LG Wing
128 GB, Aurora Gray, 6.80", Hybrid Dual SIM, 64 Mpx, 5G
Nach 17 Jahren ist Schluss. LG hört auf, Smartphones zu bauen. Seit 2004 mischt der koreanische Konzern bei Mobiltelefonen mit, hat zuletzt aber keine Chance mehr gegen die Konkurrenz. Ein Rückblick.
Mit einer Pressemitteilung gibt LG am 5. April 2021 bekannt, seine Smartphone-Sparte zu schließen. Damit endet für den Konzern aus Südkorea ein Kapitel, dass ihm in den letzten Jahren nur Verluste einbrachte. An Innovationen mangelt es in der Geschichte der LG-Smartphones nicht, aber sie führen nicht automatisch zu guten Verkaufszahlen.
Es ist Herbst 2008. Ich fliege zu meinem ersten Termin als Tech-Journalist ins Ausland. LG hat nach London eingeladen, um das Prada Phone II (aka LG KF900) zu präsentieren. Mit einem drei Zoll großen Touchscreen mit 400×240 Pixeln, einer 5-Megapixel-Kamera, einer ausfahrbaren Tastatur, einem Betriebssystem namens «Flash UI» und dem Namen der Modemarke geht es schon damals darum, besser als das iPhone zu sein.
Das klappt aber noch nicht. Erst mit Android auf seinen Smartphones kann LG mitmischen. Aus der G-Serie kommen Mitte der 2010er-Jahre einige spannende Modelle. Das LG G Flex 2 ist wie eine Banane gekrümmt, aber so flexibel, dass du es gerade biegen kannst. Dazu kommt eine Rückseite, die leichte Kratzer selber «heilt» und eine für die damalige Zeit herausragende Ausstattung.
Von der Form her eher klassisch, aber ebenfalls sehr gut ausgestattet und damit eines der besten Android-Phones von 2015 ist das LG G4. Mit Leder als Material für die Rückseite setzt LG auch hier Akzente. Die Geräte sorgen zwar für Aufsehen und erhalten gute Kritiken, aber bei den Verkaufszahlen liegen Apple und Samsung mit klaren Abstand vorne. LG kommt weltweit zwar immer wieder in dieTop 5 bei den Marktanteilen, steht aber immer mehr unter dem Druck neuer Anbieter aus China: Huawei, Xiaomi, Oppo und Vivo beginnen ihre Verkaufserfolge und der Marktanteil von LG hat sich seit 2009 mehr als halbiert: von etwa 10 Prozent auf knapp vier Prozent.
Ein Jahr später, beim Mobile World Congress 2016, ist LG sehr mutig und präsentiert mit dem LG G5 nicht nur ein top Smartphone, sondern ein modulares System mit viel Zubehör. Das Always-On-Display ist damals etwas ganz neues.
Das G5 verkauft sich schlecht und bereits nach einem Jahr verabschiedet sich LG wieder vom modularen System. So gewinnt man kein Vertrauen bei potenziellen Käufern. Mit dem LG G6 und dem LG V10 folgen zwar Smartphones, die mit ihrer Ausstattung in die Flaggschiff-Kategorie gehören, aber bei der Software immer weniger überzeugen. Das gilt für die Android-Benutzeroberfläche und vor allem für die Kamera, die qualitativ den Anschluss zur Spitze verliert und den nächsten Jahren auch nicht wieder findet. Das LG V10 verspätet sich zudem. LG stellt es zwar zur IFA in Berlin vor, bringt es aber erst fast ein Jahr später in Europa in den Handel kommt. Da lässt sich dann kaum noch jemand vom zweiten kleinen Display auf der Vorderseite überzeugen.
Die Zeit als Auftragshersteller von Nexus- und Pixel-Smartphones endet ebenfalls. Von 2012 bis 2015 baut LG drei Nexus-Modelle für Google. Nach der Umstellung auf die Pixel-Serie kommt nur noch das Pixel 2 XL von LG. Google hat zwischenzeitlich die Mobiltelefon-Sparten von Motorola und HTC übernommen – und im Fall von Motorola wieder verkauft – und damit genug Expertise in den eigenen Konzernstrukturen.
Im Herbst 2020 – zwölf Jahre nach dem Prada Phone II – ist das LG Wing zwar wieder ein sehr besonderes und auffälliges Smartphone, mit seinem drehbaren Zweit-Display aber irgendwie auch das passende Grabkreuz für die Sparte von LG.
Bis zum 31. Juli will LG seine Smartphone-Spalte abwickeln. Danach könnte es aber immer noch Restposten an LG Smartphones geben. Der Konzern verspricht zwar seine letzten Geräte vorerst weiter mit Updates – auch auf Android 12 – zu versorgen, hat aber bereits in der jüngeren Vergangenheit nicht mit Zuverlässigkeit bei Updates geglänzt.
In einer Pressemitteilung konkretisiert LG sein Versprechen zu Softwareupdates in der Zukunft.
Drei große Android-Updates sollen alle «Premium»-Modelle von LG erhalten, die 2019 oder später in den Handel gekommen sind. Namentlich erwähnt sind die G-Serie, die V-Serie, das LG Velvet und das LG Wing. Bereits vorhandene Updates – etwa auf Android 11 – dürfte LG mit zählen. Einige Modelle von 2020 aus der K-Serie und das LG Stylo sollen insgesamt zwei neue Android-Versionen erhalten.
Versehen ist das Versprechen aber mit einer Fußnote: Zukünftige Updates seien abhängig von den neuen Android-Versionen von Google sowie der Leistung und Kompatibilität der einzelnen Geräte.
Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Galaxus.de.