Hintergrund

Brennenstuhl Swiss-Line Power Strip: Die Steckerleiste, die dich in den Wahnsinn treibt

Kevin Hofer
19.11.2018

Steckerleisten sollen unser mit elektronischen Geräten durchzogenes Leben erleichtern. Kindersicherungen können uns aber einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen. Wie auch ein User unserer aktuellen Community-Kampagne festgestellt hat. Ich habe mir die Kindersicherung des Produkts etwas genauer angeschaut.

Zwischen Fünfsternebewertungen à la «S'beschte power strip wo je hets gits» und Einsternebewertungen wie «Steckdosenleiste nicht nur kindersicher, sondern auch erwachsenensicher» – die Meinungen der User zum Brennenstuhl Swiss-Line Power Strip gehen auseinander.

Dabei finde ich Kindersicherungen als Vater eines 16 Monate alten Sohnes eigentlich was Tolles. Sie schützen meinen Liebsten vor einem dummen Unfall. Aber auch ich kenne das Problem. Kindersicherungen in Steckleisten sind meistens so hart, dass es beinahe nicht möglich ist, Stecker anzuschliessen.

So auch beim Produkt von Brennenstuhl. Das habe ich mir geschnappt und intensiv Stecker gezogen und angeschlossen. Mein Fazit nach etwa 100 Durchführungen – Tennisarm inklusive: Mit etwas Probieren geht der Stecker immer rein und wieder raus. Zum Rausziehen brauche ich beide Hände, weil ich entgegenhalten muss. Beim Reinstecken habe ich herausgefunden, dass es hilft, die Konnektoren gleichzeitig und gerade einzuführen. So kann ich genug Druck ausüben, dass die Kindersicherung zur Seite geschoben wird.

Die Kindersicherung des Grauens

Wo wir bei der Funktionsweise der Kindersicherung wären. Von aussen siehst du nicht viel vom Mechanismus. Einzig die kleinen Rampen, die dafür sorgen, dass die Kindersicherung zur Seite gleitet, sind sichtbar. Ich schraube die Leiste auf, um mir anzuschauen, wie die Sicherung genau funktioniert und ob ich sie auch entfernen kann.

Diese kleinen Rampen müssen gegen unten und auf die Seite gedrückt werden.
Diese kleinen Rampen müssen gegen unten und auf die Seite gedrückt werden.

Beim Versuch, das Teil zu öffnen, stelle ich fest, dass Brennenstuhl Micro-Stix-Schrauben verwendet. Ich muss aber nicht gleich zum Fachhändler rennen, um mir entsprechende Schraubenzieher zu kaufen. Ich kann sie mit dem passenden Schlitzschraubenzieher öffnen. Die sechs Schrauben sind schnell entfernt.

Nach dem Öffnen muss ich nur die leitenden Teile anheben. Bei zwei Anschlüssen liegt der Kindersicherungsmechanismus bereits offen vor mir. Dieses simple Stück rosa Plastik treibt einige User also schier in den Wahnsinn.

Das ist sie also, die Kindersicherung des Grauens.
Das ist sie also, die Kindersicherung des Grauens.

Wenn ich das Ding so vor mir sehe, kann ich das nachvollziehen. Ich habe eine Phobie vor Objekten mit ungerader Anzahl an Ecken. Fragt mich nicht wieso, aber es ist so – jetzt wisst ihr mein dunkelstes Geheimnis. Da liegst du also, mein heptagonaler Alptraum. Auch deine süsse rosa Farbe mag mich nicht zu täuschen, du planst Übles. Sicher willst du die Weltherrschaft an dich reissen. Mir läuft es kalt den Rücken runter.

Ich schlucke meine Angst runter und schaue mir das Teil doch etwas genauer an. Ich fühle mich etwas entmännlicht: Dass mich das rosa Ding so in Unruhe versetzt, kratzt an meinem Ego. Wäre doch Kollegin Livia Gamper hier, die liebt rosa und wäre sicher gerne bereit, den Mechanismus für mich zu ergründen.

So sieht die Steckleiste von innen aus.
So sieht die Steckleiste von innen aus.

Egal, jetzt gibt es kein Zurück mehr – und eigentlich ist bereits aus der Ferne betrachtet klar, wie der Mechanismus funktioniert. Ich muss das Ding zum Glück gar nicht erst anfassen. Der Mechanismus befindet sich in einem Hohlraum mit etwas Spiel gegen unten. Die kleinen Rampen ragen durch die Stecklöcher. Wenn du die Konnektoren auf den Mechanismus drückst, bewegt sich dieser gegen unten. Dank den Rampen gleitet er gleichzeitig zur Seite und ermöglicht so die Verbindung. Sobald du den Stecker wieder ziehst, sorgt eine Feder dafür, dass der Mechanismus wieder in die ursprüngliche Position springt.

Willst du die Kindersicherung entfernen, musst du lediglich die rosa Teile samt Feder rausnehmen. Dann hast du eine Steckleiste ohne Kindersicherung, die dir das Leben zur Hölle macht. Praktisch, wenn deine Kinder alt genug sind und du auf die Sicherung verzichten kannst.

Noch eine kleine Anmerkung: Das Produkt öffnest du auf eigene Gefahr. Wenn du etwas falsch machst, kann das nicht unerhebliche Folgen haben. Hast du aber keine zwei linken Hände, sollte das Entfernen der Kindersicherung keine grosse Sache sein.

Härtetest

Ein User schreibt, dass seine Kindersicherungen keine Probleme machen, und glaubt, dass andere defekte Sicherungen haben. Das bringt mich auf eine Idee, bei der ich jauchzen muss. Ich teste meine Alptraum-Form auf ihre Widerstandsfähigkeit. So kann ich ihr richtig eins aufs Dach geben. Mit Zangen und Hammer bewaffnet, stelle ich mich meinen schlimmsten Träumen.

Zuerst mache ich den Biegetest. Genüsslich lege ich auf beiden Seiten des heptagonalen Teufelsding die Zangen an. Nach nicht einmal einer Sekunde ist der Spuk vorbei. Ich muss mich überhaupt nicht anstrengen. Etwas enttäuscht bin ich jetzt schon. Ein bisschen mehr Gegenwehr hätte ich mir gewünscht – schmerzerfüllte Schreie inklusive. Aber egal, jetzt wird gehämmert.

Dass die Kindersicherung des Grauens in der Steckleiste durch Biegen bricht, ist unwahrscheinlich. Eher wird sie durch stumpfe Gewalteinwirkung kaputtgehen. Mit dem Hammer bewaffnet fühle ich mich ein bisschen wie Oh Dae-su aus «Oldboy». Meine Geschichte mit dem Siebeneck aus der Hölle ist auch eine Art Rachestory. Ich will mir schliesslich meine Männlichkeit wieder zurückholen. Stirb, du rosa Ding! Nach ein paar Mal draufhauen habe ich auch die zweite Kindersicherung in die ewigen Jagdgründe geschickt. Kevin 2 – Heptagon 0.

So gefällt's mir: Von den ursprünglich sieben Ecken ist nichts mehr zu erkennen.
So gefällt's mir: Von den ursprünglich sieben Ecken ist nichts mehr zu erkennen.

Viel halten die Kindersicherungen also nicht aus. Es kann gut sein, dass der eine oder andere User eine defekte Kindersicherung in der Steckleiste hatte. Aber alle sechs? Das scheint mir doch unrealistisch.

Fazit

Ja, die Kindersicherung kann dir das Leben zur Hölle machen. Wenn du aber etwas übst, gelingt es dir auf jeden Fall, deine Stecker zu verbinden. Persönlich finde ich es fast ärgerlicher, dass ich beide Hände brauche, um die Stecker wieder raus zu ziehen.

Falls du keine Kinder im kritischen Alter zuhause hast, kauf dir besser eine Steckerleiste ohne Kindersicherung. Bist du noch auf die Sicherung angewiesen, kannst du sie entfernen, wenn deine Kinder alt genug sind, mit der Steckleiste umzugehen. Die Kindersicherung ist ein einfacher – wenn auch angsteinflössender, siebeneckiger – Mechanismus und im Nu aus der Steckerleiste entfernt. Und danach kannst du an der Sicherung genüsslich deinen über Jahre angestauten Ärger rauslassen.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.

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