

Die Maus mit 8000 Hz: Razer Viper 8KHz

Die Viper beisst wieder zu: Razer spendiert der Gaming-Maus einen neuen Sensor mit einer Polling Rate von 8000 Hz – ein Novum. Das kann dir in Games einen Vorteil verschaffen, und macht das Gaming-Erlebnis etwas runder.
Es gehört zum guten Ton, Computerperipherie Namen von gefährlichen Tieren zu geben. Viper klingt gefährlich und passt zum Bad Boy Image vieler Gamer. Die Viper 8KHz der Gattung Razer ähnelt von vorne einer Texas-Klapperschlange.


Glücklicherweise beisst die Viper 8KHz von Razer nur deine Gegner und nicht dich selbst. Und zwar blitzschnell. Mit einer Abfragerate von 8000 Hz reagiert sie nämlich bis zu achtmal schneller als die meisten Gaming-Mäuse zurzeit. Mit 0,125 Millisekunden Latenz beisst sie wohl auch schneller zu als ihre Verwandte in der texanischen Wüste.
Die Viper auf dem Pult
Die Viper 8KHz ist flach gebaut und fällt gegen hinten ab. Damit ist sie vergleichbar mit dem Model O- von Glorious. Optisch sind Rücken, Tasten und Seiten klar getrennt. Dafür sorgen die «Vipernbraue» oben und die gummierten Seiten, die sehr guten Grip bieten. Apropos Grip: Die Viper eignet sich für alle drei gängigen Grifftypen Palm, Claw und Fingertip. Wobei ich den Claw-Grip bevorzuge, so fühle ich mich immer wie ein Adler, der eine Viper von oben angreift. Für meine 19x10,5 Zentimeter grossen Hände passt der Palm Grip gerade noch. Bei grösseren Händen kann’s auf die Dauer jedoch unangenehm werden.


Geschüttelt, nicht gerührt
Um die Verarbeitung zu testen, schüttle ich die Viper 8KHz ordentlich durch. Nichts rattert oder klappert. Das ist ein gutes Zeichen. Beim Drucktest übe ich mit Fingern und Daumen von oben und den Seiten Druck auf das Gehäuse aus. So kann ich eruieren, ob die Maus durch Druck versehentlich auslöst. Das passiert nur bei den Seitentasten, wenn ich sehr stark drücke.
Die Tastenkappen haben etwas Spiel gegen links und rechts. Während dem Gebrauch fällt das jedoch nicht ins Gewicht. Die Tasten der Viper und ihr Hinterteil sind aus ABS-Kunststoff. Die Oberfläche der 71 Gramm schweren Maus ist leicht angeraut, wodurch sie mehr Grip bietet. Aber auch Fingerabdrücke sind so kaum erkennbar. Es gibt sie zwar nach längerem Gebrauch, aber nicht im Übermass. Das Material fühlt sich durch die Oberflächenbeschaffenheit ähnlich wie PBT-Kunststoff an.
Im Video siehst du den Schüttel- und Drucktest sowie Aufnahmen der Klickgeräusche.
Optische Switches
Bei den Haupttasten verbaut Razer die zweite Generation der hauseigenen optischen Switches. Bei optischen Schaltern ist im Unterschied zu mechanischen kein physischer Kontakt zwischen Metallelementen nötig, um ein Signal auszulösen. Stattdessen wird bei Betätigung des Schalters eine Barriere geöffnet, die einen Infrarot-Lichtstrahl durchlässt, der dann das Signal an den Computer sendet. Damit soll gemäss Razer das Auslösen dreimal schneller als mit mechanischen Switches erfolgen, nämlich innert 0,2 Millisekunden.
Ein weiterer Vorteil von optischen Switches gegenüber mechanischen ist, dass es zu keinem Abprall-Effekt kommt. Bei diesem können versehentlich mehr als ein Klick registriert werden. Damit das nicht passiert, wird bei mechanischen Switches eine Verzögerungs-Software eingesetzt. Dadurch wird jedoch die Latenz erhöht. Das geschieht bei optischen Switches nicht, jeder Klick wird sofort ausgelöst.
Hinzu kommt, dass die Switches gemäss Razer langlebiger sind, weil kein physischer Kontakt beim Auslösen erforderlich ist. Bis zu 70 Millionen Auslösungen sollen möglich sein.
Im Vergleich zur ersten Generation der Switches, die in der «Standard-Viper» verbaut sind, sollen die beiden Haupttasten ein besseres, taktiles Feedback geben. Das kann ich nicht beurteilen, da ich die Standard-Viper nicht zur Hand habe. Tatsächlich empfinde ich das Klickgeräusch und das taktile Feedback aber als sehr angenehm.

Es besteht beinahe kein Tastenhub, bevor die Schalter auslösen, und egal, wo ich auf die Tastenkappen drücke, es ist immer gleich viel Tastenhub und Druck nötig, um die Schalter zu betätigen.

Die Seitentasten haben etwas Tastenhub, bevor sie auslösen. Sie sind gut platziert, für meinen Geschmack jedoch etwas zu klein. Grosser Vorteil der Viper 8KHz: Sie ist beidhändig verwendbar, da die Seitentasten auf beiden Seiten vorhanden sind.

Das Scroll-Rad ist gummiert und bietet guten Grip. Das Gefühl beim Einrasten ist angenehm und, wenn ich nicht wie ein von der Viper Gebissener durch Webpages scrolle, auch angenehm leise. Der Klick aufs Scroll-Rad gefällt mir weniger gut, weil er sehr dumpf ist. Klingt, als ob ich auf Kunststoff haue.
Etwas mehr Flex bitte
Wie bereits beim Vorgänger kommt das 1,8 Meter lange Speedflex Cable genannte Kabel zum Einsatz. Das in einer paracord-ähnlichen Hülle befindliche Kabel ist flexibler als Standardkabel, aber im Vergleich zum Kabel der Burst Pro von Roccat sehr steif. Es schleift bei vertikalen Bewegungen auf der Mausmatte und ist immer spürbar. Es empfiehlt sich der Einsatz eines Mouse Bungees.
Willkommen auf der Eisbahn
Bei den Gleitfüssen setzt Razer wie die Konkurrenz auf PTFE, besser bekannt als Teflon. Beim Reinheitsgrad gibt der Hersteller 100 Prozent an. Die leicht abgerundeten Füsse befinden sich vorne, hinten und um den Sensor herum. Die Maus gleitet sehr gut auf die Seiten. Gegen vorne und hinten stört aber das Kabel. Wenn ich einen Mouse Bungee einsetze, gleitet die Maus auch gegen vorne und hinten sehr gut.

Die Neuheit mit Makeln: Polling Rate von 8000 Hz
Die Razer Viper 8KHz unterstützt eine Polling Rate von 8000 Hz nativ. Die Polling Rate – Abfragerate in Deutsch – gibt an, in welchem Abstand die Maus Informationen an den PC sendet. Je häufiger, desto schneller können Tastendrücke und Bewegungen verarbeitet werden. Bei einer Polling Rate von 1000 Hz beträgt die Aktualisierungszeit 1 ms.
Mit der Viper 8KHz werden bis zu achtmal mehr Daten in der Sekunde gesendet als mit den meisten Gaming-Mäusen. Die 0,125 ms Latenz erreicht Razer mit einem USB-Micro-Controller. Die Technologie nennt der Hersteller Hyper Polling.
Wieso ist eine geringe Latenz wichtig? Einerseits erlaubt eine geringere Eingabelatenz schnellere Reaktionen auf das Gesehene. Dadurch bist du im Gegensatz zu deinem Gegner im Vorteil. Daneben fühlt sich eine direktere Umsetzung deiner Aktionen auf dem Screen besser und natürlicher an. Das wird mit den neuen High-Refresh-Monitoren immer wichtiger.

Wie fühlt sich das Ganze beim Gamen an? Der Unterschied ist spürbar: Klicks werden schneller registriert und rasche Bewegungen fühlen sich etwas zackiger an. Langsamere, kontinuierliche Bewegungen fühlen sich weniger geglättet an und werden genauer umgesetzt. In meinen Test-Games – «CS: GO», «Kovaak 2.0», «Gears 5» und «Battlefield 5» – hat die Polling Rate von 8000 Hz fuktioniert. Es gibt aber Berichte, wonach gewisse Spiele Probleme mit 8000 Hz bekunden.
Bei der Viper 8KHz setzt Razer den Focus+ genannten Sensor ein. Diesen hat die Unternehmung mit PixArt, dem Hersteller der meisten Maussensoren, entwickelt. Er bietet bis zu 20 000 CPI – Counts per Inch. So viel CPI bringen keinem was, aber die Hersteller werben gerne damit. Ich kenne niemanden, der mehr als 3200 CPI verwendet. 3200 CPI ist denn auch die höchste Einstellung, die Razer standardmässig auf der Viper programmiert hat. Ich teste die Maus wie gewöhnlich mit 400, 800, 1600 und 3200 CPI. Standardmässig sind auf der Viper 8KHz fünf CPI-Einstellungen drauf. Zusätzlich zu denen, die ich teste, auch noch 2400 CPI. Zudem führe ich die Tests mit 1000 Hz, 4000 Hz und 8000 Hz Polling Rate durch. Ich vermesse den Sensor mit MouseTester v1.5. Das Programm hilft mir dabei, die ganz feinen Unterschiede bei der Präzision zu bestimmen. Die Grafiken spiele ich dir der Übersichtlichkeit halber nur in 800 CPI aus. Falls es bei tieferen oder höheren CPI grössere Abweichungen gäbe, würde ich das erwähnen.
Polling Rate Consistency
Ich beginne mit dem wichtigsten Feature der Viper 8KHz: der Polling Rate.



Die Punkte auf der Grafik zeigen dir, wie lange es dauert, bis das Signal aktualisiert wird. Wie du in den Grafiken erkennen kannst, ist die Polling Rate bei 8000 Hz weniger konsistent als bei 4000 und 1000. Die stabilsten Abfrageraten sind bei 1000 Hz gewährleistet. Bei 8000 Hz schwankt die Latenz zwischen weniger als 0,125 und bis zu 1,4 Millisekunden. Bei 4000 Hz liegt die Latenz zwischen weniger als 0,25 und bis zu 1,2 Millisekunden. Von 0,9 bis 1,1 Millisekunden beträgt sie bei 1000 Hz.
CPI-Präzision
Den entsprechenden Test in MouseTester v 1.5 mache ich dreimal und berechne einen Mittelwert. Dazu bewege ich die Maus zehn Zentimeter entlang eines Lineals und das Programm zeichnet die CPI auf. Je näher die aufgezeichneten CPI an den eingestellten CPI sind, desto besser.
CPI | **Viper 8KHz @ 1000 Hz
Tatsächlich gemessen CPI / prozentuale Abweichung | **Viper 8KHz @ 4000 Hz
Tatsächlich gemessen CPI / prozentuale Abweichung | **Viper 8KHz @ 8000 Hz
Tatsächlich gemessen CPI / prozentuale Abweichung |
---|---|---|---|
400 | 407 / +2 | 420 / +5 | 415 / +4 |
800 | 795 / -1 | 837 / +4,5 | 823 / +3 |
1600 | 1611 / +0,5 | 1622 / +1,5 | 1656 / +3,5 |
3200 | 3239 / 0 | 3295 / +3 | 3353 / +5 |
Der Test bestärkt obige Feststellung: Die CPI werden bei höherer Polling Rate ungenauer. Die Abweichungen bei 1000 Hz sind sehr gering. Meistens gibt es kleinere Abweichungen. Im Grunde genommen kann ich auch mit den Abweichungen bei 4000 Hz und 8000 Hz leben. Die MM710, die ich kürzlich getestet habe, hatte bei 1000 Hz teilweise grössere Abweichungen als die Viper 8KHz bei 8000 Hz.
Tracking Speed
Dass sich die höhere Polling Rate auf die Konsistenz auswirkt, zeigt auch der Test beim Tracking Speed. Die Maus muss schnelle Bewegungen korrekt wiedergeben. Beim Test bewege ich die Maus schnell bei verschiedenen CPI-Einstellungen. MouseTester registriert diese Bewegungen und spielt ein Diagramm aus. Die Punkte auf dem Diagramm sind die registrierten Zeichen. Diese sollten möglichst nahe an der Kurve sein. Bewegungen auf der y-Achse sind rot, solche auf der x-Achse blau.



Bei 1000 Hz sind die Punkte relativ nahe an den Linien. Bei 4000 und 8000 Hz hat es einige Ausreisser. Im Vergleich zu anderen Mäusen sieht der Verlauf bei 1000 Hz sehr gut aus. Bei den höheren Einstellungen sind die Ausreisser jedoch sehr stark.
Acceleration
Wenn ich die Maus schnell bewege, können die CPI im Vergleich zur langsamen Bewegung über dieselbe Distanz abweichen. Um das zu testen, bewege ich die Maus schnell diagonal von oben rechts nach unten links und ziehe sie dann langsam zurück an den Ursprungspunkt. MouseTester registriert dabei die Bewegung. Im Idealfall liegen alle von MouseTester registrierten Zeichen auf einer Linie.

Damit ich möglichst exakt arbeite, leihe ich mir zwei Brio-Schienen meines Sohnes. Am Schnittpunkt der beiden richte ich die Maus horizontal und vertikal aus. Danach ziehe ich die Maus schnell diagonal an der einen Schiene entlang und führe sie langsam wieder zurück. So stelle ich sicher, dass die Linie dieselbe ist und die Maus in derselben Start- und Endposition liegt. In der Realität verlässt du dich auf dein Gespür, wenn du die Maus wieder an ihren Ursprungsort zurückführst. Dann ist sowieso der Mensch der limitierende Faktor: Ich werde die Maus nie so genau wie in meinem Test hin- und herbewegen. Dennoch zeigt der Test, wie exakt die Sensoren reagieren.



Auch hier zeigt sich ein Unterschied zwischen den hohen Polling Raten und der mit 1000 Hz. Der Sensor zeichnet den Verlauf bei 1000 Hz beinahe perfekt auf. Bei 4000 und 8000 Hz gibt es kleine Abweichungen. Die hatte ich aber bereits bei anderen Mäusen und sie sind nicht aussergewöhnlich.
Jitter
Wenn ich die Maus auf einer geraden Linie bewege, sollte sie die Bewegung registrieren und nicht ausscheren. Ich bewege die Maus diagonal entlang einer Brio-Schiene und zeichne mit MouseTester die Bewegung auf.



Hier ist erstmals kein Unterschied zwischen den verschiedenen Polling Rates zu erkennen. Die Viper 8KHz löst die Aufgabe bei allen Einstellungen mit Bravour.
Angle Snapping
Angle Snapping entsteht, wenn der Sensor gerade Linien registriert, obwohl ich eigentlich eine leichte Kurve mit der Maus mache. Meine Zeichnung zeigt: Angle Snapping ist kein Thema, egal, welche Polling Rate eingestellt ist.

Funktioniert auch ohne Software
Falls du – wie Kollege Philipp Rüegg – ein gebranntes Kind bist, verteufelst du die Razer Synapse Software. Ich kann dich beruhigen: Du brauchst die Software nicht, falls du mit den Standardeinstellungen zufrieden bist. Auch sonst kannst du bis zu fünf Profile auf dem internen Speicher der Maus ablegen und die Software dann vergessen.
Persönlich empfinde ich die Razer Synapse Software als mehr oder weniger gleich wie jede andere Maus-Software. Darin kannst du alle acht Tasten individuell belegen, die CPI-Einstellungen konfigurieren, die Polling Rate einstellen oder die Anhebeentfernung ändern.
Auch die Beleuchtung lässt sich konfigurieren. Die Viper verfügt über eine Beleuchtungszone. Die befindet sich auf dem Hinterteil der Maus in Form des Razer-Logos. Ganz toll finde ich, dass das Logo bei deaktivierter Beleuchtung nicht zu sehen ist. Du kannst zwischen fünf voreingestellten Profilen und allen Farben von Einhornkotze – tschuldigung: allen Farben des Regenbogenspektrums wählen.


Innovative Maus mit Feature, das noch etwas reifen muss
Die Razer Viper 8KHz ist eine sehr gut verarbeitete Maus. Einzig an den leicht beweglichen Tastenkappen und dem etwas starren Kabel gibt es etwas auszusetzen. Die Switches sind hervorragend und auch ergonomisch passt mir die Viper bestens. Kommt hinzu, dass sie tatsächlich für Links- und Rechtshänder geeignet ist, mit Seitentasten auf beiden Seiten.
Die 8000 Hz sind beim Gamen spürbar. Es fühlt sich definitiv besser an. Aber ob ich dadurch auch besser bin? Ich wage es zu bezweifeln. Kommt hinzu, dass beim Vermessen mit MouseTester gewisse Schwächen des Sensors bei mehr als 1000 Hz zu Tage gekommen sind. Bei 1000 Hz gehört der Sensor zu den besten, die ich bisher getestet habe. Leider nimmt die Zuverlässigkeit bei höherer Polling Rate ab. Die 8000 Hz als Alleinstellungsmerkmal der Viper 8KHz scheinen noch nicht ganz ausgereift. Aber das war in den Anfängen der 1000 Hz Polling Rate genau gleich. Mit der Zeit werden die Sensoren zuverlässiger. Beim Gamen mit 8000 Hz ist mir nichts Negatives aufgefallen. Es ist Razer auf jeden Fall hoch anzurechnen, dass sie den Sprung zu einer höheren Polling Rate wagen, selbst wenn die Viper bei den Messungen nicht ganz zuverlässig abgeschnitten hat.
Für knapp 100 Franken (Stand: 16.02.2021) ist die Maus eher im oberen Preisspektrum angesiedelt. Innovation kostet. Da das Gefühl beim Gamen tatsächlich runder ist, lohnt sich die Maus, falls du genau das suchst. Etwas Vergleichbares gibt es derzeit nämlich nicht.



Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.