keine Kaufempfehlung abgeben. Knapp 200 Franken finde ich für ein – nebst der aktiven Kühlung – durchschnittliches Headset definitiv zu viel. Wer auf die aktive Kühlung verzichten kann, findet bessere und günstigere Headsets – und das sogar ohne Kabel.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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